In Newcastle gibt es einige Brücken über den Tyne. Die östlichste Brücke ist die Millenium Bridge, von dort aus gibt es auf den 10 Meilen bis zum Meer keine einzige mehr. Für den Autoverkehr gibt es noch einen Autobahntunnel, für die Fußgänger und Radfahrer ebenso. Und die Shields-Ferry, die die Orte North Shields und South Shields verbindet.
Für heute habe ich mir vorgenommen, zweimal den Tyne ohne Benutzung einer Brücke zu überqueren. Meine Tageskarte für den Bus gilt im gesamten Netz, also auch für die Fähre. Die Marina ist nördlich des Tyne, ich fahre zunächst einmal mit dem Bus nach North Shields. Ich bin erstaunt, dass der Busfahrplan perfekt auf den Fahrplan der Fähre abgestimmt ist. Das habe ich nicht erwartet.
Der Fähranleger von South Shields ist direkt südlich von der Marina gelegen. So habe ich die Gelegenheit, noch einmal die Einfahrt vom Wasser aus zu sehen. Diesmal ist es nicht dunkel, ich muss auch die Fahrt in die Schleuse nicht vorbereiten. Also kann ich in aller Ruhe fotografieren, auch wenn das Wetter eher britisch anmutet.
An der rechten Seite der Schleuse sieht man drei rote Lichter. Das heißt, dass man gerade nicht in die Schleuse einfahren kann. Drei grüne Lichter geben die Einfahrt frei. Ich hätte mich gefreut, wenn die Fähre näher an die Marina heran gekommen wäre, doch sie ist inzwischen auf der anderen Seite des Tyne.
Im Prinzip läuft es wie in Hamburg bei den Alsterfähren. Hier wird zum An- und Ablegen keine Leine mehr bedient, die Fähre hakt sich mit der Ein- und Ausstiegsklappe an der stählernen Befestigung ein. Dazu drückt der Kapitän die Fähre mit Bug- und Heckstrahlruder an den Anlegesteg.
Ich nehme mir noch eine knappe halbe Stunde Zeit, um die erneute Ankunft der Fähre zu fotografieren. Es hätte mir auch gar nichts gebracht, zur Bushaltestelle zu gehen. Der ebenfalls alle 30 Minuten verkehrende Bus ist perfekt schlecht mit der Fähre getaktet. Nach diesem Foto kann ich zur Bushaltestelle schlendern und bin pünktlich für den nächsten Bus. Der fährt nämlich etwa dann ab, wenn die Fähre ihre Klappe herunter klappt.
Der Bus bringt mich zur Haltestelle „Pedestrian Tunnel“, zum Fußgängertunnel. Jedenfalls schafft er das beim zweiten Versuch. Beim ersten Versuch ignoriert der Busfahrer meinen Haltewunsch und bringt mich eine Haltestelle zu weit. Glücklicherweise kommt nach fünf Minuten der Bus in die Gegenrichtung.
Die Rolltreppe nach unten ist außer Betrieb. Ich muss innerlich lachen, auf dem Schild neben der Treppe steht geschrieben, dass man ziemlich fit sein muss, um die Treppe laufen zu können. Ich fühle mich fit genug, auch mein Knie hat mir schon lange keine Probleme mehr gemacht. Also nehme ich nicht den Aufzug, sondern spaziere Stufe um Stufe nach unten.
Natürlich nehme ich als gesetzestreuer Bürger die Röhre für die Fußgänger. Ich bin erstaunt, denn ich bin nicht der einzige Nutzer. Außerdem kommt mir wirklich kein einziger Radfahrer in die Quere. Die Engländer sind offenbar ebenfalls sehr gesetzestreu.
Die Röhre ist nicht nur sehr gut beleuchtet, sie ist auch sauber und frei von Müll. In Frankfurt wäre sie wahrscheinlich irgendwie schummrig und eine Müllhalde. So kenne ich es jedenfalls von vielen Unterführungen zur S-Bahn.
In der Mitte des Tunnels verläuft die Grenze zwischen Northumberland und Durham. Das war mir neu. Ich dachte, ich wäre die ganze Zeit in Northumberland gewesen. Es erklärt auch, warum der Stadtbus auf der Südseite eine andere Farbe als im Norden hat. Und es erklärt, warum im Süden das WLAN im Bus funktioniert, im Norden aber nicht. Unterschiedliche Countys, unterschiedliche Betreiber, unterschiedlicher Service.
Die Rolltreppe am nördlichen Ende hat dieselbe Servicequalität wie die im Süden. Sie ist defekt. Unten steht ein Schild, dass man nur im Brandfall nach oben laufen soll. Ansonsten möge man den Aufzug benutzen. Ich nehme den Aufzug, es brennt ja nicht. Außerdem fühle ich mich für den Aufstieg dann doch nicht fit genug.
Nur noch wenige Schritte sind es bis zur Bushaltestelle. Das haben sie ganz gut gemacht. Weniger gut ist der 30-Minuten-Takt, denn diesmal habe ich den Bus um geschlagene fünf Minuten verpasst. Also muss ich noch einmal warten. Zum Glück habe ich noch ein Wartegetränk im Rucksack.
Der Bus bringt mich wieder in die Marina zurück. Heute soll mein letzter Abend in Newcastle sein, denn morgen kommt Gregor mit der Princess Seaways. Ich habe die Bundesliga heute ignoriert, die Eintracht belohnt mich mit einem Auswärtssieg. Die blöden Bayern belohnen mich mit ihrem Geschenk an die Augsburger. Jetzt sind wir nur noch einen Punkt hinter den Bayern. Somit belohne ich mich am Abend und fahre noch einmal nach North Shields in den Pub.
Am nächsten Morgen stehe ich ausnahmsweise mal früh auf, schalte den Funk und das AIS ein. Dann sehe ich beim Morgenkaffee, wie sich die Princess Seaways nähert. An Bord ist Gregor. Ich spaziere zum Fährterminal und hole ihn ab. Später kaufen wir noch frisches Gemüse für die Überfahrt. Als ich die Marinarechnung bezahlen möchte, ist noch ein Fischer im Marinabüro. Er fragt mich ungläubig, ob ich wirklich heute schon losfahren möchte. Die Wellen seien draußen ziemlich übel. Ich lade noch einmal die letzte Vorhersage herunter und kann dem Mann nur zustimmen. Es schadet sicher nicht, wenn wir noch eine Nacht im sicheren Hafen verbringen und morgen früh abreisen. Auch wenn das eine weitere Nacht Gebühren kostet.