Segelbürokratiepapierkram

Ende gut, alles gut. Wir haben eine neue Genua gekauft und diese ist bei uns auf dem Schiff. Insofern hätte das alles schlechter enden können. Immerhin haben wir jede Menge Mehrwertsteuer eingespart. Allerdings frage ich mich, ob wir diese Genua überhaupt noch einmal mit in die EU nehmen dürfen. Vielleicht sollte ich nicht darüber schreiben?

Es fing alles damit an, dass wir unsere Genua während der Überfahrt zu den Kanaren zu spät gerefft haben und uns deswegen das Unterliek abgerissen ist. Es fing eigentlich schon beim Kauf von Sissi an, denn die Genua war nicht mehr richtig taufrisch. Der Segelmacher in Stavoren hat uns schon gesagt, dass sie nicht mehr lange halten wird. Deswegen war sowieso schon geplant, unterwegs eine neue Genua machen zu lassen. Blauäugig und unerfahren wie ich bin, wollte ich das auf den Kanaren erledigen. Dort sind viele Segelboote, wo Segelboote sind gibt es Segelmacher und Segelmacher machen Segel. Dachte ich. Und auf den Kanaren gibt es keine Mehrwertsteuer, also muss das Segel dort billiger sein. Dachte ich.

Genua beim Segelmacher

Wir trugen unsere Genua also in Puerto Calero zum Segelmacher. Der sollte uns das Unterliek annähen und eine neue Genua machen. Ersteres konnte er anbieten. Danach war die Genua zumindest wieder verwendbar. Letzteres konnte und wollte er nicht.

„Hier auf den Kanaren bestellen alle Leute ihre Segel entweder in Deutschland oder in England. Die Segel sind dort schneller fertig und kosten weniger.“ So viel also zu meinem Plan. Also klemmte ich mich ans Telefon und fand einen Segelmacher in Deutschland, der uns schnell eine Genua nähen und nach Lanzarote schicken wollte. Da wir sowieso eine Woche in Frankfurt eingeplant hatten, war das mit der Wartezeit nicht so schlimm. Mit wurde genau erklärt, was wir alles ausmessen müssen, damit das neue Segel passt. Der Segelmacher in Puerto Calero hat uns noch beim Messen geholfen. So weit, so gut.

Ausmessen

Dann ging ich schnell noch an den Computer, habe die Anzahlung nach Deutschland überwiesen und telefonisch geklärt, wie das mit der Lieferung sein soll. Die Lieferadresse habe ich mir aus dem Internet heraus gesucht (Marina Rubicon) und übermittelt. Wir haben inzwischen so viele Lieferungen bekommen, dass es schon zur Gewohnheit wird, der Lieferadresse den Schiffsnamen und meinen Namen voran zu stellen. So weit, so gut.

Montag, 25. November
Während unseres Aufenthalts in Frankfurt ruft mich der Segelmacher an und teilt mir mit, dass die Genua versandfertig ist. Er will wissen, ob ich sie nicht lieber nach Frankfurt geliefert haben möchte, damit ich sie selbst mitnehmen kann. Das hätte ich sogar gemacht, wenn unser Rückflug nicht am nächsten Tag gewesen wäre. Das Segel wird also UPS anvertraut. Immerhin haben wir mit diesem Paketdienst noch keine schlechten Erfahrungen gemacht.

Dienstag, 26. November
UPS sendet noch vor unserem Rückflug eine Email, dass unsere Genua am Donnerstag geliefert werden soll. Wow, dachte ich. Nur drei Tage von Deutschland bis Lanzarote. Da können sich andere Paketdienste einige Scheiben abschneiden.

Mittwoch, 27. November
UPS sendet eine Email, dass unser Segel in Gran Canaria eingetroffen ist. Dann folgen im Dreistundentakt weitere Emails, übrigens alle auf Spanisch, die eine Exception für die Lieferung vermeldeten. Mit Hilfe von Leo können wir herausfinden, dass es darum geht, dass die Genua im Zoll festhängt und es nicht an UPS liegt, dass sie nicht weiter transportiert wird. Egal. Die Genua ist schon ganz in der Nähe.

Donnerstag, 28. November
Der Tag der angekündigten Auslieferung. In meiner Mailbox sind schon wieder mehrere Mails von UPS, die weiterhin die Zollabfertigung vermelden. Liebe Leute in Deutschland, ihr wisst gar nicht, wie gut wir es mit der europäischen Zollunion haben. Die Genua bleibt im Zoll, ich komme kaum hinterher, die ganzen Mails von UPS zu löschen. Die haben da eine echte Spam-Maschine installiert.

Freitag, 29. November
Es kommt eine Mail von UPS, die die Auslieferung des Pakets für Montag, den 2. Dezember ankündigt. Schön. Das reicht uns. So weit, so gut.

Montag, 2. Dezember
Am frühen Nachmittag bekomme ich eine Mail von UPS, dass das Paket hätte ausgeliefert werden sollen, die Marina aber die Annahme verweigert hat. Wir finden heraus, dass es darum ging, dass 210€ Zollgebühren fällig gewesen wären und dass die Marina nicht „das Paket“, sondern „den Papierkram“ abgelehnt hat. UPS sendet eine Mail, dass das Paket nun auf dem Rückweg sei. UPS fragt an, ob die Ware vernichtet werden darf. Jens und ich drehen durch. Die Marina hat uns erklärt, dass bei der Adresse der Zusatz „yacht in transit“ fehlt. Wie bekommen wir diesen Zusatz auf die Adresse? Bei UPS meldet sich niemand mehr.

Dienstag, 3. Dezember
Wir versuchen, UPS auf Gran Canaria zu erreichen. Aussichtslos. Bei UPS in Spanien spricht man kein Englisch. Wir sprechen kein Spanisch. UPS in Deutschland können wir von hier aus nicht anrufen, weil die 0180er Nummer nicht aus dem Ausland anrufbar ist. Wir versuchen, die Adressänderung über den Segelmacher zu erreichen. Ich rufe Marcos an, meinen ehemaligen Chef, der Spanisch als Muttersprache kann. Er erklärt sich bereit, mit UPS in Spanien zu telefonieren. Außerdem kann er mit UPS in Deutschland telefonieren.
Jutta von der Chapo ruft ihren Sohn an. Der spricht ebenfalls fließend Spanisch. Ihm gelingt es, den Paketfahrer Alberto zu erreichen. Der hat das Paket noch in seinem Auto liegen. Jens überredet den Chef von der Marina, das Paket doch anzunehmen. Zum Glück hat Alberto die schwere Kiste noch nicht wieder aus dem Auto ausgeladen. Alberto will am folgenden Tag noch einmal vorbei kommen.

Lieferwagen

Mittwoch, 4. Dezember
Wir warten gespannt auf Alberto. Ich campiere mit einer Brotzeit in der Nähe des Marinabüros im Schatten. Jens wartet am Boot, falls Alberto das Paket direkt an den Steg fährt. Derweil darf er das Deck weiter streichen. Am frühen Nachmittag ist es dann so weit. Der Lieferwagen kommt.

Daumen hoch!

Alberto liefert das Segel im Marinabüro ab und kassiert die 210€ Zollgebühren. 30 Sekunden später bekomme ich von der Marina eine Rechnung über 270€. Die schlagen einen Haufen Gebühren für die Annahme des Pakets drauf. Egal. Scheißegal.

Alberto bringt uns das Segel dann noch an den Steg und bekommt von Jens ein freundliches Trinkgeld in die Hand gedrückt. Vielleicht wird er noch ein Segel für einen anderen Segler transportieren. Auf jeden Fall macht er keinen unglücklichen Eindruck auf mich, als er die Marina wieder verlässt.

Paket mit dem Segel drin

Nun liegt sie da, unsere neue Genua. Wir würden sie gerne hochziehen, doch das ist mit den Windböen derzeit gerade nicht möglich. Das Paket haben wir ausgepackt, die Genua in der Vorschiffskoje verstaut und darauf ein Bier getrunken.

Einerseits hat der Spaß eine Menge Zoll- und Marinagebühren gekostet, andererseits haben wir durch die Lieferung nach Lanzarote eine Menge Mehrwertsteuer gespart. Das ist das Gute daran. Hätten wir das Segel nach Frankfurt liefern lassen, wäre das nicht der Fall gewesen.

Segel

Ob wir die neue Genua allerdings wieder nach Deutschland einführen dürfen, weiß ich nicht. Vielleicht müssen wir sie dann noch versteuern. Ich hebe sicherheitshalber mal die Rechnung mit den Gebühren auf. Es geht westwärts, da gilt das deutsche Zoll- und Steuerrecht nicht.

Danke an alle, die uns geholfen haben oder helfen wollten, das Tuch aus dem Zoll zu bekommen. Danke an Alberto, David, Jutta, Marcos, Stefan und Frau N. von der Segelmacherei. Alles ist gut.

F*cking Regen

Lanzarote liegt in der Passatzone,
was dazu führt, dass auf der Insel
ganzjährig frische Winde
aus Nord bis Nordost wehen.
Lanzarote besitzt ein ganzjährig mildes und
niederschlagsarmes arides Klima, da die
Passatwinde an der relativ flachen Insel
meist nicht abregnen.
(Quelle: Wikipedia)

Wir sind gerade zwei Stege weit gelaufen und haben unsere T-Shirts wechseln müssen, weil sie durch geregnet sind. Dabei hatten wir schon geduscht. Es regnet auf Lanzarote nur, wenn man am Nachmittag das Deck des Schiffs mit frischer neuer Antirutschfarbe gestrichen hat.

Es regnet dann, wenn man bei Freunden auf einem anderen Schiff zum Abendessen eingeladen ist. Es regnet, wenn man vergessen hat, eine der Dachluken zu schließen. Es regnet, wenn die Schuhe auf dem Steg stehen.

Mit 112 Millimetern Niederschlag
pro Jahr ist Lanzarote die trockenste
der Kanarischen Inseln.
85 Prozent der Niederschläge fallen von
Januar bis März. Die relative Luftfeuchtigkeit
beträgt im Mittel 70 Prozent.
Im gebirgigen Norden können mit bis zu
300 Millimetern pro Jahr deutlich mehr
Niederschläge fallen als im Süden.
(Quelle: Wikipedia)

Es regnet in Playa Blanca. Weiter südlich kann man sich auf Lanzarote nicht befinden. Wikipedia ist Mist. Ich habe keine Ahnung, wie wir das Innere von Sissi in den nächsten Tagen wieder trocken bekommen sollen. Natürlich dreht der Wind und natürlich regnet es durch den offenen Niedergang direkt in den Salon.

Unser Großfall schlägt gerade gegen den Mast, der Wind hat gedreht. Keiner von uns ist motiviert, nach dem Wechsel der T-Shirts noch einmal an Deck zu gehen, um den Lärm zu beenden. Es regnet.

Regen in Rubicon

Auch am folgenden Morgen peitschen Regenschauer durch die Marina. Der Regen bringt Sand mit, der sich geschmeidig in jeder Ritze an Deck breit macht. Toll.

1. Advent

Mit ein paar Tagen Verspätung schreibe ich diesen Beitrag zum ersten Advent. Der war vorgestern. Schon in Deutschland finde ich weihnachtliche Stimmung ziemlich doof, hier wirkt es noch skurriler. Bei 28°C am ersten Advent. Wir fühlen uns auch ohne Weihnachten wohl.

Apothekenthermometer in Playa Blanca

Um den Tag gebührend zu begehen, haben wir entschieden, gemeinsam mit den Chapos die Tapas Bar in Yaiza zu besuchen, die Jens und ich schon vor unserem Flug nach Frankfurt entdeckt haben. Der Besuch stand noch aus.

Wir spazierten gemütlich zur zentralen Bushaltestelle in Playa Blanca und haben nur wenige Katzen auf dem Weg zum Bus gestreichelt. Wenn wir sie alle gestreichelt hätten, wären wir nicht pünktlich zur Abfahrt da gewesen. Dann waren es nur noch 15 Minuten Busfahrt und wir standen vor der Tapas Bar.

Der Laden brummt

Anfangs bekamen wir gar keinen Tisch, so voll war das Restaurant. Wir wurden in keinerlei Hinsicht enttäuscht. Innen waren keine dicken Briten oder Deutsche, sondern fast nur Einheimische, die mit ihren Familien das Sonntagsessen genossen. Den Tisch konnten wir nahtlos von einem italienischen Paar übernehmen und anschließend endlich zur Essensbestellung schreiten. Es war dringend, unsere Mägen knurrten lauter, als ein hungriger Pitbull. Eine Speisekarte gibt es nicht.

Essensbestellung

Die einfachen Speisen sind alle vorgekocht und warten auf die hungrigen Gäste. Man tritt an den Tresen und sucht sich aus, was man alles essen möchte. Dabei wurden wir als ausländische Gäste vom Wirt hofiert, der uns auch die Teller ordentlich vollgeladen hat. Diese wanderten dann in die Mikrowelle und fertig ist das Mittagessen. An den anderen Tischen duftete es schon verführerisch.

Die Mikrowelle ist klein, der Hunger war groß. So hatten wir den ersten Teller schon fast leer, als der Wirt uns den zweiten Teller an den Tisch getragen hat. Als Tischwein hatten wir einen Weißwein aus Lanzarote ohne Etikett. Es war der beste Wein, den wir bisher auf dieser Insel bekommen haben. Dazu gab es Fleischbällchen, Fisch, Nudeln, Gemüse, Kichererbsen, Kartoffeln, (…).

Ich bin ja nicht der Typ, der sein Essen fotografiert – wenn es nicht gerade Rippchen mit Kraut ist. Doch in dieser Bar konnte ich nicht anders. Alles ist ganz einfach gehalten und alle Speisen sind extrem lecker. Jens und ich haben entschieden, dass wir noch einmal dort hinfahren müssen. Außerdem möchte ich dem Wirt zwei oder drei von diesen Weinflaschen abschwatzen.

Charly und Jens kommen aus der Bar

Für den Geldbeutel war dieses Essen eine echte Erholung. Für vier Personen kostete es mit Vorspeisengetränk, Wein und Tapas nur 45€. Ab jetzt ist es kein Geheimtipp mehr, denn es steht im Internet.

Der Volksmund spricht, dass man nach dem Essen ruhen oder tausend Schritte tun soll. Ruhen konnten wir nicht, also haben wir uns für einen Spaziergang entschieden. Bis der Bus wieder Richtung Playa Blanca fahren sollte, war noch über eine Stunde Zeit. So setzten wir die Ortsbesichtigung dort fort, wo wir vor zwei Wochen abbrechen mussten. Im Inneren der kleinen Kirche.

Kirche in Yaiza

Selbstverständlich steht in der Kirche eine Krippe. Die Kirche ist schön gestaltet und wirkt nicht überladen. Ein Besuch, der sich für uns gelohnt hat, denn auf der Rückseite der Kirche haben wir dann noch eine Art „Krippe“ gefunden. Ich fand es total putzig, denn die Yaizaer (?) bzw. Yaizaner oder Yaizäner, also eben die Einwohner des Orts Yaiza, haben ein Miniatur-Lanzarote aufgebaut.

Miniatur-Lanzarote mit Vulkan

Eigentlich fehlt nur noch eine Märklin-Eisenbahn, um das Ensemble komplett zu machen. Ich kann darauf nur verzichten, weil es auf Lanzarote keine Schienen gibt. Um die Installation kann man komplett herum gehen und findet etwa die Salinen, den Ort El Golfo oder die Kochlöcher von Los Hervideros. Es ist alles da!

Christbaumkugeln

Wir machten uns einen Spaß daraus, weihnachtliche Grüße in die Heimat zu schicken. So zum Beispiel mit Zitronen als Christbaumkugeln. Die Chapos sammelten Zutaten für einen Adventskranz.

Jutta und Charly mit ihrem zukünftigem Adventskranz

Noch einmal vielen Dank für die Einladung zum Essen! Danke für den schönen Nachmittag, an dem wir so viel gelacht haben.

An einen so schönen Nachmittag darf natürlich die obligatorische Katze nicht fehlen. Diese hier lief immer wieder vor uns davon und hatte Angst. Irgendwann setzte sie sich endlich hin und beobachtete uns misstrauisch, wie wir eine Aufnahme von ihr angefertigt haben. Auch für den cat content war somit gesorgt.

Cat content

Satt und müde war es an der Zeit, sich an die Bushaltestelle zu bewegen. So richtig pünktlich sind die Busse nicht, die Wartezeit an der Haltestelle musste also überbrückt werden.

Entweder bin ich noch nicht so recht süchtig nach meinem Smartphone oder es liegt an meinem Telefonvertrag mit arg begrenztem Datenvolumen. Ich bin der einzige aus unserer Vierergruppe, der kein Handy in der Hand hält. Jutta hält ihres zum Fotografieren.

Warten auf den Bus

Nach Einbruch der Dunkelheit sind Jens und ich dann noch einmal durch Playa Blanca gelaufen, um die allerorten angebrachte Weihnachtsbeleuchtung in Aktion zu sehen. Wir wollten sehen, wie auf den Kanaren zu Weihnachten dekoriert wird.

Einkaufsmeile in Playa Blanca

Die Einkaufsmeile könnte überall in Europa sein. Dort finden sich dieselben Marken, wie sie auch in einer deutschen Fußgängerzone zu finden sind, ähnliche Chinashops und natürlich Souvenirläden an jeder Ecke.

Weihnachts“baum“ am Ankerkreisel

Der „Baum“ ist skurril. Ein Tannenbaumersatz auf einer Insel, die praktisch keine frei lebenden Bäume hat. Lachen mussten wir nicht, die beste Installation haben wir allerdings in einem Verkehrskreisel am Ortseingang gefunden. Eine Weihnachtswindmühle. Was das mit Weihnachten oder Lanzarote zu tun hat? Keine Ahnung.

Weihnachtsmühle

Es war genug, der erste Advent war fast vorbei. Also lenkten wir unsere Schritte wieder in die Marina, lichteten unterwegs noch eine wunderschöne Straßenkatze ab und horchten anschließend, was uns unsere Matratzen so zu flüstern hatten.

Gute Nacht, Katze!

Wir wünschen allen eine lustige Adventszeit.