Muskelkater

Es ist Montag. Gestern waren Jens und ich in Sete Cidades wandern, heute spüre ich es in meinen Knochen. Es entwickelt sich ein wunderbarer Muskelkater. Dafür hat mein Knie die Wanderung sehr gut überstanden, es tut überhaupt nicht weh. Meine Entscheidung für den Rückweg über die Straße war genau richtig. Für morgen hat Jens seinen Rückflug gebucht, also unternehmen wir heute nicht mehr viel.

Eingang zum Glockenturm. Der Eintritt ist frei!

Die Samai war schon vor ein paar Tagen auf dem Glockenturm des Rathauses. Wir haben Bilder gesehen, der Ausblick von oben ist ganz nett. Also wollen wir auch die Stufen erklimmen. Am Eingang sitzt eine Frau. Sie passt auf, dass alles geordnet zugeht und hat einen Blick auf die Videokamera auf dem Dach.

Treppenstufen. Nicht ganz regelmäßig. Nicht ganz intakt. Dafür aber original!

Ich bin nicht schwindelfrei und habe so meine Probleme mit Türmen. Besonders dann, wenn ich beim Aufstieg nach unten schaue und etwa auf Treppenstufen aus Gitterrost nach oben steigen muss. Die Treppe des Glockenturms ist nicht schlimm, auch wenn sich zwischen den uralten Stufen Lücken auftun. Damit kann ich umgehen. Der Leuchtturm auf Faial war schlimmer.

Glocke und Blick nach Norden
Glocke und Blick nach Osten

Wir erreichen die Glocken-Ebene und läuten heftig. Nein, natürlich können wir die Glocken nicht läuten, sie sind hinter einem Gitter eingesperrt. Ich bewege das Objektiv ganz nah an das Gitter, so dass ich die beiden Aufnahmen durch das Gitter hindurch machen kann. Wir müssen noch einen Moment warten, bevor wir auf das Dach klettern können. Es kommt eine Gruppe Besucher herunter, auf der engen Wendeltreppe kann man nicht aneinander vorbei kommen.

Die Wendeltreppe zum Dach ist wirklich eng. Meine Füße passen gerade so auf die Stufen.

Beim Aufstieg schleift mein Rucksack an den Wänden. Die uralten Stufen bieten den Füßen gerade genug Platz, um einigermaßen hoch zu kommen. Dafür bietet sich uns nun ein sehr schöner Ausblick über die Dächer von Ponta Delgada.

Nach ein paar Minuten habe ich mich an die Höhe gewöhnt und traue mich sogar bis ans Geländer heran, um eine kleine Panoramaaufnahme anzufertigen. Richtig schön ist der Ort nicht, er ist ziemlich verbaut. Dennoch macht ein Ausflug in die Höhe Freude, weil man herunter schauen kann.

Panoramablick von Nordost bis Südost

Bevor wir uns wieder auf den Weg nach unten machen, muss ich noch Sissi fotografieren, die man in der Marina von hier aus sehen, aber nicht erkennen kann. Außerdem schieße ich noch auf den Mann von der Stadtreinigung.

Der Mann mit dem Straßenstaubsauger

Der Bereich in der Innenstadt von Ponta Delgada, in dem sich die meisten Touristen herumtreiben, gehört zu den saubersten Innenstädten, die ich in meinem Leben gesehen habe. Es steht nicht nur an jeder Ecke ein Papierkorb, sondern es sind den ganzen Tag Arbeiter im Einsatz, die mit Besen und Staubsaugern den Boden rein halten.

Sissi liegt am dritten Steg ganz hinten. Weiß doch jeder.

Der Weg nach unten auf der engen Wendeltreppe ist herausfordernder als der Aufstieg. Selbstverständlich meistern wir den Abstieg auch, langsam meldet sich aber mein Knie.

Hier fängt sie an bzw. hier hört sie auf, die Wendeltreppe.

Zum Abendessen kocht Jens uns eine Abschiedslasagne. Er möchte sich rehabilitieren, nachdem er auf See seine Lasagne eher getrocknet als gebacken hat. Diesmal wird das Kult-Pastagericht lecker und saftig. Ich esse zu viel davon, es liegt mir schwer im Magen. Warum nur mache ich immer wieder denselben Fehler. Also machen wir in den Abendstunden noch einen kleinen Spaziergang. Dabei kommen wir am Gefängnis vorbei, es sieht architektonisch auch nicht schlimmer aus als die Hotelburgen. Die Gäste in den oberen Etagen haben jedenfalls einen schönen, unverbaubaren Meerblick.

Dieses “Hotel” ist für die Bewohner gratis.

Wandertag Teil 3: Es geht runter in den Ort

Der Aufstieg steckt mir in den Beinen. Der Wanderweg herunter nach Sete Cidades ist steil, ich will ihn meinem Knie nicht zumuten. Also plane ich, die Straße entlang zu laufen. Jens möchte noch einen weiteren Aussichtspunkt erklimmen. Wir verabreden uns im Ort in einer Taverne.

Teil zwei meiner Wanderung. Jens geht noch zum Miradouro da Boca do Inferno

Doch vorher haben wir uns eine Stärkung verdient. Ich gönne mir ein frisch gezapftes Superbock an einem der Burgerläden. Dazu gibt es noch ein belegtes Brötchen. Jens inhaliert seine Nudeln mit Pesto, dabei wird er von einem Vögelchen quasi schon belästigt.

Superbock, frisch gezapft
Nudeln mit Pesto und Piepmatz

Anschließend laufen wir noch gemeinsam bis zur nächsten Wegkreuzung. Dann trennen sich unsere Wege.

Überall grüne Wiesen und Wälder, überall Kühe.
Lagoa do Santiago
Ich liebe diese Farben, dieses Grün. Die Azoren sind sehr, sehr schön.
Schon ein ganzes Stück tiefer der Blick auf Sete Cidadaes
Blauer und grüner See als Panorama
Die Pflanzen sind einfach saftig.
Der blaue und grüne See sind ja einfach nur ein einziger See, getrennt durch eine Brücke. Der Rest gehört der Legende.
Seebrücke
Diese Enten auf der Seebrücke sind nicht aus der Ruhe zu bringen. Selbst als ich nur einen halben Meter von ihnen weg bin, bleiben sie ruhig sitzen und sind entspannt. Die sind an Touristen gewöhnt.
Süße Katze im Restaurant am See

Direkt am See finde ich ein schön gelegenes Restaurant. Ich plane, hier eine Mahlzeit einzunehmen. Außerdem habe ich Lust auf ein Bier. Die Menschen am Tisch neben mir werden vom Kellner bedient. Auch der Tisch auf meiner anderen Seite ist besetzt, hier kann ich leckere Speisen auf dem Teller sehen. Doch ich sitze nun schon eine Viertelstunde hier, der Kellner kommt nicht an meinen Tisch. Ich spiele mit der Katze, besteche sie mit einigen Leckerlis.

Bestechung geht immer!

Dann nehme ich mir ein weiteres Brötchen aus dem Rucksack und belege es mit Wurst und Käse. Dazu trinke ich den Rest Wasser aus meiner Flasche. Das stillt immerhin Hunger und Durst, ist jedoch nicht mit einem frischen Bier und gegrilltem Fisch vergleichbar. Ich bin mit meiner Zwischenmahlzeit fertig, der Kellner wuselt derweil um alle anderen Tische herum. Nur nicht um meinen. Nicht, dass ich ihm keine Zeichen gegeben hätte. Es sollte ihm auch nicht verborgen geblieben sein, dass ich im Restaurant die selbst mitgebrachte Speise gegessen habe. Ich gehe. Ich gebe kein Trinkgeld.

Kirche in Sete Cidades

Gegenüber von der Kirche MUSS eine Taverne sein. Das ist der Bauplan eines normalen portugiesischen Dorfes. Oder der eines fränkischen Dorfes. Ich würde es als universelle Weisheit bezeichnen. Also schleppe ich mich auf meinen müden Beinen noch einen knappen Kilometer weiter. Den Weg hätte ich sowieso gehen müssen, denn hier befindet sich auch die Bushaltestelle.

Sao Nicolau. Schlicht und einfach gehalten.

Ich finde die Taberna Sao Nicolau. Hier ist alles ganz schlicht. Im Hof verkünden die Schilder, dass hier Selbstbedienung herrscht. Also gehe ich an den Tresen, hole mir mein Bier ab und setze mich unter den Sonnenschirm. Später esse ich noch eine Bifana, das ist ein Brötchen mit gegrilltem Schweinefleisch. Jens kommt irgendwann auch, er ist den Wanderweg vom Hotel aus “heruntergekullert”. Der ist wirklich sehr steil und wäre Gift für mein Knie gewesen.

Der 1-PS Milchtransport fährt ab.

Auch Jens isst eine Kleinigkeit, wir trinken noch ein Bier und dann ist es Zeit für den Bus. An der Bushaltestelle treffen wir die beiden Franzosen wieder, mit denen wir zusammen losgelaufen sind. Ich bin müde und schlafe im Bus ein, das passiert mir nicht oft. So kommt mir die Rückfahrt dann auch rasend schnell vor. Zum Abendessen unternehmen wir keine großen Anstrengungen, wir essen einen Döner.

Auf dem Heimweg nach Ponta Delgada

Dieser Blog entsteht drei Tage nach der Wanderung. Ich habe immer noch Muskelkater.

Wandertag Teil 2: Monte Palace

Einmal in meinem Leben habe ich mehrere Nächte in einem Fünf-Sterne-Hotel verbracht. Das war während eines Seminars, das ich für meine Firma besucht habe. Jetzt habe ich wieder die Gelegenheit ein solches Hotel zu besuchen. Das ist allerdings schon mehr als ein Vierteljahrhundert geschlossen.

Es ist viel los am Miradouro.

Der Name des Aussichtspunkts ist nach dem portugiesischen König Carlos I. benannt, der hier den königlichen Ausblick genießen durfte. Anfang der 1980er Jahre wurde an diesem Ort das Hotel geplant. Die Touristen sollten im einzigen Fünf-Sterne-Hotel der Azoren den Ausblick auf die beiden Seen und das Meer genießen.

Hotelruine des Monte Palace

Der dichte Nadelwald auf dem Vulkankrater spiegelt sich nur in dem einen See, dem Lagoa Verde (grüner See). Der andere See heißt Lagoa Azul, der blaue See. Es gibt aber auch eine Legende dazu. Das Märchen von einer Königstochter, die sich auf der Brücke heimlich mit ihrem Geliebten, einem Hirtenjungen, traf. Das konnte nicht gut gehen. Der König hat letztendlich einen Gemahl für sie bestimmt. Beim letzten Treffen des Liebespaares auf der Brücke gab es viele Tränen. Die Prinzessin weinte aus ihren blauen Augen so viele Tränen, genug um den Lagoa Azul zu füllen. Der Hirte hatte grüne Augen und weinte so lange, bis der Lagoa Verde voll war.

Eintritt verboten. Es ist gefährlich!

Der französische Stararchitekt Olivier-Clément Cacoub hat das Hotel entworfen. Es war jedoch nur knapp zwei Jahre in Betrieb, die Gäste blieben aus. Heute ist es sehr beliebt bei Touristen, der Eintritt ist frei. Ich habe meine Informationen aus einem älteren Artikel der Frankfurter Rundschau, den ich nicht abschreiben möchte, sondern hier verlinke. Die Lektüre lohnt sich!

Eingang. Niemand soll sagen, dass nicht auf die Gefahren hingewiesen wird.
Hotellobby
Treppenhaus
Parkplatz mit Grillbuden
Hotellobby aus dem dritten Stock fotografiert
Wanderparkplatz mit Souvenirshop
Die Roof-Top-Bar ist schon lange geschlossen.
Blick vom Dach auf den Doppelsee
Viele bunte Bilder gibt es aber
Zimmer mit Meerblick

Ein faszinierender Ort, der jetzt wahrscheinlich jeden Tag mehr Touristen anzieht, als sich die Erbauer hätten träumen können. Den Umsatz macht der Burgergrill auf der Straße. Ich bereue nicht, nach oben geklettert zu sein. So richtig gefährlich war es auch nicht, da haben die Schilder wesentlich mehr versprochen. Bald erscheint der dritte Teil des Wandertags, mein Weg nach unten.