Katastrophen und Erfolge

Genau so dramatisch, wie ich den Titel dieses Beitrags formuliert habe, erlebten wir den vorgestrigen Tag. Dabei fing der Tag mit feinstem Sonnenschein an. Von den restlichen Arbeiten hatten wir uns vorgenommen, die Halterung der Windsteueranlage zu montieren.

Jens packt das erste Päckchen aus

Die Halterung machte uns die meisten Sorgen, weil sie am Heck des Schiff verschraubt wird, wir dazu Löcher in den Rumpf bohren müssen und keine Fehler machen dürfen. Um uns die Arbeit zu erleichtern, wollten wir Sissi in der Box umdrehen. Normalerweise liegt sie (wie 99% der anderen Schiffe auch) mit dem Bug zum Steg in der Box. Die Arbeit am Heck ist vom Steg aus leichter.

Jetzt beginnt die Überleitung zur Katastrophe. Nach dem Start des Motors verließen wir die Box zügig, weil der Wind ordentlich aufgefrischt hatte. Ich versuchte, das Schiff zu wenden und rückwärts wieder in die Box rein fahren. Nach wenigen Augenblicken merkte ich, dass das bei dem Wind gar nicht so einfach ist. Außerdem benahm sich das Ruder merkwürdig. Wir trieben inzwischen auf die Hafenmauer zu. Nur mit Mühe und Not konnten wir einen Dalben fangen und das Schiff befestigen. Das Ruder war vorwärts komplett ohne Funktion, rückwärts klappte es immer voll nach einer Seite – dementsprechend fuhr sich Sissi.

Der Übeltäter – mit aufgesteckter Notpinne

Erst schnauften wir nach der Landung durch, dann ging es auf die Suche nach dem Übeltäter. Der war schnell gefunden. Das Stahlseil, das die Ruderkette mit dem Ruderquadranten verbindet, ist von der Führungsrolle gesprungen. Dieses Jahr sind wir noch nicht so viel gefahren, im Winter war das Ruder zur Wartung. Es erscheint so, als wäre das Stahlseil nicht stark genug gespannt gewesen. Die Reparatur ging dann schnell von der Hand.

Es ist vollbracht!

Wir konnten nach der Reparatur des Ruders noch die Halterung für die Windfahne montieren, am nächsten Tag erledigten wir den Rest.

Außerdem gab es noch mehr Arbeiten zu tun. Wir sind dabei, das Cockpit zu streichen. Weiß, damit die Sonnenhitze es nicht mehr so heiß werden lassen kann.

Der alte Lack muss ab.

Die Schleiferei macht einen mordsmäßigen Dreck, aber das haben wir gut im Griff. Sehr zügig lief Jens auch die Wartung der Toilette von der Hand.

Wartung der Toilette

Jetzt ist die Liste der Restarbeiten sehr überschaubar geworden. Also habe ich ein wenig mehr Zeit für das Blog und kann über die Fortschritte berichten.

Den AIS-Stalkern, die uns beobachten, ist offenbar nicht entgangen, dass wir Sissi in einer anderen Ecke des Hafens liegen haben. Das ist gewollt und kein Grund zur Sorge. Morgen haben wir einen Termin am Mastenkran, wir konnten den Platz aber schon früher belegen. Das Internet ist hier viel besser. Von unserem Termin werde ich in Kürze erzählen. Das ist eine ganz andere Geschichte…

Bevorratung

Immer wieder stellte man uns in den vergangenen Wochen die Frage, wie viele Vorräte wir mitnehmen und was. So richtig haben wir uns da noch keine Gedanken gemacht, aber manche Delikatesse aus der Heimat ist schon an Bord. So sind seit Wochen vier Paletten (bzw. 96 Dosen) „Bembel with care“ Apfelwein gebunkert, die nun streng rationiert sind. Nur, wenn wir uns beide einig sind, trinken wir einen Apfelwein.

Auch haben wir zwei Dutzend Packungen Nudeln vom Frankfurter Konstablerwachemarkt dabei. Die sind lecker und halten sich lange.

Wurstkonserven der Metzgerei Haase

Jahrelang habe ich morgens auf dem Weg zur Arbeit meine Brötchen bei der Metzgerei Haase in Bonames eingekauft. Bei Chartertörns durften die Haase-Dosen nie fehlen, sie waren immer beliebt bei der Crew. Deswegen haben wir 25 Dosen mitgenommen, die halten sich auch ewig und können nun nach und nach gegessen werden.

Als ich im Laden stand und die Dosen einpackte, kam der Chef (Jens Haase) zu mir. Den Leuten in der Metzgerei war mein Vorhaben „Weltumsegelung“ schon bekannt, da ich das Catering für meinen Ausstand in der Firma von dort habe liefern lassen. Und Jens meinte zu mir, dass ich einfach per Email bestellen soll, wenn ich noch mehr Dosen brauche. Er würde mir dann ein Paket senden. Dafür danke ich ihm schon einmal im Voraus – ich werde von dem Angebot Gebrauch machen. Und dann darf er mir noch ein paar Pfund von Wacker’s Kaffee dazu packen. Wir haben 20 Pfund Kaffee gebunkert, der ist aber auch irgendwann alle.

Ansonsten werden wir Sissi in den kommenden Tagen mal vor dem Coop in Stavoren parken und den Ladeninhalt auf das Schiff tragen.

Wir sind auf Sissi angekommen

Vorgestern hatten wir unseren letzten (halben) Tag in Frankfurt. Um 13:29 Uhr fuhr unser Zug pünktlich in Richtung Amsterdam. Vorher gab es noch einen zwar mit Tränen behafteten, aber dennoch einigermaßen schmerzlosen Abschied von unseren Eltern.

Der ICE mit dem Namen Würzburg bringt uns nach Holland

Auf dem Schiff angekommen, waren wir zunächst einfach nur platt. Platt von den Strapazen der letzten Tage. Trotzdem haben wir gleich am ersten Tag zweierlei Dinge erledigt: Einmal haben wir einen neuen Messshunt für unseren Batteriemonitor an den Windgenerator geklemmt, zum anderen haben wir das AIS installiert. Wir waren beide neugierig. Wieviel Ertrag wird unser Windgenerator bringen und wie sieht das mit dem AIS aus?

Der Batteriemonitor

Wir verbrauchen zum Zeitpunkt der Aufnahme ziemlich viel Strom, weil wir gerade den Watermaker testen. Und wir testen auch, ob die Anlage es schafft, trotz Watermaker noch ein paar Amperestunden in die Batterien zu pressen. Auf der Aufnahme sieht das sehr gut aus, aber die Sonne ist heute ein schlechter Verbündeter. Dafür bläst es in Stavoren ganz ordentlich.

Zum AIS: Hier haben wir uns für einen AIS-Transponder entschieden, der sowohl senden als auch empfangen kann. So werden wir für die großen Pötte auch sichtbar und wir können gleichzeitig Konflikte mit den „Großen“ vermeiden.

Der AIS-Transponder – man kann ihn auch abschalten.

Nur zwei Stunden nach dem Einbau und der Inbetriebnahme des Geräts sind wir auf marinetraffic.com sichtbar. Oben im Hauptmenü ist jetzt der Link, über den wir gestalkt werden können.

Für uns sieht das folgendermaßen aus. Die umliegenden Schiffe werden uns dargestellt, man sieht Entfernung, Richtung und Geschwindigkeit.

AIS Bildschirm

Natürlich ist diese Darstellung rudimentär. Außerdem sieht es mit den Häfen und den darin liegenden Schiffen unübersichtlich aus. Das wird sich schlagartig geben, wenn wir mitten auf der Nordsee sind.

In den kommenden Tagen werden wir unsere Restarbeiten durchführen. Dann fahren wir los.