Ich finde es faszinierend, dass ich nun einen Fachbeitrag zum Thema „Anlegen“ schreiben möchte. Dabei ist die Zahl der von mir in den letzten Monaten durchgeführten Manöver durchaus überschaubar. Wie fange ich an? Mit einer Katze an der Bushaltestelle. Sie entspannt hinter dem Zaun, als ich sie entdecke. Kaum ist das Foto im Kasten, schon springt sie auf und läuft davon. Eine streichelbare Katze habe ich in Guadeloupe jedenfalls noch nicht getroffen.
Ich habe immer wieder Nachbarn, die bei Sissi in zweiter Reihe parken. Also werde ich Zeuge einiger Anlegemanöver. Meistens bin ich auch Teil der Manöver, jedenfalls wenn ich an Bord bin. Das Problem ist wahrscheinlich, dass die Einheimischen hier so gut wie nie längsseits anlegen müssen. In Holland ist es praktisch Bestandteil eines jeden Törns, wenn durch eine Schleuse gefahren werden muss. Das muss man dort so gut wie immer. Schleusen gibt es natürlich in Guadeloupe nicht, nicht einmal eine funktionierende Dreh- oder Klappbrücke.
Nur so kann ich mir erklären, dass gefühlt 95% der Skipper unfähig sind, ordentlich längsseits anzulegen. Dabei ist es so einfach, besonders wenn kein oder nur wenig Wind weht. Exemplarisch zeige ich den Skipper des roten Bootes beim Anlegen. Er hat sich in den letzten Tagen sehr ins Zeug gelegt, um mit seinen Arbeiten zu einem Ende zu kommen.
Deswegen habe ich mich gar nicht gewundert, dass er gestern so weit war, wieder ins Wasser gehen zu können. Er hat jeden Tag von früh bis spät geschuftet. Ich glaube, seine Frau ist nun sehr froh, dass das Boot wieder vernünftig funktioniert. Sie hat immer im Schatten unter dem Boot ihr Geschirr gespült und sich um den Säugling gekümmert.
Gelangweilt beobachte ich den Kran, während das rote Boot ins Wasser gelassen wird. Es sieht nicht nach Abfahrt aus, die Skipperin beobachtet den Vorgang mit dem Kinderwagen im Schatten stehend. Das Boot schwimmt und der Skipper hängt ein paar Fender heraus. Dann dreht er langsam in Richtung von Sissi. Will er etwa bei mir längsseits gehen? Zwei Erwachsene, ein Säugling und ein Hund? Da habe ich keine Lust drauf. Doch er fährt langsam zu meinem Nachbarn.
Ein Helfer klettert an Bord des Nachbarn. Das freut mich für den Skipper, denn alleine ist es mit dem Anlegen nicht einfacher. Dann springt er plötzlich an den Bug und übergibt dem Helfer die Bugleine, die dieser auch sofort vertäut. Nun ist das Anlegemanöver schiefgelaufen. Es weht zwar praktisch kein Wind, doch der wenige Wind genügt dafür, dass das Boot wie eine Fahne im Wind weggedreht wird. Das geschieht ein paar Mal, bis die beiden eine zweite Leine installieren können.
Jetzt geht es ganz leicht: Unter viel Kraftaufwand wird das Boot an der neu installierten Leine wieder in die gewünschte Position gezogen. Das klappt mit der Leine in der Mitte zuerst nicht, doch unser Skipper weiß um die Kraft eine Hebels und bringt die Leine schlussendlich an das Heck seines Boots. Jetzt kann er endlich das Boot parallel ziehen und schön vertäuen. Solange diese Art Hafenkino nicht bei Sissi aufgeführt wird, kann ich mich darüber amüsieren.
Jetzt kommt der Praxistipp: Immer zuerst die Heckleine festmachen. Dann den Vorwärtsgang reinlegen und das Boot wird wie von selbst parallel zum Nachbarn ankommen. Das ist so einfach.
Gestern Abend habe ich mir nach langer Zeit mal wieder einen leckeren Single Malt Whisky gegönnt. Die musikalische Untermalung passte perfekt. Die drei Dudelsäcke kommen aus der Auvergne und waren auf Tour in Guadeloupe. Nächste Woche fliegen sie wieder nach Frankreich. Sie haben schon öfter hier in der Marina gespielt, diesmal habe ich sie erwischt.
Mein Käferproblem wird sich an diesem Liegeplatz nicht lösen lassen können. Ich saß gestern Abend im Cockpit und wurde Zeuge einer Landung. Nach der Landung ist das Krabbeltier dann mit maximaler Geschwindigkeit nach unten gelaufen. Hoffentlich direkt in eine der Fallen. Locken etwa die Fallen noch Käfer von Land an Bord? Oder ist es einfach nur ein blöder Zufall.