Goldene Hochzeit

Heute ist der 50. Hochzeitstag unserer Eltern. Wir Heuchler sind deswegen von Lanzarote nach Frankfurt geflogen. Damit wir nicht wie zwei zerzauste Segler dort ankommen, waren wir schon vor ein paar Tagen beim Friseur.

Jens sitzt auf dem Stuhl

Warum Heuchler? Weil wir einerseits mit dem Segelboot so abgasarm wie möglich um die Welt fahren wollen, keinen Dreck produzieren möchten wie die Kreuzfahrer und die Flugtouristen und andererseits dann von Lanzarote für eine Woche nach Frankfurt und zurück fliegen.

Heutzutage ist der Begriff “Flugscham” bekannt, Greta segelt gerade wieder zurück über den Atlantik unter Wetterbedingungen, bei denen wir Sissi lieber im Hafen anbinden.

Ich habe über Jahre gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens protestiert und mich geweigert, eines dieser Fluggeräte zu betreten und wenn, wollte ich einen anderen Flughafen benutzen. Einen, bei dem die Anwohner nicht so viel unter dem Lärm leiden oder den Lärm gar möchten, weil sie die Arbeitsplätze der Ruhe vorziehen.

Bescheuertes Selfie mit Friseurladen im Hintergrund

Frankfurt Hahn wäre eine Alternative gewesen, der Flughafen ist auch aus Lanzarote direkt zu erreichen. Wir fliegen aber direkt nach Frankfurt am Main, weil es für uns am bequemsten ist. Wenn schon schmutzig, dann richtig schmutzig.

Schlecht fühle ich mich nicht dabei. Ich schreibe diese Zeilen nieder und weiß, dass ich zur Veröffentlichung dieses Beitrags schon ein paar Tage in Frankfurt gewesen sein werde. Darauf freue ich mich.

Heute bin ich sehr darauf gespannt, wie unsere Eltern aus der Wäsche gucken, wenn wir am Dienstagabend vor der Tür stehen und klingeln. Nur ganz wenige Menschen wissen, dass wir uns auf den Weg machen, keiner aus unserer Verwandtschaft gehört dazu. Die Überraschung muss perfekt sein. Rasieren muss ich mich auch noch, dann sieht das optisch schon einmal gut aus.

Jens packt seine warmen Klamotten ein….

Wir haben die Wettervorhersage aus Frankfurt gehört, das Internet hier in der Marina ist sehr gut. Der Radiostream vom Hessischen Rundfunk ist stabil und verrät, dass wir mit Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt rechnen können. Auf jeden Fall einstellig. Das kennen wir seit Monaten nur aus dem Inneren unseres Kühlschranks. Also suchen wir verzweifelt nach unseren warmen Klamotten. Nur – wo sind die eigentlich? Die meisten haben wir in Frankfurt gelassen. Warum sollten wir die mitnehmen auf einen Segeltörn über die Barfußroute.

…auch ich sammle ein, was irgendwie Wärme in der Kälte Deutschlands verspricht.

Dazu kommt, dass wir am Samstag ins Waldstadion wollen, also müssen die Klamotten auch noch einigermaßen in das Ambiente passen. Und warm müssen sie sein.

Soll ich die dicken Wollsocken einpacken? Ich habe mich immer über die Schotten gewundert, die bei mehr als 16°C plötzlich in T-Shirt und kurzen Hosen herumlaufen. Und ich habe mich über die Portugiesen gewundert, die bei 20°C plötzlich die Winterjacke und den Schal auspacken. Wie wird es uns ergehen? Abgehärtet wie die Schotten sind wir nicht (mehr). Werden wir zittern und frieren? Ich befürchte es.

Flughafen Lanzarote

Und so warten wir nun auf den Abflug. In knapp fünf Stunden werden wir wieder dort sein, wo wir vor fünf Monaten losgefahren sind.

Der Flug ist so angenehm, wie Flüge es sein können. Keine Turbulenzen, überpünktlich und das Personal war total freundlich.

Trotzdem macht es keinen Spaß. Es ist warm, stickig und die Luft ist extrem trocken. Es ist laut und eng. Lieber fünf Tage auf See als fünf Stunden in der Luft.

Flug

Die Frankfurter S-Bahn begrüßt und mit der üblichen Verspätung. Es ist schön, wieder daheim zu sein.

Cueva de los Verdes

Wieder einmal haben wir uns das volle Touristenprogramm gegeben. Für 9,50€ pro Person haben wir die Cueva de los Verdes besucht. Es handet sich dabei um einen der größten Lavatunnel der Welt und wie immer brauchst Du nur auf den Link zu klicken, um in der Wikipedia den ganzen Rest nachzulesen.

Eingang zur Cueva de los Verdes

Wir fahren auf den geräumigen Besucherparkplatz und lassen uns von einem freundlichen Marinero einen Liegeplatz für unser Speed-Dinghi zuweisen. Dann packen wir unsere Rucksäcke und ich beginne leise an zu fluchen. Ich will nämlich meine Kamera aus dem Rucksack nehmen und stelle fest, dass sie es sich für den Tag auf dem Navigationstisch von Sissi bequem gemacht hat. Also ohne. Also nur mit dem Handy.

Eingang ohne Touristen. Die Gruppe vor uns ist gerade losgegangen.

Nach der Bezahlung des Eintrittsgelds müssen wir noch ein paar Minuten auf den Beginn der nächsten Führung warten. Die Höhle darf man nämlich nicht alleine besuchen, sondern nur in einer geführten Gruppe. Das alles relativiert sich natürlich wieder, denn die Gruppengröße ist auf 50 Personen begrenzt. Dann kann man schon mal verloren gehen, länger stehen bleiben und ein schönes Foto machen. Aber ich habe die Kamera ja an Bord vergessen.

Unsere Gruppe sammelt sich im Eingangsbereich

Am ersten Treffpunkt erklärt die Höhenführerin, dass es sich um ein sieben Kilometer langes Höhlensystem handelt, dass innen immer angenehme 20°C herrschen und dass man auf den Treppen auf keinen Fall fotografieren darf. Unfallgefahr. Das wiederholt sie noch ein paar Mal. Vergebene Mühe, so mancher hat stolpernd auf den Treppen geknipst. Dann geht es los, wir müssen uns tief bücken. Die Treppe im Eingangsbereich ist vielleicht 1,20 Meter hoch. Spannend.

In Großbritannien hätten die Besucher Helme bekommen, in Frankreich hätte man wohl einfach den Eingang vergrößert.

Mineralien an den Wänden

Wir bekommen einen kleinen Vortrag über die verschiedenen Mineralien an den Wänden. Phosphat, Calciumcarbonat, Rost. Und natürlich Lava, Lava, Lava, ist doch die Höhle vor ein paar tausend Jahren durch einen Vulkanausbruch entstanden. Insgesamt ist die Höhle 7 km lang, unser Rundgang jedoch nur einen Kilometer.

Touristen und Lava

Wie auch sonst an vielen Stellen auf dieser Insel befinden sich viele Touristen und viel Lava in dieser Höhle. Ich bin gar nicht mehr so unglücklich, dass meine gute Kamera auf der Sissi geblieben ist, denn das Handy hat einen genialen Nachtfotomodus. Damit werden die Bilder so hell, als hätte ich sie draußen bei Sonnenlicht fotografiert. Jedenfalls manchmal, wenn die Beleuchtung der Höhle stimmt.

Keine Stalagtiten!

Die spannenden Muster, die teilweise zu bewundern sind, sind keine Stalagtiten. Darauf legt die Höhlenführerin großen Wert. Es tropft hier auch kein Wasser rein, die Insel ist schließlich ziemlich trocken. Die Formen kommen alle von der erkaltenden Lava, die hier einst durch den Tunnel zum Meer geflossen ist.

Jens ist etwas gefllasht – ohne Blitzlicht

Wir wurden gebeten, kein Licht oder Blitzlicht für die Fotos zu benutzen. Natürlich halten sich nicht alle daran. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Fotos mit Blitzlicht besser werden, als diese fast ausschließlich computergenerierten Nachtaufnahmen. Begeistert nehme ich Bild um Bild auf, einfach aus der Hand. Was heutzutage mit der Bildverarbeitung möglich ist, ist ganz schön krass.

Niedrige Deckenhöhe

Auch tiefer in der Höhle gibt es immer wieder Wegstücke, die man nicht aufrecht beschreiten kann. Ich habe mal aus der Hüfte nach hinten geschossen, um die nach mir folgenden Touristen beim beinahe Krabbeln zu fotografieren.

Jens sitzt im Konzertsaal

Am hintersten Ende der Höhle ist ein Konzertsaal, der wohl eine ausgezeichnete Akkustik hat. Wir durften Platz nehmen, doch leider hat sich unsere Höhlenführerin nicht an den Flügel gesetzt und aufgespielt, sondern nur von den Konzerten erzählt. Und von der Forschungsstation, die ebenfalls in der Höhle eingerichtet ist und die seismische Wellen beobachtet.

Höhlenführerin im Konzertsaal

Auf dem Foto sieht es fast schon aus, als würde sie ein Orchester dirigieren. Doch sie hat nur sehr viel mit ihren Händen erzählt (in zwei Sprachen – Spanisch und Englisch). Anschließend geht es für den Rückweg auf die zweite, die obere Ebene.

Zwei Ebenen in der Höhle sind zu erkennen

Wer sich die Überraschung nicht verderben will und in der Zukunft einen Höhlenbesuch plant, der sollte an dieser Stelle mit der Lektüre aufhören und auch keine weiteren Bilder mehr anschauen. Ansonsten ist nämlich die Pointe abgesoffen.

Wirklich. Ich meine das ernst. Es ist wirklich überraschend! Und es ist sehr, sehr schön. Wir werden alle gebeten, uns vor einem tiefen Loch zu versammeln, dort sollen wir ganz leise sein.

Versammelte Gruppe vor dem Loch

Das Loch sieht schon wunderschön aus. Die Höhle zeigt sich irgendwie symmetrisch und das ganze Ambiente ist wirklich stilvoll beleuchtet. Es wird spannend. Die Führerin nimmt einen Stein in die Hand und drückt ihn einem der Touristen in die Hand. Er möge den Stein in das Loch werfen und wir sollen auf das Echo hören.

Zwei wunderschön und stilvoll beleuchtete Ebenen

Der Stein fliegt kurz und es macht “Platsch”. Die zweite Ebene ist in Wirklichkeit eine Spiegelung in einer Pfütze. Das Wasser ist auch nicht auf natürlichem Weg hierher gekommen, sondern es wurde genau zu diesem Zweck dorthin geschafft. Dies sei eines der größten Geheimnisse von Lanzarote, meint die Führerin mit einem augenzwinkernden Schmunzeln. Klasse! So macht man es. Da hat sich jemand etwas bei gedacht.

Das Wasser kräuselt sich noch leicht

Leider ist der Andrang der fotografierenden Touristen plötzlich so brutal, dass ich erst für mein Bildchen an die Reihe komme, als sich das Wasser schon fast wieder beruhigt hat. Doch nun ist sehr schön zu erkennen, dass es sich um eine Spiegelung handelt und nicht um zwei Ebenen des Höhlensystems.

Jens benutzt ein Lava-Stativ

Die war der Höhepunkt der Tour und so gehen wir langsam in Richtung Ausgang. Es wird gefilmt, geknipst und über die Spiegelung diskutiert. In vielen verschiedenen Sprachen. Ich kenne nicht alle diese Sprachen, aber alle Leute klingen begeistert.

Große Halle vor dem Ausgang

Wir verlassen die Höhle, kneifen die Augen ob der großen Helligkeit draußen zusammen und schlendern gemütlich auf den Parkplatz zurück. Ein toller Ausflug!