Ein Freudentag!

Kurz vor Weihnachten ist einer der Filterhalter unseres Watermakers explodiert. Die Bestellung des Ersatzteils habe ich in Aruba abgeschickt, doch meine Werft hatte Werksferien bis zum 4. Januar. Dann aber ging es fix, das Ersatzteil wurde in Italien bestellt und über Holland nach Bonaire versendet. Dort traf es am 16. Januar ein. Ich wartete auf eine Mitteilung von DHL, dass ich das Paket abholen kann. Doch bis zum angekündigten Liefertermin am 24. Januar kam keine Nachricht.

Und was passiert jetzt? Nach dem Eintreffen des Pakets in Bonaire warte ich zunächst darauf, dass das angekündigte Lieferdatum erreicht ist. Angeblich soll ich das Paket am 24. Januar erhalten.

Sandra von der Samai gibt mir den Tipp, es einfach einmal auf gut Glück bei DHL zu versuchen. Eigentlich ist das Paket an den Club Nautico adressiert, doch der tritt nicht in Vorlage bei den Zollgebühren. Eigentlich verständlich. Für den Montag kommt der Tipp zu spät, doch am Dienstagmorgen setze ich mich auf den Roller und fahre zu DHL.

Mein Mietrollerchen auf dem DHL Parkplatz. Es gibt praktisch keinen Ort in Kralendijk, von dem aus man den oder die Kreuzfahrer nicht sehen kann.

Bonaire ist schon eine verschlafene Insel. Ich bin der einzige Kunde auf dem Parkplatz. Das wird sich auch in der folgenden Stunde nicht ändern. Schnell ist der passende Schalter gefunden, das wohlbekannte Logo leuchtet weithin. Leider ist hinter der Glasscheibe nur ein verwaister Schreibtisch zu sehen. Eine Klingel gibt es nicht, mein Klopfen an die Scheibe verhallt ungehört. Nach knapp 15 Minuten erscheint eine junge Frau. Ich erkläre mein Anliegen, sie gibt die Tracking-Nummer ins System ein und schon läuft sie nach hinten und holt ihre Vorgesetzte. Der darf ich dann erklären, dass Sissi eine „Yacht in Transit“ ist und mit diesen Teilen Bonaire wieder verlassen wird. Glücklicherweise habe ich daran gedacht, die Bootspapiere mitzunehmen. Die Vorgesetzte verschwindet wieder im Hinterzimmer und ich darf wieder warten.

DHL wird in meinem Leben in Zukunft immer mit Warten assoziiert werden. Und mit dem Watermaker.

Nach etwa 20 Minuten kommt sie wieder ans Fenster. Sie erklärt mir, dass der Zoll das Paket noch freigeben muss. Es kostet 52 Dollar Gebühren. Wenn ich Glück habe und das Paket „grün“ ist, kann ich es sofort mitnehmen. Ist es „rot“, dauert es noch bis morgen. Ich möge bitte warten. Ich warte. Und warte. Und warte. Noch einmal warte ich geschlagene 20 Minuten. Dann öffnet sich das Fenster wieder und die junge Frau macht mir die Papiere fertig. Noch ein paar Stempel, eine Unterschrift und etwas Wechselgeld. Ich kann das Paket mitnehmen.

Die Beute. Ein Paket aus den Niederlanden.

Schnell springe ich mit dem Paket auf den Roller. In der Innenstadt ist wie immer Stau, ich muss mich mit gekonnten Schlangenlinien durch den Autoverkehr durchwinden. Doch für einen Roller ist immer Platz. Ich fahre im Schwarm mit den Einheimischen. Endlich erreiche ich das Dinghi.

Entspannter Transport auf der letzten Meile.

Ab hier entspannt sich die Transportsituation zusehends. Die letzten paar hundert Meter zu Sissi sind schnell zurückgelegt. Zügig wie selten landet das Paket im Salon. Ich bin gespannt. Ist es wirklich das passende Ersatzteil? Aufregender als die Bescherung an Weihnachten. Die Werft hat mir geschrieben, dass sie mir zwei verschiedene Filterhalter eingepackt hat. Einmal das alte Modell und einmal das vom Hersteller geänderte Design. Ich werde möglichst versuchen, das neue Modell einzubauen. Der Hersteller hat das Design sicherlich nicht ohne Grund geändert.

Unfallfrei im Salon angekommen.

Jetzt stehe ich vor der Frage, wie ich das System beim Einbau dicht bekommen soll. Ich habe dem Werftarbeiter bei der Installation genau über die Schulter geschaut und er hat ein bestimmtes Abdichtband verwendet, das mir seit dem nie wieder über den Weg gelaufen ist. Ich werde schauen müssen, ob der hiesige Budget Marine einen adäquaten Ersatz anbietet.

Das sind die Filterhalter. Rechts das alte, links das neue Modell. Auf jeden Fall passen sie zum System.

Ende gut, alles gut. Jetzt muss der Filterhalter nur noch eingebaut werden. Auch diese Herausforderung werde ich meistern. Ich fasse es einmal zusammen. Für das neue Modell des Filterhalters habe ich 22€ bezahlt. Der Versand nach Bonaire kostete 90€. Dazu kamen noch 52$ Zollgebühren oben drauf. Ein teurer aber notwendiger Spaß. Doch meine Freude ist groß, ein Stein fällt mir vom Herzen. Und es ging vergleichsweise schnell. Ein paar Bojen weiter wartet die Samai auf ein Paket, das im Augenblick in Curacao liegt. Sie wartet schon länger.

Während ich diesen Beitrag schreibe, kommen nach und nach immer mehr Kommentare zum 25. Januar hinein. Danke.

Neujahr

Am Neujahrstag wache ich erst gegen Mittag wieder auf. Die Nacht war sehr schön gewesen, wir haben viele neue Menschen kennengelernt und ich konnte alte Bekannte wieder treffen. Normalerweise schreibe ich nicht viel zum Thema Corona, doch eine Bemerkung muss ich hier schon machen. Alle besuchten Feiern fanden unter freiem Himmel statt. Die Teilnehmer saßen in Gruppen zusammen mit Abstand untereinander, jeweils so wie sie miteinander wohnen. Die Zahl der Covid-Fälle ist in den vergangenen beiden Wochen etwa verzehnfacht und Omikron ist auf der Insel angekommen.

Bitte, bitte, kümmere Dich um mich!!!

Nach dem Morgenkaffee wollen Eike und ich etwas Sinnvolles tun. Zum Beispiel das Großsegel hochziehen. Leider pustet der Wind immer konstant mit fünf Windstärken von achtern, es ist völlig aussichtslos. Ich sinniere über das Segeln und Segelboote nach, als mir plötzlich eine Erinnerung böse durch das Gehirn schießt. Bei einem unserer Startversuche in Richtung Azoren ist mir die Winschkurbel auf der Backbordseite beinahe ins Gesicht geschlagen. Irgendwie ist mir diese Tatsache bei der Verwandlung von Sissi in eine schwimmende Wohnung irgendwie entschwunden. Bei der Rückverwandlung in ein Segelboot kommt es aber wieder hoch. Ich schnappe mir Werkzeug und beginne, die Winsch auseinander zu nehmen. Dabei versuche ich mich zu erinnern, wann sie ihre letzte Wartung erhalten hat.

Es wird ein Winschpuzzle mit ca. 30 Teilen.

Die letzte Wartung muss wirklich sehr lange her sein. Als ich anfange, will ich noch mogeln und lediglich eine Ladung neues Fett in die Zahnräder geben. Doch die kleinen Sperrklinken, die normalerweise verhindern, dass sich die Winsch zurückdreht und damit dem Benutzer die Winschkurbel ins Gesicht schlägt, lassen sich kaum noch bewegen. Sie kleben fast in einer Masse aus altem Fett und Dreck. Ich beiße in den sauren Apfel und befreie alle Zahnräder von altem Fett. Auch den grünen Korrosionsspuren rücke ich auf den Pelz.

Nach der Reinigung bewegen sich die beiden Teile wieder wie bei einer neuen Winsch.
Die beiden Federn haben jedwede Rückstellwirkung verloren.

Es gibt insgesamt vier dieser kleinen Sperrklinken, von denen sind nur noch zwei funktionsfähig. Die anderen beiden sind in der offenen Stellung fest. Es kostet mich einige Mühe, die Einzelteile aus dem alten Fett zu stemmen. Zwei kleine Federn müssen ersetzt werden. Es kostet mich einige Mühe, die vor Monaten schon gekauften Ersatzteile zu finden. Sie sind winzig klein. Ich bin überrascht, dass sie sich am Ende genau dort befinden, wo ich sie ursprünglich vermutet aber übersehen habe. Ich werde mir noch ein paar an Bord legen, man kann davon eigentlich nicht genug haben. Das Puzzle lässt sich am Ende erstaunlich leicht wieder zusammensetzen. Drehe ich sie nun, höre ich ein zartes Klickern aus dem Inneren. Samtweich. Herrlich. Es hat nur zwei Stunden gedauert. Nun wird es schon dunkel, die andere Winsch muss bis morgen warten.

Gut gefettet und von den meisten Korrosionsspuren befreit dreht sich die Winsch wieder superleicht

Edward schickt eine Nachricht. Sein Vater würde uns gerne zu seinem selbst gemachten Seafood einladen. Er kommt uns gerne abholen. Nach dem Essen können wir mit dem Wagen nach Hause fahren. Der Autoverkauf zieht sich in die Länge, weil natürlich an den Feiertagen die entsprechenden Behörden keine Papiere ausstellen. Auch eine Autoversicherung kann man nicht abschließen, da ist keiner zu Hause. Wir freuen uns sehr, für Eike war es der erste Tag seit langem, an dem er keine Fahrstunde hatte.

Eike und Micheline. Sie ist die Mutter der beiden Söhne. Die beiden Töchter sind nicht da, sie leben bei ihrer Mutter.
Edward mit seinen zwei Söhnen. Daneben ein Cousin und hinten mit entsprechendem Abstand Dickie, der älteste Freund von Edward.

In der luftigen Veranda setzt sich das Feiern mit Abstand fort. Ich kann verstehen, warum sie das machen, denn in dieser Familie sind die meisten ungeimpft. Edwards Vater serviert uns je einen Teller mit Tintenfisch, Muscheln, Garnelen, angemacht mit Zwiebeln, Oliven und verschiedenem anderen Gemüse. Es ist – hm – gewöhnungsbedürftig. Alle dieser eigentlich leckeren Zutaten schwimmen in einer essiglastigen, sehr scharfen Marinade. Der stolze Koch erklärt, dass er das Seafood schon am 23. Dezember eingelegt hat. Ich würge mir mit Mühe einen Teller rein, Eike geht es nicht viel anders. Dann verabschieden wir uns, Eike drängt zum Aufbruch. Ich habe ihm versprochen, dass er uns in einer Nachtfahrt zu Sissi fahren darf. Er scharrt mit den Hufen. Zu Hause gönnen wir uns eine frische Carbonara. Die schmeckt so richtig gut. Außerdem gefällt mir besonders gut, dass die Carbonara von Eike gekocht wird. Er freundet sich mehr und mehr mit meinem Herd an. Vielleicht kann ich mich in Zukunft immer mal wieder bekochen lassen…

Klebrige Insel

Aruba hat es wieder einmal geschafft und mir von hinten in die Kniekehle getreten. Es ist Motortag. Endlich nehme ich die lange aufgeschobene Inspektion in Angriff. Ich hasse den Geruch von Diesel im Boot. Trotzdem wollen alle Filter gewechselt werden. Das gelingt mir sogar so erfolgreich, dass der übergelaufene Diesel in unzähligen Papiertüchern von der dicken Küchenrolle landet und das Öl ebenso. Leckeres schwarzes altes Öl. Nach zweieinhalb Stunden brummt der Motor wieder. Ein schönes Gefühl. Dafür läuft das Waschbecken im Badezimmer nicht mehr ab. Eike geht ins Wasser und entfernt jede Menge Bewuchs, bevor er überhaupt den Auslass findet. Nach etwas Kratzen und Schaben ist es soweit, gurgelnd läuft das Wasser wieder ab. So weit, so gut.


Nach der erfolgreich durchgeführten Motorinspektion will ich gleich noch den Watermaker wieder in Betrieb nehmen. Schritt für Schritt arbeite ich mich am Handbuch ab. Es kommt der Punkt, an dem steht, dass der Watermaker nun für drei Minuten gespült werden muss. Die Hochdruckpumpe fängt an zu arbeiten. Anfangs ist gut zu hören, wie die Luft aus dem System zischt. Das Pumpengeräusch wird vertrauter, kerniger und ich kann hören, wie das Wasser die Luft verdrängt. Ich stehe wieder am Navigationstisch und lese mir den nächsten Arbeitsschritt durch. Nun muss die Reinigungsflüssigkeit angemischt werden. Die benötigten Pülverchen waren bei Eike im Gepäck.

Ein Knall. Der Bereich vor dem Maschinenraum ist nass. Das Pumpengeräusch hat sich wieder verändert. Nun verteilt die Hochdruckpumpe das Spülwasser im Maschinenraum. Das Gehäuse des Feinfilters ist einfach geplatzt. Vielleicht hatte es einen Haarriss, vielleicht habe ich es zu fest zugemacht. Was auch immer die Ursache war, ich werde es nie erfahren. Wir wollen Sissi nach Bonaire segeln und dort an einer Boje festmachen. Trinkwasser per Dinghi an Bord schaffen? Ist nicht so mein Ding. Ein Platz in der kleinen Marina? Ist echt teuer. In Aruba auf das Ersatzteil warten…?

Filtergehäuse

Das Ersatzteil ist nach Bonaire bestellt. Ich habe meinem Händler geschrieben, dass ich bereit bin, Versandkosten in jeder Höhe zu zahlen. Hauptsache ist, dass das Teil schnell nach Bonaire gelangt. Wenn wir uns ein wenig einschränken, reichen die 500 Liter Wasser im Tank, bis das neue Gehäuse eingetroffen ist. Wir müssen nicht duschen, wir können uns auch am Waschbecken waschen. So leicht mache ich es dir nicht, Aruba!