Es ist unser dritter Tag in Kuba. Es ist der dritte Tag, an dem unsere Quarantäneflagge am Mast flattert. Wir warten den dritten Tag auf unser Testergebnis und hoffen darauf, dass die Warterei bald ein Ende hat. Durch meinen Kopf geht die Musik von Otis Redding, „Sitting on the dock of the bay“. Wir schauen dabei zu, wie Sissi von der Tide angehoben wird und wieder nach unten fährt. An unserem Betonsteg ist gut zu sehen, ob wir gerade Hochwasser oder Niedrigwasser haben. Wir fotografieren Möwen und Fähren und andere Boote. Es ist alles in etwa so spannend, wie dem Gras im Garten beim Wachsen zuzusehen.
In unserer Musiksammlung haben wir vier verschiedene Versionen des Songs. Wir hören sie alle. Natürlich gefällt mir das Original am besten, doch auch die Version von Elvis ist super. Außerdem gibt es eine Version von Sammy Hager, die ziemlich gut groovt. Nur die Version von Peter Maffay kann man eigentlich gleich von der Platte löschen, da ist kein Leben drin.
Der Hafenmeister des Tages ist ebenfalls ein sehr freundlicher Mensch. Er hat versprochen, uns sofort Bescheid zu sagen, wenn das Testergebnis eintrifft. Während Jorge und Norbert ein sehr gutes Englisch sprechen, fällt es dem heutigen Hafenmeister etwas schwer. Wir können ihn trotzdem gut verstehen. Nur seinen Namen habe ich leider nicht verstanden. Langsam gehen uns die frischen Lebensmittel aus. Entweder müssen wir auf Konserven zurückgreifen oder wir dürfen endlich raus und können Einkaufen gehen.
Die hiesige Marina ist besser mit Sanitäreinrichtungen ausgestattet als die in Aruba. Das ist nicht schwer, denn in Aruba gab es keine Toiletten und keine Duschen. Hier gibt es beides. Über die Sauberkeit kann man streiten, es ist sauberer als in so mancher Marina in Frankreich oder Kroatien. Bei so viel Personal im Marinabüro könnte man trotzdem ein wenig öfter putzen. Die Wasserhähne an den Waschbecken haben ganz schön Patina angesetzt. Der Wasserdruck bei den Duschen ist – ich hatte es schon erwähnt – verbesserungsfähig. Auf dem Foto ist der Wasserhahn voll aufgedreht. Es funktioniert aber, das Wasser ist angenehm kühl und der Weg zum Sanitärgebäude gibt uns die Möglichkeit, in der Quarantäne das Boot auch einmal zu verlassen.
An dieser Stelle möchte ich mal erklären, wie das hier mit dem Internet funktioniert. Das nahegelegene Hotel hat ein offenes WLAN. Dort buchen wir unseren Antennenverstärker mit Router ein. Anschließend nehmen wir eines der Internet-Rubbellose, die wir beim Hafenmeister für zwei US$ pro Stück erworben haben und können uns einloggen. Nach dem Login besteht die Internetverbindung für eine Stunde.
Also schreibe ich diesen Text vor, bevor wir online gehen. Ich bereite auch alle Bilder für den Upload vor. Wenn wir dann online sind, muss es alles ganz schnell gehen. Wir feuern dann aus allen Rohren. Auch Jens bereitet vor, was er in unserer Internetstunde senden will. Da wir offenbar die einzigen Nutzer dieses WLAN sind, haben wir eine ziemlich gute Bandbreite, ich war gestern ziemlich überrascht. Da wir unseren Router in das WLAN einbuchen, können wir mit allen unseren Geräten ins Internet. Wenn alle Uploads durchgeführt sind und noch Zeit ist, können wir so ineffiziente Dinge tun wie WhatsApp, Skype und so weiter. Die Bandbreite reicht zum Telefonieren aus.
Jens musste heute lachen. Ich meinte zu ihm, dass das Fotografieren der Fähren genau so ist, als würden wir zu Hause Straßenbahnen oder Busse fotografieren. Irgendwann mache ich ihn noch zu einem Nahverkehrsfreund und Fotografen. Viele andere Optionen gibt es nicht.
Zur Auswahl stehen noch die Don Pedro, die immer wieder herumfährt und eine Unzahl von Möwen und Pelikanen.
Die Bediensteten der Marina haben zwar Smartphones, die werden jedoch nicht zum Telefonieren genutzt. Mit den Smartphones werden Bilder aufgenommen. Ich habe auch schon einen der Angestellten dabei beobachtet, wie er aus seinem Telefon eine Telefonnummer herausgesucht hat. Dann ist er allerdings zum nächsten Münzfernsprecher gegangen und hat sie angerufen.
Irgendwie fühlt sich das an wie in den frühen 1990er Jahren. Viele Menschen hatten zwar mobile Telefone, sie wurden jedoch aufgrund der Kosten meist nicht genutzt. Es gab zwar Zugang zum Internet, durch die zeitabhängigen Tarife war die Nutzung jedoch teuer.
Ich entdecke meine Kamera wieder. Also nicht die im Handy eingebaute, sondern die richtige Fotokamera mit dem ordentlichen Objektiv. Die lag seit Mitte Juli nur auf dem Boot herum, denn in Aruba hatte ich irgendwie schon alles fotografiert. Also mache ich noch einmal die Aufnahme von der Fähre, von den Möwen und überhaupt. In Kuba wird es wieder viel Neues zu entdecken und zu fotografieren geben, dafür müssen sie uns allerdings aus der Quarantäne entlassen. Immer wieder fallen unsere Blicke auf das Hafenmeisterbüro. Doch der Hafenmeister lässt sich nicht blicken. Also lassen wir noch einmal unseren Quarantänesong laut über die Bordstereoanlage laufen… Ich will hier raus!!!