Lapwent

Die Ohren bzw. das Gehirn können einem schon so manchen Streich spielen, insbesondere wenn man in einer Fremdsprache unterwegs ist. Wenn sich gar beide Gesprächspartner in einer Fremdsprache unterhalten, kann es noch witziger sein. In Schottland unterhielt ich mich vor ein paar Jahren in einem Pub mit einem Einheimischen. Der lobte dann nach ein paar Minuten mein Englisch. Das Lob gab ich ihm sofort zurück, denn sein Englisch war auch sehr gut verständlich – keine Selbstverständlichkeit in Schottland. Dann lachten wir beide, seine Muttersprache war nämlich Gälisch, Englisch war für ihn ebenfalls eine Fremdsprache. Hier in Guadeloupe ist die Muttersprache dann Kreol, die erste Fremdsprache Französisch.

Ortseingangsschild in zwei Sprachen

Es ist erst ein paar Tage her. Auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit nach Pointe-à-Pitre laufe ich über das Werftgelände und spreche ein paar Autobesitzer an. Es sind heute keine Busse unterwegs, ich habe keine Ahnung warum. Vermutlich ist es ein Streik, in dieser Disziplin sind die Franzosen schließlich ganz groß. Auf die Frage nach meinem Ziel antworte ich natürlich mit „Pointe-à-Pitre“ und nach kurzem Nachdenken antwortet mein Gegenüber mit etwas das klingt wie „à Pointe“. Nein, da hat mich mein Ohr getäuscht. Ich lerne später, dass es „Lapwent“ ist. Da hätte ich auch selbst drauf kommen können, so steht es schließlich auf dem Ortseingangsschild. Mitgenommen hat er mich trotzdem. Auch der Rückweg per Anhalter war einfach, hier muss man nicht lange auf eine Mitfahrt warten.

Auch ein Lotsenboot will ab und zu gereinigt werden.

Die Tage schleppen sich ein wenig dahin. Meine Pumpe ist bei Bosch. Wie so oft steige ich am Montagmorgen in den Bus, um die Pumpe zu besuchen. Ich möchte von Mr. Michel jetzt Antworten. Eigentlich bin ich geduldig wie ein Esel. Ich bin auch ein sehr höflicher Mensch, deswegen muss ich ein paar explizite Vokabeln zunächst nachschlagen. Ich bin ein ruhiger Mensch, der das Warten wirklich gelernt hat. Doch diese Eigenschaften sind nicht endlos dehnbar. Auch ein Esel verliert einmal die Geduld, spätestens wenn er Hunger hat. Ich habe Hunger.

Die Leihpumpe ist wieder ausgebaut.

Ich treffe Mr. Michel auf der Straße, er erkennt mich nicht sofort. Im Halbdunkel seiner Werkstatt dann schon. Als nächstes entschuldigt er sich dafür, dass er vergessen hat, Fred anzurufen und ihm zu sagen, dass er die Pumpe abholen. Was kann ich da noch machen. Er verspricht mir, dass er Fred sofort anruft. Okay. Hoffentlich hat er diesmal seine Arbeit gut gemacht. Soll ich ihm noch ein paar klare Worte mit in den Tag geben? Ich lasse es, es würde mir keine Vorteile bringen. Ich habe das Gefühl, dass er meinen Hunger durchaus spüren kann, als er von mir erfährt, dass ich mit dem Bus gekommen bin. Später am Tag bekomme ich von Fred die Nachricht, dass er im Laufe des Dienstagvormittags die Pumpen wieder austauschen wird. Fein. Wäre ich nicht hingefahren, hätte ich wohl noch ewig warten können.

Ankerplatz vor der Marina

Gegen Mittag kommt dann von Fred die Nachricht, dass er zwischen 13:30 und 14 Uhr kommen wird. Um 15 Uhr ist er dann da. Es ist allerdings nicht Dienstag, es ist Mittwoch. Diese Unzuverlässigkeit geht mir auf den Geist. Ich habe da noch ein paar Malerarbeiten auf der Liste, die ich nicht beginnen kann, wenn gleich jemand an Bord kommt. Selbst bei den hiesigen Temperaturen ist die Farbe nicht in fünf Minuten trocken. Das Warten auf Fred und die unsagbare Unzuverlässigkeit haben diese Arbeiten um Tage zurückgeworfen. Wenigstens ist Fred jetzt geübt in der Demontage und Montage einer Bosch-Einspritzpumpe an einem Mercedes Benz Dieselmotor. Inzwischen ist er fast schon Formel-1 tauglich. Der Motor springt schnell an und klingt nun auch viel schöner. Das Problem mit der Drehzahl, die unvermittelt ins Unermessliche steigt, scheint mir behoben bzw. es tritt erst so spät auf, dass es mir komplett egal ist. Wir vereinbaren eine Probefahrt für den nächsten Tag.

Containerhafen von Lapwent

Ich mache Sissi abfahrbereit, auch Fred ist da. Nur können wir zunächst nicht los, einige Motorboote blockieren den Wendekreis. Ausparken im Rückwärtsgang ist keine Alternative. Sissi fährt aus dem Stand nicht gut rückwärts. Mit einigem Kraftaufwand verholen wir Sissi rückwärts an das Nachbarboot, das können wir wie eine Startrampe benutzen. Endlich draußen. Der Motor klingt hervorragend. Die Beschleunigung ist normal. Ich probiere Vollgas. Die Drehzahl geht nicht über 1900 Umdrehungen. Das ist viel zu wenig. Mehr brauche ich zwar nicht unterwegs bei Motorfahrt, doch bei Hafenmanövern und wenn ich den Anker einfahre, will ich einfach die komplette Motorleistung abrufen können. Einen Anker mit 2500 Umdrehungen einfahren ist besser, als es mit 1900 zu machen. Fred fragt mich, ob alles in Ordnung ist. Ist es nicht.

Kalter Motor

Auf der Rückfahrt an den Liegeplatz demonstriere ich Fred, dass wir nun rückwärts gegen den Wind gar keine Fahrt mehr in die gewünschte Richtung aufnehmen können. Auch das Wendemanöver auf engstem Raum (Bootsführerscheinbesitzer wissen, was ich meine) gelingt fast nicht. Da fehlen wirklich 500 Umdrehungen. Ich schreibe nun diesen Beitrag, während Fred sich mit der anderen Einspritzpumpe auseinander setzt und wahrscheinlich auch Mr. Michel noch einmal anruft. Mr. Michel hat getrickst und einen harten Anschlag eingebaut hat um zu verhindern, dass der Motor so hoch dreht, wie ich nebenbei von Fred erfahre. Damit verhindert er leider beides, ungewollte und gewollte Drehzahlen über 1900. Das geht gar nicht. Warum können die Leute hier nicht einfach ihre Arbeit ordentlich machen, anstatt Abkürzungen zu suchen, die ihnen das Leben leichter machen?

Ostern steht vor der Tür

Nun steht Ostern vor der Tür und das Ende der Fastenzeit naht. Die Fastenzeit beginnt ja bekanntlich nach dem Karneval und dauert so ziemlich genau 40 Tage. Über Karneval war die Einspritzpumpe das erste Mal in Reparatur.