Fortschrittchen

Inzwischen sind die Einspritzdüsen auch bei Bosch. Die Pumpe ist zwar wieder an Ort und Stelle, jetzt warten wir auf den Wiedereinbau der Einspritzdüsen. Es ist Samstag und wir haben Besuch an Bord. Holger von der Mercedes Werkstatt ist gekommen und schaut sich den Motor an. Nach einer ersten Begutachtung hält er diesen für zwar sehr schmutzig von Außen, dafür aber für sehr sauber von Innen. Nach wenigen Minuten fällt ihm auf, dass eine wichtige Schraube am Keilriemenspanner nicht angezogen ist. Es wäre ganz böse in die Hose gegangen, wenn sich diese Schraube während des Betriebs verabschiedet hätte. Ansonsten können wir nicht viel machen, außer auf die Einspritzdüsen zu warten, die Fred im Laufe des Tages wieder einbauen wollte. Holger fährt Eike und mich zu einem ziemlich guten und günstigen Restaurant zum Mittagessen, doch auch am Nachmittag gibt es keine Nachricht von Fred. Am Telefon erreiche ich nur die Mailbox. Holger hat sich schon verabschiedet und ist auf dem Weg zu seinem Auto, als er mich anruft und mir sagt, dass ein Wagen mit der Beschreibung von Freds Wagen gerade vor Freds Werkstatt einparkt. Ich laufe schnell rüber und erwische ihn mit den Einspritzdüsen. Er verspricht mir den Einbau für den Sonntagmorgen um 8 Uhr. Okay.

Leidensgenossen hinter unserem Heck

Das Motorboot hinter uns war schon da, als der Hafenmeister Sissi an den Steg gedrückt hat. Sie warten seit Wochen auf Ersatzteile für ihren Motor, die irgendwo im Nirgendwo der internationalen Logistik festhängen. Das Segelboot in zweiter Reihe, die „C’est la vie“, ist ist auch schon eine ganze Weile hier. Einige der Boote auf dem Trockenen stehen auch schon eine Ewigkeit herum und sind bewohnt. Jeder wartet auf ein Ereignis, auf die Fertigstellung einer Arbeit, auf Ersatzteile, auf den Spezialisten und alle warten darauf, die „Zone Technique“ wieder verlassen zu dürfen.

Zwangsbeschallung ist immer ein Thema. Der Lärm der Werkzeuge, Motorenlärm und Musik jedweder Musikrichtung, die den Besitzern der riesigen Lautsprecherboxen die Arbeit an ihren Booten verkürzen soll. Doch heute fühlt es sich anders an. Die Musik kommt nicht aus der Konserve, die Musik ist live. Eike und ich verlassen Sissi und gesellen uns zu der Gruppe hinzu. Die Crew der C’est la vie ist mit Gitarren, Akkordeon und improvisierter Trommel angetreten. Fast alle anderen zeitweiligen Bewohner der Werft finden sich nach und nach ein. Die Stimmung ist toll. Der Sonntag hat schon begonnen, als die Runde spät auseinander geht. Ein wunderschöner und unbeschwerter Abend geht zu Ende.

Es geht schon auf Mitternacht zu, die Party läuft noch

Am Sonntag kommt Fred fast pünktlich an Bord. Er montiert die Einspritzdüsen. Als er mit seiner Arbeit fast am Ende ist, schicke ich eine Nachricht an Holger. Der setzt sich quasi sofort ins Auto und kommt zu Sissi. Er ist noch auf der Straße, als der Motor das erste Mal seit Wochen problemlos anspringt, beim Lauf völlig normal klingt und auch im Leerlauf nicht stehenbleibt. Es klingt toll.

Holger und ich begrüßen uns auf Deutsch, ich erkläre erst einmal die Lage. Währenddessen fängt Fred wieder an, den eigentlich fertigen Motor zu öffnen. Da wird es Holger zu viel und er spricht Fred auf Französisch an. Fred ist erst ein wenig sauer, nach relativ kurzer Zeit öffnet er sich. Innerhalb der nächsten Stunde führen die beiden ein Fachgespräch über den Motor, Holger gibt Fred noch ein paar Tipps und dann läuft der Motor richtig rund. Die beiden tauschen sogar Telefonnummern aus. Leider dreht der Motor im Leerlauf unvermittelt hoch bis zum Begrenzer, wenn er 1500 Touren erreicht. Holger hat zwei mögliche Ursachen im Verdacht. Entweder wurde bei der Wartung der Einspritzpumpe geschlampt oder der Zentrifugalregler ist defekt. Leider ist die Hauptverdächtige die Einspritzpumpe, die dann auf Garantie noch einmal zu Bosch müsste.

Er läuft wieder!!!

Der Plan ist, nun den normalen Dieselkreislauf wieder herzustellen. Dazu muss der verseuchte Diesel aus dem Tank gepumpt und der Tank anschließend gereinigt werden. Nebenbei wird das Problem mit der Pumpe geklärt und dann ist das Thema hoffentlich abgeschlossen. Holger verabschiedet sich bei mir mit den Worten, dass Fred wohl durchaus vor hatte, mich mit seiner Masche abzuziehen. Dass ich jemanden mit Expertise in der Hinterhand habe, hat ihm jedoch den Wind aus den Segeln genommen. Eine freundliche Umarmung anstelle eines Streits ist viel besser und hinterlässt keinen bösen Nachgeschmack.