Heute ist ein Freudentag. Gestern kam die Chapo nach Oranjestad und es war ein Freudentag. Heute ist schon wieder ein Freudentag! Und heute geschah das Ende einer langen Geschichte.
Die Geschichte beginnt in Frankfurt. Vor fast einem halben Jahr fragte mich Stefan, ein ehemaliger Arbeitskollege, ob er uns nicht mit einer Lieferung aus der Heimat unterstützen kann. Ich habe mich darüber sehr gefreut und bat ihn um den Versand einer Palette Apfelwein. Zu diesem Zeitpunkt sind wir in Portugal gewesen und haben alle möglichen Getränke probiert, die aus Äpfeln hergestellt werden. Keines davon war nur ansatzweise vergleichbar mit einem echten, leckeren Apfelwein.
Als wir wieder eine gesicherte Versandadresse hatten, weil wir auf unser neues Segel gewartet haben, hat Stefan das Paket mit unserem Lieblings-Paketdienst auf den Weg geschickt. Derweil hat sich in Stade der Segelmacher an seine Nähmaschine gesetzt und eine frische Genua für uns genäht. Die Genua wurde verpackt und in unsere Marina gesendet. Irgendwann konnten wir sie in den Händen halten. In der Zwischenzeit musste DHL lediglich eine Palette Apfelwein nach Lanzarote bringen.
Wir waren dann soweit, dass wir Lanzarote verlassen haben. Leider war der Apfelwein noch nicht da, laut Tracking hat er es sich in dieser Zeit in verschiedenen schönen Lagerhallen in Spanien bequem gemacht. Jutta und Charly von der Chapo haben sich bedankenswerterweise bereit erklärt, den Apfelwein für uns abzuholen, falls er irgendwann in der Marina eintrifft, und über den Atlantik zu segeln.
Charly konnte den Schoppen gleich am folgenden Tag im Marinabüro abholen. Wie es der Herr Murphy so wollte, kam der Äppler gleich am Tag nach unserer Abfahrt in der Marina Rubicon an. Der Äppler verschwand in den Tiefen des Ankerkastens der Chapo.
Während wir uns schon in der Karibik vergnügten, war die Chapo immer noch auf den Kanaren. Innerlich hatten wir den Äppler schon abgeschrieben, denn wir fuhren von Barbados nach St. Lucia, die Chapos von Las Palmas nach Mindelo. Sie waren tausende von Meilen hinter uns zurück. Den Karneval verbrachten Jens und ich auf Martinique. Unser Apfelwein überlebte den Karneval in Mindelo. Es ist vielleicht auch besser, transozeanische Apfelweintransporte mit Hilfe von Bayern oder Franken durchzuführen, der Apfelwein überlebt dann leichter die lange Überfahrt.
Die Chapo verließ Mindelo, wir irgendwann Martinique. Wir bummelten in Richtung Bonaire, der Insel mit den tollen Korallen unter Wasser. Unser Apfelwein war in guten Händen.
Dann kam die Seuche. Es wurde immer klarer, dass die Chapo nicht ihrem ursprünglichen Plan folgen könnte, ihre Anhalter auf Barbados rauszulassen und sich dann mit uns in Jamaica zu treffen. Das war nämlich Gegenstand unserer Verabredung. Wir hätten uns bei plangemäßer Fortsetzung unserer Reise auf Jamaica mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt.
Grenzen wurden geschlossen und Segler hatten und haben damit große Probleme. Wo einreisen, wenn das Boot in einem Hafen außerhalb der Hurrikanzone liegen soll. Welches Land nimmt noch Segelboote an. Ich witterte die Gunst der Stunde (sagen böse Zungen) und wir konnten mit Hilfe von Frau Rodrigues (Honorarkonsulin) eine Einreiseerlaubnis für die Chapo über die ansonsten geschlossene Grenze bewirken. Im Vordergrund unserer Hilfe stand selbstverständlich nur der Apfelwein. Es lag überhaupt nicht daran, dass wir innerhalb des letzten Dreivierteljahres eine gemeinsame Freundschaft entwickelt haben.
Danke Stefan, dass du den Apfelwein auf die lange Reise geschickt hast. Danke Jutta und Charly dafür, dass ihr ihn auf eurer Odyssee nicht ausgetrunken habt. Danke Frau Rodriguez, dass der Äppler einreisen durfte. Zwei Dosen stehen jetzt im Kühlschrank. Wir trinken nachher auf euch alle!