Heute ist unser erster voller Tag auf Santa Maria. Wir haben eine größere Tour mit dem Auto geplant und wollen zu verschiedenen Orten wandern gehen. Da die Ausbeute an Fotos so groß ist, splitte ich diesen Tag in mehrere Blogs, dann kann ich mehr Bilder zeigen. Als erstes fahren wir zur Gruta do Figueiral.
Diese „Grotte“ ist komplett von Menschen gemacht, eigentlich ist es eine ehemalige Mine. Es wurden Kalksteine abgebaut. Doch auf den Tafeln am Wanderweg läuft sie als Grotte, auch die Touristenkarte hat sie als Grotte verzeichnet. Vielleicht möchte man auf Santa Maria auch eine Grotte haben.
Von innen jedenfalls ist die Grotte nicht besonders spektakulär. Deutlich sieht man, dass zwischen den Gesteinsschichten lediglich der Kalkstein abgebaut worden ist.
Was Mário an der Grotte fasziniert, ist nicht die Höhle, sondern die Außenseite der Höhle. Hier finden sich tausende fossile Muscheln im Gestein. Mario ist nicht nur begeistert von den Gesteinsformationen, die man in dieser Form auf seiner Insel Sao Miguel nicht findet, sondern insbesondere von den Fossilien. Die sind zu einer Zeit entstanden, als sich die Insel aus dem Atlantik gehoben hat.
Hand aufs Herz. Ich hätte diese Fossilien gar nicht bemerkt, wenn sie mir nicht gezeigt worden wären. Ein Dröhnen tönt durch die Grotte. Zunächst denke ich an Motorräder, doch es gibt hier weit und breit keine Straße. Auf dem Wanderweg wird man auch mit einem kleinen Zweitakter keine Freude haben.
Mit großen Rasentrimmern halten zwei Arbeiter das Gras auf dem Wanderweg niedrig. Mário erklärt mir, dass das nötig ist, sonst würde sich die Natur innerhalb kürzester Zeit die Wege zurück holen. Gerade im Winter, wenn es viel regnet, wächst das Gras wie Unkraut. So viele Wanderer gibt es hier nicht, dass sie den Weg alleine frei trampeln würden. Spannend.
Wir haben noch einiges vor, deswegen spazieren wir wieder gemütlich zurück zum Auto. Mário pflückt bei jeder Gelegenheit wieder Brombeeren. Ich nutze die Gelegenheit, verschiedene Pflanzen mit ihrer Blütenpracht aufzunehmen.
Zurück am Auto machen wir erst einmal ein zweites Frühstück. Anschließend geht es weiter in die Wüste. Das jedoch ist Thema des nächsten Blogs.
Der wird jedoch erst in ein paar Tagen erscheinen können, denn wir sind gerade mitten auf dem Atlantik. Wir sind auf dem Weg nach Europa und wissen noch nicht so recht, wo wir ankommen werden. Die Windvorhersage ist einigermaßen instabil. Mögliche Ziele sind Cork in Irland, Brest in Frankreich oder notfalls A Coruna in Spanien…
Ich glaube, ich habe es schon einmal erwähnt. Wenn man mit Segeln unterwegs ist, bedeutet auch langsames Vorankommen Entspannung. Selbst bei nur geringer Fahrt ist das Boot stabil im Wasser und die Zahl der Tritte in den Hintern hält sich schwer in Grenzen. Bei Motorfahrt stellt sich schnell Langeweile ein, das Dröhnen der Maschine legt sich aufs Gemüt. Gleichtig macht das Boot immer wieder Bewegungen in den Wellen, auf die man sich nicht einstellen kann und die einen wie ein Tritt in den Hintern treffen. Das führt gerne zu blauen Flecken.
Irgendwann am frühen Morgen soll wieder etwas Wind aufkommen, der sich dann hoffentlich stabilisiert und segelbar wird. Dann hat die Langeweile ein Ende. So lange machen wir gar nichts. Wir hören keine Musik, schauen keinen Film. Lediglich das Abendessen findet wie immer statt. Ein gebrauchter Tag. Mários Seekrankeit meldet sich wieder leicht, kein Wunder bei den Geschaukel.
Als ich Mário für seine Wache wecke, spüren wir schon eine leichte Brise von achtern. Die ist jedoch noch weit von segelbarem Wind entfernt. Gegen 8 Uhr wache ich auf. Ich besuche Mário im Cockpit und stelle erfreut fest, dass der Wind segelbar scheint. Ein paar Minuten später läuft Sissi unter der Genua dem Wind davon. Ich schalte den Motor aus, die Stille klingelt in meinen Ohren. Die Vorhersage verspricht zwar noch einmal eine Motornacht, doch den heutigen Tag werden wir segeln können. Ich falle wieder ins Bett und schlafe noch ein paar Stunden. Es ist so schön ruhig.
Heute gibt es kein Beitragsbild. Vor lauter Langeweile habe ich vergessen, ein Bild aufzunehmen.
Am Morgen nach der Überfahrt trennen sich erst einmal die Wege von Mário und mir. Er trifft sich mit seinem Vater, den er zu seiner Arbeitsstelle fahren muss. Dann können wir das Auto haben. Ich wiederum gehe zum Hafenmeister und kümmere mich um den Check-In. Das geht erfreulich schnell und unbürokratisch, zum Abschluss bekomme ich eine Karte der Insel ausgehändigt.
Los geht es! Ohne größere Vorbereitung der Tour suchen wir uns vielversprechende Orte heraus. Als erstes zieht es uns zum Monumente Natural Pedreira Do Camo, Figural E Prainha. Das ist gar nicht weit weg von der Marina. Die Insel ist so klein, dass eigentlich kein Ort besonders weit weg ist.
Im Unterschied zu den anderen Azoreninseln ist diese hier nicht überall so satt grün. Ein willkommener neuer Anblick. Auch die hiesigen Kühe sehen anders aus. Im Gegensatz zu den Schwarz-weißen Milchkühen auf den bisher besuchten Inseln sind diese hier braun. Mário meint, dass es sich um Kühe für die Schlachtung handelt.
Auffällig ist, dass diesen Kühen die Hörner nicht entfernt worden sind. Auf den anderen Inseln kann man Kühe und Bullen darüber unterscheiden, die Hörner werden entweder weggeätzt oder abgeschnitten – beides keine schöne Prozedur für die Tiere.
An einem Steinbruch können wir sehen, wie sich die verschiedenen Schichten der Insel übereinander türmen. Mário ist begeistert, er interessiert sich sehr für die verschiedenen Sedimente und die Entstehungsgeschichte der Insel. Im Gegensatz zu den anderen Inseln ist Santa Maria keine Lavainsel, sondern das Land wurde durch die vulkanischen Aktivitäten über die Jahrmillionen nach oben gedrückt. Der Steinbruch sieht zunächst verlassen aus, nach der Mittagspause beginnen jedoch die Aktivitäten.
Wir folgen dem schmalen Weg bis ans Ende und erhaschen einen schönen Blick über die Marina. Eine schöne Gelegenheit, dem Blog einmal die neue Crew der Sissi vorzustellen:
Der Rückweg aus der Sackgasse beginnt langsam, denn am Wegesrand stehen jede Menge Brombeeren. Die will Mário sofort einsammeln und vernaschen. Er betrachtet es als einen Wettbewerb zwischen ihm und den Vögeln, wer die meisten leckeren süßen Brombeeren bekommt. Ich probiere ein paar, die meisten sind nicht süß sondern noch sauer.
Wir könnten jetzt zu einer Wanderung aufbrechen, sind aber nicht so richtig vorbereitet. Außer etwas Wasser haben wir nichts dabei. Wir entscheiden uns dafür, unsere Inseltour mit dem Auto fortzusetzen. Mário war zuletzt als Kind auf Santa Maria, ich noch nie. Insofern ist es eine gute Gelegenheit, ein Gefühl für diesen Ort zu bekommen. Nach wenigen Minuten schon kommen wir an der üblichen Ankerbucht an.
Es ist wohl dem leeren Hafen geschuldet, dass hier keine Boote ankern. Ein Dinghi kann man nicht anlanden, man muss bis zum Hafen fahren. Das wäre für unser Dinghi schon die maximal mögliche Strecke, doch wir haben ja einen schönen Liegeplatz bekommen. Das Dinghi ist gut verpackt unter Deck. Weiter geht es über Berg und Tal bis an die südöstliche Spitze von Santa Maria. Dort steht ein schöner Leuchtturm. Außerdem haben es sich Menschen auf der Wiese bequem gemacht, denn hier kann man regelmäßig Wale vorbei schwimmen sehen.
Ich entdecke einen Wasserfall auf der Straßenkarte. Natürlich müssen wir einen Abstecher machen. Die Straße ist eng und steil. Ich frage Mário, warum er vor den uneinsichtigen Kurven nicht hupt. Ihm ist das Hupen zuwider, anscheinend ist er kein richtiger Portugiese. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Wasserfall passieren wir einen kleinen Ententeich. Die sehr lecker aussehenden Vögel machen viel Lärm und lassen sich durch uns kaum aus der Ruhe bringen. Dann stehen wir vor der Kaskade. Wir können sehen, dass es in den letzten Tage nicht viel geregnet hat. Es fällt nur wenig Wasser den Felsen herunter. Trotzdem ist es beeindruckend.
Nach ein paar Minuten gehen wir zurück zum Wagen. Mário touchiert auf unserem Weg zurück zur Hauptstraße mit dem Außenspiegel eine Mauer. Es stellt sich als winziger Kratzer heraus, doch Mário meint, dass sein Vater diesen Kratzer finden wird. Mir fällt er nicht auf.
Je weiter wir in den Nordosten der Insel vordringen, desto mehr nähert sich die Vegetation den übrigen Azoreninseln an. Es wird grüner, wir finden andere Pflanzen. Oberhalb des Dorfes sehen wir die Terrassen für den Weinanbau. Die Hänge sind noch steiler, als ich es von der Mosel her kenne.
Schon zu Beginn unserer Tour habe ich Mário instruiert, dass er sofort anhalten soll, wenn wir Esel sehen. Ich bin gerade mit der Straßenkarte beschäftigt, als er plötzlich die Esel sieht, die auf einer Weide recht weit entfernt von der Straße stehen. Natürlich haben wir keine Karotten dabei. Aber es ist leicht, sie mit saftigem Gras von der anderen Straßenseite anzulocken. Alle Esel ticken gleich. Diese hier sind sogar sehr freundlich, sie lassen sich zwischen ihren langen Ohren kraulen.
Es ist Zeit, zurück zum Hafen zu fahren. Mário muss seinen Vater von der Arbeit abholen. Zwischendurch stoppen wir noch an einem Supermarkt und besorgen das Abendessen. Die Hähnchenschenkel sehen etwas größer aus als normal und kommen in Wirklichkeit vom Truthahn. Nach angemessener Grillzeit erweisen sie sich als sehr lecker. Ein schöner Ausklang eines wunderbaren Tages.