Ich sitze in meiner neuen Wohnung und schaue aus dem Fenster. Regen fällt über die Stadt. Zugegebenermaßen ist bei solchem Wetter eine feste Wohnung praktischer als ein Boot. Ich kann die Heizung einschalten und sitze nicht in dem feuchten, kalten Keller, den ich sonst Salon nenne. Doch genau dort möchte ich wieder hin, ein Mietwagen steht schon vor der Tür. Jetzt hole ich all die Dinge von Bord, von denen ich nicht dachte, dass ich sie brauchen würde, die ich aber dringend brauche.
Trotz des schlechten Wetters gestaltet sich die Fahrt nach Stavoren einigermaßen entspannt. Ich muss nur eine Stunde im Stau herumstehen. In Holland wird dann das Wetter schöner, auf den letzten Kilometern nach Stavoren blendet mich die tiefstehende Sonne. Sissi liegt genau so am Steg, wie ich sie vor knapp zwei Wochen verlassen habe. Ich schließe das Boot auf und steige in den Salon hinab. Der Strom ist ausgeschaltet, das Boot ist wie in einer Totenstarre. Es ist still, die Luft riecht abgestanden. Es ist kalt. Ich schalte den Strom ein und langsam erwacht Sissi wieder zum Leben. In der folgenden Nacht schlafe ich tief und fest, besser als in jeder der Nächte im Hotel.
Am nächsten Tag gibt es viel zu tun. Die Schränke an Bord leeren sich und der Kofferraum des Kleinwagens wird immer voller. Gefrierschrank und Kühlschrank sind nach zwei Wochen ohne Strom prima abgetaut, ich reinige sie und befreie sie von den Schmelzwasserfluten. Den Watermaker konserviere ich für den Winterschlaf. Leider hat die Kibbeling-Bude am Bahnhof geschlossen. Den gebackenen Fisch hätte ich mir gerne zum Mittagessen gegönnt. Ich bin nicht der einzige hier, der sein Boot auf lange, dunkle Wintermonate vorbereitet. Alleine an meinem Steg werden drei Boote ausgeräumt. Lediglich die Charterboote werden bewegt. Auch so spät im Jahr haben Skippertraining und Führerscheinvorbereitung offenbar noch Konjunktur. Die Leute wohnen aber scheinbar nicht mehr auf ihren Booten. Nach Einbruch der Dunkelheit enden die Aktivitäten und nur auf Sissi brennt noch Licht. Auch in der zweiten Nacht schlafe ich hervorragend. Die Stille ist atemberaubend, nur ein leichtes Plätschern der Wellen gegen den Rumpf ist zu hören.
Auf dem Rückweg nach Frankfurt regnet es mit jedem Kilometer etwas stärker, das Wasser steht irgendwann auf der Fahrbahn. Ich wäre ja gerne noch einen weiteren Tag an Bord geblieben, doch auch in Frankfurt habe ich noch zu tun. Außerdem ist das Regenwetter auf dem Weg nach Norden. Es wird bald auch in Stavoren ankommen. Zum Glück haben meine Eltern ihre Covid-Erkrankung überstanden. Endlich kann ich sie besuchen, auch Jens kommt zum gemeinsamen Mittagessen. Anschließend räumen wir meine Sachen aus dem Keller, die dort seit dreieinhalb Jahren eingelagert sind. So langsam sind meine Sachen wieder sortiert. Jetzt muss ich nur noch mich selbst sortieren.
Direkt bei mir um die Ecke ist die Aruba Bar Lounge. Noch habe ich sie nicht besucht, sie steht aber bei mir auf der Liste. Im Inneren sind große Fernseher angebracht, die Bilder von den langen Stränden Arubas zeigen. Angeboten wird allerdings kein Balashi, sondern lediglich Binding Bier. Es löst aber trotzdem schöne Erinnerungen aus, wenn ich an der Bar vorbei gehe. Bald fahre ich wieder nach Stavoren, bald hat Sissi ihren Krantermin.
Ich sitze in meinem Hotelzimmer, einem kahlen, engen Raum. Die Sauberkeit ist gerade noch akzeptabel. Das Zimmer hat angeblich 13 m², doch es fühlt sich enger an, als die 12 m² Wohnfläche, die mir Sissi die letzten Jahre geboten hat. Ich bin sowieso kein Freund vom Leben im Hotel, doch im Moment fehlen mir die Alternativen.
Für die nächsten Tage muss ich mit diesem Zustand leben. Das Hotelzimmer war das billigste, was ich in Frankfurt finden konnte. Dafür habe ich aus dem Fenster Ausblick auf die Mainzer Landstraße, der wichtigsten Ausfallstraße in Richtung Westen. Es ist sehr laut. Direkt um die Ecke ist eine Eisenbahnbrücke, über die im Minutentakt S-Bahnzüge fahren. Außerdem fahren hier Regionalzüge und Fernzüge, über fehlende Eisenbahngeräusche kann ich mich auch nicht beklagen.
Eigentlich ist das Hotel eher ein Hostel, in dem entweder Backpacker oder Schülergruppen in günstigen Mehrbettzimmern nächtigen. Darauf wollte ich mich nicht einlassen und habe ein Einzelzimmer gebucht. Frühstück habe ich nicht dazu gebucht, denn das Frühstücksbuffet schließt schon um 10 Uhr morgens. Es wäre verschwendetes Geld. Außerdem gehe ich lieber auswärts in ein Café frühstücken, denn ich mag dieses Hotel nicht.
Der Pfandflaschensammler vor dem Gebäude fällt mir auf, er kommt jeden Morgen fast nach Fahrplan vorbei, er fährt wohl täglich seine übliche Runde. Anderswo habe ich nicht so viele Flaschensammler gesehen, anderswo gibt es kein Einwegpfand. Hier sehe ich sie ständig, etwa beim Warten auf die Straßenbahn. An stark frequentierten Haltestellen kommen sie manchmal im Minutentakt vorbei, um die Mülleimer zu untersuchen. Früher habe ich sie auch schon gesehen, sie sind mir aber nicht in diesem Maße aufgefallen. Ich muss zum Friseur, meinen letzten Haarschnitt hatte ich auf den Azoren.
Ich finde einen Friseur, der gerade nichts zu tun hat. Das kommt meinem Wunsch entgegen, möglichst wenig zu warten. Als ich auf dem Stuhl sitze, muss ich innerlich lachen. Der Friseur spricht nur ein paar Worte Deutsch. Damit wird eine Tradition fortgeschrieben, die besagt, dass ich mich mit dem Friseur nicht unterhalten kann bzw. muss. Irgendwo auf der Welt gibt es ein ungeschriebenes Gesetz, dass Friseure keine Fremdsprachen lernen dürfen. Und da ich kein Portugiesisch (Porto, Ponta Delgada), Spanisch (Lanzarote) und nur wenig Papiamento (Aruba) spreche, war die Konversation immer auf ein Minimum beschränkt. Das ist hier auch so. Lediglich in Guadeloupe musste ich mich mit der Friseurin unterhalten. In diesem Geschäft wäre Türkisch die Sprache der Wahl gewesen. Mit dem Haarschnitt bin ich zufrieden.
Ich habe Zeit. Ich nehme mir diese Zeit auch, weiterhin die Stadt zu erkunden. Was hat sich in den vergangenen dreieinhalb Jahren verändert? Natürlich gibt es viele kleine Veränderungen. Gebäude sind fertiggestellt, für die bei meiner Abreise noch nicht einmal die Baugrube ausgehoben wurde. Andere Gebäude wurden abgerissen, die Stadt ist in einem ständigen Wandel. Die auffälligste Veränderung im Stadtbild sind jedoch die Elektroroller, die wirklich überall in der Stadt zu finden sind. Sie stehen oder liegen im Weg herum. Oder sie werden von ihren FahrerInnen rücksichtslos im Slalom zwischen den Fußgängern hindurch getrieben. Kurz denke ich darüber nach, mir auch eine Roller-App zu installieren, dann verwerfe ich den Gedanken. Für die letzten Meter von der Straßenbahn zu meinem Ziel brauche ich die Dinger nicht.
An den Straßenverkehr und den damit verbundenen Lärm muss ich mich erst wieder gewöhnen. In einer Stadt der Größe von Frankfurt war ich nicht mehr, seit ich Frankfurt verlassen habe. Beim Überqueren von Straßen schaue ich manchmal noch in die falsche Richtung, ich war wohl doch zu lange im United Kingdom. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind genial gut. Sie verkehren rund um die Uhr und sind ziemlich sauber und auch einigermaßen pünktlich. Die Preise sind fair. Die Züge und Busse sind schnell unterwegs. Warum schreibe ich das jetzt? Weil ich das vor meiner Abreise niemals, niemals so geschrieben hätte. Damals kannte ich nur Frankfurt und hatte viel zu meckern. Meckern kann ich allerdings über die Ausstattung. Selbst in Aruba bieten die Busse ihren Fahrgästen kostenlosen Internetzugang. Es gibt Lademöglichkeiten für die Telefone. In Frankfurt gibt es nur in den Elektrobussen Lademöglichkeiten und nur die S-Bahn bietet den Kunden Internetzugang an. Das ist rückständig.
Demnächst darf ich mal wieder an die Wahlurne gehen. Im ganzen Stadtgebiet ist Werbung für die Abwahl des Oberbürgermeisters plakatiert. Der war schon bei meiner Abreise nicht der beliebteste Politiker in der Stadt, in den vergangenen beiden Jahren hat er sich jedoch ein wenig zu oft daneben benommen. Ich bin gespannt, meine Wahlbenachrichtigung habe ich schon.
Ich kann mich nicht erinnern, dass es mich früher so oft und regelmäßig an den Main gezogen hat. Irgendwie brauche ich den Blick auf das Wasser wohl noch. Es ist lange her, dass ich mit der Gaby, dem Schiff auf dem ich meinen Sportbootführerschein gemacht habe, durch die Schleuse in Griesheim gefahren bin. Zu Fuß habe ich den Main hier vielleicht ein- oder zweimal in meinem Leben überquert. Hier am Main, nur wenige Kilometer außerhalb der Innenstadt, ist es ruhig und friedlich.
Die letzten Wälder, in denen ich gewandert bin, waren auf den Azoren bzw. Guadeloupe. Tropische Regenwälder im Gebirge der französischen Karibikinsel und saftig grüne Mischwälder an den Hängen der Vulkaninseln im Atlantik. Das hat Frankfurt nicht zu bieten, doch es zieht mich natürlich auch in den Stadtwald.
Es ist Herbst. Diese Jahreszeit habe ich seit 2018 nicht mehr gesehen. In der Karibik herrscht der ewige Sommer und auf den Azoren der ständige Frühling. Kaum habe ich die Straßenbahn verlassen, fliegt dröhnend ein Flugzeug in Richtung Flughafen über meinen Kopf. Ich spaziere von der Oberschweinstiege an den Goetheturm. Ich nehme all mein Gemecker über den Ankerplatz auf Terceira zurück. Dort gibt es keinen nervigen Fluglärm. Hier dröhnen die Flieger im Minutentakt.
Kurz vor meiner Abreise ist der Goetheturm abgebrannt. Inzwischen wurde er wieder aufgebaut. Ich stehe ein paar Minuten am Fuße des Turms und ringe mit mir. Soll ich die Treppenstufen erklimmen? Ich entscheide mich dagegen, meine innere Faulheit siegt. Ich trinke lieber einen Kaffee in der Gaststätte und warte einen kleinen Regenschauer ab. Die Rekonstruktion des Turms gefällt mir, sie sieht fast aus wie das Original.
An den Abenden treffe ich mich mit Freunden und Bekannten, die ich lange nicht gesehen habe. Ich freue mich darüber, die Menschen wieder zu sehen. Ich freue mich über jeden Abend, den ich nicht in meinem Hotelzimmer verbringen muss. Ich freue mich darüber, dass ich bei einem dieser Treffen eine Karte für das nächste Heimspiel der Eintracht gegen Leverkusen zugesagt bekomme.
Am Spieltag wird es für mich recht hektisch. Bis um 10 Uhr muss ich das Hotelzimmer räumen, dann kommt mein Gepäck erst einmal in ein Schließfach. Anschließend kann ich mich in der Stadt herum treiben lassen. Nach dem Spiel werde ich mein neues Apartment beziehen können. Voll bepackt mit zwei Rucksäcken und einem Jutebeutel mit meiner Kaffee-Ausrüstung starte ich bei leichtem Nieselregen in den Tag. Anschließend trinke ich in Ruhe erst einmal Kaffee. Ab morgen wird das Kaffee-Nomadentum beendet sein.
Ich erreiche den üblichen Treffpunkt am Oberforsthaus sehr früh, doch die ersten Mitglieder unseres Fanclubs sind schon anwesend. Sie begrüßen mich mit großem Hallo und Freibier. Das elektronische Zugangssystem zum Waldstadion möchte mich erst einmal nicht hereinlassen. Der Vorsitzende des Fanclubs Bruno muss deswegen zweimal zum Kassenhäuschen und so verpassen wir den Anpfiff. Anschließend sehen wir ein munteres Spiel unserer Eintracht gegen eine eher lahme Leverkusener Mannschaft.
Kurz vor der Halbzeit bekommt die Eintracht einen Elfmeter und verschießt diesen prompt. Doch der Videoschiedsrichter ist auf Zack. Der Torwart hat sich zu früh bewegt und so dürfen wir noch einen Versuch machen. Der Schiri pfeift den Elfmeter an, Kamada schießt den Ball ins Tor und es ist Halbzeitpause. Herrlich! In unserem Block ist die Stimmung auf einem ersten Höhepunkt. Später gibt der Schiri einen Elfmeter nicht, auch das sieht der Videoschiedsrichter genau wie zigtausende Eintracht-Fans vor Ort. Manchmal finde ich diesen Videoassistenten richtig gut. Der Jubel nach dem Abpfiff ist ohrenbetäubend.
Nach dem Spiel warten wir noch am Oberforsthaus, bis der größte Teil der Zuschauer abgefahren ist. Es gibt schließlich genug zu feiern. Bruno verspricht mir eine Eintrittskarte für das Champions League Spiel gegen Marseille. Alles hier fühlt sich so vertraut an. Bin ich wieder in Frankfurt angekommen? Als die Straßenbahnen wieder einigermaßen leer sind, bringt mich die Linie 21 umsteigefrei zu meinem neuen Apartment.
Der Empfangstresen des Gebäudes ist verwaist. Der Concierge Service ist nur von Montag bis Freitag im Dienst. Um das Türschloss zu öffnen, musste ich eine App auf meinem Telefon installieren, einen Haufen Daten eingeben und bekam dafür meinen elektronischen Schlüssel. Nach ein paar Versuchen öffnet sich nach einem lauten Piep die Hauseingangstür für mich. Das System ist fucking shit und von fucking assholes entwickelt worden. Ich stehe vor der Apartmenttür und hantiere ein zweites Mal mit dem Gerät. Jetzt gibt das Türschloss keinen Ton von sich. Nach drei oder vier fruchtlosen Versuchen drücke ich die Türklinke und kann die Tür öffnen. Ich blicke auf eine Couch, in der eine Frau liegt. Upps. Ich entschuldige mich und schließe die Tür wieder. Ein zweiter Blick auf die Apartmentnummer zeigt mir, dass ich mich um eine Etage vertan habe. Auf der richtigen Etage öffnet sich am richtigen Apartment das Türschloss wieder mit einem Piep. Ich muss darauf achten, dass die Tür immer ordentlich ins Schloss gefallen ist. Das wird die junge Frau im fünften Stock wohl ab sofort auch machen.
Die bis zur Decke reichenden Einbauschränke bieten Raum für alle Sachen, die ich habe. Außerdem kann ich dort wirklich alles unterbringen, was im Moment bei meinen Eltern im Keller gestapelt ist. Das Apartment ist sehr gut konstruiert. Ich gehe zum Schließfach und hole meine Sachen. Für das fucking Türschloss brauche ich auch beim zweiten Mal mehrere Versuche. Wenn am Montag der Concierge wieder arbeitet, werde ich mir einen physischen Schlüssel geben lassen. So lange darf der Akku meines Telefons nicht leer werden.
In meiner ersten Nacht schlafe ich sehr gut. Die Matratze meines neuen Bettes ist hervorragend. Am Morgen genieße ich es, mir endlich wieder meinen Kaffee selbst machen zu können. Dafür habe ich den Jutebeutel mit der Kaffee-Ausrüstung von Sissi bis nach Frankfurt geschleppt. Ich denke, ich bin jetzt endlich zu Hause angekommen. Jetzt muss ich nur noch einziehen.
Wir schreiben den 3. Oktober 2022. So viel Mühe ich mir auch gebe, es gelingt mir nicht, diesen Augenblick noch länger hinauszuzögern. Die Dinge, die ich in den kommenden Wochen zu benötigen glaube, sind alle im Auto. Der Kofferraum ist gerade einmal zur Hälfte gefüllt. Ich schalte die letzten elektrischen Geräte auf Sissi aus. Der Gefrierschrank ist geleert und der Inhalt in meiner Aruba-Kühlbox. Es ist fast Mittag, als ich das Steckschott einstecke und zum ersten Mal seit Guadeloupe Sissi wieder abschließe. Dann schließe ich noch die Kuchenbude und nach einem letzten Abschiedsfoto gehen Jens und ich zum Auto.
In ein paar Wochen werde ich wiederkommen. Ein Krantermin muss vereinbart werden, Sissi kommt über die Wintermonate an Land. Bis dahin wartet ein Nomadenleben in Frankfurt auf mich. Schweigend verbringen wir die erste halbe Stunde unserer Autofahrt. Ich versinke in Gedanken.
Am Straßenrand finden sich immer wieder falsch herum aufgehängte Flaggen. Die niederländischen Bauern protestieren dagegen, dass sie CO2 einsparen müssen. Ich muss innerlich schmunzeln. Jens hat mich an seinem Anreisetag gefragt, ob ein Feiertag in Holland sei. An der Straße sah er überall die Landesflagge wehen. Mit den aufklappenden Brücken haben wir Glück, sie halten uns nicht übermäßig auf. Aufhalten tut uns der heftige Verkehr. Die Deutschen hatten ein langes Wochenende und die Holländer haben einen ganz normalen Montag. Rückreiseverkehr gepaart mit Berufsverkehr ergibt Stau.
Bis fast zur Grenze versucht Holland, mich noch festzuhalten. Im Schritttempo arbeiten wir uns nach vorne. Hinter der Grenze löst sich glücklicherweise der Stau auf und es geht einigermaßen zügig weiter.
Ich bin es nicht mehr gewohnt, so lange still sitzen zu müssen. Auf dem Boot konnte ich mich immer bewegen. Eine so lange Zeit habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr in einem Auto verbracht. Mir tut der Rücken weh. Ich würde gerne öfter eine Pause machen. Andererseits sind wir durch die ganzen Verzögerungen schon ganz schön spät dran. Viele Pausen können wir nicht machen. Die Fahrt zieht sich.
Wenigstens haben wir keinen Stau mehr. Irgendwann nach Sonnenuntergang kommen wir an und ich klingle bei meinen Eltern. Deren Freude ist groß, auch wenn es ihnen nicht gut geht. Bei ihnen ist die Seuche im Haus, in meiner Familie tobt sich Covid aus. Deswegen bleibt es auch nur bei einer Begrüßung aus der Ferne, einem kurzen Schwatz auf der Straße. Anschließend fährt Jens mich zu meiner Unterkunft, die ich in letzter Minute noch aus Stavoren gebucht habe. Eigentlich hätte ich ja für ein paar Tage bei meinen Eltern schlafen wollen.
Zwei Nächte in einer Airbnb-Unterkunft, die wenigstens bezahlbar war. Danach ziehe ich um in ein einfaches Hotel. Für die ersten beiden Nächte waren wegen einer Messe keine Hotelzimmer mehr unter 200€ zu bekommen.
Ich sehe mir Frankfurt quasi wie ein Tourist an. Soll ich in meiner Unterkunft herumsitzen und fernsehen? Ich sehe mir an, wie sich die Stadt in den letzten dreieinhalb Jahren verändert hat. Den Fahrradständer auf dem obigen Bild gab es damals schon. Damals fand ich ihn recht ordentlich dimensioniert. Inzwischen muss ich sagen, dass er viel zu klein ist. Die Konstablerwache ist einer der zentralen Plätze in Frankfurt. Außerdem einer der hässlichsten Plätze. Vielleicht sollte man einfach den Platz verschönern, indem man noch ein Dutzend dieser Fahrradständer daneben stellt. Ich möchte nur noch einmal an den Fahrradständer am Bahnhof von Sneek erinnern.
Ich verbringe zwei Stunden lesend am Main, die Sonne ist richtig warm. Es fühlt sich nicht falsch an, in Frankfurt zu sein. Aber es fühlt sich auch nicht so an, als wäre ich schon irgendwo angekommen. Ich kann die Menschen treffen, mit denen ich seit Jahren nur noch per Mail und Messenger Kontakt hatte, doch ich kann nicht zu meinen Eltern gehen. Dieser Teil des Heimkommens fühlt sich unwirklich an. Dieses blöde Virus hat mir in den letzten Jahren oft genug in die Suppe gespuckt und hört jetzt nicht damit auf.