Wir hatten die Pest an Bord

Wieder einmal sind seit meinem letzten Beitrag einige Tage vergangen. Wenn so viel Zeit zwischen zwei Beiträgen vergeht, passiert hier entweder gar nichts oder es passiert so viel, dass mir die Zeit zum Schreiben fehlt. Am Mittwochabend ist mein Neffe Eike in Aruba eingetroffen. Am Nachmittag mache ich eine unangenehme Entdeckung. Beim Prüfen der Vorräte fällt mir auf, dass sich überall im Bereich des Lebensmittellagers Leben entwickelt hat. Kleine Käfer krabbeln auf sämtlichen Vorratsdosen.

Sämtliche Vorratsdosen müssen gespült werden.

Auf der Suche nach der Ursache finde ich eine verschlossene Tüte mit Mais für Popcorn. Darin krabbeln die meisten Käfer, also kann ich das Problem an der Quelle beseitigen. Es gibt in Aruba gefühlt mehrere hundert Unternehmen, die mit „Pest Control“ und dicken Insekten auf ihren Autos werben. An Bord bist du selbst der Kammerjäger.

Auspuff im Maschinenraum. In diesem Rohr werden die Auspuffgase mit dem Kühlwasser vermischt.

Im Zuge der Motorwartung ist mir aufgefallen, dass eine winzige Undichtigkeit am Wassersammler für einen ordentlichen Klumpen Rost gesorgt hat. Salzwasser ist unglaublich korrosiv. Um das Problem an den Hörnern zu packen, steht schon seit ein paar Tagen eine kleine Dose Rust Oleum an Bord, damit wird das Metall nach dem Entrosten gestrichen. Entrostet wird mit Oxalsäure, das funktioniert ziemlich gut. Doch vorher sind die Lebensmittel dran.

Super Tox von den Kapverden. Die Flasche hat erst zwei Einsätze hinter sich, in beiden Fällen war das Zeug sehr hilfreich.

Ich mache eine kleine Pause und beobachte Pamina, die scheinbar unkontrolliert durch das Hafenbecken treibt. Die Arbeiter im Hafen sind ziemlich aufgeregt. Ich erfahre von Paul, dass das Ruder nicht funktioniert. Später erzählt mir Sönke, dass während der langen Liegezeit im Hafen wohl das Aluminium am Ruderschaft korrodiert war. Durch intensives Hin- und Herbewegen konnte das Ruder wieder gängig gemacht und der neue Generator an Bord genommen werden. Die Familie ist glücklich, ist doch wieder ein Problempunkt auf der langen Liste erledigt.

Der neue Generator wurde auf die Pamina verladen.

Eike ist überglücklich, als er endlich ins Auto steigen kann. Er war fast 22 Stunden auf den Beinen, konnte im Flugzeug nicht schlafen und fällt deswegen schnell in seine frisch bezogene Koje.

Maila. Der kleine Samuel ist leider gestorben.

Für mich beginnt (mal wieder) eine Art Abschiedstournee. Der letzte Besuch im Tierheim. Die letzten Katzenklos reinigen. Das letzte Video von ausgesetzten Hunden herunterladen. Die letzten Kätzchen streicheln. Das letzte gemeinsame Frühstück im Tierheim. Ich habe Tränen in den Augen. Wie gerne würde ich mir eine Katze mitnehmen, doch es ist in diesen Zeiten schon ohne Haustiere schwer, von Land zu Land zu reisen.

Eike ist glücklich.

Eike hat seine helle Freude. Er spielt mit den Welpen, der streichelt die Kätzchen und weiß gar nicht, wo er überall seine Liebe verteilen soll. Auch zu den Eseln fahre ich ein letztes Mal. Es ist unwirklich. Gelingt es mir wirklich, Aruba endgültig zu verlassen? Nur der Autoverkauf geht nicht voran. Ich habe mich mit dem Käufer auf einen Preis und das Übergabedatum geeinigt, nur kommt er mit den Papieren nicht voran. Das nervt.

Eike und Shrimp

Im Donkey Sanctuary fühlt sich mein neues Crewmitglied ebenfalls wohl. Wir werden innerhalb weniger Minuten vier Kilo Karotten los. Egal, Hauptsache ist, dass es Spaß macht. Dass es nicht immer nur Spaß im Leben gibt, musste Eike auch schon erfahren. Unsere bordeigene Bäckerei hat einen Qualitätssprung gemacht, wie es nur mit einem gelernten Bäcker zu machen ist. Nur der Umgang mit dem Gasofen ist ihm noch fremd, das Brot hat deutliche Röstaromen entwickelt.

Richtig gutes Brot. Ebenfalls neu an Bord.

Ich war ja schon immer stolz auf unser selbstgebackenes Brot, das neue Brot setzt dem Ganzen die Krone auf. Bei der Pamina haben die Arbeiter inzwischen den Generator montiert. Sönke erzählt stolz, dass der neue Stromerzeuger drei Zylinder statt eines einzigen hat und 150 kg wiegt. Das sieht man dann auch überdeutlich, denn die Pamina hat im Hafen nun eine deutliche Schlagseite nach Steuerbord.

Die Kamera ist gerade. Das Boot ist schief.

Was schere ich mich um die Generatoren anderer Leute. Am Samstagabend sind wir mit Edward verabredet. Wir wollen die Lichtertour über die Insel machen. Gleich zu Anfang fährt er mit uns in ein Wohnviertel, dort haben die Anwohner alle gemeinsam eine riesige Weihnachts- und Neujahrsinstallation aufgebaut. Die kannte ich vorher noch gar nicht.

Jahresendkitsch

Weiter fahren wir zur Lourdes Grotte. Es herrscht großer Andrang, sogar ein Partybus hat einen Zwischenstopp eingelegt.

Lourdes Grotte
Edward und Eike an der Lourdes Grotte

Jetzt planen wir den Höhepunkt. Cas di Luz, das Haus des Lichts oder auch als das Weihnachtshaus bekannt. Von der Lourdes Grotte sind es nur ein paar hundert Meter. Dann stehen wir vor einem dunklen Haus. Ein Anwohner verrät uns, dass die Beleuchtung nur bis 22 Uhr brennt. Blöd, wir sind 10 Minuten zu spät.

In voller Pracht leuchtet es am Cas di Luz. Ich hoffe, wir finden in den nächsten Tagen die Zeit, um noch einmal wieder zu kommen.

Wir wollen die kleine Tour am bekanntesten Strand Arubas beenden, am Baby Beach. Vorher meint Eike, dass er wegen seiner Fahrstunden noch im Fred-Feuerstein-Auto für die Kamera posieren muss. Den Schnappschuss mache ich doch gerne.

Wilmaaaaaa!

Die Arbeit an Bord geht nie aus. Nie. Auch nicht für Eike. Während ich die Spannung im Rigg checke, darf Eike die Rostschutzfarbe streichen. Endlich habe ich wieder ein Crewmitglied für die Pinselarbeiten, die ich so wenig mag.

Frisch gestrichen.

Dass mein Neffe ein Künstler ist, habe ich am Brot gemerkt. Und es gab eine Überraschung im Maschinenraum, Eike hat sein Werk signiert. Wir werden uns noch ein wenig aneinander gewöhnen müssen. Es ist gut, dass das Bordleben langsam startet. Von den Krabbeltieren sieht man zum Glück nichts mehr, die Pest ist von Bord gegangen.

Willkommen an Bord

Alles dicht!

Ich bin ein Meister im Aufschieben von Dingen. Dinge, die ich nicht gerne erledige. Das war schon in der Schule oder an der Hochschule so. Auch am Arbeitsplatz habe ich so manche unangenehme Tätigkeit immer wieder vor mir hergeschoben, bis ich sie dann doch abschließen musste. Die Ergebnisse waren nicht einmal schlecht. Auch die letzte Inspektion des Motors habe ich wochenlang vor mir hergeschoben. Danach hat der Motor uns niemals im Stich gelassen.

Relingstütze. Nun auch richtig wasserdicht.

Statt dessen erledigen sich die übrigen Arbeiten, die an Bord noch zu tun sind, eine nach der anderen wie von selbst. Plötzlich finde ich Spaß daran, die leckende Relingstütze richtig abzudichten. Michael hilft mir wieder mit dem Schraubendreher, so kann ich von unten die 13er Muttern ordentlich auf die zugehörigen Bolzen schrauben. Die 13er Nuss liegt jetzt dort, wo sie hingehört. Wieder ein Haken auf der Checkliste.

Die Deckenverkleidung in der Vorschiffskoje ist wieder an Ort und Stelle.

Ein Geduldsmensch der gerne Puzzles zusammensetzt war ich nie. Doch irgendwie muss diese blöde Deckenverkleidung wieder an ihren Platz zurück. Stück für Stück arbeite ich mich vor. Die Fotos, die ich vor Monaten aufgenommen habe, bringen mich wirklich weiter. Ich brauche aber dennoch einen ganzen Tag, bis die Verkleidung wieder so sitzt, wie sie sitzen soll. Zuletzt muss ich die zuerst angebrachten Teile wieder entfernen, weil der Fensterrahmen der Dachluke nicht richtig passt. Dann aber kann ich feiern, die erste Koje ist komplett fertig. Nur mit dem Motor bin ich keinen Schritt weiter.

Der kleine Samuel nach dem Frühstück.

Arbeiten aufschieben kann ich auch im Tierheim. Weiterhin bin ich zwei Tage in der Woche dort und kümmere mich um die Katzen. Es wird mir sehr schwer fallen, ohne Katze Aruba zu verlassen. Selbst wenn die Katze kein Problem mit dem Leben an Bord hätte, wären die Formalitäten bei der Reise von Land zu Land in meinen Augen zu problematisch. Ich kann mir nächstes Jahr in Deutschland auch eine Katze aus dem Tierheim holen, die sind alle voll mit Corona-Katzen. Katzen, die sich die Menschen im vergangenen Jahr angeschafft haben und die nach dem Ende der Anti-Corona-Maßnahmen dann im Tierheim abgegeben wurden.

Chamito entspannt sich auf dem Boden. Er sieht mich kommen und steht sofort auf. Ich habe Karotten.

Auch bei den Eseln kann ich Arbeiten aufschieben. Dabei macht es mir eine große Freude, dem kleinen Chamito beizubringen, dass Karotten eine leckere Sache sind. Ich schneide sie ganz klein und verteidige sie gegen seine Mutter Woods. Für Woods habe ich sogar noch eine Extra-Karotte, damit sie ihren Sohn in Ruhe kauen lässt. Anneke „beschwert“ sich bei mir, dass der Kleine meine Karotten nimmt und ihre verschmäht. Das Geheimnis ist, die Karotten so klein zu schneiden, dass sie auch in der heimischen Küche Verwendung finden können. Sind die Stücke zu groß, kann er sie nicht mehr kauen. Sie fallen dann aus seinem Maul und seine Mutter schnappt sie sich vom Boden.

Chamito bettelt um mehr Karotten. Er ist ein richtiger Esel geworden.

In der Vergangenheit war es immer problematisch, dem kleinen Chamito nahe zu kommen. Immer wieder wurde er mit der Flasche gefüttert. Dazu musste er eingefangen werden und das hat ihm nicht gefallen. Deswegen war er immer auf Abstand zu den Menschen. Die Karotten ändern das Spiel. Seit ihm ihm beigebracht habe, dass Karotten eine leckere Sache sind, kommt er und bettelt um mehr Karotten. Inzwischen lasse ich die Besucher die Karotten in ganz kleine Stücke schneiden und bringe sie dann zum Baby. So gelingt es mir, die eine oder andere Adoption zu verkaufen. Das ist immer gutes Geld für das Donkey Sanctuary. Außerdem ist es die Hoffnung auf mehr Geld, denn nach einem Jahr werden die Adoptiveltern eine Email vom Donkey Sanctuary bekommen mit der Frage, ob sie die Adoption verlängern wollen.

Wir haben einen kleinen Esel in Aruba adoptiert.

Es sind nur noch sieben Tage, bis mein Neffe Eike nach Aruba kommt. Das Aufschieben von Arbeiten ist inzwischen keine Option mehr. An jedem Tag muss ich etwas für das Vorankommen erledigen. Noch sind genug Arbeiten da, die unbedingt getan werden müssen. Deswegen kann ich immer noch mit einigermaßen gutem Gewissen die Motorinspektion verschieben. Wenn ich einen Abend im Jazz Cafe verbringe, mache ich mir keinen Kopf darum, dass ich nicht fertig werden könnte.

Und damit wäre ich bei der wesentlichen Mitteilung in diesem Beitrag. Ich habe euch, meinen Leser:innen, einen ordentlichen Mist erzählt. Fake News. Vor mehr als einen Jahr hat mich Lel über die Insel gefahren. Alles war wegen Coronba geschlossen, wir haben aber die Street Art in San Nicolas bewundern können. Zu dem einen oder anderen Bild hat mir Lel ein paar Fakten erzählt, die ich dann ungeprüft in meinem Blog niedergeschrieben habe.

Ein in Aruba sehr bekannter Künstler…

Als Widerstandskämpfer, der ungerechtfertigt im Gefängnis gesessen hat, wurde mir dieser Mann verkauft. Vielleicht hat er im Gefängnis angefangen zu malen, seine Finger sind mit Farben beschmiert. Wie es der Zufall will, treffe ich diesen Menschen persönlich im Jazz Cafe. Bei guter Musik unterhalten wir uns, der Mann war nie im Gefängnis. Er war auch kein Widerstandskämpfer, sondern er ist lediglich ein bekannter Künstler aus Aruba. Warum mir Lel diese Blödsinn erzählt hat ist mir schleierhaft. Auf jeden Fall ist der Künstler ein sehr netter Mensch, wir haben ein Foto aufgenommen.

Das Portrait in San Nicolas würde ich als ausgesprochen gelungen bezeichnen, wenn ich es mit dem Gesicht vergleiche, das portraitiert worden ist.

Damit ich die Motorwartung wieder einmal verschieben kann, vereinbare ich mit der Samai eine Jeep Tour am Montag. Das ist der Tag mir der günstigsten Jeep Miete. Wir wollen nach Conchi, dem natürlichen Pool im Nationalpark.

Dann wäre da noch Gerd. Der kam am Tag vor seiner Abreise zu Sissi und drückte mir 50 US Dollar in die Hand. Für Edward. Auf keinen Fall würde er damit den Schaden am Auto anerkennen, es sei nur eine kleine Aufmerksamkeit als Hilfe für Edward. Egal war ich darüber denke, Edward kann es gebrauchen.

Dichter und Denker

Deutschland ist ja auch das Land der Dichter und Denker. Und so denke ich mir, dass ich inzwischen ein prima Dichter geworden bin. Immerhin bin ich am Tag genau 221 Jahre nach Johann Wolfgang von Goethe geboren, genau wie er in Frankfurt am Main. All jene Stellen, die ich abgedichtet habe, sind bis jetzt wasserdicht geblieben. Meine motorenbedingte Aufschieberitis meldet sich wieder zu Wort. Also nutze ich den bewölkten Himmel, um ein letztes Meisterstück meiner Dichtkunst zu erschaffen. Die Relingstütze muss noch abgedichtet werden, außerdem die beiden Abflüsse der Badewanne. Mit etwas Klebeband, Schleifpapier, Pinsel und dem Rest Farbe mache ich mich ans Werk. Im Inneren des Abflussrohrs auf der Backbordseite ist schon so viel Farbe, dass ich mit dem Dremel ran muss. Erst muss ich die alte Farbe aus dem Rohr entfernen, dann kann ich mit den Malerarbeiten beginnen.

Der erste Anstrich ist schon drauf. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, den vorherigen Zustand zu dokumentieren. Auch nach mehr als zwei Jahren bloggen bin ich entweder auf das Blog oder auf die Arbeiten fokussiert. Die Idee, ein paar Bilder zu machen, kommt dann leider oft zu spät.

Die Reling muss ab. Jedenfalls ein Teil von ihr. Sissi gibt ein ungewohntes Bild ab und ich fühle mich komisch. Es fühlt sich so an, als könnte ich dort jederzeit ins Wasser fallen. Dabei bewegt sich das Boot nicht mehr als vorher. Es ist mehr das Gefühl als echte Unfallgefahr. Die Schrauben, die die Relingstütze halten, sind total fest. Sie wurden wahrscheinlich in den letzten 43 Jahren nicht bewegt. Zwei der drei Schrauben kann ich mit WD40 zur Zusammenarbeit überreden. Mit der dritten Schraube ist nichts zu machen. Sie wird von unten von einer 13er Mutter festgehalten. Ich suche den 13er Schlüssel. Nichts zu machen, ich brauche eine 13er Nuss.

Bei der kleinen Ratsche geht es nur bis maximal zur 12er Nuss. Das ist schade, aber ich habe ja noch die große Ratsche.

Nach gründlicher Suche im Werkzeugkasten habe ich alle Nüsse in der Hand gehalten. 10er, 11er, 12er, 14er, 15er und viele mehr. Nur die 13er Nuss versteckt sich. Ich durchsuche beide Werkzeugkästen und kann sie nicht finden. Das ärgert mich, denn die 13er ist diejenige, die am meisten auf dem Boot benötigt wird. Die 13er und die 17er.

Hier drin sind alle Größen, von 10mm bis hin zu 24mm. Nur die 13er Nuss ist nicht zu finden. Selbst als ich alle Teile Stück für Stück aus dem Kasten nehme und beiseite lege, kann ich keine 13mm Nuss finden. Bitte keine Kommentare zur Ordnung im Werkzeugkasten. Ich weiß meistens, wo ich die benötigten Werkzeuge finde.

Ich bin kurz davor, mir gegenüber bei der Samai eine passende Nuss auszuleihen. Oder in den Baumarkt zu fahren und eine zu kaufen. Habe ich die 13er womöglich irgendwo im Atlantik versenkt? Mein Blick streift den Drehmoment-Schlüssel, der schon für die Motorinspektion bereit liegt. Meine Freude ist groß, denn ich habe die 13er Nuss gefunden. Sie steckt schon seit der Abfahrt in Holland auf eben diesem Drehmoment-Schlüssel.

Letzten Endes ist es immer ein Problem an Bord, wenn man Dinge nicht dahin zurücklegt, wo man sie hergenommen hat. Das gilt für große Teile wie den Drehmoment-Schlüssel genauso wie für kleine Teile, etwa die Nuss. Ansonsten kommt man aus dem Suchen nicht mehr heraus.

Ein Problem gelöst, ein neues Problem geschaffen. Ich kann von hier unten so lange schrauben, bis die Sonne untergeht. Der Bolzen oben dreht sich mit. Michael von der Samai unterbricht sein Frühstück für mich und hält von oben mit dem Schraubendreher dagegen. Nun lässt sich der Fuß der Relingstütze ganz einfach entfernen.

Der Blick von unten nach oben. Die Muttern sind schon ab, die Bolzen draußen und man kann den Himmel sehen. Hoffentlich regnet es heute nicht, das Problem mit dem Wassereinbruch würde sich vervielfachen. Ich kann ja von oben nichts drauf kleben, die Farbe muss trocknen.

Auch hier kommen nun wieder Klebeband, Schleifpapier, Pinsel und Farbe zum Einsatz. Es wäre ein sträfliches Versäumnis, jetzt nicht alles schön zu machen. Sonst muss die Relingstütze in Holland auch wieder runter, das möchte ich vermeiden. Ich vermute, es sind über kurz oder lang alle fällig, das mache ich dann aber lieber an einem Ort, an dem es weniger als 32°C im Schatten hat.

Ein ungewohnter Anblick ohne die Reling. Wenn man da oben steht, fühlt es sich auch sehr komisch an. Nicht, dass die Reling im Hafen ein wichtiges Sicherheitsfeature wäre, das Boot bewegt sich praktisch nicht.

Jetzt darf die Farbe trocknen. Sollte ich jetzt nicht noch den Motorraum öffnen und mit der Arbeit beginnen? Die Softwareentwicklung ist zwar jetzt schon mehr als zwei Jahre her, die Methodik sitzt aber immer noch. Immer erst eine Aufgabe zu Ende machen, dann die nächste Aufgabe anfangen. Meine Entscheidung am heutigen Tag war pro Dichtkunst und damit contra Motor, also ziehe ich das jetzt durch. Morgen Abend soll die Reling wieder stehen und das Boot dicht sein. Diese Zeit braucht die Farbe zum Trocknen. Statt die zweite Baustelle anzufangen, räume ich erst einmal die benutzten Werkzeuge wieder zurück an ihre Plätze. Ich nehme die Sitzpolster über dem Fach für die Getränke und Werkzeuge ab. Dabei steigt mir ein süßlicher Geruch in die Nase. Im Getränkefach ist es feucht, eine Flüssigkeit steht auf dem Boden. Ich beginne, die Getränke zu retten.

Diese Getränke konnten gerettet werden. Eine Dose Apfelwein hat sich in das Getränkefach entleert, außerdem ist eine Dose Apfelsaft durchgerostet und hat ihren Teil zu der Sauerei beigetragen.

Dose um Dose nehme ich in die Hand, spüle den braunen Schleim von der Unterseite ab und stelle sie zum Trocknen auf den Kühlschrank. Eine Dose Apfelsaft ist nicht mehr ganz prall und beginnt zu tropfen, als ich sie in die Hand nehme. Ich freue mich, dass ich den Übeltäter schnell gefunden habe. Allerdings ist noch so viel Apfelsaft in der Dose geblieben, dass die Sauerei im Fach nicht nur vom Apfelsaft kommen kann. Ist etwa Wasser an den Püttingen bis in das Getränkefach durchgelaufen? Denkbar. Über mehrere Wochen war gar keine Dichtmasse vorhanden. Dadurch kann die sowieso schon durch Salzwasser angeschlagene Dose Apfelsaft durchgerostet sein. Und dann noch ein paar Tage Gärung, das bringt den leckeren Geruch. Leider ist es nicht so. Eine Dose Apfelwein ist kaputt gegangen und komplett leer. Passt zur Flüssigkeitsmenge und zum Geruch. Ein trauriger Tag. Die überlebenden fünf Dosen wandern zur Sicherheit in den Kühlschrank. Ich denke, ich werde sie in den nächsten Tagen leeren, bevor noch mehr von ihnen kaputt gehen.