Guadeloupe ist im Kielwasser

Wir sind unterwegs, die ersten 24 Stunden sind vergangen. Die Abreise aus Pointe-à-Pitre gestaltet sich reibungslos. Zuerst bekommt Fred noch kalte Füße, unterbricht seine Arbeit und ich kann die Rechnung bezahlen. In Rechnung gestellt hat er mir die fünf Einspritzdüsen (Bosch), die erste Revision der Pumpe (Bosch) und 10 Arbeitsstunden seinerseits. Das ist fair. Meine Kreditkarte zischt durch sein Lesegerät und die Motorengeschichte hat ein Ende. Bis zur nächsten Tankfüllung womöglich – wir tanken in der Marina an der Bootstankstelle. Es kann ja nicht jede Bootstanke verseucht sein.

Kurz nach dem Verlassen der Hafeneinfahrt gehen die Segel hoch, wir sind wirklich unterwegs. Während der Fahrt teste ich noch ein wenig die Tracking-Funktion auf der Webseite (Stalking Sissi), die ist aber leider defekt. Mehr als eine Nachricht an Martin kann ich nicht mehr senden. Hoffentlich kümmert er sich darum, sonst müssen wir ohne die Darstellung auskommen.

Im schönsten Nachmittagslicht passieren wir Marie Galante, eine zu Guadeloupe gehörige Insel mit vielen Rumdestillerien. Dann können wir nach Norden wenden. Ich habe immer noch Telefonnetz und chatte ein wenig mit Soraida, die mal wieder Überstunden machen muss, weil ein Kollege nach Bonaire geflogen ist. Es geht auf Mitternacht zu, als wir an der Ostspitze von Guadeloupe La Désirade an Steuerbord liegen lassen. Die Situation war für mich etwas befremdlich.

Auf der Seekarte sind mehrere sogenannte FADs eingezeichnet. Die Erklärung dafür ist „Fish aggregating device“ und bezeichnet eine große Sonderboje, die in einem Radius von einer Seemeile um die eingezeichnete Position schwingen kann. Ich schalte das Radar an. Das gibt mir auch gleich einen guten Überblick, welches Licht zu welcher Insel gehört. Von den FADs ist keine Spur zu sehen, sie sollen ein weißes Blinklicht haben. Letztendlich habe ich von etwa 10 FADs, deren Position wir passiert haben, genau eines zu sehen geglaubt und an seinem Licht erkannt.

Das neue Antennenkabel des Funkgeräts zeigt Wirkung. Während auf den früheren Langstrecken nur wenig im Funk zu hören war, begleiten uns nun die Funksprüche aus Guadeloupe. Pan Pan (Katamaran sitzt auf Grund). Wettervorhersage. Noch ein Pan Pan (Fischerboot mit Motorenausfall). Wieder eine Wettervorhersage. Bei den Franzosen gibt es mehrmals am Tag eine aktuelle Wettervorhersage (schön) für die Küstenbereiche (unnütz für uns). Jetzt beim Schreiben dieser Zeilen sind wir auf Höhe von Antigua und hören noch die Organisation eines weiteren Pan Pan durch deren Küstenwache. Abwechselnd spricht die Funke Englisch oder Französisch.

StammleserInnen des Blogs werden sich fragen, was mit Jens ist. Das Übliche. Ich habe heute einen der wenigen Sonnenaufgänge meines Lebens erlebt, weil Jens gestern Nachmittag seekrank in seiner Koje verschwunden ist.

1. Etmal: 105,7 nm
Position: 16°58N 61°25W

(Die Position kann man zum Beispiel bei Google-Maps eingeben)

Au revoir Guadeloupe

Es ist Zeit, allerhöchste Zeit. Die Wettervorhersage ist recht gut. Der Wind wird nicht allzu stark, dafür kommt er aber aus der richtigen Richtung. Er kommt auch für den gesamten Vorhersagezeitraum aus der richtigen Richtung. Insofern gibt es keinen Grund, die Abfahrt auch nur einen Tag herauszuzögern. Fred hat mich in den letzten Tagen immer mal wieder angesprochen, dass wir uns über die Rechnung unterhalten müssen. Gerne, habe ich gesagt. Das hat Fred dann immer wieder verschoben. Er weiß seit vergangenem Wochenende, dass wir heute fahren wollen. So wird er mir die Rechnung wohl per Mail schicken und auf sein Geld ein wenig warten müssen. Ich gehe ins Marinabüro und erledige die Formalitäten.

Die französische Tastatur. Ein Albtraum.

Im Marinabüro steht ein Computer, an dem man selbst die Daten fürs Ausklarieren eingibt. Der hat eine französische Tastatur. Ein Albtraum für jemanden wie mich, der es gewohnt ist, auf der deutschen Tastatur blind zu schreiben.

Wir holen im Supermarkt die frischen Vorräte. Frisches Gemüse kommt in den Kühlschrank, das Fleisch kommt in die Gefriertruhe. Was für ein Luxus. Ich kann jetzt schon vorhersagen, dass in den ersten beiden Wochen der Strom nicht reichen wird. Dann können wir den Kühlschrank wohl abschalten, weil er leer ist.

Letzter Sonnenuntergang vor der Abreise

Wahrscheinlich werde ich in den nächsten Wochen wieder sehr regelmäßig schreiben, denn auf See gibt es nicht gar so viel zu tun. Wenn dieser Beitrag erscheint, sind wir schon unterwegs.