Ich durchlebte in den vergangenen fast schon drei Jahren so manche Höhen und Tiefen. Wunderschöne Erinnerungen haben sich mir in das Gedächtnis eingebrannt, genauso ist aber auch der eine oder andere Tiefpunkt nicht in Vergessenheit geraten. Als Segler ist man es gewöhnt, sich selbst zu helfen. Es ist schließlich niemand da, wenn auf dem Ozean etwas kaputt geht. Über das Problem nachdenken, eine Lösung finden und dann mit den gegebenen Mitteln umsetzen.
Corona
Das ist so eine Geschichte, die man vorher nicht planen kann. Dass im März 2020 meine Reise in Aruba ihr vorläufiges Ende finden könnte, hatte ich so nicht eingeplant. Doch in der gesamten Karibik wurden die Grenzen geschlossen. Nur wenige Länder hätten uns noch genommen, Länder die nicht wirklich auf meiner Reiseliste standen. Von März bis in den Mai ist es nicht lange, also habe ich mich damals entschieden, die Hurrikansaison in Aruba auszusitzen. Das war meine Entscheidung. Deswegen hatte ich überhaupt keine Probleme damit.
Die Zeit im Donkey Sanctuary und die Freunde, die ich im Laufe der Zeit gefunden habe, machten den Aufenthalt in Aruba nicht nur erträglich, sie machten ihn zu einer Bereicherung meines Lebens.
Kuba
Vor einer Reise nach Kuba sollte man sich sehr gut bewusst machen, dass man den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlässt. Selbst ohne eigenes Zutun kann lediglich die Anwesenheit des falschen Gepäckstücks zu einem Problem werden. Wir hatten eine Drohne an Bord, diese auch bei der Einreise deklariert und damit war die Sache für uns erledigt. Nicht aber für die Kubaner, die nach einem Drohnenflug über ein Gefängnis die einzige offiziell registrierte Drohne im Umkreis von vielen Kilometern beschlagnahmten. Außerdem unsere Schiffspapiere, Handys, Tablets, Computer, Kameras und das Satellitentelefon. Sie nahmen die Sachen zu einer Untersuchung mit. Nachdem die Deutsche Botschaft in Havanna sich ein wenig verwundert geäußert hat, dass wir nicht im Gefängnis sind, hatten wir zumindest davor keine Angst mehr.
Uns war klar, dass unsere Drohne nicht geflogen sein kann, schließlich war sie schon eine ganze Weile defekt. Das würden die Kubaner früher oder später herausfinden, deswegen kamen wir mit der Situation einigermaßen zurecht. Dass wir die Insel ein wenig fluchtartig verließen, als wir unsere Sachen wieder bekamen, kann sicherlich jeder verstehen. Wir hätten in Kuba aufgrund von steigenden Corona-Zahlen sowieso nicht mehr viel unternehmen können, denn Reisen zwischen einzelnen Provinzen wurden untersagt. Wermutstropfen war Jens‘ geklaute Festplatte, auf der sich viele unwiederbringliche Erinnerungen befunden haben.
Motor
Seit ich unterwegs bin, habe ich im Zweifel lieber den Diesel an der Straßentankstelle gekauft. Dort ist er meistens frisch. Bei den Bootstankstellen weiß man nicht, wie lange er schon in den Tanks gelegen hat. In Aruba wurde er jede Woche vom Tankwagen geliefert, weil die Fischerboote einen großen Umsatz machten. Da wir viel Diesel brauchten, fand ich das Risiko Bootstankstelle in Bonaire erträglich. Auch in Bonaire gibt es Fischerboote wie in Aruba, die müssen ebenfalls tanken. Vielleicht hätte ich noch ein paar Minuten länger nachdenken sollen, denn Aruba hat einfach fünfmal mehr Menschen, die dort leben, viel mehr Touristen und damit viel mehr Umsatz an der Tankstelle.
Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich von Fred halten soll. Nachdem er vorgestern gar nicht aufgetaucht ist, kommt er einen Tag später. Ein Berufsschiff hätte ein Problem gehabt. Was soll ich tun? Ich kann gar nichts tun. Er baut die Einspritzpumpe wieder ab, stellt den Zeitpunkt der Einspritzung anders ein und montiert sie wieder. Die Erklärung ist plausibel, es ist aber auch klar, dass es sein erster Mercedes Motor ist. Der Motor mag trotzdem nicht starten, nur mit Startpilot bekommt man ihn zum Laufen. Er geht im Leerlauf dann sofort wieder aus. Die Arbeitshypothese ist momentan, dass die Einspritzpumpe und die Einspritzdüsen zu viel von dem schlechten Diesel abbekommen haben. Inzwischen sind die Einspritzdüsen bei Bosch, sie kommen wohl heute noch zurück. Oder morgen. Und es ist die Frage, ob er dann wirklich anspringen wird. Und ob er richtig eingestellt sein wird.
Es ist diese Hilflosigkeit, die am stärksten an der Psyche frisst. Die Tatsache, dass man sich im Moment nicht selbst helfen kann, dass man auf Hilfe Dritter angewiesen ist über deren Kompetenz man nichts weiß. Es ist die Ungewissheit, ob und wann der Motor wieder fit ist. Selbst eine kubanische kriminaltechnische Untersuchung findet irgendwann ihr natürliches Ende. Finde ich dann morgens vor dem Kaffee noch eine tote Kakerlake auf dem Rücken liegend im Salon, die beim Versuch sie einzusammeln munter in einer Ritze verschwindet, ist der Tag eigentlich schon gebraucht. Es fällt mir wirklich schwer, meine gute Laune zu behalten.