Am Montag fahre ich gemeinsam mit der Samai zum Autovermieter. Wir sind fast pünktlich um 8:30 Uhr zum vereinbarten Zeitpunkt vor dem leeren Büro. Niemand ist zu sehen, auch unser reservierter Jeep ist nicht da. Ich rufe die angegebene Telefonnummer an und erhalte die Nachricht, dass der Jeep in wenigen Augenblicken bereit sein wird. Okay, wir sind in Aruba und es ist sehr früh. Doch wir wollen nach Conchi. Je früher wir am natürlichen Pool sind, desto weniger werden wir von der Sonne gebraten.
Michael übernimmt den Jeep, der Vermieter dokumentiert die Vorschäden akribisch. Wir wollen losfahren, doch es fehlt ein Gurtschloss. Michael hat einen Wagen für fünf Personen bestellt. Es sind auch fünf Sicherheitsgurte im Auto, sie passen jedoch nur in vier Gurtschlösser. Ärgerlich. Nach nur einer guten halben Stunde Wartezeit bekommen wir einen neuen Wagen. Der hat fünf funktionierende Sicherheitsgurte und die Fahrt kann losgehen.
Auf dem Weg zum Nationalpark fällt uns auf, dass am Armaturenbrett die Warnleuchte für den Motor leuchtet. Wahrscheinlich hat jemand vergessen, nach der Inspektion auch die Bordelektronik zurückzusetzen. Wir sind in Aruba. Dass der Wagen fast schlimmer schaukelt, als ein Schiff im Seegang, ignorieren wir geflissentlich. Es ist keine Option, den Wagen wieder zurück zu bringen. Dann wären wir noch später am natürlichen Pool. Im Gelände wird der Wagen mehr schaukeln. Angekommen in Conchi müssen wir leider erfahren, dass der Pool heute geschlossen ist. Wir können nicht ins Wasser. Die Gischt spritzt über die Felsen, wie bei meinem ersten Besuch mit Edward. Schade. Nach einem angemessenen Aufenthalt geht es zurück und wir wollen die Höhlen besuchen.
Unser Jeep macht uns mehr und mehr Probleme. Die Nadel des Kühlwasserthermometers ist auf „eiskalt“. Das kann nicht sein, schließlich sind wir gerade über die Offroad-Piste von Conchi aus zur Durchfahrtsstraße gefahren. Der Motor geht einmal aus und lässt sich nur mühsam wieder zur Zusammenarbeit bewegen. Die Geräuschkulisse ist gigantisch. Wenn wir die Fenster öffnen, riecht es nach verbranntem Gummi. Auch die Abgasfahne stinkt merkwürdig und sieht ungesund aus. Da es hier mitten im Nationalpark kein Telefonnetz gibt, dränge ich darauf, so schnell wie möglich zur ersten Höhle zu fahren. Dort ist ein Park Ranger mit einem Funkgerät.
Der freundliche Ranger ruft über sein Funkgerät das Besucherzentrum. Von dort aus wird der Autovermieter angerufen. Das alles verläuft erstaunlich unkompliziert. Wir hatten im Tierheim einmal Besucher, deren Jeep vor dem Tierheim zusammengebrochen ist. Die mussten drei Stunden bleiben, bis der Vermieter für Ersatz gesorgt hat. Ich bin einigermaßen skeptisch, als der Ranger uns mitteilt, dass der Ersatzwagen voraussichtlich in weniger als einer Stunde vor Ort sein wird.
Bevor wir die Höhle besuchen, führt uns der Ranger erst einmal zu einem Strauch. Darunter befindet sich eine der ausgesprochen seltenen Aruba-Klapperschlangen. Sie ist auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Selbst nach so langer Zeit in Aruba kann ich noch etwas Neues entdecken. Es ist die erste Klapperschlange, die ich in Aruba sehen kann.
Die nächsten Touristengruppen kommen, wir verlassen den ruhigen Ort. Zurück am Parkplatz sind wir zunächst erstaunt, es steht ein zweiter Jeep unserer Autovermietung neben unserem. Es handelt sich aber nicht um unseren Ersatzwagen. Erstaunt erfahren wir von unserem Ranger, dass der Ersatzwagen schon an der Einfahrt beim Besucherzentrum ist. In der vergangenen halben Stunde hat sich die Klapperschlange bewegt. Sie hat sich aus der prallen Sonne in den Schatten des Baums geschlängelt.
„Unser“ Ranger führt uns dann noch durch die Höhle. Obwohl ich nun schon mehr als ein halbes Dutzend Mal in dieser Höhle war, konnte ich wieder einmal etwas Neues sehen. Noch nie hat mich ein Führer auf die Wandmalereien von vor vielen hundert Jahren aufmerksam gemacht. Diesmal schon.
Wir verlassen die Höhle und Jeep Nummer 3 steht auf dem Parkplatz. Bis jetzt ist unser Jeepverbrauch etwa bei einem Jeep pro Stunde. Dieses Exemplar ist schmutzig, der Tank ist nicht voll und er hat nur vier Sicherheitsgurte. Dafür läuft der Motor und die Zahl der leuchtenden Warnleuchten ist signifikant geringer. Lediglich der Reifendrucksensor an einem der vier Räder alarmiert. Unser Jeeplieferant erklärt, dass der Reifendrucksensor kaputt ist. Damit können wir leben.
Wir besuchen die zweite Höhle Quadirikiri Cave. Der Wagen fährt gut. Hoffentlich hält er länger durch als sein Vorgänger. Die beiden Höhlen haben einen komplett unterschiedlichen Charakter, auch wenn sie beide vor langer Zeit durch den Atlantik aus dem Fels gewaschen wurden. Hier gibt es keine alten Felszeichnungen zu sehen, statt dessen ein wunderschönes Spiel von Licht und Schatten. Die Höhle ist dicht unter der Erdoberfläche.
Auf dem Rückweg zum Besucherzentrum stoppen wir noch einmal an der Boca Prins. Ein schöner Strand, doch heute lädt der Wellengang nicht zum Baden ein. Der weiße Sand der berühmten Dünen leuchtet in der Sonne. Alles ist sauber und rein.
Immer wieder tosen die Wellen in die enge Bucht. Wenn ich jetzt noch einmal die Bilder von vor eineinhalb Jahren mit denen von heute vergleiche, denke ich mir, dass der Ranger am Pool vielleicht nicht ganz unrecht hatte. Ich wäre trotzdem gerne Baden gegangen.
Wir verlassen den Nationalpark, der Jeep hält durch. Ich schlage vor, den Strand von Daimari zu besuchen. Nur wenige Touristen finden den Weg dorthin, denn man kann mit dem Auto nicht direkt an den Strand fahren. Wenn man es bis zum Parkplatz schafft, muss man noch eine Viertelstunde laufen. Wer kein Allradfahrzeug hat, läuft je nach Mut mindestens eine halbe Stunde. Den Weg dorthin habe ich noch gut in Erinnerung. Bei meinem ersten Besuch in Conchi ist Edwards Wagen dort steckengeblieben.
Im Prinzip liegen zwischen der Boca Prins (im Nationalpark) und dem Strand von Daimari nur wenige Kilometer. Sie liegen beide an der Ostküste von Aruba und sind den ständigen Wellen des Atlantik ausgesetzt. Daimari gerade so außerhalb des Nationalparks. Deswegen kümmern sich keine Park Ranger um den Strand. Die Boca Prins würde genauso aussehen, wenn im Park wäre der Müll täglich eingesammelt würde.
Jeep Nummer 3 hält schon mehr als eine Stunde durch. Vielleicht sind aller guten Dinge ja wirklich drei. Nichts hält uns auf unserem Weg in Richtung der Goldmine auf. Nur eine Ziege am Straßenrand, die gerade zwei kleine Zicklein säugt, lässt uns auf dieser Fahrt innehalten.
An der Goldmine beginnt dann eine weitere Fahrstunde für Samuel. Er hat in den vergangenen Tagen schon öfter mit dem Wagen von Edward üben dürfen. Zuerst fremdelt er ein wenig mit dem Automatikgetriebe, der andere Wagen hat Handschaltung. Dann fährt er uns gar nicht einmal so unsicher bis zu einer anderen, wunderschönen Bucht. Sie besticht durch ihre Brandung. Die Natur spielt für uns einen wunderschönen Film ab.
Wir halten inne, schauen wieder und wieder den Wellen zu, die sich an der Steilküste brechen. Die See ist rau. Am kommenden Wochenende soll es ruhiger sein, dann will die Samai Aruba verlassen. Samuel möchte weiterfahren. Kein Problem, auf diesem Weg gibt es kaum Verkehr. Am Abend bin ich auf der Samai zum Grillen eingeladen. Der Jeep hält durch. Als wir im Hafen ankommen frage ich Samuel, ob er noch eine Runde mit meinem Wagen drehen will. Was mag er wohl geantwortet haben…?