Ein Spaziergang im Park

Was mir an der Insel Guernsey sofort aufgefallen ist – sie ist voll mit Autos, die die engen Straßen befahren. Es kommt mir vor, als würde jeder Bewohner der Insel zu jeder Zeit irgendwo hinfahren wollen. Richtig offene, freie Natur gibt es nicht oder nur an ganz wenigen Plätzen.

Also sind Jens und ich in einen Park gefahren, der auf der Google-Karte riesig aussah, in Wirklichkeit aber in 15 Minuten zu durchwandern war.

Saumarez Park – mit Weitwinkelobjektiv sieht er groß aus.

Die Attraktion in diesem Park war für mich ein kleiner Weiher, an dem sich eine Menge Enten tummelten.

Enten am Weiher

Selten habe ich in meinem Leben so tiefen entspannte Enten gesehen. Diese Exemplare waren durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Es könnte daran liegen, dass nur wenige Hunde durch den Park geführt werden. Die Menschen sind den Enten jedenfalls weitestgehend egal – das hat mich animiert, ein paar Videosequenzen zu drehen. Einfach nur so. Enten.

Enten im Saumarez Park

Familientreffen

Es war lange geplant und lange war es unsicher, ob es zu diesem Treffen kommen würde. Unsere Schwester Christine ist mit ihrem Sohn Benedikt im Urlaub auf Guernsey. Da es lange nicht klar war, ob der Watermaker rechtzeitig in Wales eintrifft, war es für uns auch lange nicht sicher, dass wir die beiden noch auf Guernsey treffen können. Wir konnten.

Christine, Benedikt und die Bordkatze Sissi

Zuerst gab es ein Foto für das Familienalbum, dann machten wir einen kleinen Spaziergang um den Hafen und ließen uns erklären, wie das mit den Bussen hier auf der Insel läuft, wo es die besten Waffeln gibt und was wir uns alles ansehen sollten. Es kommt darauf an, wie lange wir hier festsitzen, dann können wir das alles vielleicht sogar sehen.

Jens, Christine, Benedikt und ich vor Castle Cornet

Sie hat für uns eine Menge Staubsaugerbeutel und einen Fleischwolf aus Frankfurt hierher geschleppt, dafür ein dickes Dankeschön. Wir haben am nächsten Tag erst einmal Fleisch beim Metzger gekauft, durch den eigenen Wolf gedreht und das in eine leckere Lasagne verwandelt. Nun müssen wir noch staubsaugen, der Salon ist wieder mal fällig.

Ein paar gemeinsame Tage haben wir noch. Wir werden sie nutzen, denn dann können wir die beiden für die nächsten Jahre nicht mehr sehen.

Auf hoher See

Der Wind pfeift, sanft zischt das Schiff angenehm schaukelnd durch die Wellen, es ist ruhig. Die weißen Segel sind prall gefüllt. Die Sonne scheint vom blauen Himmel. Am Horizont ziehen die Möwen durch die Luft. Gelegentlich sieht man die Rückenflossen einer Delphinschule. In der Hand einen gekühlten Cocktail.

So oder so ähnlich mag sich der eine oder andere Anfänger das vorstellen, insbesondere wenn er noch nie auf einem Segelboot war. So sieht man es auch in den Prospekten der Hersteller von Segelbooten. Das ist jedoch Bullshit.

Der Wind passt eigentlich fast nie. Entweder gibt es zu viel Wind oder zu wenig. Bei zu wenig Wind torkelt das Schiff durch die Wellen, weil die Spannung fehlt, für die sonst die Segel sorgen. Weht zu viel Wind, sticht das Schiff oft in die Wellen hinein, es gibt heftige Schläge.

Manchmal scheint die Sonne. Dann brennt sie vom Himmel, wird vom Wasser gespiegelt und man muss die Augen zukneifen, um geblendet zu werden. Die Sonnenbrillen helfen nur bedingt. Manchmal regnet es. Dann sitzt man in Regenklamotten da und sucht zwischen den Böen den Frachter, den man eben noch auf dem AIS gesehen hat. Ein wolkenverhangener, bedeckter Himmel ist mir persönlich am liebsten.

Ruhig ist es auf keinen Fall. Im Frischwassertank schwappt das Wasser. Die hölzerne Innenverkleidung knarzt mit der Außenschale des Schiffs um die Wette. Ab und an schlagen Wellen gegen den Rumpf, das tut dumpfe Schläge. Wenn das Schiff zu hart in die Wellen einsetzt, kracht es wie ein starker Hammerschlag. Oft schlägt die Schiffsglocke laut an. Im Hintergrund hört man kontinuierlich das Wimmern des elektrischen Autopiloten. Bei Rollbewegungen klirren alle Gläser im Regal. Läuft der Motor, kommt auch noch das beständige Dröhnen des Diesels hinzu. Stunde für Stunde. Tag und Nacht.

Die Entspannung wird oft zu Langeweile. Bei einer kleinen Crew von zwei Personen ist man permanent müde, weil es nicht genug Schlaf gibt. Man muss aufmerksam sein, läuft aber immer wieder Gefahr, in den Schlaf zu fallen. Das ist schlecht, dann fährt man vielleicht andere Boote über den Haufen oder wird selbst zu Klump gefahren. Immer wieder muss man rundum schauen, ob sich nicht ein anderes Schiff verbirgt. Das ist fast nie der Fall, deswegen will der Körper wieder dösen, schlafen, ausruhen.

Alte Dünung, also bewegte See, ist oft noch tagelang im Wasser zu spüren. Dazu wird die See durch den aktuellen Wind bewegt. Die sanfte Schaukelbewegung wird zu einer harten Schüttelei. Jede Bewegung, die man im Schiff macht, führt zu blauen Flecken. Irgendwo ist immer eine Kante, an der man sich stoßen kann.

Jens ist benachteiligt. Wenn wir wenigstens drei oder vier Tage im Hafen waren, ist jeder Tag auf See wie der erste. Es fühlt sich für ihn an, als wäre es ein neuer Segeltörn. Deswegen lohnt es sich auch gar nicht, am ersten Seetag den großen Küchenzauber zu veranstalten. Mit dem Zeug werden doch die Fische gefüttert. Also gibt es am ersten Seetag Konserven, die dann nicht lange drin bleiben. Danach ist das vorbei, dann erträgt Jens die unangenehmsten Roll- und Stampfbewegungen und kann dabei Zwiebeln und Fleisch anbraten. Der erste Tag aber ist immer zum K*****.

Das Ziel kommt nicht näher. Bei einer Geschwindigkeit von fünf Knoten braucht man für eine Strecke von 250 Meilen etwa 50 Stunden. Dann sieht man auf dem Kartenplotter, wie jede Zehntelmeile heruntergezählt wird. Das kann an den Nerven sägen, besonders wenn man nicht auf die fünf Knoten kommt, wenn man bei Gegenwind aufkreuzen muss und sich effektiv nur mit zwei Knoten auf das Ziel zubewegt. Wenn die Tideströmung von den fünf gesegelten Knoten wieder zwei wegnimmt. Oder wenn alles das zusammen kommt, wenn man auf der Stelle segelt. Irgendwann kommt man trotzdem an.

Warum tun wir uns das an?

Weil es toll ist. Die Weite der See zu sehen, die Leere zu spüren. Die Belohnung ist dann zum Beispiel der tolle Anblick, wenn sich das Licht der Nachmittagssonne im Wasser spiegelt und rundherum nur der Horizont ist. Wenn ein Dutzend Delphine mit dem Schiff spielen. Dann leben wir den Augenblick. Dann stellt sich eine grenzenlose Entspannung und innere Ruhe ein.