Belfast

Abfahrt auf Islay war gegen Mittag des 12. Juli 2019, angekommen sind wir am frühen Morgen des 13. Juli 2019 um 0:30 Uhr in Belfast. Damit ist schon alles gesagt. Die Fahrt war ruhig, wir hatten immer einen angenehmen, raumen Wind und mussten keine Manöver fahren, außer die Segel zu setzen und zehn Stunden wieder zu bergen, denn es ist uns kurz vor Belfast der Wind ausgegangen.

Die Einfahrt in den Industriehafen, an dessen hintersten Ende sich die Marina befindet, ist etwas abenteuerlich, denn die großen Pötte nehmen dieselbe Einfahrt. Man funkt über Kanal 12 mit der Verkehrsleitzentrale. Der Reeds Nautical Almanach hat leider nur geschrieben, dass man mithören soll. Das fanden die Nordiren nicht so toll, sie hätten eine Anmeldung über Funk lieber gehabt. Das nächste Mal wissen wir es besser.

Unser Weg nach Belfast

In einem ehemaligen Becken des Industriehafens haben sie die Marina untergebracht. Das ist mitten in einem Neubaugebiet, dem Titanic Quarter.

Belfast Marina im Titanic Quarter

Wie viele wissen, wurde die Titanic in Belfast gebaut, hatte ihre Überführungsfahrt nach Southampton und anschließend die letzte Fahrt. Von dieser Legende lebt jetzt ein ganzes Stadtviertel. Die Touristen strömen in Scharen durch das Viertel, dabei ist von den alten Docks, in denen die Titanic auf Kiel gelegt wurde, gar nichts mehr zu sehen. Um so mehr Informationstafeln gibt es. Außerdem noch die Titanic Filmstudios, jede Menge Titanic-Cafes und so weiter.

Ein großer Pluspunkt dieser Marina sind die Duschen, sie sind geräumig, sauber und modern eingerichtet. Das Wasser läuft bei jeder Wunschtemperatur so lange, wie man es möchte. So stelle ich mir Marinaduschen in einem guten Hafen vor.

Außerdem ist der Fußweg von der Marina in die Innenstadt kurz. Man geht nur kurz über eine Brücke und ist schon mitten drin im Trubel. Und damit beginnt auch mein Problem mit Belfast – es ist eine Großstadt mit entsprechendem Trubel. Überall gibt es Menschen, Autos, Busse und Touristen. Alles ist voll mit Touristen, jedenfalls dann, wenn man einen Spaziergang durch die Innenstadt macht.

Schiefer Turm von Belfast – wie in Pisa ist das Fundament abgesackt

Viele moderne Gebäude und wenig alte Gebäude und dazwischen ganz viel Verkehr. Ich bin eine Großstadtpflanze und kann mir das dauerhafte Leben auf einem Dorf ganz und gar nicht vorstellen. Schon gar nicht innerhalb des United Kingdom, wo jeder jeden noch mehr beobachtet als ich es von uns her kenne. Dennoch empfand ich das Gewimmel in der Stadt beklemmend und wir mussten beide aufpassen, nicht von einem der vielen Autos überfahren zu werden. Der Linksverkehr kommt hier erschwerend hinzu. Auch die Luft in der Stadt ist stickig, insbesondere wenn man seit Wochen nur noch allerfeinste Seeluft atmet.

Tourist in Belfast

Also machten wir das Beste daraus. Wir spazierten mit unseren Kameras wie die gewöhnlichen Touris durch den Ort. Gar nicht so schwer zu finden war das Kneipenviertel. Aus Frankfurt kannten wir schon die Bierbikes, die in Belfast in großer Zahl unterwegs sind. Hier ein Beispiel mit einem Junggesellinnenabschied.

Die Pest – Belfast party bike mit Junggesellinnenabschied

An die Linie, die an die „Troubles“ erinnert, sind wir gar nicht mehr gekommen. Zu müde waren wir von der Fahrt, der späten Ankunft und der kurzen Nacht. Statt dessen sind wir unserem Motto gefolgt und außerdem einer Empfehlung eines anderen Seglers. Wir fanden Kelly’s Cellar, einen urigen Pub.

Kelly’s Cellar

Neben einem wunderschönen alten Gastraum gibt es in Kelly’s Cellar auch einen Außenbereich, in dem man Bier trinken darf (nicht selbstverständlich in .uk) und in dem Live-Musik gespielt wird. Das durften wir in der schönsten Nachmittagssonne genießen. Außerdem genossen wir die Gespräche mit den Iren an unserem Tisch. Dabei durften wir erfahren, dass Kelly’s Cellar ein neutraler Ort ist, also weder den Protestanten noch den Katholiken zuzurechnen ist. Ich würde ich definitiv den Trinkern zurechnen. Zu viel konnten wir aber gar nicht trinken, denn Jens und ich haben beschlossen, Belfast nach nur 24 Stunden den Rücken zu kehren und Sissi in Richtung der Isle of Man zu steuern. Um kurz nach Mitternacht konnten wir mit der richtigen Tide und gutem Wind rechnen.

Fettiger Puffer gegen Bierüberschuss

So legten wir uns noch ein paar Stunden aufs Ohr und erklärten gegen Mitternacht das Experiment Belfast für gescheitert. Wir sind schon komische Großstadtpflanzen. Aber die Menschen, die wir im Pub kennen gelernt haben, die waren toll. Ich weiß nicht, ob ich nochmal nach Belfast fahre. Wenn ich das mache, dann nehme ich den Zug.