Wir spielen ein paar Runden Schach, bis Eike der Meinung ist, dass es reicht. Irgendwie müssen wir die heißen Stunden des Tages verbringen. Unser Wachrhythmus ist genau so wie mit Jens und mir. Nach dem Abendessen geht Eike gegen 20 Uhr ins Bett und versucht, in der Zeit bis drei Uhr morgens so viel Schlaf wie möglich zu bekommen. Dann ist Wachablösung und ich kann bis um zehn Uhr morgens schlafen. Anschließend schläft Eike meist zwei bis drei Stunden. Dann kommt unsere gemeinsame Zeit, die wir uns mit Spielen, Gesprächen und Filmen so angenehm wie möglich zu machen. Mein Brot landet im Ofen.
Im Cockpit fallen mir heute zwei Dinge auf. Einerseits, dass ich seglerisch manchmal wirklich ein Vollidiot bin. Während ich nach oben sehe und das Großsegel betrachte, muss ich mir mit der Hand auf die Stirn klatschen. Jetzt ist mir klar, warum das Segel nicht vernünftig im Wind steht. Ich habe vergesssen, beim Anschlagen des Segels die Segellatten in ihre Taschen zu stecken. Doof, aber für diese Überfahrt nicht mehr zu ändern. Andererseits fällt mir auf, dass wir Gefahr laufen, unseren Windgenerator zu verlieren. Der sorgt inzwischen für 65% der elektrischen Energie, er sorgt auch dafür, dass wir den Motor nicht mehr als Stromerzeuger laufen lassen müssen. Eine der beiden Schrauben fehlt, die andere ist schon fast herausgefallen. Der in Aruba gekaufte Schraubenkleber taugt wohl nichts. Ich grabe nach Ersatzschrauben, einem Schraubenschlüssel und der Tube mit dem Schraubenkleber aus Spanien. Der hat immer gehalten. Dann klettere ich auf den Geräteträger und mach
e den
Generator wieder richtig fest. Eike filmt mich dabei begeistert.
Das Brot ist fertig und auf Esstemperatur abgekühlt. Ich schneide die ersten Scheiben ab, das Brotmesser frisst sich knackend durch die Kruste. Es hört sich gut an, es fühlt sich gut an. Mir fällt auf, dass die Krume von Eikes Brot viel feiner und gleichmäßiger ist. Das noch warme Brot wird mit Butter bestrichen und mit ein wenig Salz bestreut. Die beste Art, ein frisches Zwiebelbrot zu genießen. Ich reiche Eike das Brot. Er beißt hinein, kaut und sagt erst einmal nichts. Noch nie war ich so gespannt, wie mein Brot beurteilt werden würde. Eike erklärt mir, dass seine Krume so viel feiner ist, weil er seinen Teig knetet und streichelt, ich meinen Teig hingegen schlage. Der Bordbackofen reißt es aber wieder raus. Er hat viel weniger hohe Temperatur, als der professionelle Ofen in der Backstube. Deswegen trocknet er Eikes Brot aus. Mein Teig enthält viel mehr Wasser, so dass die Trocknung des Brotes im Ofen ein ziemlich gutes Ergebnis bringt. Ich bin saumäßig stolz
, als
Eike mir erklärt, dass mein Brot besser schmecken würde. Wow!
Um ein Uhr morgens schaue ich auf den Bordcomputer und messe die Luftlinie nach Bonaire und nach St. Kitts. In beide Richtungen sind es genau 238 Seemeilen. Ich bereite eine kleine Playlist für die Wachablösung vor, um mit Eike das Bergfest zu feiern. Nach dem Wecken lasse ich ihm noch ein paar Minuten Zeit, dann starte ich die Wiedergabe – durchaus mit angemessener Lautstärke (nicht Leisestärke). Das kommt nicht gut an. Eike ist noch zu müde, um sich an Partymusik zu erfreuen. Nach einer angemessenen Wartezeit stoßen wir trotzdem mit einem Bier an, anschließend falle ich müde in meine Koje.
Am Morgen stelle ich fest, dass wir immer noch ein Plus bei der Strombilanz haben, obwohl diese Nacht zum ersten Mal alle Geräte und insbesondere beide Kühlschränke komplett durchgelaufen sind. Wir sind in jeder Hinsicht über den Berg. Der Wind ist gut, wir fahren zwar langsam aber auf einem guten Kurs. Noch ein paar Spiele auf dem Schachbrett und dann werden wir hoffentlich bald die über 1000 Meter hohen Gipfel von St. Kitts sehen.
4. Etmal: 84 nm
Entfernung nach St. Kitts: 198 nm
Schöne Grüße aus Frankfurt an die Crew.
Grüße zurück nach Frankfurt aus Guadeloupe