Headbanger und andere Tiere

Tierbeobachtung macht Laune, wenn man nicht gerade Kühen beim Wiederkäuen zuschaut, wobei selbst das wahrscheinlich noch eine sehr entspannende Tätigkeit sein kann.

Wir haben das Glück, dass wir zur Tierbeobachtung nicht einmal weit gehen müssen. In der Marina müssen wir manchmal nicht das Boot verlassen und sehen trotzdem wunderschöne Tiere. Ich mache aber bessere Fotos, wenn ich mich mit der Kamera zu den Tieren begebe und nicht an Bord auf die Tiere warte.

Auf Nahrungssuche – ein Mangrovereiher

Der Mangrovereiher sucht seine Nahrung hier direkt an dem Steg, an dem wir mit Sissi in der Marina liegen. Er lauert regungslos, bis er seine Beute erwischen kann. Er ist so gut getarnt, dass ich ihn fast gar nicht gesehen habe.

Antillengrackel

Dieser wunderschöne schwarze Vogel, der entfernt an eine Amsel erinnert, hat einen wunderbaren Gesang. Leider fällt mir da immer nur Amsel ein, aber ich habe ja keine Ahnung von den Flatterviechern.

Update: Günter Hans hat mir die Info geschickt, dass es sich hier um einen Antillengrackel handelt. Danke dafür.

Dann ist mir noch dieses süße gelbe Kerlchen vor die Kameralinse geflogen, als ich auf der Jagd nach Headbangern war.

Gelber Vogel

Kommen wir aber nun zum eigentlichen Thema des Beitrags, zum Headbanger. Wer wissen möchte, warum wir dem grünen Leguan diesen Namen gegeben haben, der möge bitte gleich zum Ende des Beitrags gehen und das kurze Video anschauen. Alle anderen dürfen erst einmal die schönen Bilder genießen.

Grüner Leguan auf grüner Wiese

Sie begegnen uns fast überall in der Marina, die grünen Leguane. Die meisten von ihnen sind gar nicht grün, sollen dafür aber sehr lecker sein. Der Geschmack erinnert an Hühnchen – schreibt Wikipedia. Allerdings sind sie so schnell, das wir bisher keinen einfangen und grillen konnten.

Exemplar in der Größe einer normalen Katze

Im Gegensatz zu unseren Eidechsen sind diese Leguane nicht besonders scheu. Ich kann locker bis zu einer Entfernung von einem Meter an sie heran kommen, bevor sie die Flucht ergreifen. So kann ich schöne Nahaufnahmen machen.

Drachen auf dem Stein

Von Aussehen her erinnern sie auch an kleine Drachen. Sie aalen sich in der Sonne auf den Steinen, die zum Küstenschutz hier aufgeschüttet worden sind.

Baumdrache

An einem Tag habe ich keine auf den Steinen sitzen gesehen und wollte schon wieder unverrichteter Dinge zurück zu Sissi gehen, da hörte ich Rascheln im Gebüsch. Ich habe sofort ein halbes Dutzend der Viecher in der Hecke neben mir gefunden, als ich nur ein wenig gesucht habe.

Irokesenschnitt

Für das letzte Foto habe ich mich auf den Bauch gelegt und war mit dem Drachen auf Augenhöhe. Er ist auch nicht weggelaufen, als ich wieder aufgestanden bin. Schreckhaft sind sie mitnichten. Lustig ist, wenn sie gegenseitig hintereinander herlaufen. Ich glaube, das hat etwas mit Paarungsverhalten zu tun, denn wenn sie sich gegenseitig prügeln, dann machen sie das mit ihrem Schwanz.

Wer jetzt sagt, dass die grünen Leguane gar nicht richtig grün sind, der hat sich nicht geirrt. Die meisten sind es nicht, die grünen Exemplare sind eher selten. Aber ich konnte einen grünen grünen Leguan im Video festhalten.

Tierbeobachtung macht Laune. So, jetzt mache ich gleich mal Tierbeobachtung der anderen Art. Im Kühlschrank liegen noch zwei leckere Rindersteaks, die ich beim Braten in der Pfanne beobachten möchte.

Busfahren auf Aruba – wir fahren nach Lourdes

Auf Aruba gibt es einen gut ausgebauten ÖPNV. Von Oranjestad aus kann man mit dem Bus über die ganze Insel reisen. Eine Einzelfahrt kostet unabhängig von der Entfernung 2,60 US$. Für das Geld bekommt man eine ganze Menge Busfahren, der Preis ist vollkommen in Ordnung.

So spazieren wir zum zentralen Busbahnhof und nehmen die Linie nach San Nicolas, ganz im Süden der Insel. Die Busse sind recht neu, haben eine brutal gute Klimaanlage und im Inneren läuft, wie überall in der Karibik, natürlich Reggaemusik.

Wir steigen aus und sehen auf der Straße ein Hinweisschild zur Grotte von Lourdes. Das klingt interessant, schon weil das Schild in Richtung des Naturparks zeigt, den wir besuchen wollen. Leider gibt es keine Buslinien zum Naturpark, also gehen wir in der knallenden Sonne zu Fuß.

Straße in San Nicolas

Außer uns blöden Touristen ist kaum ein Mensch auf der Straße zu sehen. Alle verbringen die heißesten Stunden des Tages irgendwo im Schatten.

Auch wir suchen uns ein schattiges Plätzchen und stärken uns mit selbst gebackenem Brot, auf dem der in Bonaire gekaufte, im Kühlschrank von Sissi gründlich nachgereifte französische Rohmilchcamembert schon beinahe ein Eigenleben entwickelt. Den riecht man wahrscheinlich quer über die ganze Insel, er ist aber super lecker.

Lustig. Jens kaut ein Brot. Das ist immer für einen feinen Gesichtsausdruck gut.

Immer weiter laufen wir aus dem Ort in Richtung Naturpark. Die Landschaft unterscheidet sich kaum von der Landschaft auf Bonaire, nur gibt es hier weniger Vögel zu sehen – warum auch immer. Dann erreichen wir endlich die Grotte.

Schild am Eingang

Vor der Grotte, die immerhin sogar auf dem großen Wegweiser an der Hauptstraße aufgeführt ist, steht nicht ein Auto. Auch kein Reisebus. Niemand. Nur die Sonne brennt. Es gibt keinen Ticketschalter und es kostet auch keinen Eintritt. Wir erklimmen die Stufen.

Lourdesgrotte

Nun wissen wir Bescheid. Die Lourdesgrotte ist relativ klein und gut eingezäunt. Blumen und Kerzen zeigen, dass sie regelmäßig benutzt wird.

Lourdes

Nach ein paar Minuten haben wir genug gesehen. Es ist eine Mischung aus Religion und Tristesse. Wir fotografieren noch ein wenig, dann machen wir uns auf den Weg und gehen in der Hitze wieder zurück zur Bushaltestelle.

Dort steht glücklicherweise ein Baum, unter dem wir im Schatten auf unseren klimatisierten Transport nach Oranjestad warten können. Auch auf Aruba regnet es selten.

Kakteen bei der Grotte

Geisterstadt Oranjestad

Geisterzug – nur mit Fahrer und Schaffner besetzt. Normalerweise sitzen da noch viele Kreuzfahrer drin.

Manchmal gehen Wünsche in Erfüllung. Manchmal werden Träume wahr. Wenn du regelmäßig in diesem Blog liest, ist dir sicher nicht entgangen, dass ich bei vielen Begegnungen mit Kreuzfahrtschiffen etwas zu meckern habe. Sie stinken, sie fluten die Ziele mit Menschen, sie halten sich nicht an die Verkehrsregeln auf See, sie sehen scheiße aus und verbauen auch noch oft den Blick auf die Landschaft oder den Horizont. Ich habe mir immer eine Welt ohne Kreuzfahrer gewünscht.

Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Im Augenblick haben wir unsere Ruhe vor den Kreuzfahrtschiffen.

Kreuzfahrerterminal in Oranjestad – hier liegen normalerweise jeden Tag zwei Schiffe

Der Grund dafür, dass in den nächsten vier Wochen keine Kreuzfahrer nach Aruba kommen, ist natürlich inzwischen jedem bekannt. Es liegt am Coronavirus. Auch Flüge nach Europa sind abgesagt.

Plakat mit Verhaltensregeln

In den umliegenden Ländern wurden die Grenzen geschlossen. Wir Segler fahren normalerweise dort hin, wo uns der Wind hinbläst. Dann gehen wir zu den Behörden, füllen einen riesigen Berg Formulare aus und bekommen Stempel in unsere Pässe. Anschließend sind wir im Land und können tun und lassen, wozu wir Lust haben.

Wir lesen im Internet, dass in Europa ein Land nach dem anderen seine Schlagbäume herunter lässt. Das ist auf den Inseln in der Karibik nicht anders. Deswegen bleiben wir erst einmal hier und harren der Dinge, die uns in den nächsten Wochen erwarten. Mir ist klar, dass das Jammern auf einem recht hohen Niveau ist, denn wir sind an einem sehr schönen Ort, haben Zugang zu guter Versorgung in Infrastruktur und hätten im Fall der Fälle auch eine ordentlich ausgestattete Klinik zur Hand. Es bereitet uns aber keine Freude. Wir sind auch mit unseren Gedanken bei Familie und Freunden in Deutschland.

Leere Fußgängerzone in Oranjestad

Viel ist in Zeitungen und Zeitschriften zu lesen, dass sich das Virus auf die Wirtschaft auswirken wird. Dass es irgendwann die meisten Menschen bekommen werden. Über die Gefährlichkeit wird viel spekuliert und die Entwicklung eines Impfstoffs wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Es wird viel Panik geschürt, Halbwissen beherrscht den virtuellen Raum im Netz, blöde Witze werden gerissen.

In Oranjestad sehen wir überdeutlich, dass ein Schaden für die lokale Wirtschaft sofort eintreten kann. Die Fußgängerzone ist leer, die Geschäfte sind es auch.

Leeres Geschäft, sie sehen jetzt alle so aus.

Die Welt hat sich innerhalb weniger Tage verändert. Wir haben nun einen anderen Planeten. Teilweise drehen verrückte Politiker am Rad, setzen krude Theorien in Umlauf und zeigen mit ihren Fingern auf andere Länder, anstatt sich um die Eindämmung der Seuche zu kümmern.

Die verunsicherten Menschen reagieren mit Handlungen, die sie unter normalen Umständen niemals ausführen würden. Wer (außer uns Seglern) braucht für mehrere Monate Toilettenpapier im Haus? Unser Vorrat würde bis Australien reichen. Wer isst eigentlich gerne Dinkelnudeln? Und wer ist so bekloppt, sich die Nase mit Essig auszuwaschen?

Die Kassiererin im Supermarkt gleich um die Ecke unserer Marina trug gestern eine OP-Maske und Gummihandschuhe. Vor der Kasse stand ein Teller mit aufgeschnittenen rohen Zwiebeln. Vernunft und Wahnsinn direkt nebeneinander.

Ich will hoffen, dass der Planet in den nächsten Wochen wieder zur Normalität zurück findet. Wir hängen fest, wir können nicht weiter. Die Lage kann sich jeden Tag, jede Stunde ändern. Wenn wir weiter fahren, können wir uns nicht sicher sein, dass wir am Ziel auch in den Hafen gelassen werden. Dazu haben wir zu viele Berichte aus erster Hand von anderen Seglern bekommen, die es am eigenen Leib erfahren haben.

Für meine persönliche Stimmung ist das Gift. Für unsere Pläne ist es sehr, sehr unglücklich. Für die Menschen hier in Oranjestad ist es eine Katastrophe.

Der Zug ist abgefahren.

Für ein Leben ohne das neue Coronavirus ist der Zug jedenfalls abgefahren.