So stimmungsvoll und ausgelassen wir den Weihnachtsabend verbracht haben, unsere kleine Feierlichkeit war nicht ohne eine ordentliche Enttäuschung. Eike fragt mich, ob er mit dem Dinghi im Hafen herumfahren darf. Weihnachtswünsche sollen in Erfüllung gehen. Außer uns ist kein anderes Boot im Hafen bewohnt. Selbst Hafenmeister Paul verbringt den Abend woanders.
Ich hole den Schlüssel und eine Leine, an der der Motor später zum Dinghi heruntergelassen werden soll. Eike bläst das Dinghi auf. Wir verholen das Dinghi nach Achtern. Ich versuche, den Schlüssel in das Schloss zu stecken, doch eine Mischung aus Rost und Salz verbietet mir das. Das im Marinebedarf erworbene, salzwasserfeste Schloss ist nicht so rostfrei, wie ich mir das vorgestellt habe. Mir kommt der Gedanke, dass es vielleicht klug gewesen wäre, das Schloss nur dann anzubringen, wenn es auch benötigt wird. Vielleicht wäre es ebenso klug gewesen, das Schloss nach jedem Segeln wieder mit Süßwasser zu reinigen. Es ist jedoch der Heilige Abend, ich kann heute wirklich niemanden fragen. Der Trennschleifer, der sich an Bord befindet, ist unbenutzbar. Ich kaufe mir nie wieder akkubetriebene Geräte. Wenn man sie braucht, ist der Akku kaputt. Nach der kurzen Enttäuschung gönnen wir uns einen kleinen Schluck Rum und erfreuen uns weiter an der Musik.
Bislang waren Eike und ich fast jeden Tag mit dem Auto unterwegs. Fahrstunden. Inzwischen hat er sich auch mit der Kupplung angefreundet. Mit meinem Auto habe ich an der Tankstelle den Tank immer randvoll machen lassen. Bei diesem Wagen traue ich mich nicht, so viel Geld zu investieren. Er könnte jederzeit zusammenbrechen. Also tanke ich nur für 25 Florin, wie es die Einheimischen auch machen. Deswegen sind wir in letzter Zeit oft an der Tankstelle zu Gast. Ich halte als letzter in der kurzen Schlange und stelle den Motor aus. Die Nadel ist sehr nahe an „leer“. Während wir warten und uns unterhalten, kommt ein anderer Wagen im Rückwärtsgang auf uns zugefahren. Er stoppt nicht, sondern schlägt vorne links im Kotflügel ein. Es ist eine wichtige Lektion für Eike, denn er kann sehen, dass man wirklich seine Augen überall haben muss. Am Steuer des Fahrzeugs sitzt ein Arbeiter der Marina. Wir einigen uns schnell, dass wir nicht auf die Polizei warten müssen. Wir klären das im Hafen.
Während wir darauf warten, dass die Weihnachtsfeiertage endlich vorbei sind, nehmen wir uns noch etwas Zeit für die touristischen Ziele. Spanish Lagoon mit den Ruinen der Goldmühle ist eines davon. Ich nehme die Treppe nach oben und nutze den perfekten Sonnenstand für ein schönes Foto. Dann wundere ich mich nicht, dass ich Eike gerade gar nicht sehen kann. Ich kann ihn hören. Er nimmt nicht die Treppe, sondern den direkten Weg nach oben. Kann man so machen.
Auch am Sonntag hat die Werft geschlossen. Also machen wir den obligatorischen Ausflug zu den Eseln. Wir haben keine Karotten dabei. Allerdings ist eine große Tüte mit den leckeren gelben Bohnen da. Ich stibitze mir ein paar dieser Leckereien und gebe sie meinen Lieblingseseln. Natürlich ist es nicht genug.
Ich frage mich, ob diese Bohnen auf die Esel die gleichen Auswirkungen haben wie Bier in uns Menschen. Es sieht fast so aus. Ich kenne absolut keine Leckerei für Esel, die diese mehr durchdrehen lässt. Auch Kamino bekommt seine Bohne. So schlau diese Tiere auch sind, man kann sie mit den Bohnen locken und auf den Arm nehmen. Die Bohnen sind nämlich für Queenie gedacht, der es wirklich nicht gut geht.
Ich bin ja wirklich begeistert über die Qualität der Brote, die Eike in unserer Bordküche zaubert. Eike ist begeistert über das Klima in Aruba, das den Teig zu einer perfekten Reife bringt. Wir sind beide nicht begeistert über das Klima in Aruba, denn die schönste Kruste auf dem Brot wird schon nach wenigen Stunden weich, egal wie gut es gebacken worden ist. Am Abend fertigt Eike immer einen Vorteig an, der dann über Nacht im Kühlschrank geht und am nächsten Tag vollendet wird. Nur nicht am Heiligen Abend. In der Folge fehlt uns am nächsten Tag ein Brot. Eike möchte sich Mittagessen machen und ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich etwas zu kochen. Zu Hause holt er sich immer das Essen irgendwo. Hier stellt er erstaunt fest, mit wie wenig Aufwand sich eine echt italienische Carbonara herstellen lässt.
Am Montag endlich sind die Arbeiter der Werft wieder am Arbeiten. Ich spaziere zu Richie und frage ihn, ob ich einen Bolzenschneider ausleihen kann. Ein paar Minuten später mühen Eike und ich uns mit dem Bolzenschneider am Schloss. Ich muss gestehen, dass ich da wirklich gute Qualität gekauft habe. Am Schloss sind keinerlei Spuren zu sehen und der Bolzenschneider ist leicht beschädigt. Da ich sowieso einen Trennschleifer kaufen wollte, fahren wir in den Baumarkt. Anschließend dauert es nur noch fünf Minuten und der Dinghimotor ist einsatzbereit. Eike möchte natürlich sofort los, doch es ist 12 Uhr und damit viel zu heiß. Nach 20 Minuten im Dinghi hätte er den Hautton eines frisch gekochten Hummers.
Am Abend erhalte ich eine Nachricht von Anneke. Die Regeln haben sich geändert. Ab sofort kann man den Booster auch schon drei Monate nach der zweiten Impfung bekommen. Ich beiße in ein Stück Teakholz.