Geboren am 25. Oktober 2021

Am Sonntag unterhalte ich mich mit Anneke über Woods. Die Eselin ist in den vergangenen Wochen zusehends runder geworden. Ich meine zu Anneke, dass die Veränderung so rapide war, dass es möglicherweise eine Schwangerschaft ist. Anneke ist der Meinung, dass man das ausschließen kann, weil Woods schon mehr als ein Jahr im Donkey Sanctuary lebt. Am folgenden Morgen erreicht mich eine Nachricht von Anneke. Sie hatte unrecht, ich hatte recht. Wir haben einen neuen Esel.

Das Video von Anneke erreicht mich beim Morgenkaffee

Ich muss den neuen Esel sehen und das noch heute. Wer weiß, vielleicht überlebt er die erste Woche gar nicht. Außerdem habe ich noch nie einen Esel am Tag seiner Geburt gesehen. Ich verabrede mich mit Juri und Gustav für 17 Uhr, wenn das Donkey Sanctuary schon geschlossen ist. Dann besteht keine Gefahr, dass ich Desiree zu Gesicht bekomme. Das ist mir alles zuwider, ich kann es aber nicht ändern.

Um kurz vor Fünf bin ich bei der Pamina. Sönke fliegt für ein paar Tage nach Deutschland, ich setze ihn am Flughafen ab. Rebecca und Lea begleiten mich ins Donkey Sanctuary. Wann hat man schon die Gelegenheit, einen Esel zu sehen, der keine 24 Stunden alt ist. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.

Woods und ihr jüngster Sohn Chamito

Juri lässt uns hinein. Er ist ganz bewegt vom heutigen Tag. Woods war in der großen Gruppe unterwegs und es war nicht leicht, sie und ihr Baby in den Stall zu schaffen. Zuletzt hat er, um das Baby vor den vielen anderen Eseln zu schützen, das Baby in den Stall getragen.

Chamito ruht sich auf dem Boden aus

Bei unserer Ankunft liegt der kleine Chamito auf dem Boden und ruht sich aus. Seine Mutter Woods wiederum kaut noch ungeniert auf dem Heu herum, das vor eineinhalb Stunden verfüttert wurde. Sie verschwendet keinen Blick auf den Kleinen. Lea ist begeistert. Sie würde am liebsten den Stall stürmen. Wir haben aber vorher vereinbart, dass wir nur von außen schauen.

Manchmal schaut Woods schon nach Chamito

Eine ganz schlechte Mutter ist Woods nicht. Sie schaut schon gelegentlich nach ihrem Sohn. Ich komme nicht mehr heraus aus dem Fotografieren und Filmen. Der kleine Esel ist soooo süß. Rebecca und ich beginnen zu philosophieren. Wenn ein Menschenbaby zur Welt kommt, kann es erst einmal gar nichts. Ein Esel steht schon am ersten Tag auf seinen vier Beinen. Katzen haben für Tage die Augen geschlossen, sie müssen später alles von ihrer Mutter lernen, wie wir Menschen auch. Der kleine Esel ist schon so unglaublich komplett. Es ist immer wieder unglaublich, welch schöne Dinge die Natur für uns bereit hält.

Ich bin soooo müde, weil ich den ganzen Tag herum gesprungen bin.

Lea sieht Shrimp im Besucherzentrum sitzen und verliert das Interesse an Chamito. Diese Gelegenheit nutze ich und klettere in den Stall. Woods kennt mich, das ist kein Problem. Und tatsächlich verteidigt sie ihr Baby nicht. Sie tritt einen Schritt beiseite und ich kann Chamito zwischen den Ohren kraulen. Eine Siebenjährige hätte ich ihm nicht zumuten wollen. Chamito hat ein weiches Fell wie Socks, der Kater mit dem weichesten Fell im Donkey Sanctuary. Er bleibt liegen und entspannt, als wäre die Nähe zu den Menschen das Normalste von der Welt. Aber klar, den ganzen Tag hat er die Besucher und die Volunteers erlebt. Da muss ein Mensch doch nur normal für ihn sein.

Chamito trinkt leckere Eselsmilch

Ein paar Minuten später steht er auf und läuft seiner Mutter hinterher. Er sieht hungrig aus und sucht die Milch abwechselnd an den Vorderbeinen und den Hinterbeinen. So ganz hundertprozentig hat er es noch nicht raus. Ich kann es nicht oft genug erwähnen, dass es sich um seinen Geburtstag handelt.

Nach einer knappen halben Stunde verabschieden wir uns von Chamito, Woods, Shrimp und Juri. Ich weiß mit Sicherheit, dass ich morgen nach Ladenschluss wiederkommen werde. Gustav und Juri haben mich zum Abendessen eingeladen. Der ganze Zirkus ist mir echt zuwider, Desiree hat einen an der Waffel. (Beim letzten Satz bin ich echt gespannt, was die automatische Google-Übersetzung daraus im Englischen machen wird.) Ich würde gerne einfach während der Öffnungszeiten hinfahren. Morgen nehme ich Maila und Samuel von der Samai mit.

Chamito schläft beinahe ein
Die Beine sind lustig über Kreuz

Spendenbutton

Am Freitag wache ich morgens auf, weil mein Telefon klingelt. Mein Telefon hat einen Klingelton, der wie eine miauende Katze klingt. Auf der Suche nach meiner Brille und dem Gerät stolpere ich jedoch über Mickey, der es sich auf dem Boden meines Salons bequem gemacht hat. Wir schmusen ein wenig, dann mache ich mir meinen Kaffee und gebe Mickey zwischendurch immer mal ein paar Leckerlis.

Mickey zu Besuch

Paul hat mir erzählt, dass es ihm nicht leicht gefallen ist, er ihm aber seine Spaziergänge über den Steg wieder erlauben musste. Mickey war an seiner Leine todunglücklich. Und ein selbstbestimmter Spaziergang unbestimmter Dauer ist für einen solchen Kater viel erfüllender, als einmal an der Leine zum Parkplatz gezerrt zu werden und zurück. Ein Mensch kann niemals die Geduld für einen wirklich tiergerechten Spaziergag mit einer Katze aufbringen.

Mickey lernt Sissi kennen

Mickey klettert wieder in den Salon und macht es sich auf dem einzigen verbliebenen Sitzplatz bequem. Da zögere ich nicht lange und stelle ihm Sissi vor. Die große, schwarze Katze jagt ihm einen Riesenschreck ein. Dann tastet er sich vor mit den Pfötchen, doch sein Gegenüber zeigt natürlich keinerlei Reaktion. Mickey springt auf den Boden und schnuppert ein wenig an Sissi. Sissi bleibt davon ungerührt.

Mickey beschnuppert Sissi

Der manchmal schon ein wenig dumme Mickey ist noch nicht am Ende seines Repertoires. Er schlägt Sissi ein paar Mal und nach ein paar Sekunden Warten für seine persönliche Ehre verlässt er den Salon und trollt sich nach Hause. Ein schöner Start in den Tag.

Mickey schlägt Sissi

Nach dem Kauf der Sonntagskarotten stelle ich fest, dass ein größerer Teil des Parkplatzes abgesperrt ist. Eine Bühne wurde aufgebaut und auch eine Waage. An diesem Wochenende ist der Höhepunkt des Jahres für die hiesigen Fischer. Ein Angelwettbewerb mit „catch and release“, bei dem die gefangenen Fische nur für ein Foto posieren müssen, um dann umgehend wieder ins Wasser geworfen zu werden. Und offenbar auch ein Wettbewerb mit echtem Angeln, denn wozu sonst würde man eine Waage brauchen. Am Freitagabend wird das Wochenende erst einmal mit einer großen Party eingeläutet.

Party mit durchaus adäquater Beschallung

Am nächsten Morgen bin ich im Tierheim verabredet. In den letzten Wochen habe ich die Internetpräsenz des Animal Shelter ein wenig auf Vordermann gebracht. Seit 2013 hat niemand mehr daran gearbeitet. Ganz fertig bin ich noch nicht, unter der Haube muss ich noch ein paar Aktualisierungen vornehmen, doch das neue Layout ist gemacht. Das Problem ist, dass die Webseite einfach vollkommen uninteressant ist, weil sich nichts an ihrem Inhalt ändert. Es werden viele Fotos aufgenommen und viele Geschichten erzählt, aber eben nicht auf der Webseite, sondern in Instagram und Facebook. Solche Bilder wie das von dem Welpen, der seinen Trinknapf noch nicht richtig verstanden hat, bekommen Besucher der Webseite nicht zu sehen.

Trinknapf nicht verstanden

Mit Hilfe von WordPress und einem passenden Plugin werden nun die Beiträge auch auf der Webseite dargestellt. Während ich die neue Installation und deren Bedienung nun Debbie erkläre, frage ich sie, warum es den Link zu den Spenden eigentlich nicht auf der Webseite gibt. Im Shelter selbst hängen mehrere Barcodes, die man mit seinem Telefon scannen kann und die zu einem Spendenlink führen. Diesen Link sucht man sowohl auf der Facebookseite als auch auf der Webseite vergeblich. Schlamperei. Ich bastele innerhalb weniger Minuten einen Spendenbutton und integriere ihn noch auf der Startseite. Alle sind total glücklich. Am gleichen Tag installiere ich noch ein Statistik-Plugin. Ich will wissen, ob diese Seite eigentlich Besucher hat oder nicht. Den Spendenbutton zeige ich euch jetzt auch. Er funktioniert auch hier wie das Original.

Spenden für das Animal Shelter sind immer willkommen!

Adieu und willkommen!

Die Zeit bringt Veränderungen. Der Oktober schreitet voran und die Zeichen stehen überall auf weiter segeln. Demnächst kommen zwei Bekannte aus Deutschland nach Aruba. Ich habe sie vor Monaten hier schon getroffen, als sie ihr Boot gekauft haben. Nun werden sie ihren schönen Katamaran übernehmen. Doch auch bei den Deutschen, die schon hier sind, geschehen Veränderungen.

Obst und Gemüse bei Stromausfall

Ich nehme Rebecca mit zu Ling & Sons, einem der beiden guten Supermärkte in Aruba. An der Eingangstür bleiben wir erst einmal stehen, denn die große Markthalle ist dunkel wie die Nacht. Da kann man doch jetzt nicht einkaufen. Es fühlt sich sehr ungewohnt an, doch der Sicherheitsmann an der Tür desinfiziert weiterhin die Hände der eintretenden Kunden. Ganz leise hören wir im Hintergrund das Piepsen einer Scannerkasse. Anscheinend können sie sogar bei Stromausfall verkaufen. Wir treten ein und sehen überall im Laden die Lichtpunkte der allgegenwärtigen Smartphone-Taschenlampen. Unsere Telefone sind auch klar, also los.

Im hinteren Bereich zwischen den Regalen kommt kaum noch Tageslicht an

Letztendlich wird der Einkauf komplizierter als gedacht. Es ist gar nicht so leicht, in der Dunkelheit mit dem Bisschen Licht die gewünschten Waren zu finden. Es ist aber auch nicht unmöglich. Wenn ich mir sonst einen Wolf suche, frage ich einfach einen der Mitarbeiter. Die sind aber in der Dunkelheit nur schwer zu finden. Ein Sicherheitsmann hofft, dass der Generator gleich anspringt. Fehlanzeige. Wir finden alles, was wir auf unseren Einkaufszetteln haben. Von den vielen Kassen ist eine einzige in Betrieb. Doch die Schlange ist gar nicht so lang. Ich frage mich, ob Kartenzahlung möglich ist.

Ganz hinten die Schnellkasse ist in Betrieb

Wir wollen uns in die Schlange einreihen, doch das ist gar nicht mehr nötig. Just in diesem Moment springt der Generator an und der Strom ist wieder da. Der Supermarkt ist wieder voll funktionstüchtig. Wie wäre das wohl bei einem handelsüblichen Rewe gelaufen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in Deutschland bei Stromausfall Menschen in den Markt lassen. Rebecca hat jedenfalls genug eingekauft, um mit der Pamina ein paar Tage vor dem Strand zu ankern.

Unerwünschtes Tier

Im Tierheim bin ich gerade dabei, die Reinigung des Katzenkäfigs vorzubereiten, als Ria mir zuruft, dass wir ein „unwanted animal“ vor der Tür haben. So werden normalerweise die Tiere genannt, die ausgesetzt werden, unerwünschte Tiere. Ich rechne damit, dass sie eine Kiste Kätzchen oder einen Hund gefunden hat. Statt dessen sitzt neben der Futterschüssel für die inoffiziellen Tierheim-Katzen eine giftige Kröte. Diese kann mit ihrem Gift eine Katze töten. Ria meint, dass sie die Kröte mit Bleiche übergießen müsste, um sie zu töten. Das wäre für das Tier jedoch sehr schmerzhaft. Also will sie auf Sandy warten, der so etwas nichts ausmacht. Derweil zeigt die Eigentümerin des Futternapfes keinerlei Scheu. Zum Glück für alle Parteien trollt sich die Kröte kurz darauf und verschwindet im Gebüsch. Von diesen giftigen Kröten habe ich schon viel gehört, nun habe ich zum ersten Mal eine gesehen.

Keine Angst vor der Kröte. Die verschwindet gerade im Gebüsch.

Derweil erreichen mich gute Nachrichten aus Kolumbien. Die Samai verlässt in Kürze Santa Marta mit dem Ziel Aruba. Darüber freue ich sehr, denn ich brenne darauf, die Menschen persönlich kennenzulernen. Sie sind von Europa aus etwa zur selben Zeit gestartet wie Jens und ich, haben Kap Horn umrundet, waren in der Antarktis und sind zuletzt wegen Covid-19 in Chile steckengeblieben. Irgendwann haben sie mein Blog entdeckt und die Beiträge über die Esel gegen die Langeweile in der Quarantäne zu lesen. Im Laufe der folgenden Monate haben wir recht viele Emails getauscht. Es fiel ihnen sicher nicht leicht, die Entscheidung zu treffen, über Panama wieder zurück in den Atlantik zu fahren, anstatt weiter an der Weltumrundung zu arbeiten. Dafür haben sie nun die Möglichkeit, einen Zwischenstopp in Aruba zu machen und die Esel zu besuchen.

Samai in Varadero

Am späten Donnerstag trifft die Samai dann in Aruba ein. Ich sitze im Donkey Sanctuary und beobachte den Reisefortschritt auf Marinetraffic. Es wird wirklich spät. Die Sonne geht unter und Skipper und Crew haben die spannende Aufgabe, die nicht kartierte Einfahrt zur Marina in der Dunkelheit zu finden. Ich bin sehr froh, denn seit einer ganzen Weile habe ich einige große Kisten an Bord liegen. Darin sind Schulsachen für die Kinder, die jetzt endlich wieder zur Schule gehen können. Sie haben sich wirklich gefreut, das ist kein Sarkasmus oder Ironie.

Shrimp leckt das Kondenswasser von meiner Sprudelflasche

Am Sonntag verlässt die Pamina dann die Marina Varadero. Außerdem ist es für die Samai der große Tag, ein gemeinsamer Besuch im Donkey Sanctuary. Mein Auto hat vier Sitzplätze, kann aber problemlos auch fünf Personen transportieren. Natürlich sind neben den Eseln die Katzen die Hauptakteure. Sunchi, Shrimp, Swa und Socks werden alle gründlich gestreichelt. Die Esel bekommen eine Menge Karotten, denn Rebecca hat sieben Kilo gespendet. Niemandem wird es in den dreieinhalb Stunden langweilig, die wir an diesem angenehmen Ort verbringen. Am Abend gehen wir gemeinsam essen. Ich freue mich über die neuen netten Nachbarn.

Sandra füttert die Esel