Die Zeit bringt Veränderungen. Der Oktober schreitet voran und die Zeichen stehen überall auf weiter segeln. Demnächst kommen zwei Bekannte aus Deutschland nach Aruba. Ich habe sie vor Monaten hier schon getroffen, als sie ihr Boot gekauft haben. Nun werden sie ihren schönen Katamaran übernehmen. Doch auch bei den Deutschen, die schon hier sind, geschehen Veränderungen.
Ich nehme Rebecca mit zu Ling & Sons, einem der beiden guten Supermärkte in Aruba. An der Eingangstür bleiben wir erst einmal stehen, denn die große Markthalle ist dunkel wie die Nacht. Da kann man doch jetzt nicht einkaufen. Es fühlt sich sehr ungewohnt an, doch der Sicherheitsmann an der Tür desinfiziert weiterhin die Hände der eintretenden Kunden. Ganz leise hören wir im Hintergrund das Piepsen einer Scannerkasse. Anscheinend können sie sogar bei Stromausfall verkaufen. Wir treten ein und sehen überall im Laden die Lichtpunkte der allgegenwärtigen Smartphone-Taschenlampen. Unsere Telefone sind auch klar, also los.
Letztendlich wird der Einkauf komplizierter als gedacht. Es ist gar nicht so leicht, in der Dunkelheit mit dem Bisschen Licht die gewünschten Waren zu finden. Es ist aber auch nicht unmöglich. Wenn ich mir sonst einen Wolf suche, frage ich einfach einen der Mitarbeiter. Die sind aber in der Dunkelheit nur schwer zu finden. Ein Sicherheitsmann hofft, dass der Generator gleich anspringt. Fehlanzeige. Wir finden alles, was wir auf unseren Einkaufszetteln haben. Von den vielen Kassen ist eine einzige in Betrieb. Doch die Schlange ist gar nicht so lang. Ich frage mich, ob Kartenzahlung möglich ist.
Wir wollen uns in die Schlange einreihen, doch das ist gar nicht mehr nötig. Just in diesem Moment springt der Generator an und der Strom ist wieder da. Der Supermarkt ist wieder voll funktionstüchtig. Wie wäre das wohl bei einem handelsüblichen Rewe gelaufen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in Deutschland bei Stromausfall Menschen in den Markt lassen. Rebecca hat jedenfalls genug eingekauft, um mit der Pamina ein paar Tage vor dem Strand zu ankern.
Im Tierheim bin ich gerade dabei, die Reinigung des Katzenkäfigs vorzubereiten, als Ria mir zuruft, dass wir ein „unwanted animal“ vor der Tür haben. So werden normalerweise die Tiere genannt, die ausgesetzt werden, unerwünschte Tiere. Ich rechne damit, dass sie eine Kiste Kätzchen oder einen Hund gefunden hat. Statt dessen sitzt neben der Futterschüssel für die inoffiziellen Tierheim-Katzen eine giftige Kröte. Diese kann mit ihrem Gift eine Katze töten. Ria meint, dass sie die Kröte mit Bleiche übergießen müsste, um sie zu töten. Das wäre für das Tier jedoch sehr schmerzhaft. Also will sie auf Sandy warten, der so etwas nichts ausmacht. Derweil zeigt die Eigentümerin des Futternapfes keinerlei Scheu. Zum Glück für alle Parteien trollt sich die Kröte kurz darauf und verschwindet im Gebüsch. Von diesen giftigen Kröten habe ich schon viel gehört, nun habe ich zum ersten Mal eine gesehen.
Derweil erreichen mich gute Nachrichten aus Kolumbien. Die Samai verlässt in Kürze Santa Marta mit dem Ziel Aruba. Darüber freue ich sehr, denn ich brenne darauf, die Menschen persönlich kennenzulernen. Sie sind von Europa aus etwa zur selben Zeit gestartet wie Jens und ich, haben Kap Horn umrundet, waren in der Antarktis und sind zuletzt wegen Covid-19 in Chile steckengeblieben. Irgendwann haben sie mein Blog entdeckt und die Beiträge über die Esel gegen die Langeweile in der Quarantäne zu lesen. Im Laufe der folgenden Monate haben wir recht viele Emails getauscht. Es fiel ihnen sicher nicht leicht, die Entscheidung zu treffen, über Panama wieder zurück in den Atlantik zu fahren, anstatt weiter an der Weltumrundung zu arbeiten. Dafür haben sie nun die Möglichkeit, einen Zwischenstopp in Aruba zu machen und die Esel zu besuchen.
Am späten Donnerstag trifft die Samai dann in Aruba ein. Ich sitze im Donkey Sanctuary und beobachte den Reisefortschritt auf Marinetraffic. Es wird wirklich spät. Die Sonne geht unter und Skipper und Crew haben die spannende Aufgabe, die nicht kartierte Einfahrt zur Marina in der Dunkelheit zu finden. Ich bin sehr froh, denn seit einer ganzen Weile habe ich einige große Kisten an Bord liegen. Darin sind Schulsachen für die Kinder, die jetzt endlich wieder zur Schule gehen können. Sie haben sich wirklich gefreut, das ist kein Sarkasmus oder Ironie.
Am Sonntag verlässt die Pamina dann die Marina Varadero. Außerdem ist es für die Samai der große Tag, ein gemeinsamer Besuch im Donkey Sanctuary. Mein Auto hat vier Sitzplätze, kann aber problemlos auch fünf Personen transportieren. Natürlich sind neben den Eseln die Katzen die Hauptakteure. Sunchi, Shrimp, Swa und Socks werden alle gründlich gestreichelt. Die Esel bekommen eine Menge Karotten, denn Rebecca hat sieben Kilo gespendet. Niemandem wird es in den dreieinhalb Stunden langweilig, die wir an diesem angenehmen Ort verbringen. Am Abend gehen wir gemeinsam essen. Ich freue mich über die neuen netten Nachbarn.