Null

Seit heute gilt der letzte Covid-19 Patient als genesen. Viel mehr gibt es nicht darüber zu schreiben. Aruba ist nun also coronafrei. Von einem oder zwei Rückkehrerflügen sind allerdings noch 158 Menschen in Quarantäne.

Leben

Allerorten kehrt das Leben auf die Straße zurück. Jetzt haben Restaurants und Friseure wieder geöffnet. Einzig die Bars und Spielcasinos sind noch geschlossen. Die nächtliche Ausgangssperre wurde aufgehoben.

Gestern hatte ich trotzdem einen merkwürdigen Tag. Schon vor 12 Uhr am Mittag hat mir die Temperatur mehr zugesetzt, als sie das üblicherweise tut. Als ich die Straßenbahn mit kreischenden Rädern um eine enge Kurve fahren hörte, ist mir aufgefallen, dass der ansonsten immer mit vier bis fünf Windstärken wehende Passat durch Abwesenheit glänzte. Ich bin dann zur Straßenbahn rüber gegangen und eine Runde mitgefahren. Der Fahrtwind schaffte mir etwas Erleichterung.

Auf der Suche nach einem neuen Kochtopf habe ich mich dann noch in ein paar Läden herumgetrieben. Einer meiner Kochtöpfe ist nicht mehr sauber zu bekommen, seit dem mir darin etwas Popcorn angebrannt ist. Der neue Topf ist jetzt wesentlich Popcorn-tauglicher. Das hoffe ich zumindest, die Qualität ist fragwürdig.

Baby Beach

Außerdem musste ich gestern das Auto an seinen Besitzer zurückgeben. Das ist okay, denn inzwischen sind wir fast überall gewesen, wo man nur mit dem Auto hinkommen kann. Lediglich der bislang geschlossene Nationalpark Arikok muss noch in Angriff genommen werden. Dabei wird mir Edward helfen, mit dem ich morgen verabredet bin.

Über den California Beach habe ich schon geschrieben, er befindet sich an der Nordspitze Arubas. Den Baby Beach kannte ich von einem früheren Besuch mit Lel schon, beim diesmaligen Besuch war ich sogar im Wasser. Hinterher habe ich mich etwas darüber geärgert. Erst nach zwei Tagen war der ganze Sand beseitigt, den ich mir bei der Aktion an Bord geschleppt habe. Wahrscheinlich gehe ich trotzdem wieder ins Wasser, die Temperatur ist schon sehr angenehm. Die Einheimischen setzen sich gerne ins Wasser und halten dort ihren Kaffeeklatsch ab.

Natürlich haben wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, als die Restaurants wieder öffnen durften. Die fröhlichste Bedienung, die ich je gesehen habe, hat uns ein leckeres Abendessen serviert. Es ist toll, wenn man nach einem guten Essen nicht noch Geschirr spülen muss.

Besuch im Strandrestaurant

Im Laufe des gestrigen Tags ist mir außerdem aufgegangen, dass mir das Schreiben fehlt. In den letzten Wochen habe ich mich nicht recht um das Blog gekümmert und auch die Email-Korrespondenz mit verschiedenen Bekannten und Freunden in Deutschland nicht richtig verfolgt. Es war irgendwie wie Urlaub. Dieser „Urlaub“ ist vorbei, ich bin wieder im Alltagstrott und es macht wieder richtig Spaß.

Also werde ich in der nächsten Zeit wieder mehr schreiben. Es gibt schließlich auch wesentlich mehr Möglichkeiten, etwas zu erleben.

Heute früh erreichten mich aus Deutschland gute Nachrichten. Wenigstens zwei der Postkarten, die ich kurz nach unserer Antwort im März in den Briefkasten geworfen habe, sind bei ihren Empfängern eingetroffen.

California Beach

Ich habe ein paar Tage nichts geschrieben. Das heißt nicht, dass es mir hier langweilig ist, sondern deutet eher auf das Gegenteil hin. Seit eineinhalb Wochen habe ich das Auto bin auf der Insel unterwegs. Manchmal alleine, manchmal gemeinsam mit den Chapos. An jenem Tag war Charly leider unpässlich, deswegen bin ich mit Jutta und Ute in den hohen Norden von Aruba gefahren, zum California Beach.

Californa Lighthouse

Über dem Strand thront der Leuchtturm, unterhalb des Leuchtturms gibt es ein sauteures italienisches Restaurant. Außerdem gibt es meilenweit Strand. Kein Badestrand, denn hier brandet der Atlantik mit aller Wucht gegen die Küste.

Brandung

Durch den glücklichen Umstand, dass wir die letzten Touristen auf Aruba sind, können wir jeden Meter der wilden Küste alleine genießen.

Einsame Küste

Wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, dass die Insel Aruba auf Korallen gebaut ist. Die „Steine“, die am Ufer herumliegen, sind in Wirklichkeit Korallen.

Korallen (Nahaufnahme eines Steins)

Jutta und Ute vergnügen sich damit, versteinerte Brocken der Korallen zu sammeln. Ich stelle mir vor, wie die Chapo immer schwerer und schwerer wird und irgendwann sinkt, wenn beide den ganzen Strand von Aruba abgesammelt haben.

Auf der Suche nach formschönen Steinen und Muscheln

Ein paar große Steine gibt es doch, sie sind so groß, dass man sie beinahe schon als bequem bezeichnen kann.

Felscouch

Immer wieder muss ich die Kamera auf die Brandung halten, bis mir klar wird, dass ich keinerlei Verwendung für 1001 Fotos von Wellen habe. 101 Fotos sind vollkommen ausreichend. Ich trauere ein wenig dem Diafilm nach.

Felsen in der Brandung

Wir begegnen einem arubanischen Pärchen mit einem riesigen Hund. Der Hund sieht zwar harmlos aus, wir wollen aber nicht mit ihm spielen.

Natürlicher Pool

Wir umwandern die Nordspitze der Insel und stoßen auf eine Art natürlichen Pool. Es ist beeindruckend, wie das Wasser hier eine Höhle ausgewaschen hat. Je weiter wir kommen, desto weniger Brandung gibt es zu sehen. Langsam erreichen wir die andere Inselseite.

Ruine eines Divi-Divi Baums

Auf der Leeseite der Insel gibt es erst einmal mehr Vegetation. Wo auf der Luvseite allenfalls Gräser wachsen, sieht man auf der Leeseite sogar die Ruine eines Divi-Divi Baums.

Ich schwöre, ich habe das Bild von Jutta und Ute so gut wie gar nicht bearbeitet. Da ist mir bei den Farben wohl irgendwie die Maus ausgerutscht.

Ute und Jutta stehen an der Ruine des Divi-Divi Baums

Ein paar Kakteen im Vordergrund, ein jagender Pelikan im Hintergrund. Es hat eine Weile gedauert, bis ich dieses Bild im Kasten hatte. Auf der Leeseite ist das Wasser vollkommen glatt. Bis hierhin ist es ein wunderschöner Ausflug.

Jagender Pelikan

Am Wegesrand steht ein Pickup-Truck und zwei junge Männer hantieren an der Ladefläche. Eine Flasche Rum wartet halbvoll oder halbleer auf den nächsten Trinker. Die beiden lachen und unterhalten sich, zeigen auf uns. Im Nachhinein wurde mir der Dialog etwa folgendermaßen zugetragen:

„Guck‘ mal, da sind wieder Touristen.“
„Quatsch, es gibt hier keine Touristen. Das sind Leute, die sprechen besser Papiamentu als wir.“

Daraufhin werden wir mit einem Wortschwall überschüttet. Ich brauche zwei oder drei Minuten um ihn zu unterbrechen, der Rum hat die Kehle gut geölt. Wir stellen uns gegenseitig vor, mein Gesprächspartner heißt Edward. Wir tauschen Telefonnummern aus. Edward bietet uns an, uns über die Insel zu fahren und uns jede Ecke zu zeigen. Ein paar Minuten quatschen wir noch. Jetzt ist der Tag perfekt geworden, wir haben endlich wieder ein paar Einheimische kennengelernt.

Pelikan im Flug auf der Jagd

Trouble in paradise

Es geht den Menschen wie den Leuten. In der deutschen Presse wird über Demonstrationen berichtet, auch hier gehen die Menschen auf die Straße.

Vorgestern standen mehrere Dutzend Polizeiwagen auf dem Parkplatz gegenüber dem Parlamentsgebäude. Hunderte Menschen marschierten am Parlament vorbei, drehten mehrere Runden über das Marina- bzw. Hotelgelände und sammelten sich schließlich zu einer Kundgebung. Davon habe ich nichts mehr mitbekommen, ich bin mit dem Mietwagen über die Insel gefahren und sah keinen einzigen Polizisten. Sonst sieht man immer welche.

Nach dem was ich hier erfahren habe, sollen den Beamten, Parlamentariern und Ministern die Bezüge gekürzt werden. Aruba möchte nämlich Geld von den Niederlanden zur Bewältigung der Folgen von Corona. Die Niederlande wollen das Geld nur geben, wenn die Gehälter im öffentlichen Dienst um 15% gekürzt werden. Hiesige Minister verdienen mit 10000 US$ im Monat nicht gerade wenig. Natürlich passt das den Betroffenen nicht.

Stau in Oranjestad

Als ich gestern vom Supermarkt zurück gelaufen kam, wälzte sich eine ungewöhnlich lange Autoschlange durch die engen Straßen der Innenstadt. Das kam mir komisch vor, auf dieser Straße kommt sonst kaum ein Fahrzeug gefahren. Man könnte theoretisch auf der Fahrbahn picknicken. Ich bog um das Parlamentsgebäude herum und sah die Ursache: Die Polizei war wieder bei der Arbeit und hat die Hauptstraße gesperrt.

Demo vor dem Parlamentsgebäude

Eine beträchtliche Menschenmenge hat sich vor dem Parlamentsgebäude versammelt. Ich wollte natürlich wissen, wofür bzw. wogegen diese Leute demonstrieren, und sprach eine Teilnehmerin an.

Minister stellt sich den Demonstrierenden

Wahrscheinlich habe ich gestern alle Lehrer von Aruba gesehen. Die Protestierenden waren Lehrer, die demnächst wieder zur Arbeit gehen sollen. Ich wollte wissen, ob es ebenfalls um Gehaltskürzungen geht. Dazu später mehr, denn gerade als ich das Gespräch angefangen hatte, trat der zuständige Minister vor die Menschenmenge.

Bla Bla Bla

Die Forderungen wurden dem Minister persönlich übergeben und es entspann sich ein Dialog. Der Sprecher der Lehrer stellte den Minister zur Rede, jede Ministerantwort wurde von einem lauten „BLA BLA BLA BLA BLA“ der Menge beantwortet. Niemand hat den hier ebenfalls vorgeschriebenen Corona-Sicherheitsabstand eingehalten, was jedoch niemanden gestört hat. Inzwischen gibt es nur noch drei aktive Covid-19 Fälle auf Aruba.

Kundgebung

Anschließend machten die Lehrer die Hauptstraße wieder frei und sammelten sich um die Ecke zu einer Kundgebung. Ich blieb noch ein wenig mit der Lehrerin im Gespräch. Sonst hätte ich auch gar nichts verstanden, denn mein Papiamentu ist noch nicht besonders gut. Es wird aber besser.

Die Lehrer waren nicht primär wegen der Gehaltskürzungen auf der Straße, sondern wegen der Arbeitsbedingungen. Anscheinend sind die Schulgebäude in miserablem Zustand. Dass das in Deutschland ebenfalls so ist, wollte mir die Frau nicht glauben. Das sei doch Deutschland. Außerdem würden sie als Lehrer zwar gut verdienen, sie würden mit dem Geld jedoch auch den privaten Sektor unterstützen. Da ist sicherlich was dran, denn der private Sektor ist vor allem vom Tourismus abhängig.

Privater Sektor – Autowaschstraße

Ja, der private Sektor leidet. Auf jeden Fall haben die Lehrer ihre Forderungen charmant verpackt, denn es ging in der Hauptsache um die Schulen und nicht um das Geld. Die Gehaltskürzungen wollen sie natürlich auch nicht.

Heute ist Christi Himmelfahrt – auch hier ein Feiertag. An Feiertagen gehen alle an den Strand und nicht zur Demo. Ich bin allerdings gespannt, welche Gruppe morgen vor dem Parlament aufmarschieren wird.