Fluch der Elektronik

Viele Menschen kommen inzwischen im Alltag nicht mehr ohne ihr Smartphone aus, Nutzungsdauer über mehrere Stunden am Tag ist ja eher die Regel als die Ausnahme. An Bord sind die Dinger weitestgehend wertlos, denn ein Smartphone ohne Internetverbindung, mit dem man auch nicht telefonieren kann, ist eigentlich einfach nur ein Akku, der geladen werden muss. Das Kleinvieh verbraucht bekanntermaßen nach Kühl- und Gefrierschrank am meisten Strom. Ich nutze es nur noch füŕ den Timer, der mich auf meiner Wache zuverlässig weckt, falls ich einmal eingeschlafen bin. Die meisten Segelboote sind komplett vernetzt und alle Systeme sind miteinander verbunden. So kann man Wegpunkte auf dem Navigationssystem setzen und automatisch ansteuern lassen. Das ist praktisch, so weit sind wir auf Sissi aber nicht. Wir setzen auf unser unermüdliches Crewmitglied Peter.

Für die Satellitenkommunikation haben wir von Anfang an ein Huawei Tablet genutzt. Ich erwähne den Namen des Herstellers nur, weil das wichtig ist. Wir waren soweit zufrieden, die Iridium-Go Software funktioniert darauf einwandfrei. Leider ist nach zwei Jahren in der Karibik der Akku aufgequollen. Eigentlich sollte man das Gerät reparieren lassen. Das habe ich auch vor, nur eben nicht hier und jetzt. Die ganze Elektronik und deren Reparatur sind in der Karibik unfassbar viel teurer als bei uns. Deswegen habe ich Jens gebeten, mir ein neues Tablet zu besorgen und Eike mitzugeben.

Die Bordelektronik von Sissi ist mehrfach unabhängig. Man kann auch sagen, sie besteht aus mehreren Systemen, die nicht miteinander verbunden sind. Den elektrischen Autopilot, seinen Kompass und das Radargerät habe ich mit Sissi zusammen erworben, sie werden alle über eine GPS-Antenne versorgt. Den Windmesser, das Log, das Echolot und das AIS wiederum habe ich eingebaut. Sie sind miteinander verbunden und versorgen die Instrumente im Cockpit mit Informationen. Auch sie werden alle über eine weitere GPS-Antenne versorgt. Die dritte Antenne ist im Funkgerät verbaut. Die vierte Antenne versorgt den Bordcomputer, der zusätzlich noch mit den Signalen der Bordinstrumente versorgt wird, aber nicht ins Netzwerk zurück sendet. Fehler im einen System schlagen jedenfalls nicht durch in ein anderes System.

Peter ist benannt nach seinem Konstrukteur. Peter ist unsere Windfahnensteuerung. Die läuft vollkommen mechanisch ohne Elektronik und fährt das Boot dem Wind hinterher. Das ist gut, denn es spart uns eine Menge Strom. Unser elektrischer Autopilot verbraucht mehr Strom als der Kühlschrank. Also würde eine Vernetzung für unsere Segelei gar nichts bringen, Peter lässt sich nicht vernetzen.

Eike bringt mir das neue Huawei Tablet aus Deutschland mit, welches mit mehr Speicher, mehr Prozessoren, einem besseren Bildschirm und vor allem mit einem intakten Akku ausgestattet ist. Es gibt eine App des Herstellers, die die Installation des alten Tablets auf das neue ziehen kann und die ich nutze. Es werden die paar Telefonbucheinträge kopiert und außerdem die Apps installiert, die auf dem alten Tablet drauf sind. Ich richte die Iridium-Software ein, lade die Seekarten herunter und lasse es wieder liegen. Kurz vor der Abfahrt in Aruba stellt sich heraus, dass auf dem neuen Gerät eine veraltete Softwareversion läuft, die keine Emails über Satellit versenden kann. Ich will die Software aktualisieren und dabei muss ich entdecken, dass das Tablet gar nicht auf den Google-Playstore zugreifen kann.

Daran hat Jens nicht gedacht, als er das Gerät am Black Friday bestellt hat. Daran habe ich nicht gedacht, als ein Storno noch möglich gewesen wäre. Aufgrund politischer Komplikationen zwischen den USA und China ist Huawei aus dem Playstore ausgesperrt. Die Firma hat zwar eine eigene Quelle für die Apps, doch die sind offenbar nicht immer aktuell – wenn sie überhaupt verfügbar sind. Und so wickle ich die Satellitenkommunikation über das alte Tablet ab und hoffe, dass der aufgeblähte Akku noch ein paar Tage durchhält.

Als ich in jener Nacht vom extra starken Regenguss überrascht wurde und später den Kurs wieder neu einstellen musste, war das GPS-Signal auf den Bordinstrumenten weg. Damit hatte ich im Cockpit keinen Kurs und keine Geschwindigkeit. Ich vermute, dass der starke Regen dafür gesorgt hat. Der Windmesser an der Mastspitze ist gerade demontiert. Ich musste mich am wenigen Wind orientieren und den Kurs wieder einstellen. Vielleicht sollte ich doch das Signal des Kompasses doch an die Instrumente durchreichen. Aber auch die Fahrt durch das Wasser kann ich derzeit nicht feststellen, da die Logge wahrscheinlich von kleinen Krebsen bewohnt wird und sich nicht dreht. Sissi fährt auch ohne.

Nur Peter ist vollkommen unbeirrt und steht 24 Stunden am Tag an unserem Ruder. Der Wind hat ein wenig aufgefrischt, unser Windgenerator macht jetzt genug Strom. Wir haben den Motor nicht mehr anwerfen müssen, um Strom zu erzeugen. Um Mitternacht lade ich neues Wetter herunter. Entweder müssen wir eine Wende fahren oder auf einen Winddreher hoffen, denn wir fahren im Moment genau nach Norden. Die frische Vorhersage sieht nicht schlecht aus. Als Eike mich um drei Uhr morgens ablöst, sind die Batterien genauso voll wie am Vortag. Ohne Motorstunden. Ich wache morgens um zehn Uhr wieder auf und freue mich riesig, als ich auf den Bordcomputer schaue. Unser Kurs ist genau Nordost, direkt nach St. Kitts. Hoffentlich bleibt uns diese Richtung noch lange erhalten. Peter hat den Winddreher bemerkt und ist ihn mitgefahren. Ohne Elektronik.

Am dritten Tag ist alles in Butter. Es geht uns prächtig. Digital detox ist ja heute die große Mode. Liebe Smartphone-Junkies, bucht euch einfach auf einem Segelboot eine Seepassage.

3. Etmal: 87 nm
Entfernung nach St. Kitts: 273 nm

Unsere voraussichtliche Ankunft unter Betrachtung der Wettervorhersage ist Samstag oder Sonntag, das kann sich aber noch ändern. Sicher scheint, dass der Wind am Freitag zu unseren Ungunsten drehen wird und wir die letzten Meilen ziemlich kämpfen werden müssen.

Finsternis

Die schlimmen und unangenehmen Dinge passieren immer mitten in der Nacht. Mitten in der Nacht brach unser Spifall auf dem Weg von Teneriffa nach Barbados. In stockdunkler Finsternis mussten wir den Parasailor aus dem Atlantik bergen. Das brachte uns einen Zwischenstopp auf den Kapverden in Mindelo, wo wir nicht nur das Spifall, sondern auch zwei Unterwanten ersetzen mussten. Auch der Riss im Parasailor, aufgrund dessen wir ihn bis zur Reparatur in St. Lucia nicht mehr benutzen konnten, entstand in der Nacht. In der Nacht fuhren wir fast rückwärts gegen eine riesige Tonne, weil unser Propeller nicht mehr richtig funktionierte. Nachts lief das Boot voll Wasser und der Pütting des Achterstags ist auch nachts gebrochen.

 

Doch zunächst zum zweiten Segeltag. Eike und ich spielen in der Mittagshitze ein paar Partien Schach. Die Konzentration auf das Spiel unter Deck führte dann doch zu einem mulmigen Magen. Okay, wir werden unsere Schachspiele an Deck verlegen müssen. Da die Zeit, in der wir beide wach sind, arg limitiert ist, werden wir wohl bis St. Kitts nicht mehr spielen können. Ein Nickerchen bringt den Magen wieder in Ordnung. Der Wind ist ziemlich schwach, unser Kurs Nord-Nordost wird immer mehr zu einem reinen Nordkurs. Die Ostkomponente ist aber besonders wichtig.

Ein grünes Dreieck erscheint auf dem AIS-Bildschirm. Es sieht für mich aus wie ein Segelboot auf Gegenkurs. Eine kurzer Mausklick und die Bestätigung ist da. Das Dreieck ist die Samai. Wir freuen uns, sie noch einmal zu sehen. Sie haben schon 10 Meilen uns gegenüber in Richtung Osten Vorsprung. Da sollten wir nicht nur über die Wende nachdenken, sondern ebenfalls auf Gegenkurs gehen. Gesagt, getan. Wir werden zwar langsamer, dafür machen wir wesentlich mehr Strecke nach Osten gut. Wir funken die Samai an und sprechen mit Michael, der wohl schon auf den Ruf gewartet hat oder selbst gerade zur Funke greifen wollte – so schnell hat er geantwortet. Auch bei Sandra, Maila, Samuel und Michael war die Nacht ruhig und alles ist in Butter. Nach einer Weile verschwindet das Symbol wieder, die Entfernung ist zu groß geworden.

Ich brate Zwiebeln, Knoblauch, frischen Blattspinat und Steaks, der ultimative Test auf Anfälligkeit für Seekrankheit. Kein Problem. Weder die Zubereitung noch der Genuss des Abendessens machen Eike Probleme. Wir glauben, dass er über den Berg ist. Kurz sitzen wir noch gemeinsam im Cockpit, dann geht Eike zu Bett.

Getreu dem Motto „bei viel Wind kann jeder Segeln“ verschwende ich meist nicht allzu viele Gedanken auf optimalen Segeltrimm. In der Passatzone gibt es meist reichlich Wind, bei zu hoher Geschwindigkeit bohrt sich aber der Bug in die Wellen. Also fahre ich gar nicht so gerne mit Höchstgeschwindigkeit. Eigentlich will ich mich auf die Couch legen, um mich für die Nachtstunden fit zu halten. Daran ist aber erst einmal nicht zu denken. Der wenige Wind lässt das Achterliek des Großsegels flattern. Das ist die Hypotenuse des Dreiecks, als das man sich das Segel auch vorstellen kann. Dadurch wird die lose Reffleine für das zweite Reff wild herumgeschleudert und schlägt gegen das Segel. Warum? Ich habe keine Ahnung.

Eike kommt wieder in den Salon. Er kann nicht schlafen. Sein Bett ist durch die Wende zur falschen Seite geneigt, er läuft Gefahr herauszufallen. Wir müssen damit leben, der Kurs ist viel besser als auf dem anderen Bug. Wir machen richtig Strecke gut. Ein paar Minuten später fällt es mir wie Schuppen aus den Haaren. Ich habe vergessen abzudirken, dadurch kann das Segel nicht richtig stehen. Also muss ich an den Mast. Also muss ich Eike wieder aus dem Bett scheuchen. Ich bin manchmal auch ein Depp. Da segeln wir schon mehr als 24 Stunden und die Dirk fällt mir jetzt erst ein. Doch es gilt an Bord weiterhin die Regel, dass niemand das Cockpit verlässt, wenn er alleine ist. Das Segel steht jetzt schön, der Lärm ist weg.

Kohlrabenschwarz ist die Finsternis der Nacht. Keine Spur mehr vom gestrigen schönen Sternenhimmel. Den ganze Tag über war der Himmel schon bedeckt, wir haben nicht viel Solarstrom produziert, auch nicht viel Windstrom bei der schwachen Brise. Wenn ich jetzt den Kühlschrank abschalte, sollten wir aber durch die Nacht kommen. Plötzlich richtet sich Sissi auf, der Wind ist komplett weg, die Segel schlagen. Ich habe eine Befürchtung und versuche, das Boot wieder einigermaßen auf Kurs zu bekommen. Die ersten Regentropfen treffen mich, dann kracht eine heftige Bö in die Segel. Es fühlt sich an wie ein Squall. Der Windgenerator pumpt plötzlich Unmengen Ampères in das System, das kann ich an der Drehzahl hören. Sehen kann ich gar nichts, denn der Regen fühlt sich an, als würde eine ambitionierte Freiwillige Feuerwehr um die Wette löschen. Das Großsegel fängt den Regen schön ein, durch die Falte des ersten Reffs wird er dann in Gänze über mich geschüttet. Ich frie
re uns
zittere, mir ist saukalt. Ich fluche und brülle in den Wind. Eike fragt von unten, ob er helfen kann. Ich schicke ihn wieder ins Bett, es ergibt keinen Sinn, die ganze Crew zu löschen. Nach ein paar Minuten, die sich wie eine Stunde angefühlt haben, ist der Spuk vorbei. Der Wind schläft wieder ein. Ich schnappe mir ein trockenes Handtuch, trockene Klamotten und bin in kurzer Zeit wieder aufgewärmt. Es ist ja nicht kalt hier.

Anschließend darf ich den richtigen Kurs wieder einstellen und bin gerade im Salon angekommen, als der nächste Squall durchgeht. Noch einmal heftiger Regen. Diesmal sehe ich kurzzeitig die 20 Ampère auf dem Batteriemonitor. Fünf Minuten zu 20A bringt natürlich nicht viel, doch es zeigt das Potential.

Unfit ist wohl das richtige Wort für Eikes Zustand, als er mich auf Wache ablöst. Eigentlich ist es seine Uhrzeit, als Bäcker arbeitet er zu der Zeit, in der er nun die Wache auf Sissi hat. Aber er hat nicht gut geschlafen. Auch ich schlafe nicht gut, auf dem Steuerbordbug ist nur die Koje von Jens wirklich bequem. Die ist aber gerade mit Dingen belegt. Auftragsgemäß weckt mich Eike um sechs Uhr in der Früh, weil der Wind inzwischen wieder so weit gedreht hat, dass wir nur noch einen Kurs Süd-Südost fahren. Ich denke ein paar Minuten darüber nach, dann lege ich mich wieder hin. Erst wenn es eindeutig Südkurs ist, wird gewendet. Das passiert dann morgens um Acht.

Insofern ist unfit auch das richtige Wort für meinen jetzigen Zustand. In dieser Nacht hat keiner von uns gut geschlafen. Ich grantele üblicherweise am Morgen. An Land kein Problem, auf See muss ich mir das abgewöhnen. Eike bezieht es auf sich, das ist nicht gut für das Bordklima. Ich müsste meinen Morgenkaffee vor dem Aufstehen trinken, doch wie kommt der Kaffee zu mir ins Bett? Der Wind hat ein wenig aufgefrischt, schon morgens um 10 Uhr füllen sich die Batterien zusehends. Auch unser neuer Kurs Nordost gefällt mir. Es fehlen zwar noch ein paar Grad, um St. Kitts direkt anlegen zu können, doch heute Nacht haben wir trotz aller Widrigkeiten eine ordentlich Strecke nach Osten gut gemacht. Meiner Erfahrung nach ist der zweite Seetag der schlimmste. Also geht es ab morgen aufwärts.

2. Etmal: 77 nm
Entfernung nach St. Kitts: 340 nm

Eine Bitte an alle, die die Email-Adresse unseres Satellitentelefons kennen. Bitte schickt keine großen Mails, keine Anhänge, einfach nur Text. Im Moment verstopft eine Mail mit 150kB den Posteingang. Das Herunterladen würde ewig dauern, in der Zeit fallen Unsummen Telefongebühren an.

Seekrankheit und Gesundheit

Wir machen Sissi fertig zur Abreise. Die letzten Gegenstände werden verstaut, die Sonnenschutzplane ist verpackt. Wir machen die letzte Fahrt mit dem Dinghi in Bonaire zur Immigration und zum Zoll. Nach einer halben Stunde haben wir ausgecheckt und die Papiere für St. Kitts. Nach den Erfahrungen mit unserer Überfahrt von Aruba nach Bonaire bekommt Eike die erste Reisetablette. Wir tun alles, um einen erneuten Anfall von Seekrankheit zu vermeiden. Doch ich erinnere mich an die Anfangszeit mit Jens, dem auf jeder Reise spätestens nach dem ersten Abendessen übel wurde. Wir hoffen das Beste und ich erwarte das Schlimmste. Doch die ersten Stunden im Wellenschatten von Bonaire gestalten sich angenehm. Wir müssen zwar zunächst den Motor noch mitschieben lassen, mit jeder Meile kommt jedoch etwas mehr Wind und die Drehzahl kann reduziert werden. Irgendwann schalten wir den Lärm ab und genießen das Gleiten durch die ruhige See. Eike fühlt sich prächtig.

Auf dem AIS beobachten wir die Samai. Sie ist ein paar Stunden vor uns abgefahren und sie wollten noch an eine Tauchmooring gehen, um das Boot endgültig seeklar zu machen und dabei noch etwas Freude am Wasser zu haben. Im Laufe der nächsten Stunden können wir sehen, dass wir etwa den gleichen Winkel zum Wind haben, allerdings ein wenig langsamer sind. Alle Stunde vergrößert sich der Abstand um eine Viertelmeile. Wir verlassen den Wellenschatten von Bonaire, die Bewegungen von Sissi werden stärker. Eike fühlt sich sauwohl.

Zum Abendessen treten wir leise. Ich brate uns zwar leckere Steaks und mache einen feinen Kartoffelstampf, dabei belasse ich es allerdings auch. Frisch angebratene Zwiebeln haben in meiner Seglervergangenheit schon oft Übelkeitsanfälle ausgelöst, sie sind ein starker Trigger. Die Schiffsbewegungen sind kein Vergleich zu der letzten Fahrt. Die Bedingungen sind perfekt. Wir genießen unser Essen und müssen dabei nicht einmal dafür sorgen, dass es auch auf dem Teller bleibt. Eike spült ab, setzt sich danach zu mir ins Cockpit und stellt fest, dass er sich pudelwohl fühlt.

Inzwischen habe ich die Hoffnung, dass es ihn diesmal nicht erwischt. Während er sich für seine Nachtschicht schon einmal ausschläft, kümmere ich mich noch um die Feinjustierung der Windfahnensteuerung und kann unseren Kurs um ein paar Grad verbessern. Die wird viel Arbeit werden und sich noch eine Weile hinziehen.

Wachwechsel um drei Uhr morgens. Eike ist quietschfidel, ich koche ihm einen Kaffee und wir setzen uns noch ein paar Minuten ins Cockpit. Ich checke das AIS und unsere Umgebung, dann schalte ich das komplette Schiff aus, alle Lichtquellen sind dunkel. Der bislang schon gigantische Sternenhimmel wird innerhalb der nächsten Minuten zu einer tollen Lichtquelle für unser Boot. Eike ist hin und weg. Noch nie in seinem Leben hat er einen solchen Sternenhimmel gesehen. Der Mond ist immer noch nicht aufgegangen, es ist eine wahre Pracht. Sissi wird wieder illuminiert und ich gehe schlafen.

Schlafen. Was man so Schlafen nennen kann. Ich gehe ins Bett. Was soll da schon passieren, es wacht ein Rookie im Cockpit. Klong, klong, das Großsegel klappt hin und her. Wuuuusch. Die Genua fällt ein. Klang, klang, klang, klang, die Leinen schlagen. Ich spüre, wie Sissi sich aufrichtet und parkt. Wahrscheinlich habe ich den Kurs zum Wind doch zu ambitioniert eingestellt. Zehn Minuten später läuft Sissi wieder, ich kann wieder ins Bett gehen. Eike klickt eine halbe Stunde auf dem Bordcomputer in die Seekarte und findet eine Warnmeldung „Caution“. Es ist eine allgemeine Warnmeldung zur Karibik. Ich erkläre es ihm und gehe wieder ins Bett. Während ich wegdämmere höre ich Stimmen. Ich kann nicht verstehen, was sie sagen, kann aber Männlein und Weiblein unterscheiden. Ich finde Eike mit seinem Handy im Cockpit, eine Serie schauen. Er versteht mein Problem und nimmt Kopfhörer. Meine Schuld. Ich gehe wieder ins Bett. In den frühen Morgendstunden alarmiert eine der beide
n
verbliebenen Batterien. Eike hört mit dem Kopfhörer den Alarm nicht, den ich dann ausschalte. Das ist okay, ein Neuling muss lernen. Die nächste Nacht wird ruhiger werden.

Meinen Morgendkaffee genieße ich sehr. Eike ist weiterhin munter, keine Spur von Seekrankheit. Gesundheit ist besser als Krankheit. Eine Seereise unter Segeln und angenehmer als unter Motor. Die Wellenhöhe ist teilweise ähnlich, wie auf der Reise nach Bonaire. Das fühlt sich unter Segeln aber viel ruhiger an. Eike erzählt, er habe in der Nacht stundenlang in die Sterne gestarrt. Das kenne ich gut, das mache ich auch immer wieder gerne. Einen solchen Sternenhimmel sieht man nur auf See. Ein paar Minuten sitzen wir noch in der Morgensonne und reden, dann legt sich Eike für ein paar Stunden hin. Wir gleiten durch den Vormittag. Segeln at its best!

1. Etmal: 105 nm
Entfernung nach St. Kitts: 380 nm