Am Morgen nach der Überfahrt trennen sich erst einmal die Wege von Mário und mir. Er trifft sich mit seinem Vater, den er zu seiner Arbeitsstelle fahren muss. Dann können wir das Auto haben. Ich wiederum gehe zum Hafenmeister und kümmere mich um den Check-In. Das geht erfreulich schnell und unbürokratisch, zum Abschluss bekomme ich eine Karte der Insel ausgehändigt.
Los geht es! Ohne größere Vorbereitung der Tour suchen wir uns vielversprechende Orte heraus. Als erstes zieht es uns zum Monumente Natural Pedreira Do Camo, Figural E Prainha. Das ist gar nicht weit weg von der Marina. Die Insel ist so klein, dass eigentlich kein Ort besonders weit weg ist.
Im Unterschied zu den anderen Azoreninseln ist diese hier nicht überall so satt grün. Ein willkommener neuer Anblick. Auch die hiesigen Kühe sehen anders aus. Im Gegensatz zu den Schwarz-weißen Milchkühen auf den bisher besuchten Inseln sind diese hier braun. Mário meint, dass es sich um Kühe für die Schlachtung handelt.
Auffällig ist, dass diesen Kühen die Hörner nicht entfernt worden sind. Auf den anderen Inseln kann man Kühe und Bullen darüber unterscheiden, die Hörner werden entweder weggeätzt oder abgeschnitten – beides keine schöne Prozedur für die Tiere.
An einem Steinbruch können wir sehen, wie sich die verschiedenen Schichten der Insel übereinander türmen. Mário ist begeistert, er interessiert sich sehr für die verschiedenen Sedimente und die Entstehungsgeschichte der Insel. Im Gegensatz zu den anderen Inseln ist Santa Maria keine Lavainsel, sondern das Land wurde durch die vulkanischen Aktivitäten über die Jahrmillionen nach oben gedrückt. Der Steinbruch sieht zunächst verlassen aus, nach der Mittagspause beginnen jedoch die Aktivitäten.
Wir folgen dem schmalen Weg bis ans Ende und erhaschen einen schönen Blick über die Marina. Eine schöne Gelegenheit, dem Blog einmal die neue Crew der Sissi vorzustellen:
Der Rückweg aus der Sackgasse beginnt langsam, denn am Wegesrand stehen jede Menge Brombeeren. Die will Mário sofort einsammeln und vernaschen. Er betrachtet es als einen Wettbewerb zwischen ihm und den Vögeln, wer die meisten leckeren süßen Brombeeren bekommt. Ich probiere ein paar, die meisten sind nicht süß sondern noch sauer.
Wir könnten jetzt zu einer Wanderung aufbrechen, sind aber nicht so richtig vorbereitet. Außer etwas Wasser haben wir nichts dabei. Wir entscheiden uns dafür, unsere Inseltour mit dem Auto fortzusetzen. Mário war zuletzt als Kind auf Santa Maria, ich noch nie. Insofern ist es eine gute Gelegenheit, ein Gefühl für diesen Ort zu bekommen. Nach wenigen Minuten schon kommen wir an der üblichen Ankerbucht an.
Es ist wohl dem leeren Hafen geschuldet, dass hier keine Boote ankern. Ein Dinghi kann man nicht anlanden, man muss bis zum Hafen fahren. Das wäre für unser Dinghi schon die maximal mögliche Strecke, doch wir haben ja einen schönen Liegeplatz bekommen. Das Dinghi ist gut verpackt unter Deck. Weiter geht es über Berg und Tal bis an die südöstliche Spitze von Santa Maria. Dort steht ein schöner Leuchtturm. Außerdem haben es sich Menschen auf der Wiese bequem gemacht, denn hier kann man regelmäßig Wale vorbei schwimmen sehen.
Ich entdecke einen Wasserfall auf der Straßenkarte. Natürlich müssen wir einen Abstecher machen. Die Straße ist eng und steil. Ich frage Mário, warum er vor den uneinsichtigen Kurven nicht hupt. Ihm ist das Hupen zuwider, anscheinend ist er kein richtiger Portugiese. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Wasserfall passieren wir einen kleinen Ententeich. Die sehr lecker aussehenden Vögel machen viel Lärm und lassen sich durch uns kaum aus der Ruhe bringen. Dann stehen wir vor der Kaskade. Wir können sehen, dass es in den letzten Tage nicht viel geregnet hat. Es fällt nur wenig Wasser den Felsen herunter. Trotzdem ist es beeindruckend.
Nach ein paar Minuten gehen wir zurück zum Wagen. Mário touchiert auf unserem Weg zurück zur Hauptstraße mit dem Außenspiegel eine Mauer. Es stellt sich als winziger Kratzer heraus, doch Mário meint, dass sein Vater diesen Kratzer finden wird. Mir fällt er nicht auf.
Je weiter wir in den Nordosten der Insel vordringen, desto mehr nähert sich die Vegetation den übrigen Azoreninseln an. Es wird grüner, wir finden andere Pflanzen. Oberhalb des Dorfes sehen wir die Terrassen für den Weinanbau. Die Hänge sind noch steiler, als ich es von der Mosel her kenne.
Schon zu Beginn unserer Tour habe ich Mário instruiert, dass er sofort anhalten soll, wenn wir Esel sehen. Ich bin gerade mit der Straßenkarte beschäftigt, als er plötzlich die Esel sieht, die auf einer Weide recht weit entfernt von der Straße stehen. Natürlich haben wir keine Karotten dabei. Aber es ist leicht, sie mit saftigem Gras von der anderen Straßenseite anzulocken. Alle Esel ticken gleich. Diese hier sind sogar sehr freundlich, sie lassen sich zwischen ihren langen Ohren kraulen.
Es ist Zeit, zurück zum Hafen zu fahren. Mário muss seinen Vater von der Arbeit abholen. Zwischendurch stoppen wir noch an einem Supermarkt und besorgen das Abendessen. Die Hähnchenschenkel sehen etwas größer aus als normal und kommen in Wirklichkeit vom Truthahn. Nach angemessener Grillzeit erweisen sie sich als sehr lecker. Ein schöner Ausklang eines wunderbaren Tages.