Ich schreibe diesen Blog am Sonntagvormittag. Gerade habe ich von Anneke die Nachricht bekommen, dass Desiree im Donkey Sanctuary ist. So kann ich die vergangenen Tage noch einmal Revue passieren lassen. Heute früh um 8:30 Uhr hat die Samai den Hafen verlassen und sich auf den Weg nach Bonaire gemacht. Am vergangenen Mittwoch war ich mit Michael noch einmal beim Music Bingo. In diesem Beitrag wird es so manches “zum letzten Mal” geben.
Wir haben mächtig abgeräumt. Genauer gesagt hat unser Tisch abgeräumt. Okay, ich habe zwei von drei Runden gewonnen. Es ist natürlich ein Glücksspiel und die tollsten technischen Hilfsmittel wie Shazam nutzen nichts, wenn die gespielten Lieder nicht auf der eigenen Bingokarte sind. Natürlich haben wir die Beute geteilt, der Rum war für mich und das Aquadiente für Michael. Ihm schmeckt das Anisgetränk wenigstens.
Zum letzten Mal begleiten mich Sandra, Maila und Samuel zu den Katzen. Wir haben drei Neuzugänge. Alle drei sind unglaublich scheu. Sie haben so viel Angst, dass sie am Gitter ihres Käfigs hochklettern und uns anfauchen, wenn wir ihnen zu nahe kommen. Ich nutze den Vormittag, um die dritte Videoüberwachungskamera auf dem Parkplatz in den Baum zu hängen, an dem immer wieder Hunde angebunden werden. Damit hoffen wir, noch mehr Nummernschilder lesen zu können. Derweil kümmern sich die drei um alle Katzen und Kätzchen. Ich glaube, dass es nicht lange dauert, bis sie nach ihrer Heimkehr in Berlin ein Tierheim aufsuchen und ihre Katze finden.
Es ist mein vorletzter Freitag im Animal Shelter, eine gewisse Wehmut stellt sich ein. Die drei neuen Kätzchen sind kein bisschen zutraulicher geworden. Während ich ihren Käfig reinige, klettern sie so hoch wie möglich und zittern dabei wie Espenlaub. Das dritte Kätzchen hat sich eine Ecke gesucht und starrt mich mit ängstlichen Augen an.
Mir ist schon klar, war mit diesen Kätzchen passieren wird, bevor Eva es ausspricht. Wenn sie sich nicht innerhalb weniger Tag an Menschen gewöhnen, bleiben sie für immer solche ängstlichen Katzen. Die sind natürlich nicht als Adoptivtiere vermittelbar und würden den Platz für gute Katzen blockieren. Also bekommen sie ihre Chance, doch die ist nicht unbegrenzt lang. Meine linke Hand jedenfalls ist komplett verkratzt. Beim Versuch eines der Kätzchen vom Gitter zu pflücken, erwische ich das Genick nicht richtig und meine Hand bekommt es mit 18 Krallen und vier Fangzähnen zu tun. Autsch. Das Desinfektionsmittel ist zum Glück nicht weit weg.
Der Baum auf dem Parkplatz des Tierheims hat seine Früchte abgeworfen. Das ist super, ich sammle zwei große Säcke voll “Bohnen” ein. Es sind ja keine Bohnen, sondern die Früchte des Fofoti Baums, der zur Familie der Johannisbrotgewächse gehört. Sie haben einen süßlichen Duft, der die Esel zu wahren Kämpfern macht. Mir gelingt es, die Säcke am Samstag relativ früh ins Donkey Sanctuary zu schaffen. Zu dieser Uhrzeit sind die Esel noch mit ihrem Frühstück beschäftigt, so dass ich das Besucherzentrum unbehelligt erreiche.
Paul ist begeistert, als er die Reaktionen der Esel auf die “Bohnen” sieht. Tim nimmt sich eine Frucht, schält sie und probiert. Er ist überrascht vom süßen Geschmack. Nun weiß er, warum die Esel verrückt werden, wenn sie die Chance auf die Bohnen haben. Es sammeln sich auch immer mehr Esel im Lee des Besucherzentrums. Sie werden vom Geruch angelockt.
Normalerweise füttert Paul die Esel nicht. Er hat genau wie ich ein paar Lieblingsesel, die von ihm immer ihre Leckereien bekommen. Heute erfreut sich Paul so sehr an dem Geschubse und Gekicke, dass er einen kompletten Eimer verfüttert. Das habe ich von ihm so noch nie gesehen. Es gibt für alles ein erstes Mal.
Natürlich besuche ich auch Chamito und Woods. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Chamito mit den “Bohnen” schon etwas anfangen kann, doch Woods bekommt immer ihre Leckerchen von mir. Also heute keine Karotten, heute leckere “Bohnen”. Von Michael erhalte ich die Nachricht, dass der geplante Besuch im Donkey Sanctuary ausfällt. Das kann ich verstehen, es ist ihr letzter Tag in Aruba und es ist ein Haufen Arbeit, ein Segelboot nach längerer Liegezeit wieder seetauglich zu machen. Das steht mir auch noch bevor. Ich entdecke das lange vermisste DNKY-T-Shirt in 2XL, das kaufe ich gleich für Michael. Die Größe war seit Wochen ausverkauft. Michael freut sich riesig.
Am Abend bin ich noch einmal zum Grillen auf der Samai eingeladen, zum letzten Mal in Aruba. Wir hoffen, dass wir uns auf den Azoren wiedersehen werden.
Ich trinke meinen Morgenkaffee, während ich der Samai bei ihren Vorbereitungen zusehe. Das Boot sieht so aus, als wären sie in wenigen Minuten soweit. Zum Glück habe ich nicht verschlafen. Mein Email-Archiv verrät mir, dass Sandra mir die erste Mail am 18. September letzten Jahres geschrieben hat, während die Samai in Chile feststeckte. Im Laufe der Monate hat sich eine “Brieffreundschaft” entwickelt. Später wurde klar, dass die Samai nach Aruba kommen wird. Aus der Brieffreundschaft wurde eine Freundschaft. Ich freue mich auf Horta (Azoren) und bin guter Dinge, dass wir wieder gemeinsam grillen werden. Gute Reise.
Langsam aber stetig nimmt die Zahl der deutschen Boote in Aruba ab. Auch Sissi ist bald fällig. In drei Tagen kommt Eike aus Amsterdam geflogen. Noch geblieben ist die Pamina. Dort zeigen sich die Klebekräfte von Aruba gerade wieder einmal ganz besonders stark. Der defekte Generator muss noch ausgetauscht werden. Dafür muss man den neuen Generator aber erst einmal durch den Zoll bekommen. Immerhin ist er schon in Aruba. Ich könnte wetten, dass Sissi die Pamina beim Abreisetermin noch um ein paar Tage schlagen wird, denn die Pamina hat ein Weihnachtsproblem. Die kleine Lea hat an Weihnachten Geburtstag und deswegen kann ich mir nicht vorstellen, dass sie diesen Tag auf dem Wasser verbringen wollen. Mir ist das egal, ich habe schon ein Weihnachtsfest auf dem Ozean gefeiert.
Jetzt warte ich auf die Nachricht aus dem Donkey Sanctuary, dass Desiree nach Hause geht. Es dauert hoffentlich nicht mehr lang. Es ist mein vorletzter Sonntag und der drittletzte Besuchstag überhaupt. Am kommenden Wochenende werde ich diese Rücksicht nicht mehr walten lassen. Wenn sie dann im Donkey Sanctuary ist, wird sie mit meiner Anwesenheit leben müssen.