Negativ ist positiv!

Heute früh werde ich um 8:30 Uhr durch den laute Rufe von Norbert geweckt. Jens ist schon wach und trinkt im Cockpit Kaffee, doch Norbert möchte den Käptn sprechen. Also wühle ich mich aus dem Moskitonetz und klettere ebenfalls ins Cockpit. Norbert hat noch kein Testergebnis für uns, sagt aber, dass er gleich telefonieren wird. Dass ich wegen solch einer Nichtigkeit geweckt werde, macht mich erst einmal unleidlich, doch mit ein paar Tassen Kaffee sieht die Welt schon anders aus.

Eine Stunde später kommt Norbert wieder und bringt uns die guten Nachrichten: Unsere Testergebnisse sind negativ. Das ist sehr positiv. Nach 93 Stunden Wartezeit und etwa 10 Tagen Isolation seit Aruba. Wir machen Flaggenparade und ziehen die Quarantäneflagge runter, den Kubaner rauf. Es fühlt sich gleich viel besser an, nicht mehr in Quarantäne zu sein. Der Spaziergang durch die Umgebung der Marina und die Fahrt nach Santiago müssen noch warten, denn wir brauchen noch das schriftliche Testergebnis. Wenn wir uns dann in Kuba bewegen, müssen wir neben unseren Reisepässen noch die Visa und das negative Testergebnis mit uns führen. Okay, so lange kann ich noch warten. Es geht voran.

Der Zoll, die Lebensmittelkontrolle und der Veterinär sind nicht gekommen. Damit haben wir keine Probleme. Wir brauchen beide keine Horde von Offiziellen, die unser Boot durchwühlen, alles auf Links drehen und Unordnung hinterlassen. Norbert erklärt uns das folgendermaßen: Wären wir aus Jamaika gekommen, hätte sich der Zoll garantiert für uns interessiert. Jamaika ist bekannt für Marihuana und Kuba hat in dieser Beziehung eine Null-Toleranz-Politik. Da wir aber aus Aruba kommen, sind wir für den Zoll nicht interessant.

Kleine Geschenke. Wir dürfen nicht sagen woher. Es gibt soooo viele Regeln hier.

Nun können wir für die kommenden Tage planen. Norbert hat am Bahnhof angerufen und herausgefunden, dass der Zug nach Havanna alle vier Tage fährt. Die nächste Abfahrt ist morgen, das ist Jens und mir aber zu früh. Also wird Norbert für uns eine Reservierung für den 23.12. machen, dann sind wir am Morgen des 24.12. in Havanna. Er kümmert sich auch für uns um eine private Unterkunft, damit wir nicht in ein teures Hotel müssen. Wir freuen uns. Außerdem tauscht Norbert für uns ein paar US$ in konvertible Pesos, dann müssen wir nicht in der Geldwechselstube in der Schlange stehen.

Konvertible Pesos. Sind 1:1 mit dem US$ eintauschbar und nur noch bis zum Jahresende in Gebrauch. Dann kommt eine Währungsreform.

Wenn wir unsere Papiere in der Hand haben, kommt heute Nachmittag erst einmal ein Spaziergang in der Umgebung der Marina an die Reihe. Auch in einem einigermaßen unfreien Land kann man das Gefühl von Freiheit erleben.

Quarantäne Tag 4 – 72 Stunden plus X

Am vierten Tag in Kuba sind wir immer noch in Quarantäne. Uns ist die frische Nahrung ausgegangen, wir haben mit 48 bis 72 Stunden Wartezeit gerechnet, bis die Testergebnisse da sind. Heute früh fängt es ganz ordentlich an. Ich bin noch im Bett als Jorge zu Sissi kommt und mit Jens spricht. Er würde in einer halben Stunde mit dem Anruf rechnen, der das Testergebnis übermittelt. Aus der halben Stunde wird zunächst eine ganze Stunde, dann werden es zwei Stunden und dann drei. Die Uhr läuft weiter, das Testergebnis lässt auf sich warten.

Emilia läuft ein

Wir schneiden ein Video zu unserem Quarantänesong, Bildmaterial haben wir genug. Auch sonst ist die einzige Abwechslung, entweder die vorbeifahrenden Frachtschiffe abzulichten, Aufnahmen von den Fähren zu machen (ist langweilig, wir haben jetzt wohl alle Bilder, die man von der Marina aus machen kann) oder die Pelikane bei der Jagd zu beobachten. Hier ist die Herausforderung, den Pelikan beim Eintauchen zu erwischen. Das ist mir auf Kuba noch nicht gelungen, die einzige derartige Aufnahme bisher ist mir auf Bonaire gelungen.

Der Pelikan fliegt

Jorge hat uns gefragt, ob wir auf Sissi irgendwas haben, mit dem er seine Enkel beglücken kann. Norbert hat gefragt, ob wir von den guten FFP2-Masken ein paar für seine Frau uns seine Tochter abgeben können. Können wir, ich gebe ihm eine Packung mit fünf Stück. Der dritte Hafenmeister hat bislang noch nicht gebettelt.

Lotsenbootrennen

Jens backt wieder ein Brot. Das erste Brot war schnell gegessen, wir haben Norbert auch ein Stück abgegeben. Bei den hiesigen Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit lässt es sich nur wenige Tage aufheben. Gutes Brot ist rar in Kuba, die Leute bekommen es wohl gegen Lebensmittelmarken und können es nicht einfach so im Laden kaufen. So habe ich Jorge jedenfalls verstanden.

Ocean Legacy läuft aus

Ein weiterer Marinaangestellter hat gefragt, ob wir vielleicht ein altes Handy an Bord haben, das wir nicht mehr brauchen. Klar haben wir so ein altes Tastenhandy für Notfälle noch an Bord, das habe ich ihm bisher aber nicht verraten. Man muss nicht gleich das ganze Pulver an den ersten Tagen verschießen. Ich werde ihm das Nokia gerne geben, aber nicht sofort. Jens hat ein altes Schweizer Taschenmesser für die Enkel ausgegraben.

Diego läuft ein

Wir spielen drei Partien Schach, von denen ich alle drei verliere. Ich mache dumme Fehler. Das liegt sicherlich nicht an der Brillianz von Jens‘ Spiel, sondern auch daran, dass ich langsam die Nase voll von der Langeweile habe. Wenn das Internet nicht so teuer wäre, könnten wir Netflix schauen. Schnell genug ist es. Um ehrlich zu sein: Wir haben hier die schnellste Internetverbindung, die wir in der Karibik je hatten.

Jens hält Ausguck nach einem Schiff

Youtube sperrt unser Quarantänevideo natürlich, schließlich ist es eine offenkundige Copyright-Verletzung. Also lade ich den Song auf den eigenen Webspace hoch, dort hat Google keine Möglichkeiten…. Viel Spaß!

Wenn wir morgen kein Testergebnis bekommen, werde ich langsam aber sicher unleidlich. Ich bin nicht nach Kuba gefahren, um ewig in der Marina herumzusitzen. Das Ambiente ist zwar schön, es hat sich inzwischen jedoch ein wenig abgenutzt. Wenn man die Zeit der Überfahrt hinzu rechnet, sind wir seit neun Tagen in Quarantäne.

Marinito kommt in die Marina