Atemnot in der Nacht

Nein, das hier ist kein Beitrag über Covid-19 oder Helene F. Der eifrige Leser dieses Blogs wird das eine oder andere Bild schon gesehen haben, das die rauchenden Schlote der der Marina nahegelegenen Raffinerie zeigt. Sie bestimmen das Bild der Landschaft, das man von unserer Seite der Bucht oder von Santiago aus sehen kann.

Raffinerie

Ich wache mitten in der Nacht auf und meine Lunge fühlt sich an, als hätte ich gerade die dickste Havanna-Zigarre tief inhaliert. In der Koje stinkt es furchtbar nach Abgasen. Selbst die schmutzigen Klamotten von Jens kann ich nicht mehr riechen. Am nächsten Morgen sagt Jens, dass es sich bei ihm auch wie ein Film auf die Lunge gelegt hat.

Schlote von Cayo Granma aus gesehen

Damit komme ich zu großen Problemen des realen Sozialismus. Den Geruch kenne ich, ich hatte ihn lange nicht mehr in der Nase bzw. auf der Lunge. Anfang der 1990er Jahre war ich mal in der Gegend von Bitterfeld, da roch es genauso oder so ähnlich. Abgase werden ungefiltert in die Luft geblasen. Liegt es daran, dass Filtertechnologie nicht verfügbar ist oder weil sie nicht auf dem Plan steht? Ich habe keine Ahnung, es ist mir eigentlich auch egal. In ein paar Wochen bin ich hier weg. Die Menschen tun mir leid, die in dieser Abgasfahne leben müssen.

Kunst in der Innenstadt von Santiago

Das obenstehende Foto ist ein abfotografiertes Kunstwerk, das an einem zentralen Platz in Santiago de Cuba zu sehen ist. In der DDR hieß es damals „Chemie bringt Brot, Wohlstand und Schönheit“.

Wir sind froh, wenn wie heute der Wind aus einer Richtung kommt, die die Abgase von unserem Boot wegbläst. Auf dem frisch gestrichenen Deck bilden sich von Tag zu Tag mehr gelbe Flecken. Die werden wir auf der nächsten Insel entfernen oder hier am Vortag unserer Abreise.

Abendfähre in Santiago

Zu schade, dass der Umweltschutz keinen Platz im hiesigen Plan hat. Zu schade, denn die Landschaft in Kuba ist unglaublich schön.

Schöne Weihnachten

Wir wünschen allen zu Hause ein schönes Weihnachtsfest.

Castillo del Morro

Einfahrt in die Bucht von Santiago de Cuba

Während der nächtlichen Fahrt nach Kuba sind wir die ganze Zeit auf den Leuchtturm El Morro zugesegelt. Direkt daneben befindet sich das Castillo de San Pedro de la Roca, auch Castillo del Morro genannt. Bei unserer Einfahrt in die Bucht haben wir in der Morgensonne einen schönen Blick darauf.

Während unserer kleinen Tour mit dem Auto konnten wir das Kastell leicht besuchen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Zunächst kommen wir auf der Landseite am Leuchtturm vorbei.

El Morro

Die kubanische Armee hat hier noch eine Kaserne, wir sehen viele Soldaten. In Kuba ist es für die Männer verpflichtend, zwei Jahre in der Armee zu dienen. Die Frauen können es freiwillig machen.

Kastell von der Landseite

Auf der Landseite ist der Weg zum Kastell eher unspektakulär. Wir können es leicht erreichen. Sogar für Jens mit seinem Problem am Fuß ist es einfach.

Festungsmauern und Graben

Nach der Überquerung des Burggrabens müssen wir erst einmal 4 CUC Eintritt bezahlen. Unsere einheimischen Führer zahlen 4 CUP. Ein CUC entspricht etwa 25 CUP, wir zahlen als Touristen somit den 25-fachen Eintrittspreis. Für mich ist das in Ordnung.

Unterwegs im Kastell

Raum für Raum, Etage für Etage arbeiten wir uns durch die Anlage. Immer schön langsam, Jens ist mit einer vom Hafenmeister Jorge ausgeliehenen Krücke unterwegs.

Lager für Kanonenkugeln

Hier sehen wir das Lager für die Kanonenkugeln und die Rampe, über die sie zu den Kanonen befördert wurden. Die Dinger sind ganz schön schwer. Damals mussten die Menschen hart arbeiten.l

Kanone

Von oben ergeben sich immer wieder tolle Ausblicke auf das Meer und den Eingang der Bucht. Angreifer von See konnte man hier prima unter Feuer halten. Heute feuern wir aus allen Objektiven.

Schießscharten

Von ganz oben ist die Sicht dann phänomenal. Wir können einen Blick auf Sissi aus einer völlig neuen Perspektive werfen. Beim Spazieren über die Burg hören wir plötzlich deutsche Wortfetzen. Zwei Urlauberinnen sind hier unterwegs und genießen eine spanische Führung, von der sie kein Wort verstehen. Sie sind aber froh, der Situation in Deutschland für einige Wochen entronnen zu sein.

Blick auf Sissi, der Pfeil markiert sie.

Wenn du auf das Bild klickst, bekommst Du eine Vergrößerung ohne den grünen Pfeil. Auch die Sicht auf Cayo Granma, einer Fischerinsel auf der anderen Seite der Bucht, ist wunderschön. Unsere Führer sagen uns, dass es auf Cayo Granma ein paar gute private Restaurants gibt. Das bedeutet, dass wir schon wieder ein neues Ausflugsziel haben.

Cayo Granma

Der Klang einer Glocke ertönt, Jens konnte es nicht lassen. Eine Runde möchte er jedoch nicht spendieren, sie würde sowieso ausfallen, denn im Kastell gibt es keine Bar. Ein empfehlenswertes Ausflugsziel, UNESCO Weltkulturerbe und kubanisches Nationaldenkmal. Toll.

Alarmglocke

Cerveza

Ich muss jetzt über Bier schreiben. Auf allen karibischen Inseln habe ich immer versucht, das örtliche lokale Bier zu probieren. Auf Barbados und St. Lucia handelte es sich eher um eine wässrige, gelbe Flüssigkeit mit Biergeschmack. Das Bier in Martinique kam aus dem Elsass bzw. war nach elsässer Art gebraut und damit eigentlich ganz lecker. In Bonaire gab es zwar eine lokale Brauerei, die hat aber während unseres Aufenthalts kein Bier gebraut oder ausgeschenkt. Dafür wurde das Amstel Bright angepriesen, ein Bier aus Holland, das für die Karibik gebraut wird und denselben wässrigen Geschmack hat. Das Amstel gab es auch auf Aruba, dort hatte man mit Balashi und Chill jedoch ordentliche Alternativen. Die Rezepturen sind immerhin von einem deutschen Braumeister.

Cervezeria Puerto del Rey

Insofern waren meine Erwartungen nicht besonders groß, als ich direkt gegenüber dem Fähranleger an der Hafenpromenade die Cervezeria Puerto del Rey gefunden habe. Um mir die Wartezeit auf die Fähre zu verkürzen, kehrte ich ein und testete das Angebot. Zunächst werden am Eingang Schuhe und Hände desinfiziert, dann muss man seinen Ausweis vorzeigen und die Angaben werden notiert. Die gute Frau verzweifelte an meinem deutschen Ausweis und winkte mich schlussendlich durch, ohne mich zu erfassen. Hehe.

Innenraum

Aufgrund der Covid-19 Maßnahmen sind nur sehr wenige Tische in den riesigen Gastraum gestellt. Die Kellner, die wohl üblicherweise die Biere zu den Kunden tragen, haben nun mit der Gästedesinfektion und -Erfassung zu tun.

Es gibt Helles und Dunkles, ich fühle mich an das Dorfbräuhaus erinnert. Damit ist der Plan klar. Die Fähre fährt in einer Dreiviertelstunde, somit kann ich beide Sorten verkosten.

Helles und Dunkles

Schon optisch machen die Biere etwas her. Sie sind naturtrüb und sehen nicht aus wie Pi**e. Gut gekühlt trägt sie der Kellner an den Tisch. Ein Bier 0,3l kostet hier 1,20 CUC (bzw. US$), also etwas mehr als ein Euro.

Das Helle schmeckt frisch, hat eine feine Hopfennote und zischt bei den hiesigen Temperaturen ungemein. Das Dunkle bringt eine wunderbare Malznote hervor, intensiver als bei dem lange vermissten Bier aus der Rhön.

Braukessel

Ja, das Bier wird hier direkt vor Ort gebraut. Ich bin begeistert. Es ist das beste Bier, das ich seit Sines bekommen habe. Besser als alles, was zwischen Portugal und Kuba zu kaufen war.

Damit ist klar, ich muss Jens beim nächsten Besuch von Santiago in diesen Brautempel zerren. Auch er ist begeistert. Wir wollen Bier mitnehmen. Eine Flaschenabfüllung gibt es nicht. Aufgrund der Covid-19 Maßnahmen ist es dem Personal nicht erlaubt, den Kunden die Flaschen zum Mitnehmen direkt aus dem Zapfhahn zu befüllen. Doch die Kubaner sind kreativ, wenn es um Lösungen für Probleme geht. Wir bekommen einen Trichter.

Umfüllung

Am Abend genießen wir dann das Bier in unserem Cockpit. Auch wenn nur noch wenig Kohlensäure übrig geblieben ist, ist doch noch genug Geschmack in dem leckeren Getränk. Prost nach Deutschland!