Am Montagmorgen müssen wir früh aufstehen. Um 9 Uhr haben wir den Termin zum Slippen des Boots. Aus der Seekarte erklärt sich der Weg nach Varadero nicht, sie zeigt dort einfach eine nicht kartografierte Fläche, unter der sich große Steine verbergen sollen. Die anderen schaffen es auch nach Varadero, also probieren wir es und haben fast nie weniger als drei Meter Wassertiefe. Das beruhigt. Weniger beruhigend ist der starke Regen, der plötzlich einsetzt und uns beide komplett durchnässt.
Ein sauberer Tonnenstrich empfängt uns an der direkten Zufahrt zur Marina. Die Angestellte, die uns am Funk betreut, gibt uns genaue Anweisungen wann und wo man in den betonnten Bereich einfährt und betont mehrfach, dass wir auf keinen Fall die Mitte verlassen sollen. Machen wir nicht. Wir bringen Sissi sicher bis zur Slipanlage.
Als der Regen aufhört erscheinen alsbald ein paar Werftarbeiter, die Sissi zunächst auf den Wagen bugsieren. Wenn es regnet, wird auf Aruba im Allgemeinen nicht gearbeitet, jedenfalls nicht, wenn der Arbeiter dabei nass werden könnte. Sie arbeiten routiniert und achten genau darauf, dass das Schiff gerade angehoben wird.
Dann setzt sich die Fuhre langsam in Bewegung und mehr und mehr von der Unterseite wird sichtbar. Das Boot sieht besser aus, als man es nach neun Monaten im Hafen vermuten würde.
Ein großer Teil des Bewuchses kann schon durch den Hochdruckreiniger entfernt werden. Auch die alte Farbe wird zum Teil abgewaschen. Es sieht aus, als würde Sissi bluten.
Während Sissi an ihren zukünftigen Parkplatz geschoben wird, sehe ich mit Freude, wer unsere Nachbarn sind – Jo und Stewart von der Patronus. Wir unterhalten uns kurz, sie sind schon seit zwei Wochen hier und warten darauf, dass ihr Anstrich fertig wird. Da beide über 70 Jahre alt sind, machen sie die Arbeit nicht selbst, sondern lassen sie durch die Werft erledigen. Das dauert.
Es regnet wieder einmal stark, wir warten noch auf das Auto, das uns zum Donkey Sanctuary bringen soll. Dort wohnen wir während der Arbeiten. Mir wird klar, dass wir vollkommen abhängig vom Wetter sind. Wenn es während der Malerarbeiten regnet, landet die Farbe wieder da, wo wir sie nicht haben wollen.
Nach der Ankunft im Donkey Sanctuary teilt Desiree uns mit, dass wir uns das Apartment und das Auto mit Lucas und Marcin teilen müssen. Sie kommen aus Schweden und Polen, sind etwas älter als 20 und arbeiten als Volunteers an verschiedenen Orten der Insel. Ein Programm der EU hat sie nach Aruba gebracht, das europäische Solidaritätskorps. Es gehört zu Erasmus und war mir vollkommen unbekannt.
In den nächsten Tagen fahren wir Marcin und Lucas immer zu ihrem Einsatzort, bevor wir selbst zum Boot fahren. Auf diese Weise haben wir den ganzen Tag das Auto zur Verfügung, es würde sonst nur herumstehen.
Das Schleifen ist eine Drecksarbeit. Das alte Antifouling ist eine ganz weiche Farbe, die einerseits unglaublich viel giftigen Staub erzeugt, andererseits nach wenigen Minuten die Schleifblätter verklebt. Über den immensen Verbrauch an Schleifscheiben habe ich schon geschrieben.
Wir hatten das Glück, in drei Tagen mit dieser Drecksarbeit fertig zu werden. Nach mehreren Gesprächen mit Stewart entscheiden wir uns dafür, das neue Antifouling ein paar Zentimeter höher zu streichen und aus dem Wasser ragen zu lassen. An dieser Stelle wird es am nötigsten Gebraucht, denn der stärkste Bewuchs ist immer an der Wasserlinie.
Dienstag bis Donnerstag waren wir mit dem Schleifen beschäftigt, am Freitag konnten wir dann den ersten Anstrich malen. Der Streifen, der später aus dem Wasser schauen soll, bekommt einen Barrier Coat, eine Schutzschicht. Den Wagen benutzen wir dabei als mobile Arbeitsplattform. Später wird uns das von der Marina untersagt. Ich komme mir sehr arubanisch vor. Am Steuer sitzend und Jens immer mal wieder einen Meter weiter rollend. So sind wir am Freitag sehr früh fertig und können zu unseren Eseln gehen. Wir nehmen uns das Wochenende frei für touristische Zwecke.