Bye bye Samai

Ich schreibe diesen Blog am Sonntagvormittag. Gerade habe ich von Anneke die Nachricht bekommen, dass Desiree im Donkey Sanctuary ist. So kann ich die vergangenen Tage noch einmal Revue passieren lassen. Heute früh um 8:30 Uhr hat die Samai den Hafen verlassen und sich auf den Weg nach Bonaire gemacht. Am vergangenen Mittwoch war ich mit Michael noch einmal beim Music Bingo. In diesem Beitrag wird es so manches „zum letzten Mal“ geben.

Eine kleine Flasche Diplomatico Rum aus Venezuela, sehr lecker. Und eine Flasche Aquadiente aus Kolumbien. Das Zeug schmeckt ähnlich wie Ouzo oder Pastis.

Wir haben mächtig abgeräumt. Genauer gesagt hat unser Tisch abgeräumt. Okay, ich habe zwei von drei Runden gewonnen. Es ist natürlich ein Glücksspiel und die tollsten technischen Hilfsmittel wie Shazam nutzen nichts, wenn die gespielten Lieder nicht auf der eigenen Bingokarte sind. Natürlich haben wir die Beute geteilt, der Rum war für mich und das Aquadiente für Michael. Ihm schmeckt das Anisgetränk wenigstens.

Zwei kleine, ängstliche Kätzchen

Zum letzten Mal begleiten mich Sandra, Maila und Samuel zu den Katzen. Wir haben drei Neuzugänge. Alle drei sind unglaublich scheu. Sie haben so viel Angst, dass sie am Gitter ihres Käfigs hochklettern und uns anfauchen, wenn wir ihnen zu nahe kommen. Ich nutze den Vormittag, um die dritte Videoüberwachungskamera auf dem Parkplatz in den Baum zu hängen, an dem immer wieder Hunde angebunden werden. Damit hoffen wir, noch mehr Nummernschilder lesen zu können. Derweil kümmern sich die drei um alle Katzen und Kätzchen. Ich glaube, dass es nicht lange dauert, bis sie nach ihrer Heimkehr in Berlin ein Tierheim aufsuchen und ihre Katze finden.

Die ängstlichen Kätzchen kleben an der Decke, während ich ihren Käfig putze.

Es ist mein vorletzter Freitag im Animal Shelter, eine gewisse Wehmut stellt sich ein. Die drei neuen Kätzchen sind kein bisschen zutraulicher geworden. Während ich ihren Käfig reinige, klettern sie so hoch wie möglich und zittern dabei wie Espenlaub. Das dritte Kätzchen hat sich eine Ecke gesucht und starrt mich mit ängstlichen Augen an.

Ich würde mich gerne noch tiefer in der Ecke verkriechen.

Mir ist schon klar, war mit diesen Kätzchen passieren wird, bevor Eva es ausspricht. Wenn sie sich nicht innerhalb weniger Tag an Menschen gewöhnen, bleiben sie für immer solche ängstlichen Katzen. Die sind natürlich nicht als Adoptivtiere vermittelbar und würden den Platz für gute Katzen blockieren. Also bekommen sie ihre Chance, doch die ist nicht unbegrenzt lang. Meine linke Hand jedenfalls ist komplett verkratzt. Beim Versuch eines der Kätzchen vom Gitter zu pflücken, erwische ich das Genick nicht richtig und meine Hand bekommt es mit 18 Krallen und vier Fangzähnen zu tun. Autsch. Das Desinfektionsmittel ist zum Glück nicht weit weg.

Baumfrüchte. Wie Extasy für Esel

Der Baum auf dem Parkplatz des Tierheims hat seine Früchte abgeworfen. Das ist super, ich sammle zwei große Säcke voll „Bohnen“ ein. Es sind ja keine Bohnen, sondern die Früchte des Fofoti Baums, der zur Familie der Johannisbrotgewächse gehört. Sie haben einen süßlichen Duft, der die Esel zu wahren Kämpfern macht. Mir gelingt es, die Säcke am Samstag relativ früh ins Donkey Sanctuary zu schaffen. Zu dieser Uhrzeit sind die Esel noch mit ihrem Frühstück beschäftigt, so dass ich das Besucherzentrum unbehelligt erreiche.

Die Hinterseite von Shrimp

Paul ist begeistert, als er die Reaktionen der Esel auf die „Bohnen“ sieht. Tim nimmt sich eine Frucht, schält sie und probiert. Er ist überrascht vom süßen Geschmack. Nun weiß er, warum die Esel verrückt werden, wenn sie die Chance auf die Bohnen haben. Es sammeln sich auch immer mehr Esel im Lee des Besucherzentrums. Sie werden vom Geruch angelockt.

Begehrter Snack

Normalerweise füttert Paul die Esel nicht. Er hat genau wie ich ein paar Lieblingsesel, die von ihm immer ihre Leckereien bekommen. Heute erfreut sich Paul so sehr an dem Geschubse und Gekicke, dass er einen kompletten Eimer verfüttert. Das habe ich von ihm so noch nie gesehen. Es gibt für alles ein erstes Mal.

Sonnenbad für einen kleinen Esel

Natürlich besuche ich auch Chamito und Woods. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Chamito mit den „Bohnen“ schon etwas anfangen kann, doch Woods bekommt immer ihre Leckerchen von mir. Also heute keine Karotten, heute leckere „Bohnen“. Von Michael erhalte ich die Nachricht, dass der geplante Besuch im Donkey Sanctuary ausfällt. Das kann ich verstehen, es ist ihr letzter Tag in Aruba und es ist ein Haufen Arbeit, ein Segelboot nach längerer Liegezeit wieder seetauglich zu machen. Das steht mir auch noch bevor. Ich entdecke das lange vermisste DNKY-T-Shirt in 2XL, das kaufe ich gleich für Michael. Die Größe war seit Wochen ausverkauft. Michael freut sich riesig.

Am Abend bin ich noch einmal zum Grillen auf der Samai eingeladen, zum letzten Mal in Aruba. Wir hoffen, dass wir uns auf den Azoren wiedersehen werden.

Samuel macht die Leinen los für die Fahrt nach Bonaire

Ich trinke meinen Morgenkaffee, während ich der Samai bei ihren Vorbereitungen zusehe. Das Boot sieht so aus, als wären sie in wenigen Minuten soweit. Zum Glück habe ich nicht verschlafen. Mein Email-Archiv verrät mir, dass Sandra mir die erste Mail am 18. September letzten Jahres geschrieben hat, während die Samai in Chile feststeckte. Im Laufe der Monate hat sich eine „Brieffreundschaft“ entwickelt. Später wurde klar, dass die Samai nach Aruba kommen wird. Aus der Brieffreundschaft wurde eine Freundschaft. Ich freue mich auf Horta (Azoren) und bin guter Dinge, dass wir wieder gemeinsam grillen werden. Gute Reise.

Gute Reise

Langsam aber stetig nimmt die Zahl der deutschen Boote in Aruba ab. Auch Sissi ist bald fällig. In drei Tagen kommt Eike aus Amsterdam geflogen. Noch geblieben ist die Pamina. Dort zeigen sich die Klebekräfte von Aruba gerade wieder einmal ganz besonders stark. Der defekte Generator muss noch ausgetauscht werden. Dafür muss man den neuen Generator aber erst einmal durch den Zoll bekommen. Immerhin ist er schon in Aruba. Ich könnte wetten, dass Sissi die Pamina beim Abreisetermin noch um ein paar Tage schlagen wird, denn die Pamina hat ein Weihnachtsproblem. Die kleine Lea hat an Weihnachten Geburtstag und deswegen kann ich mir nicht vorstellen, dass sie diesen Tag auf dem Wasser verbringen wollen. Mir ist das egal, ich habe schon ein Weihnachtsfest auf dem Ozean gefeiert.

Pamina. Es besteht noch Reparaturbedarf.

Jetzt warte ich auf die Nachricht aus dem Donkey Sanctuary, dass Desiree nach Hause geht. Es dauert hoffentlich nicht mehr lang. Es ist mein vorletzter Sonntag und der drittletzte Besuchstag überhaupt. Am kommenden Wochenende werde ich diese Rücksicht nicht mehr walten lassen. Wenn sie dann im Donkey Sanctuary ist, wird sie mit meiner Anwesenheit leben müssen.

Sissiphusarbeit

Ich möchte nicht klagen, ich bin es ja selbst schuld, dass ich auf einem Boot im Süden der Karibik sitze. Nach der Lektüre unzähliger von Weltumseglern verfassten Büchern wusste ich vorher, dass der Langfahrer einen nicht unerheblichen Teil seiner Zeit damit verbringt, sein schwimmendes Domizil und gelegentliches Transportmittel zu reparieren. Als unerfahrener Bootsbesitzer habe ich praktisch das ganze Jahr 2020 verschenkt. Ich hätte nicht gar so viele Tage bei den Eseln, sondern mehr Tage im Baumarkt verbringen sollen, dann wäre das Innere von Sissi auf dem Rückweg von Kuba nicht zu einer Tropfsteinhöhle geworden. Hätte, hätte, Fahrradkette. Wahrscheinlich hätte ich es gar nicht sehen können. Die echten Problemstellen habe ich erst gefunden, nachdem die Deckenverkleidung unten war.

Erste Aufgabe ist, die Deckenverkleidung zu entfernen und an den Pütting kommen. Ich will wissen, ob nach dem Abdichten noch Wasser eindringt. Außerdem liegen unter der Deckenverkleidung Stromkabel, die ich ersetzen möchte. Der regelmäßige Kontakt mit Salzwasser hat ihnen nicht gut getan.

Meine Vorbereitungen zum Abnehmen der Holzdecke. Die Schrauben werden in den kleinen Kasten einsortiert. Wie wichtig das inzwischen nach mehreren Monaten Wartezeit ist, finde ich heraus, als ich die Holzteile wieder anbringen will. Auf dem Kasten findet sich die Information über die Reihenfolge der Demontage. Das war nicht geplant, hilft jetzt aber bei der Montage.
Pütting mit undichter Decksdurchführung
Die Schrauben, nicht nur die aus der Vorschiffskoje.
Platz zum Arbeiten wird geschafft. Gemütlich ist anders. Mein Leben auf der Baustelle fängt an.

Es gibt Arbeiten, die ich zu Hause oder auf dem Boot gerne mache. Dazu gehört fast alles, was mit Holz zu tun hat oder die Elektrik. Da gehe ich dann sehr gerne dran, die Tätigkeiten gehen mir leicht von der Hand und ich muss kaum darüber nachdenken, was ich zu tun habe. Ich weiß es einfach.

Es gibt Arbeiten, die ich immer wieder vor mir herschiebe. Dazu gehören alle die Tätigkeiten, bei denen man sich so richtig schmutzig machen kann. Also Arbeiten am Motor oder mit Farbe. Vor Monaten schon hatte ich alle Teile für die Motorinspektion zusammengeklaubt. Das Motorenöl war über ein paar Wochen nicht verfügbar, so kenne ich es von Aruba. Irgendwann stand es wieder im Regal und ich hätte die Inspektion längst machen können. Das muss ich streng nach Werkstatthandbuch erledigen, denn mein Motorenwissen ist nicht sehr tiefgehend. Beim letzten Mal hat es nur eine größere Sauerei gegeben, Ölfilter zu tauschen ist eine helle Freude. Auch der Dieselfilter macht Laune, nach den Arbeiten stinkt es im Boot nach Diesel. Der Motor hat es dennoch prima weggesteckt. Noch ist die Inspektion nicht erledigt, doch die Zeit läuft. In weniger als drei Wochen kommt mein Neffe Eike, dann muss Sissi komplett fertig sein. Das ist für mich die bestmögliche Motivation.

Während der Monate ohne Deckenverkleidung regnet es hin und wieder heftig. Manchmal bin ich während der Starkregenereignisse sogar an Bord. Dann kann ich sehen, dass es an verschiedenen Stellen von der Decke tropft. Es gibt nicht nur Bedarf bei den Püttingen. Bei diesen ist es mir gelungen, sie abzudichten. Zum Glück ist das Wasser hier in der Marina kostenlos, ich habe ziemlich viel darüber laufen lassen. Doch es tropft ebenfalls an zwei Stellen aus der Badewanne. Das wäre mir wahrscheinlich nicht aufgefallen, wenn ich die Holzdecke nach dem Abdichten direkt wieder angebracht hätte.

Vor dem Mast befindet sich unsere Badewanne. Die Pfeile geben nicht ganz genau an, wo das Wasser durch das Deck kommt. Tatsächlich sind die Abflüsse undicht. Immer wenn Wasser in der Badewanne steht und langsam abläuft, tropft es in der Vorschiffskoje durch die Decke.

Nach mehrwöchiger Suche finde ich endlich eine Dose weißes Gelcoat in einem der vier Fachgeschäfte. Über Wochen war lediglich die schwarze Alternative im Regal. Ich will Sissi aber weder schwarz streichen, noch will ich, dass sie mit schwarzen Sprenkeln aussieht wie ein schwimmender Dalmatiner. Also kann ich das Streichen unserer „Badewanne“ in Angriff nehmen. Ich habe genug Farbe für drei Anstriche. Damit sollte die Badewanne dicht sein. Nach dem Trocknen nehme ich den Schlauch und lasse eine halbe Stunde lang Wasser in die Wanne ein. Mit jeder Minute steigt meine Stimmung. Die Wanne ist dicht!

Die Wanne ist frisch gestrichen und wieder zu 100% wasserdicht. Außerdem ist sie nun so unverschämt weiß, dass der Rest des Bootes total vergammelt aussieht.

Mit eingesauten Malerklamotten und mit Farbspritzern im Gesicht und auf den Händen ist es mir dann auch egal, wenn ich mich mit noch mehr Farbe bekleckere. Also entscheide ich, dass es der richtige Zeitpunkt ist, die Wände im Salon weiß zu streichen. Die Farbe ist an Bord, seit ich vor ein paar Monaten die Stromverteilung gebaut habe. Ich mag diesen Job eben nicht.

Die dunklen Wände des Salons sehen zwar sehr schiffig aus, machen ihn aber auch zu einem sehr dunklen Ort.

Unter Deck ist die Arbeit nicht ganz so schlimm wie oben. Während ich beim Anstreichen der Badewanne von der Sonne gegrillt worden bin, brummt mir unten wenigstens der Ventilator warme Luft zu. Hier reicht die Farbe für zwei Anstriche. Danach sieht es wunderschön aus und der Salon ist heller.

Mir gefällt das Ergebnis meiner ungeliebten Arbeit.
Auch das Bild von Sissi sieht vor dem weißen Hintergrund noch einmal wesentlich besser aus.

In nur wenigen Tagen habe ich einen der von mir am wenigsten geliebten Jobs erfolgreich erledigt. Das macht mich innerlich zufrieden und glücklich. Jetzt kann ich endlich die Deckenverkleidung in der Vorschiffskoje wieder anbringen. Dann kann ich sie wieder normal einräumen. Dann kann ich alle Sachen, die sich normalerweise nicht über das ganze Boot verteilen, wieder an ihren Platz zurück bringen. Herrliche Gedanken, es dauert nicht mehr lange, bis es zum Probesegeln geht. Ich klemme mich in ergonomischer Arbeitshaltung in die vordere Koje und beginne, die Verkleidungsteile anzubringen. Für Teil Nummer 26 habe ich fünf Schrauben in meinem Kasten, das System bewährt sich. Ein dicker Regenschauer geht über Sissi nieder. Die nächsten Teile sind die großen Platten, die an die Decke gehören. Ich lege sie schon einmal in der richtigen Reihenfolge auf die obere Koje, anschließend hole ich einen passenden Schraubendreher. Das Geräusch eines Wassertropfens schreckt mich auf. Ist die Badewanne doch nicht dicht?

Der Auslass der Badewanne. Nicht ganz dicht.

Dieser Regenschauer rettet mich. Wenn er zehn Minuten später gekommen wäre, wäre die Holzverkleidung an Ort und Stelle, die kleine Undichtigkeit wäre unsichtbar. Und der Schauer frustriert mich. Ich fühle mich wie Sissiphos. Kaum habe ich das Boot an einer Stelle wasserdicht, finde ich die nächste Stelle. Ich darf wieder anstreichen. Toll. Am Bordcomputer suche ich nach Heavy Metal, um mir etwas auf die Ohren zu geben.

In der Navigationsecke. Es tropft in den USB-Verteiler.

Warum ist mir das noch nicht aufgefallen? Die Decksdurchführung einer der Relingstützen ist undicht. Ich liebe diese Dichtmasse, sie ist so wunderschön klebrig und lässt sich nur schwer von den Fingern schrubben. Auf in den Kampf, der olle Sissiphos soll stolz auf mich sein. Ich fahre schnell zu Budget Marine, um die Dichtmasse zu holen. Alles was man braucht, muss man in Aruba rechtzeitig kaufen. Sonst könnte der Platz im Regal leer sein.

An der Eingangstür treffe ich die beiden Deutschen Uli und seine Frau. Sie haben einen dicken Katamaran in Aruba erworben. Wir hatten nicht viel miteinander zu tun, sind einmal gemeinsam mit der Pamina zum Essen ausgegangen. Dass sie mich aber gar nicht wiedererkennen, kann allerhöchstens der Gesichtsmaske geschuldet sein. Meine Stimme hat sich sicher nicht verändert, auch die Verwendung der deutschen Sprache gibt deutliche Hinweise. Es gibt aber auch Menschen, die sich nicht für ihre Umgebung interessieren. Bei mir persönlich komplett unten durch ist Gerd von der Off Piste. Er lebt seit vielen Jahren in den USA und hat nun einen Katamaran erworben. Als er nach Aruba kam, fragte er mich nach einem günstigen Auto zur Miete. Ich habe ihn mit Edward bekannt gemacht und er hat Edwards Auto für einen Monat gemietet. Gestern Abend vor dem Music Bingo hat Gerd das Auto wieder zurückgegeben.

Schaden. Ohne Ersatz.

Der Wagen hat an hinten rechts einen ordentlichen Blechschaden, den Gerd verursacht hat. Edward meinte zu mir, dass Gerd sehr frech geworden sei, als er ihn um Schadensersatz gebeten hat. Meiner Meinung nach wäre eine Entschädigung von 50 bis 100 Florin angemessen. Beim Music Bingo waren außerdem noch die beiden Deutschen dabei, die mit ihrem Katamaran auf 200 Quadratmeter Wohnfläche ankern. Leider hat der Katamaran-Tisch die ganzen Preise abgeräumt. In einer Bingo-Pause unterhalten wir uns über die Pamina, die noch in Varadero am Steg liegt und auf einen neuen Dieselgenerator wartet. Die Crew befindet sich auf einer Rundreise durch Kolumbien. Schon das affektierte Gehabe dieser Menschen könnte ich auf die Palme bringen. „Ohne Generator kann man doch gar nicht segeln!“ Das ist die einhellige Meinung des Tisches. Ohne funktioniert die Klimaanlage in der Ankerbucht nicht.

Bilder niedlicher Hundewelpen helfen beim Abbauen von Zorn und Stress, der beim Autor gerade beim Schreiben über Katamarane und andere Boote mit Generator entstanden ist. Ich rege mich wirklich nur noch sehr selten auf, seit ich mit dem Segelboot unterwegs bin. Manchmal muss es eben so sein.

Die Dichtmasse konnte ich kaufen, bislang habe ich die Relingstütze allerdings noch nicht in Angriff genommen. Das kommt in den nächsten Tagen noch auf mich zu. In der kommenden Woche ist der Motor dran. Dann ist es bald soweit, die Segel wieder anzuschlagen. Ich freue mich auf diesen Tag. Ich brauche noch ein Katzenvideo, damit mein Zorn verraucht. Mein Nachbar Michael von der Samai kann auch einige Geschichten über die Katamaran-Menschen erzählen, das sind aber seine Storys. Wir sind uns einig, dass das Vorhandensein eines Generators an Bord einiges über die Crew erzählt. An dieser Stelle möchte ich explizit die Chapo als Ausnahme anführen.

Ich schreibe und schreibe und schreibe und schreibe. Dabei sollte ich jetzt eigentlich an Deck sitzen und die Stellen abschleifen, die ich noch anmalen muss. Ich will aber nicht wieder an dieser Farbe riechen. Ich mag mich nicht wieder damit bekleckern. Der olle Sissiphus wird mir jedenfalls nicht helfen. Die Autoren der Segelbücher hatten recht. Man repariert sein Boot an den schönsten Plätzen. Zumindest kann ich nun behaupten, dass der Reparaturstau aufgearbeitet ist. Sind Sissi und ich im nächsten Jahr wieder in Holland, kann ich sicher wieder viele Dinge reparieren.

Adieu und willkommen!

Die Zeit bringt Veränderungen. Der Oktober schreitet voran und die Zeichen stehen überall auf weiter segeln. Demnächst kommen zwei Bekannte aus Deutschland nach Aruba. Ich habe sie vor Monaten hier schon getroffen, als sie ihr Boot gekauft haben. Nun werden sie ihren schönen Katamaran übernehmen. Doch auch bei den Deutschen, die schon hier sind, geschehen Veränderungen.

Obst und Gemüse bei Stromausfall

Ich nehme Rebecca mit zu Ling & Sons, einem der beiden guten Supermärkte in Aruba. An der Eingangstür bleiben wir erst einmal stehen, denn die große Markthalle ist dunkel wie die Nacht. Da kann man doch jetzt nicht einkaufen. Es fühlt sich sehr ungewohnt an, doch der Sicherheitsmann an der Tür desinfiziert weiterhin die Hände der eintretenden Kunden. Ganz leise hören wir im Hintergrund das Piepsen einer Scannerkasse. Anscheinend können sie sogar bei Stromausfall verkaufen. Wir treten ein und sehen überall im Laden die Lichtpunkte der allgegenwärtigen Smartphone-Taschenlampen. Unsere Telefone sind auch klar, also los.

Im hinteren Bereich zwischen den Regalen kommt kaum noch Tageslicht an

Letztendlich wird der Einkauf komplizierter als gedacht. Es ist gar nicht so leicht, in der Dunkelheit mit dem Bisschen Licht die gewünschten Waren zu finden. Es ist aber auch nicht unmöglich. Wenn ich mir sonst einen Wolf suche, frage ich einfach einen der Mitarbeiter. Die sind aber in der Dunkelheit nur schwer zu finden. Ein Sicherheitsmann hofft, dass der Generator gleich anspringt. Fehlanzeige. Wir finden alles, was wir auf unseren Einkaufszetteln haben. Von den vielen Kassen ist eine einzige in Betrieb. Doch die Schlange ist gar nicht so lang. Ich frage mich, ob Kartenzahlung möglich ist.

Ganz hinten die Schnellkasse ist in Betrieb

Wir wollen uns in die Schlange einreihen, doch das ist gar nicht mehr nötig. Just in diesem Moment springt der Generator an und der Strom ist wieder da. Der Supermarkt ist wieder voll funktionstüchtig. Wie wäre das wohl bei einem handelsüblichen Rewe gelaufen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in Deutschland bei Stromausfall Menschen in den Markt lassen. Rebecca hat jedenfalls genug eingekauft, um mit der Pamina ein paar Tage vor dem Strand zu ankern.

Unerwünschtes Tier

Im Tierheim bin ich gerade dabei, die Reinigung des Katzenkäfigs vorzubereiten, als Ria mir zuruft, dass wir ein „unwanted animal“ vor der Tür haben. So werden normalerweise die Tiere genannt, die ausgesetzt werden, unerwünschte Tiere. Ich rechne damit, dass sie eine Kiste Kätzchen oder einen Hund gefunden hat. Statt dessen sitzt neben der Futterschüssel für die inoffiziellen Tierheim-Katzen eine giftige Kröte. Diese kann mit ihrem Gift eine Katze töten. Ria meint, dass sie die Kröte mit Bleiche übergießen müsste, um sie zu töten. Das wäre für das Tier jedoch sehr schmerzhaft. Also will sie auf Sandy warten, der so etwas nichts ausmacht. Derweil zeigt die Eigentümerin des Futternapfes keinerlei Scheu. Zum Glück für alle Parteien trollt sich die Kröte kurz darauf und verschwindet im Gebüsch. Von diesen giftigen Kröten habe ich schon viel gehört, nun habe ich zum ersten Mal eine gesehen.

Keine Angst vor der Kröte. Die verschwindet gerade im Gebüsch.

Derweil erreichen mich gute Nachrichten aus Kolumbien. Die Samai verlässt in Kürze Santa Marta mit dem Ziel Aruba. Darüber freue ich sehr, denn ich brenne darauf, die Menschen persönlich kennenzulernen. Sie sind von Europa aus etwa zur selben Zeit gestartet wie Jens und ich, haben Kap Horn umrundet, waren in der Antarktis und sind zuletzt wegen Covid-19 in Chile steckengeblieben. Irgendwann haben sie mein Blog entdeckt und die Beiträge über die Esel gegen die Langeweile in der Quarantäne zu lesen. Im Laufe der folgenden Monate haben wir recht viele Emails getauscht. Es fiel ihnen sicher nicht leicht, die Entscheidung zu treffen, über Panama wieder zurück in den Atlantik zu fahren, anstatt weiter an der Weltumrundung zu arbeiten. Dafür haben sie nun die Möglichkeit, einen Zwischenstopp in Aruba zu machen und die Esel zu besuchen.

Samai in Varadero

Am späten Donnerstag trifft die Samai dann in Aruba ein. Ich sitze im Donkey Sanctuary und beobachte den Reisefortschritt auf Marinetraffic. Es wird wirklich spät. Die Sonne geht unter und Skipper und Crew haben die spannende Aufgabe, die nicht kartierte Einfahrt zur Marina in der Dunkelheit zu finden. Ich bin sehr froh, denn seit einer ganzen Weile habe ich einige große Kisten an Bord liegen. Darin sind Schulsachen für die Kinder, die jetzt endlich wieder zur Schule gehen können. Sie haben sich wirklich gefreut, das ist kein Sarkasmus oder Ironie.

Shrimp leckt das Kondenswasser von meiner Sprudelflasche

Am Sonntag verlässt die Pamina dann die Marina Varadero. Außerdem ist es für die Samai der große Tag, ein gemeinsamer Besuch im Donkey Sanctuary. Mein Auto hat vier Sitzplätze, kann aber problemlos auch fünf Personen transportieren. Natürlich sind neben den Eseln die Katzen die Hauptakteure. Sunchi, Shrimp, Swa und Socks werden alle gründlich gestreichelt. Die Esel bekommen eine Menge Karotten, denn Rebecca hat sieben Kilo gespendet. Niemandem wird es in den dreieinhalb Stunden langweilig, die wir an diesem angenehmen Ort verbringen. Am Abend gehen wir gemeinsam essen. Ich freue mich über die neuen netten Nachbarn.

Sandra füttert die Esel