Ribeira Grande

Bald ist es Zeit, Sao Miguel zu verlassen. Ich habe die Abfahrt für übermorgen geplant. Morgen wird Mário auf Sissi einziehen. Er wohnt in Ponta Delgada und möchte seine Ferien damit verbringen, nach Europa zu segeln. Ich bin gespannt, ob das etwas für ihn ist. Deswegen planen wir zunächst einen Kurztrip nach Santa Maria. Bis dahin habe ich noch etwas Zeit für mich. Es sieht wie immer regnerisch aus, also setze ich mich in den Bus nach Ribeira Grande.

Hauptstraße in Ribeira Grande

Das Ziel ist bewusst gewählt. Die Samai war dort schon und sie haben mir erzählt, dass der Ort einen Besuch lohnt. Außerdem dauert die Fahrt nur eine gute halbe Stunde, der Bus fährt oft. Am zentralen Busbahnhof steige ich aus. Dort ist die Tourist Information und ich bekomme einen Stadtplan mit den Sehenswürdigkeiten. Das sind vor allen Dingen Kirchen.

Kirche an der Ecke der Hauptstraße

Die Zahl der Kirchen, in denen ich auf Sao Miguel gewesen bin, übersteigt die Zahl der Kirchen auf der gesamten restlichen Reise. Aber was soll ich machen, die Azoren sind zu 98% katholisch und die Katholiken stehen auf diese Prachtbauten. Ich war früher selbst einmal katholisch…

Eckkirche mit Altar
Jesus in der Eckkirche

Ribeira Grande bedeutet übersetzt irgendwas wie “großer Bach”. Der fließt dann auch malerisch mitten durch den Ort.

Bachlauf

Die Hauptstraße ist eine Einbahnstraße, die andere Richtung der Einbahnstraße führt über den Viadukt. Alles ist sehr malerisch, mir gefällt der Ort. Deswegen wird es auch schon wieder vor allem ein Bilderblog.

Blüten am Bachlauf

Während ich auf der Brücke stehe und die Aufnahmen mache, werde ich gleich von mehreren Personen angeschnorrt. Das geschieht nicht nur hier, es passiert ebenso in Ponta Delgada. Sehr viele Obdachlose hängen an den Touristenspots herum und versuchen so, sich durchs Leben zu bringen. Solange das nur auf der Straße geschieht, kann ich einigermaßen damit umgehen. In Frankfurt ist es auch nicht anders. Ein paar Cent vom Wechselgeld des Busfahrers habe ich auch. Wenn sie mich im Restaurant beim Essen ansprechen, werde ich doch ein wenig ungehalten.

Keine Kirche, nur ein Glockenturm

Auf jeden Fall ist Ribeira Grande nicht so kaputt gebaut wie Ponta Delgada. Die alten Gebäude dominieren das Stadtbild und nicht die Betonfronten. Das macht mir den Ort besonders sympathisch. Ich denke auch schon wieder Blödsinn.

Straßenszene mit Abbruchhaus

Eine Runde spaziere ich noch durch die engen Straßen, dann stehe ich vor dem Glockenturm. Vielmehr lerne ich erst hier, dass es der Glockenturm ist. Er ist zwar auf dem Stadtplan eingezeichnet, ich habe ihn aber zunächst mit einer Kirche verwechselt. Man kann hinaufsteigen. Ich zahle 1€ und steige hoch.

Belohnung, der Blick von oben

Jetzt kann ich auch die Kirche sehen, mit der ich den Glockenturm zuerst verwechselt habe. Sie steht direkt daneben. So viele Türme, so viele Glocken.

Kirche neben dem Glockenturm

Später versuche ich noch, diese Kirche von innen zu sehen. Ausnahmsweise ist das hier nicht möglich, denn die Türen sind alle verschlossen.

Nicht hinsetzen. Jens meint, es würde “Kacken verboten” bedeuten.
Beweisfoto. Ich war wirklich oben und habe die Bilder nicht geklaut.

Warum, warum nur mache ich immer wieder dieselben Fehler. Zum einen ist es immer wieder mein Knie, das nach dem Abstieg von solchen Türmen mit mir schimpft. Zum anderen ist es meine Höhenangst. Solange das Treppenhaus geschlossen ist, macht es mir gar nichts aus, nach oben zu klettern. Ich habe auch keine Probleme mit der Aussichtsplattform, wenn sie von einem Geländer oder noch besser von einer Mauer umgeben ist. Aber der Abstieg… der Abstieg, wenn man heraus schauen kann.

Nichts für meine Höhenangst.

Dieser Abstieg. Für dieses Stück Treppe brauche ich fast fünf Minuten. Letzten Endes krabbele ich rückwärts auf allen Vieren herunter. Warum habe ich das in meinem Kopf drin? Ich weiß es nicht. Auf den nächsten Turm werde ich trotzdem wieder steigen.

Noch eine Kirche

Den Rest des Ausflugs verbringe ich ebenerdig. Ich finde noch eine Kirche, in die ich hineinschauen kann. Auf dem Foto kann man mich im Verkehrsspiegel fotografieren sehen.

Auch hier wieder die ganze Pracht.

Langsam knurrt mein Magen. Deswegen besuche ich das Museum nicht, ich mache nur ein Foto aus der Entfernung. Ich brauche Mittagessen. Ich spaziere zurück zum Glockenturm, denn davor habe ich eine ganz spezielle Speise gesehen. Es drehen sich knusprige Grillhähnchen auf ihren Spießen. Ein frisch gegrilltes Hähnchen hatte ich lange nicht. Der Vogel hält, was er vom Aussehen und Duft her verspricht.

Museum

Satt und zufrieden spaziere ich zum Busbahnhof. Dort bekomme ich in der Bar ein Bier für die Wartezeit, bevor ich wieder zurück nach Ponta Delgada gefahren werde. Ein schöner letzter Landausflug auf Sao Miguel.

Nette Menschen

Zu diesem Beitrag hat mich Micha inspiriert. Es gibt nämlich überall nette und freundliche Menschen, man findet aber auch überall egoistische Ar***löcher.


Pock pock pock. Ich liege in meinem Bett und schlafe noch. Ich träume von leckerem Essen oder schönen Frauen oder was auch immer. Pock pock pock pock pock. Langsam verfliegen die Träume. Ich kehre dem Reich der Schlafenden den Rücken. Hat es da nicht irgendwo geklopft? Ich drehe mich um und versuche, noch ein paar Minuten zu schlafen. Bumm bumm bumm bumm bumm bumm. Es klopft definitiv jemand an meiner Bordwand.

Diese Stromsäule ist ein wahres Kunstwerk der Elektrotechnik.

Ich vernehme eine Stimme, als würde jemand rufen. Okay, vielleicht ist es der Hafenmeister. Vielleicht gibt es ein Problem mit Sissi. Ich krabbele aus dem Bett und erklimme die Treppe ins Cockpit. Meine Brille liegt noch irgendwo im Salon, wo ich sie gestern Abend hingelegt habe. Ich schaue aus dem Cockpitfenster und sehe niemanden. Was habe ich denn da geträumt? Ja, ich gebe zu, gestern Abend ist es etwas später geworden. Mário war an Bord, der mit mir nach Europa segeln möchte. Wir haben das eine oder andere Gerstenkaltgetränk zu uns genommen. Normalerweise vertrage ich das ja und höre am nächsten Morgen keine Stimmen. Klopfen höre ich normalerweise auch nicht.

Auch hier waren wahre Künstler am Werk. Der obere Zweig des Y-Adapters geht über in einen Campingplatz-Adapter, der eine Schuko-Steckdose bereitstellt. Von dort geht ein Haushalts-Verlängerungskabel weiter. Nicht für den Außeneinsatz oder feuchte Räume bestimmt.

Jetzt höre ich die Stimme wieder. Ganz hinten steht ein Mann auf dem Fingersteg. Also direkt neben meiner Schlafkoje. Dann hat er wohl auch dort geklopft. Er brabbelt irgendwas auf Englisch mit starkem französischen Akzent. Ich verstehe ihn nicht, aber das ist ohne Morgenkaffee kein Wunder. Ich hoffe, dass es wichtig ist. Ich gehe wieder nach unten und setze meine Brille auf. Dann gehe ich wieder rauf und sage bonjour.

Das Haushalts-Verlängerungskabel wird wieder mit Hilfe eines Campingplatz-Adapters (diesmal andersrum) an ein Boot angeschlossen.

Der Mann fragt mich, ob er mich geweckt hat. Ich antworte freundlich mit ja. Genau so freundlich, wie ich ohne Kaffee antworten kann. Wer mich kennt, kennt auch das Niveau meiner Freundlichkeit. Das hat jedoch noch nicht genügt, um den Mann zu vertreiben. Komisch. Normalerweise laufen die Leute dann entsetzt davon. Doch der Mann scheint ein wichtiges Anliegen zu haben. Er fragt, ob er meinen Stromstecker für sechs Stunden aus der Steckdose ziehen kann.

Beide Wasserhähne sind mit Schläuchen belegt. An der Stellung der Wasserhähne sieht man sehr gut, dass gerade kein Wasser läuft, die Schläuche also nicht benutzt werden. Damit werden die Wasserhähne für alle anderen Boote blockiert, die vielleicht auch Wasser brauchen. Das ist wie ein Handtuch auf dem Liegestuhl am Strand.

In den meisten Marinas sind Steckdosen Mangelware. Es gibt nicht für jeden Liegeplatz eine Steckdose. Eine Ausnahme ist die Renaissance-Marina in Aruba, da gibt es wirklich für jeden Liegeplatz eine Steckdose. Manche Segler greifen da zu kreativen Lösungen, wie zum Beispiel zu den Adaptern, die aus einer Steckdose zwei oder drei machen. Wenn sich dann alle beim Stromverbrauch ein wenig beschränken, ist das meiner Meinung nach eine sehr schöne Lösung. Ich habe einen solchen Adapter nicht, sondern ich habe Adapter für alle Steckdosenformate. Sissi ist gerade unten links eingesteckt, das ist die normale 1-Phasen-230V-Steckdose. Die beiden roten Steckdosen haben 3 Phasen. Auch dafür kann man sich Adapter bauen. Als wir Sissi hier festgemacht habe, war die Steckdose unten links jedoch frei. Also haben wir das Boot eingesteckt.

Sissi am Fingersteg mit Stolperfalle. Der Schlauch zum Nachbarboot ist mehr oder minder straff gespannt. Der Wasserhahn ist übrigens geöffnet, weil dieses Boot eine quasi dauerhafte Verbindung zur Wasserleitung herstellt. Da wird das Wasser nicht einmal in den Tank gefüllt, das Wasser wird wie zu Hause direkt aus der Leitung verbraucht.

Sissi funktioniert sehr gut, wenn der Landstromstecker nicht in der Steckdose ist. Das ist zum Beispiel auf den Ozeanpassagen oder vor Anker der Fall. Das einzige, was dann nicht funktioniert, ist der elektrische Wasserkocher. Den brauche ich zum Überleben, besonders heute nach diesem rüden Wecken am frühen Morgen um 9 Uhr. Mit dem Gasherd wird das Wasser auch heiß, es dauert aber länger. Außerdem muss ich das Gas bezahlen, der Strom ist im Marinapreis mit drin. Aus Erfahrung weiß ich, dass es nicht bei sechs Stunden bleiben wird, wenn mein Stecker einmal herausgezogen ist. Es wird wahrscheinlich eher zu einer feindlichen Übernahme der Steckdose kommen. Außerdem bin ich nicht hilfsbereit, wenn mich morgens jemand wegen einer solchen Lappalie weckt. Mein Französisch läuft seit Guadeloupe wieder wie geschmiert. Ich frage ihn, ob er einen Adapter hat. Er hat keinen. Damit kann er mir gestohlen bleiben. Jetzt brauche ich nur zwei bis drei Dutzend Worte, um den Mann zu verscheuchen. Worte, die ein ein Stachel ins Fleisch bohren. Worte, die man nicht im Schulunterricht lernt. Später am Tag sehe ich, dass es sich bei seinem Boot um einen fetten Katamaran handelt. Ich liebe diese Menschen.

Die Samai hat abgelegt. Man kann sie oben links auf dem Foto noch sehen. Nur wenige Sekunden später steckt der Katamaran seinen Stecker in deren ehemalige Steckdose.

Ich hätte ihm sagen können, dass die Samai ihren Strom gar nicht braucht. Die sind nämlich mit dem Auto unterwegs auf der Jagd nach dem Azorengimpel. Habe ich aber nicht. Ich koche mir meinen Kaffee, setze mich ins Cockpit und sinniere über die “Gemeinschaft” der Segler. In den Augen der meisten Katamaran-Leute ist Sissi nur ein Stück Plastikmüll, das im Ozean treibt. Und ich bin wohl so etwas wie der Obdachlose vor dem Kaufhaus. Ich kann mir nicht einmal ein anständiges Schiff leisten. Der Kaffee wirkt. Ich mache mich auf den Weg zum Supermarkt, Sissi muss für die anstehende Ozeanpassage bevorratet werden.


Disclaimer: Nicht jeder Katamaran-Treiber ist unfreundlich. Nicht jeder Segler auf einem Einrumpfboot ist freundlich. Wie ich eingangs schon geschrieben habe, es gibt überall nette Menschen und es gibt die anderen. Aber ich erkenne einen Trend, wenn ich ihn sehe.

Rolkoffergeschwader. Die Koffer dröhnen über den Steg. Kommen meist auf Katamarane, andere Boote haben den Platz für die unpraktischen Kisten nicht.

Leider hat es mit Fanny als Crewmitglied nicht geklappt. Sie hat sich dafür entschieden, mit dem Flugzeug nach Hause zu fliegen. Ihr Schwager ist plötzlich ins Krankenhaus gekommen und sie möchte ihrer Schwester mit den Kindern helfen.

Heilig

Der Dienstag ist gekommen. Jens fliegt heute nach Hause. Es ist nicht so, dass mir das gefällt. Jetzt muss ich sehen, wie ich alleine weiter nach Europa komme. Vielleicht hilft mir Fanny, eine junge Schweizerin. Sie hat im Hafenbüro einen Aushang gemacht und sucht eine Passage nach Europa. Wir wollen uns heute zum Mittagessen treffen. Doch erst einmal muss Jens an den Flughafen. Sein Flug geht um 10:45 Uhr und er möchte zwei Stunden vor dem Abflug da sein. Also muss ich schon wieder extrem früh aufstehen, ich will ihn begleiten.

Flughafen Johannes Paul II. Ponta Delgada

Papst Johannes Paul II. war bekanntermaßen sehr reisefreudig. Wenn man jeden Flughafen nach ihm benannt hätte, an dem er den Boden geküsst hat, dann wäre die Welt voll mit solchen Airports. Doch hier in Ponta Delgada war er zur Flughafeneröffnung, hat ihn sozusagen eingeweiht. Was soll ein Papst auch sonst machen? Der alte Flughafen hieß noch Kuh-Flughafen, weil dort so viele Kühe neben der Landebahn grasten und auch sehr viele Kühe weggeflogen wurden. Heilige Kühe vielleicht nicht, doch immerhin haben sie hier jetzt einen heiligen Flughafen.

Jens steht in der heiligen Halle

Kaum haben wir die Marina verlassen und überqueren auf dem Weg zum Taxistand die Hauptstraße, schon hält ein Taxi an. Der Taxifahrer kann das gute Geschäft riechen. Eine Fahrt zum Flughafen mit Gepäck kostet immerhin 10€ und dauert etwa fünf Minuten. Ohne Gepäck kostet die Fahrt 8€. Auf Sao Miguel gibt es Festpreise für die Taxis, wie in Aruba. Während die langen Ausflüge etwa nach Sete Cidades mit 60€ recht günstig zu haben sind, sind die Kurzstrecken in meinen Augen Wucher. Mit dem Bus für 97 Cent zum Flughafen zu fahren ist leider keine Option. Die Planer haben die Bushaltestelle am Terminal nicht gebaut, man muss etwa zwei Kilometer zu Fuß gehen. Das mache ich dann auch, nachdem ich mich von Jens verabschiedet habe. Die 8€ möchte ich lieber anderweitig investieren. Immer schön an der vierspurigen Straße entlang. Dann darf ich fast noch auf die Autobahn laufen, nicht nur die Bushaltestelle wurde nicht gebaut, auch die Treppe nach oben zur Bushaltestelle haben sie vergessen. Die Straße liegt nämlich ein gutes Stück oberhalb des Flughafens.

Blick von der Bushaltestelle auf das heilige Vorfeld

Natürlich fängt es an zu regnen. Außerdem bin ich wohl nicht heilig genug, denn mir fährt der Bus nach Ponta Delgada vor der Nase weg. Toll. Ich erinnere mich aber an heilige Tiere, die ich aus dem Bus heraus auf dem Weg nach Mosteiros zum ersten Mal gesehen habe. Sie wohnen in Relva, das ist der Ort gleich hinter dem Flughafen. Von meinem Standort aus ist es nicht mehr weit, ich habe keine Lust, im Regen auf den Bus zu warten. Dann spaziere ich lieber im Regen.

Heiliges Blechle!
Hier wurde beim Einparken ganze Arbeit geleistet.

Auf meinem Weg komme ich an einer heiligen Blechskulptur vorbei. Offenbar hatte der Fahrer einen Schutzengel. Er hatte es wohl etwas eilig beim Einparken und dann aber ganze Arbeit geleistet. Noch kompakter kann man einen Wagen kaum zwischen der Gartenmauer und dem Baum unterbringen.

Opfergabe für die heiligen Kühe

Ich besuche noch schnell den örtlichen Supermarkt, um für die heiligen Kühe ein Opfer zu besorgen. Das soll sie freundlich stimmen. Dann sind es nur noch wenige Schritte zu der Stelle, wo ich die Tiere gesehen zu haben glaube. Und tatsächlich, da sind sie. Sie sind auf ihrer Weide und schauen mich ungläubig an.

Heilige Kühe

Der Regen hat aufgehört, die Sonne traut sich langsam aus den Wolken heraus. Ich winke mit den Opfergaben. Die beiden Kühe kommen sofort angelaufen.

Füttere mich!

Leider gibt es um die Weide herum einen Elektrozaun. Die beiden Bewohner kennen diesen Zaun natürlich ganz genau und möchten nicht mit ihm in Berührung kommen. Ich möchte den Zaun auch nicht berühren. Vielleicht ist gar kein Strom drauf, doch verlassen werde ich mich darauf nicht. Die Kühe wohnen immer hier, sie sollten ihr Grundstück kennen.

Genau diesen Gesichtsausdruck habe ich seit Monaten vermisst.

Es ist schon ein halbes Jahr her, das sich diesen Gesichtsausdruck das letzte Mal gesehen habe. So fordernd zuletzt in Aruba, in größeren Massen zuletzt in Bonaire, das war im Januar bzw. Februar. Also lege ich los und opfere meine Karotten.

Es funktioniert immer.

Irgendwie bekommen wir drei das hin. Niemand muss den Zaun berühren. Ich muss meinen Arm ganz schön lang ausstrecken, die beiden Kühe müssen ihren Kopf ein wenig verdrehen. Die Motivation ist hoch, es klappt wie gewünscht. Herrlich ist es, das Geräusch der Zähne zu hören, wie sie die Karotten zermahlen.

Wegen des Elektrozauns muss ich den Arm ganz schön lang machen.

Die beiden sind wesentlich weniger gierig, als ihre Artgenossen in Aruba. Vielleicht liegt es daran, dass sie auf einer satt grünen Weide wohnen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie solche Leckereien nicht allzu oft bekommen. Sie haben aber einen sehr zufriedenen Gesichtsausdruck. Nach dem Möhrenopfer sind die beiden wohl zufrieden, eine Kuh rollt sich sogar auf den Rücken.

Fühlt sich sehr wohl!

Ich verabschiede mich und gehe weiter zur Bushaltestelle. Die liegt gleich neben einem geweihten Gebäude. Portugal ist ja schon ziemlich katholisch, auf den Azoren wird das aber noch einmal getoppt. In jedem Dorf gibt es mindestens eine Kirche und/oder eine Kapelle.

Der Fahrplan sagt mir, dass ich noch Zeit für eine ausgiebige Besichtigung habe. Also nichts wie hin. Leise betrete ich das Gotteshaus. Trotzdem fühlen sich zwei Betende durch mich gestört und drehen sich immer wieder nach mir um.

Innenansicht mit heiligem Tisch

Den heiligen Teppich schreite ich nicht ab, ich verlasse das Gebäude gleich wieder. Ich möchte niemanden stören oder belästigen. Nein, mein Telefon gibt keine Geräusche von sich, wenn ich ein Foto aufnehme. Vielleicht liegt es ja auch nur daran, dass ich ein Fremder bin und hier nicht gar so viele Fremde eintreten. Relva liegt ein wenig abseits der klassischen Touristenspots auf Sao Miguel.

Vor der Kirche sitzen mehrere ältere Herren und schwätzen in der Morgensonne

Mein Bus ist pünktlich. Ich kann von der Straße aus sehen, dass das Flugzeug von Jens da ist und die Fluggäste schon an Bord gegangen sind. Die Türen sind nämlich schon geschlossen. Bei so viel Heiligkeit wird der Abflug wohl pünktlich sein.

Jens startet fast pünktlich. Die kleine Verspätung erlaubt mir diese Aufnahme des richtigen Fliegers.

Eine kleine Flugverspätung von etwa fünf Minuten erlaubt mir sogar, exakt den Flieger zu fotografieren, in dem Jens sich auf dem Weg nach Lissabon befindet. Eigentlich wollte ich irgendeinen Flieger ablichten. Heilige Scheiße, ich hätte nicht gedacht, dass das mit dem richtigen Flieger noch klappt.

Wie geht es wohl weiter?

Mittags treffe ich mich mit Fanny. Sie ist 29 Jahre alt, kommt aus der Schweiz und ist mit dem Segelboot aus der Karibik auf die Azoren getrampt. Jetzt möchte sie weiter. Beim Mittagessen macht sie einen sympathischen Eindruck, wir besichtigen Sissi und ihr gefällt das Boot. Sie möchte noch ein paar Tage in Sete Cidades wandern gehen, bevor sie an Bord einzieht. Damit bin ich vollkommen einverstanden. Einen Teil ihres Gepäcks kann sie schon auf Sissi parken, sie muss ja nicht alles zum Wandern mitschleppen.