Platt

Der Wind weht. Seit ein paar Tagen liegen wir im Dreierpäckchen mit der Samai außen, der Sissi in der Mitte und der Aventurine innen an der Betonpier. Insgesamt handelt es sich um 36 Tonnen Gewicht, die letztendlich alle auf der Aventurine liegen. Der Wind weht auflandig, also drückt er die Boote an die Pier. So manche Landratte stellt sich unter einem Fender eher eine Gitarre vor, doch die Boote werden durch die Fender vor Schäden geschützt.

Fender zwischen der Samai und der Sissi. Hier liegen die 12 Tonnen von der Samai drauf.

Die Geräusche im Bootsinneren sind fürchterlich. Die Boote schaukeln im Schwell auf und ab. Natürlich nicht gemeinsam, sondern immer brav gegeneinander. Dabei werden die Fender ein wenig eingequetscht und das Material quietscht auf den Rümpfen. In der Nacht schlafen glaube ich alle nicht besonders gut. Dazu ist es zu laut, die Boote bewegen sich außerdem fast mehr als auf dem Ozean. Unangenehm.

Fender zwischen Sissi und Aventurine. Hier liegen die 24 Tonnen von Samai und Sissi drauf.

Robert, der auf der Aventurine wohnt und sich vor einigen Tagen den Fuß angebrochen hat, wird in der Nacht durch einen Höllenlärm geweckt. Durch die Bootsbewegungen haben ihm die Fender seine Reling abgerissen, an der die Fender befestigt waren. Dabei hat er alle Fender verloren. Durch den kaputten Fuß war es ihm auch nicht möglich, in der Nacht großartig etwas zu tun. Der Rumpf der Aventurine wurde ziemlich verkratzt. Robert nimmt es jedoch gelassen, es ist schließlich nicht sein Boot. Der Hafenkapitän hat ihm neue, größere Fender besorgt.

Autoreifen taugen sehr gut als Ersatzfender.

Ich spaziere am nächsten Morgen den Steg entlang und schaue mir an, wie es den anderen Booten ergangen ist. Bei uns hat lediglich einer unserer acht Fender seine Luft verloren und möchte wieder aufgepumpt werden. Dummerweise kann ich gerade die Luftpumpe nicht finden. Die Aventurine hat alle verloren. Bei einem Nachbarn sind die Fender in der Nacht auf den Steg gehüpft, auch bei diesem schönen Boot wurde der Alurumpf ordentlich verkratzt. Einige Katamarane haben ebenfalls unschöne Kratzer erhalten. Was für ein Glück, dass wir nicht innen an der Mauer liegen. Ein Mann spaziert durch die Marina und spricht die Leute an, ob sie Autoreifen kaufen möchten. Er kann alle Reifen verkaufen. So werden alte Autoreifen noch einmal zu ordentlichem Geld.

Fährterminal

Wir verlassen das Boot. Sissi können wir getrost alleine vor sich hin quietschen lassen. Wir wollen uns ein Auto mieten und suchen nach einem Autovermieter, der am Sonntag geöffnet hat. Google schickt uns zum Fährterminal. Klar, natürlich haben die an der Fähre geöffnet, dort kommen schließlich die Leute von den Nachbarinseln an und brauchen ein Auto. Im Fährterminal herrscht gähnende Leere.

Autovermieter im leeren Fährterminal

Doch der Autovermieter hat geöffnet. Vor uns steht ein Pärchen am Schalter. Die beiden bekommen einen Autoschlüssel überreicht und der Angestellte bringt sie zu ihrem Wagen. Dann kommt er zurück und wir bekommen keinen Autoschlüssel. Dem Mann sind nämlich die Autos ausgegangen. Er macht uns keine Hoffnungen, dass wir in den kommenden beiden Wochen einen Wagen haben können und schickt uns zu einer Rollervermietung in der Nähe.

Briefkasten außer Betrieb. Wie geht denn das?

Auf dem Weg zu den Motorrollern muss ich noch den Horta-Schriftzug aufnehmen, der an den verschiedensten Stellen der Insel prangt. Zum Beispiel auch auf dem Marinabüro. Jeder Besucher, der mit der Fähre ankommt, muss an diesen Buchstaben vorbeilaufen.

Horta

Natürlich hat der laut Google am Sonntag geöffnete Rollervermieter nicht geöffnet. Immer wieder auf meiner Reise wurde ich schon darüber belehrt, dass Google nicht alles weiß, sondern oftmals nur vorgibt, alles zu wissen. Wir laufen die Straße weiter entlang und kommen an einer Autovermietung vorbei, die laut Google sonntags geschlossen ist.

Autovermietung

Ist sie aber nicht. Die junge Dame kann uns sogar für den nächsten Tag einen Wagen reservieren. Wir haben echt Glück, es ist der letzte. Ein Zweisitzer reicht für uns, es ist sogar ein Pickup-Truck mit Allradantrieb und er kostet nur 70€ pro Tag. Anschließend laufen wir noch zum Supermarkt und werden von einem laut hupenden Hochzeitskonvoi überholt. Den Wagen des Brautpaars sehen wir zwei Tage später im Hof unserer Autovermietung stehen.

Hochzeitskutsche

Carpe diem! Sonst wird es wieder regnen.

Das Wetter ist weiterhin die meiste Zeit trübe und regnerisch. In Guadeloupe habe ich über eine Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent gestöhnt, hier sind wir inzwischen oftmals über 80 Prozent. Im Boot ist alles klamm, als würden wir Anfang Mai auf einem Zeltplatz im Gebirge zelten.

Es ist trübe, regnet aber für ein paar Minuten nicht.

Ich sage zu Jens, dass ich vor dem Besuch im Supermarkt unserem Lieferanten für das neue Achterstag einen Besuch abstatten möchte. Ich erwarte nicht, dass unser Achterstag tatsächlich schon auf der Insel ist. Jens hat am Morgen einen Flieger aus Lissabon im Internet beobachtet. Der ist nicht in Horta gelandet, sondern auf der Nachbarinsel Pico. Eine urplötzliche Entscheidung des Piloten, der innerhalb kürzester Zeit von Reiseflughöhe auf dem Flughafen von Pico gelandet ist. Pech. Wieder eine Chance vertan. Bei Mid Atlantic Yacht Services finde ich jedoch ein paar Pakete, die aussehen, als würden sich Drahtrollen darin befinden. Der Inhaber bestätigt mir, dass die Lieferung heute gekommen ist und verspricht mir, dass unser Achterstag am Nachmittag zu uns an Bord kommen wird. Toll! Ich schicke eine Nachricht an Jens, damit er an Bord bleibt. Dann gehe ich zum Supermarkt und besorge unsere heutige Mahlzeit.

Es ist geliefert!

Kaum zu glauben. Die drei Drahtrollen sind vor mir auf Sissi angekommen. Das fühlt sich echt gut an. Die Einkäufe kommen in den Kühlschrank, heute gibt es lecker marinierte Leiterchen, Jens ist mit dem Kochen dran. Leider kann er nicht auf den Mast klettern, denn er hat sich den Fuß ein wenig vertreten. Ich frage Samuel von der Samai, ob er vielleicht an unsere Mastspitze klettern möchte. Darum lässt er sich nicht zweimal bitten, wenige Minuten später steht er mit Klettergurt an Bord von Sissi und ich erkläre ihm, was er machen soll. Den Draht ziehe ich ihm mit einem zusätzlichen Fall nach oben, dann muss er nur noch den Bolzen oben einsetzen und mit einem Splint sichern. Gar nicht so schwer, wenn man keine Höhenangst hat. Ich könnte es nur, wenn davon mein Leben abhinge. Ich bekomme schon Zustände, wenn ich nur bis auf die Höhe unseres Baums klettere oder die Schrauben des Windgenerators ersetze.

Samuel hilft!

Wir haben ein Riesenglück, deswegen auch der Titel „Carpe diem!“ für diesen Beitrag. Irgendwie erwischen wir die beiden sonnigen und windstillen Stunden der Woche. Sissi bewegt sich nicht allzu sehr, innerhalb kurzer Zeit sitzt der Bolzen an der Mastspitze und ich kann die unteren Enden an ihre Plätze bringen. Nun muss ich nur noch das Achterstag spannen und fertig ist die Arbeit. Danke Samuel! Ich drücke ihm den Kanister mit dem Dinghisprit in die Hand. Er wollte zum Zwecke der Vogelbeobachtung und Fotografie eine Runde durch den Hafen drehen, der Tank unseres Dinghis ist jedoch leer und das Dinghi von der Samai ist tot. Mausetot. Kurze Zeit später hören wir unseren luftgekühlten Honda Motor durch den Hafen knattern.

Ist das hier public viewing oder kann das auf den Müll?

Die sonnigen beiden Stunden sind um, der Regen kommt bald wieder und das in ungeahnter Intensität. Auch die Wettervorhersage lässt nichts Gutes erwarten. Jens und ich nutzen die Zeit, unter Deck verschiedene Tätigkeiten durchzuführen. Zum Beispiel sammeln wir die toten Kakerlaken ein, die wir seit Guadeloupe spazieren fahren. Der Inhalt unseres Küchenschaben-Schapps wird entleert, dabei fällt uns unsere Kuchenbude in die Hände. Ja, genau die brauchen wir hier. Auch darauf ist etwas Kakerlakenkacke, zwischenzeitlich brüllt immer wieder unser Handstaubsauger, um eine tote Schabe aufzusaugen. Zur Sicherheit verteilen wir noch etwas Gift, wir sind jedoch zuversichtlich. Lebende Küchenschaben haben wir seit Wochen nicht mehr gesehen.

Sissi mit Kuchenbude und mit neuem Achterstag

Unter der Kuchenbude haben wir den Heizlüfter gefunden. Den schließen wir gleich an und schon bald verbreitet sich im Boot eine wohlige Wärme. Erst als Jens den Backofen für die Leiterchen anwirft, brauchen wir ihn nicht mehr. Es ist nun auch ohne die Zusatzheizung warm genug unter Deck.

Leckere Leiterchen, von Nichtfrankfurtern auch Rippchen genannt.

Das Abendessen ist lecker und Sissi ist wieder segelklar. Wir müssen nur noch das Großsegel wieder in seine Führung bringen. Das machen wir aber erst, wenn es das Wetter zulässt. Wir haben beide keine Lust, es im Regen und bei mehr oder minder starken Windböen zu machen. Außerdem ist es nicht dringend, in den nächsten Tagen ist der Wind nicht so, dass wir unser nächstes Ziel, die Insel Terceira, ansteuern können. Ich hoffe immer noch auf einen einigermaßen schönen Tag, einen Mietwagen und einen längeren Ausflug über Faial.

Fischrestaurant Genuino

Vor einigen Tagen waren wir im Fischrestaurant Genuino essen. Dort fällt neben der Eingangstür diese Karte auf, die zwei Weltumsegelungen beschreibt. In verschiedenen Bildern wird diese nacherzählt. Das Essen war sehr gut, doch für die örtlichen Verhältnisse war es maßlos überteuert. Eigentlich wollten wir in die Taverne gegenüber, die jedoch gerade an jenem Tag geschlossen hatte. Statt dessen hatten wir Plätze an einem Tisch mit zwei anderen Deutschen, die mich sofort auf den Eintracht Pulli angesprochen haben. Tolle Leistung, haben sie gesagt. Na ja, ich habe diese Leistung ja nicht erbracht. Die Wahrnehmung der Eintracht in der Öffentlichkeit hat sich jedenfalls seit jenem Sieg in Sevilla drastisch gewandelt. Als ich mit einem Eintracht-T-Shirt aus der Dusche komme, ist es schon zweimal passiert, dass mir Jugendliche das Wort „Eintraaaacht“ zugerufen haben. Das gab es früher nicht.

Genuino Madruga, der Weltumsegler von den Azoren. Auch er wurde mit einem Gemälde im Hafen verewigt. Das befindet sich direkt am Clube Naval.
Hemingway, das Weltumsegler-Boot.

Mit der Kuchenbude ist das Leben schöner geworden. Ich kann am Abend im Cockpit sitzen, unten im Salon brummt der Heizlüfter und oben habe ich keine kalten Füße. Dabei prasselt der Regen auf das Zeltdach. Es ist doch wie beim Camping im frühesten Frühsommer. Doch es ist etwas besser, denn beim Camping hatte ich nie eine Heizung.

Nachtstimmung in Horta. Es regnet.

Zwei Tage nach der Montag des Achterstags ist das Wetter wieder etwas schöner geworden und lädt zu einem Spaziergang durch den Ort ein. Unser Nachbar Robert hat mir einen anderen Supermarkt empfohlen, der nicht so überlaufen ist. Auf dem Weg dorthin wird mir klar, warum der Laden nicht so überlaufen ist, denn es geht einen Kilometer steil den Berg hinauf.

Es scheint die Sonne wieder, doch der Weg zum Supermarkt ist steil.

Dort angekommen stelle ich fest, dass das Sortiment mehr oder minder identisch ist. An den Kassen herrscht kein Gedränge, statt dessen warten zwei Kassiererinnen auf Kundschaft. Ich werde dort dennoch nicht mehr einkaufen gehen, denn mein linkes Knie verbietet es mir. So schlendere ich gemütlich wieder zurück und betrachte die Blumen am Straßenrand.

Blumen am Straßenrand, kleine Eidechsen verstecken sich in der Steinmauer.
Diese Blumen wachsen wild durch eine Brettertür, die schon lange niemand mehr geöffnet hat.

Am Hafen angekommen probiere ich noch, bei einem der Autovermieter einen Wagen zu bestellen. Doch sämtliche Büros sind geschlossen. Der Samstag ist hier doch eigentlich ein normaler Arbeitstag. Vielleicht probiere ich es am morgigen Sonntag noch einmal, falls das Wetter immer noch schön ist. Ansonsten können wir am Montag mit dem Bus eine Inselrundfahrt machen. Das geht ohne Vorbestellung und niemand von uns muss sich auf die Straße konzentrieren. Ich stehe vor der Kirche, deren Glocken wir immer im Hafen läuten hören. Die Tür ist offen, ich trete ein. Schon lange habe ich keine Kirche mehr von innen fotografiert.

Einsame Andacht, die ich nicht lange stören möchte.

Wenn der Glöckner zum Gottesdienst ruft, klingt es immer, als würde er vorher Aufputschmittel einwerfen. Heute ist es ruhig, ein Mann sitzt in stiller Andacht vor dem Altar. Im Seitenschiff steht Maria.

Im Seitenschiff der obligatorische Marienaltar.

Ich spaziere zu Sissi zurück, heute bin ich für die Küche zuständig. Es gibt ein Brathähnchen, das wir uns teilen werden. Derweil kann sich das Wetter wieder nicht entscheiden, ob es schön oder hässlich werden möchte. Bei Sonnenschein spritzen die Regentropfen. Ein paar Tage bleiben wir noch hier, am Mittwoch soll der Wind günstig für die Weiterfahrt sein. Mal sehen, wie oft sich das jetzt noch ändern wird.

Nebel

Seit Tagen haben wir die Sonne nicht mehr gesehen. Natürlich wird es am Morgen hell und am Abend wird es auch wieder dunkel, doch die Sonne versteckt sich hinter der grauen Suppe. Manchmal glaube ich, dass sie mir über den schwarzen Pullover streichelt. Dann wird es mir etwas wärmer. Oft ist es aber auch nur eine Täuschung, denn es wird mir wärmer, wenn ich den Morgenkaffee zu mir nehme. Für die nächsten Tage ist sogar einigermaßen viel Regen vorhergesagt. In Deutschland habe ich die Azoren immer mit schönem Wetter verbunden, denn es herrscht bei uns meist für Wochen Sonnenschein, wenn sich ein Azorenhoch ausgebildet hat.

Nebel über dem Berg

Am Wetter können wir nichts ändern, das ist wie es ist. Über die Konsequenzen habe ich noch gar nicht nachgedacht. Als ehemaliger Nachbar des Frankfurter Flughafens bin ich es gewöhnt, dass Flugzeuge immer landen und starten. Sie starten tagsüber im Sonnenscheinen, in der Nacht bei Dunkelheit. Es kann regnen, stürmen oder schneien, die Flugzeuge brüllen mit ihren Triebwerken über die Stadt. Ich frage bei Mid Atlantic Yacht Services, ob mein Achterstag schon geliefert wurde. Doch ich muss erfahren, dass wegen des Nebels in den letzten beiden Tagen kein Flugzeug in Horta gelandet ist.

Flughafen? Eher ein Flugplatz.

Wir haben das eine oder andere Flugzeug in den tief hängenden Wolken gesehen und uns nichts dabei gedacht. Der Rigger erklärt mir, dass die Flieger bis zu dem Berg hinter dem Hafen mit ihren Instrumenten fliegen können. Dann darf der Pilot entscheiden. Entweder kann er die Landebahn sehen, dann wird er das Flugzeug landen. Oder er sieht die Landebahn nicht, dann landet er woanders. Es gibt also immer wieder neue Gründe, warum sich unsere Weiterreise verzögert. Dass Flugzeuge wegen Nebels nicht landen können ist neu.

Die Samai liegt jetzt neben der Sissi

Es gibt aber auch gute Nachrichten. Die Samai liegt jetzt neben der Sissi. Nachdem die Schweizer von uns losgemacht haben, kam erst für zwei oder drei Nächte eine deutsche Segeljacht. Als die abgefahren ist, wollte ich unbedingt die Samai an diesem Platz liegen haben. Da weiß ich nämlich, dass wir unsere Ruhe haben. Es ist kein mit Franzosen vollgestopftes Boot, die sich dann auch noch ein Dutzend Freunde zum Abendessen einladen und uns alle über das Deck trampeln. Mit der Samai ist das prima, wir hören meist nicht einmal, wenn sie das Boot verlassen oder wieder nach Hause kommen.

Die Crew der Cassie verewigt sich auf dem Kai

Unsere Freunde von der Cassie machen sich reisefertig. Die beiden Notausstiegsluken des Katamarans sind repariert. Es ist ihnen sehr wichtig, dass sie noch ein schönes Bild für die nachfolgenden Segler hinterlassen. Von den Booten hier in Horta sind etwa ein Drittel deutsche Segler, ein weiteres Drittel kommt aus Frankreich und alle anderen Nationen teilen sich das restliche Drittel. Eine Malerei mit Taiwan gibt es wohl nur einmal, ich kann mich an kein anderes Bild erinnern.

Adieu Cassie und gute Reise!

Neben den vielen weißen Plastikbooten, zu denen Sissi ja ebenfalls zählt, gibt es hier auch ein paar sehr spannende Segler. Notre Dame des Flots ankert ein paar Tage im Hafenbecken, bis ich das Schiff an der Tankstelle aus der Nähe anschauen kann. Normalerweise bin ich ein Freund kurzer und leicht zu buchstabierender Schiffsnamen, doch für diesen Segler ist der lange Name wirklich kein Handicap. Er passt einfach zu ihr.

Notre Dame des Flots
Name passt zum Schiff

Mit der Flagge der Seychellen unterwegs ist die Avontuur. Als das riesengroße Segelschiff in den Hafen kommt, wundern wir uns zunächst und stellen uns die Frage, wo sie denn ankern wird. Das ganze Hafenbecken ist wieder dicht an dicht mit ankernden Segeljachten gefüllt. Statt dessen geht die Avontuur direkt an den Betonkai, der von den Hafenmeistern offensichtlich für sie frei geräumt wurde. Später ziehen sie ein Transparent hoch, welches sie als Frachtsegelschiff bezeichnet. Vielleicht sind sie ja auf Kundenfang. Es könnte sein, dass mit einem solchen Frachtsegler unser Achterstag schneller als mit dem Flieger nach Horta kommt.

Avontuur
Nixe am Bug der Avontuur

Ich will aber nicht meckern. Die räumliche Nähe der Samai zu uns erlaubt es endlich, ein gemeinsames Abendessen einzunehmen. Der Rigger macht mir keine Hoffnung, dass das Achterstag noch kommen wird, also gehe ich zum Supermarkt und besorge ein paar leckere Lebensmittel. Einfach nur eine Lasagne zu backen erscheint mir zu wenig. Ich will Spaß in der Küche. Mindestens drei Gänge will ich servieren, mit dem Gruß aus der Küche werden es dann vier. Mit knusprig aufgebackenem Weißbrot, Terrine Forestière aus Guadeloupe und dazu entsetzlich sauren Gürkchen kann ich unsere Gäste überraschen. Anschließend eine stundenlang gekochte Gemüsesuppe mit Rindfleischeinlage. Der Portugiese an der Fleischtheke wusste genau, welches Fleisch ich für eine gute Suppe brauche – das, das mit dem Knochen kommt. Unsere Bordspezialität Lasagne ist natürlich der Hauptgang und als Nachtisch gibt es Eis mit Schlagsahne. Jedes Mal, wenn ich an Bord Schlagsahne schlage, denke ich über den Kauf eines elektrischen Mixers nach. Bisher hat es aber auch immer so geklappt.

Der Morgen danach

Bis zur späten Stunde sitzen wir zusammen, essen, trinken, unterhalten uns und haben Spaß. Während des Kochens musste ich schon zweimal abspülen, es gibt an Bord einfach nicht genug Platz. Am nächsten Morgen ist immer noch genug Geschirr übrig. Doch lecker war es. Jetzt sind Jens und ich in Kürze zum Grillen eingeladen. Lecker. Wir freuen uns drauf.

Clube Naval da Horta

Der örtliche Segelclub hat auch spannende Boote. Strahlend weiß ist das Großsegel des ungewöhnlich getakelten Fahrzeugs. Die Kinder hier lernen in Optimisten, Piraten und Jollen das Segeln, mindestens zweimal in der Woche ziehen sie ihre Kreise durch das Hafenbecken. Für den segelnden Nachwuchs ist also gesorgt.

Dieses Gemälde erinnert mich an einen vollkommen aus den Fugen geratenen Segelurlaub in Schottland mit dem vollkommen durchgeknallten Skipper Manfred H. aus M. Warum sind wir damals nicht auf diese Idee gekommen?

Und so warten wir darauf, dass sich der Nebel lichtet und die Landung für unser neues Achterstag möglich ist. Der Flieger von heute Mittag aus Lissabon ist jedenfalls nicht in Horta, sondern auf der Nachbarinsel Pico gelandet. Vielleicht kommt das Achterstag ja auch mit der Autofähre. Bis dahin wird der Herd gequält. Hauptsache ist, dass das Essen schmeckt.