Immer wenn ich bei meinem Wagen auf die Bremse trete, tritt ein erbärmliches Geräusch auf. Als wären die Bremsbeläge auf einer Seite komplett abgefahren. An das Problem muss ich irgendwie heran. Also besorge ich ich im nächsten Autoteile-Geschäft einen Satz neue Bremsbeläge und fahre zu Edward, der in seinem Hof eine Miniatur-Autowerkstatt installiert hat. Dort zeigt sich, dass auch die Bremsscheiben ziemlich herunter geritten sind und erneuert werden müssen. Das ist alles kein Ding, schließlich fahre ich ein weit verbreitetes Modell. Die Scheiben müsste es an jeder Ecke geben, doch zuerst muss ich zurück an Bord, denn die Kätzchen brauchen mal wieder eine Fütterung.
So etwas wie Kätzchen-Aufzuchtmilch ist hier nicht einmal im Tier-Fachgeschäft zu bekommen. Die Katzenmilch im Supermarkt kostet pro 200ml 3,50 Florin, das grenzt fast an Betrug. Denn wenn ich auf der Zutatenliste sehe, dass da laktosefreie Kuhmilch drin ist, kann ich auch gleich zum Regal für die Menschen gehen und einen Liter fettreduzierte laktosefreie Kuhmilch für 1,99 Florin kaufen. Einen Dreiviertelliter versaufen die kleinen Racker durchaus pro Tag. Ich hoffe, dass ich sie bald dazu bekomme, normales Katzenfutter zu fressen, denn um ihre Milchportion müssen sie sich immer heftig streiten. Ich kann immer nur einem der Katerchen seine Portion geben, die anderen 12 Pfoten kämpfen dann um die Pole-Position.
Anfangs hatte ich meine liebe Mühe, sie zum Pinkeln und Kacken zu animieren. Jetzt brauche ich das nicht mehr, sie können das nun von alleine. Ob ich zu Hause bin oder nicht. Manchmal gehen sie auf das Katzenklo. Meistens aber nicht. Gelegentlich sehe ich ein Katerchen in einer Ecke, das eine verdächtige Position einnimmt und plötzlich auch noch verdächtige Geräusche macht. Dann schnappe ich mir den Kerl und trage ihn am Nacken zum Katzenklo. Es funktioniert, dort fangen sie dann an zu Scharren und zu Graben. Wenn ich nicht an Bord bin, landen die Ausscheidungen irgendwo auf dem Teppich.
Genau auf dem Teppich, den Jens und ich vor Monaten von der Ölpest befreit haben. Auf dem Teppich, der von den Voreignern liebevoll in den Salon eingepasst wurde. Auf dem Teppich, der schon lange nicht mehr schön ist und nur die hässlichen Bodenbretter kaschieren soll. Die will ich im Laufe dieses Jahres noch schön machen und gänzlich auf den schwer zu reinigenden Bodenbelag verzichten. Wenn die Kätzchen zurück im Tierheim sind, wird die Reinigung daraus bestehen, die Teppichfliesen auf den Müll zu werfen.
Hinsichtlich der Namen für die Katerchen ist eine Entscheidung gefallen. Einen schönen Vorschlag bekam ich aus Deutschland, Mary Read. Hätte ich gerne genommen, wirklich. Ich hatte für das Mädchen den Namen Anne Bonny ausgesucht.
Ich fahre die Kätzchen am Dienstag zum Entwurmen und zur Untersuchung ins Tierheim und wir stellen fest, dass wir das Mädchen nicht finden können. Es sind vier Jungs. Damit ist auch der Gedanke vorbei, das Mädchen an den Hafenmeister Paul zu vermitteln, der Gesellschaft für seinen Mikey sucht. Mikey akzeptiert keine Männer um ihn herum.
Da der Name auch irgendwie zu seinem Träger passen muss, haben die beiden neugierigsten Kater die Namen Kolumbus und Magellan bekommen. Sie sind beide Entdecker und müssen ihr kleines Näschen überallhin schieben. Dann haben wir noch Admiral Nelson, der die Ruhe selbst ist. Er beteiligt sich nur wenig an der Schlacht um die Milch, sondern wartet einigermaßen geduldig auf seine Portion. Der Letzte im Bund ist eine Fantasiefigur – Captain Sparrow. Er ist ein kleiner Drecksack und besonders gemein zu seinen Brüderchen.
Schließlich kommt der Tag, an dem alle aus dem Futternapf fressen. Anfangs ist ihnen die Nahrungsquelle nicht geheuer. Es riecht ja eigentlich ganz lecker, hat aber nichts mit dem zu tun, was vorher auf der Speisekarte stand. Also wird es von allen Seiten betrachtet. Meiner Erwartung nach würden entweder Kolumbus oder Magellan den ersten Schritt machen. Ich werde nicht enttäuscht. Magellan stellt gleich einmal seine Pfötchen in die Schale. Die anderen schauen fasziniert zu, den Geräuschen nach klingt es aber nach Nahrungsaufnahme. Ein ziemlich rhythmisches Schmatzen erklingt im Salon, die spitzen Öhrchen wackeln im Takt. Der Kater gerät mehr und mehr in Fress-Extase und landet zuletzt bäuchlings im Futter. Kein Grip in der Schüssel.
Währenddessen schleicht sich Captain Sparrow an die Schale heran. Zunächst probiert er recht zaghaft, dann merke ich, dass ihm die neue Nahrung ebenfalls mundet. Die anderen beiden halten sich eher entfernt und bei mir, statt sich im ihr Futter zu kümmern. Ich bin halt die Mama und die Mama muss doch Milch geben. Wie man mir im Tierheim erklärt hat, entscheidet die Katzenmama aber irgendwann, dass es keine Milch mehr gibt. Dann gibt es eben Mäuse. Captain Sparrow findet es so lecker, dass er nach nur wenigen Minuten bäuchlings neben Magellan schmatzt.
Die beiden anderen haben zunächst Probleme mit der Größe der Brocken. Sie saugen die Nahrung eher auf, als dass sie sie kauen. Das müssen sie noch lernen. In die Fußzehen beißen können sie prima, in die Nahrung beißen noch nicht. Das Futter macht eine Riesensauerei im Fell der Tigerchen, deswegen gibt es nach der Mahlzeit von mir nun auch noch eine Katzenwäsche dazu. Mit dem zerkleinerten Futter kann ich die beiden anderen nun auch noch motivieren, ihren Magen in der Schüssel zu füllen.
Das ist die erste Mahlzeit, in der die Kätzchen entscheiden, wie viel sie zu sich nehmen. Kolumbus liegt mit einem Kugelbauch in der Ecke. Auch Captain Sparrow scheint sich etwas zu viel zugemutet zu haben. Die beiden anderen sehen normal aus. Ich bin mal gespannt, wie lange diese Mahlzeit im Vergleich zur üblichen Milchmahlzeit vorhält.
Die Zeit kann ich nutzen, um beim Autoteile-Händler die Bremsscheiben zu besorgen. In den ersten vier Läden lande ich keine Treffer, im fünften und hochpreisigsten Laden finde ich die Scheiben endlich. Da hätte ich auch gleich zu Toyota fahren können. Ich vereinbare mit Edward, dass wir die Bremsscheiben am Folgetag tauschen.
Gesagt, getan. Mein Wagen steht in der improvisierten Werkstatt und Edward nimmt gerade den Steuerbord-Bugreifen ab. Ich habe die neue Scheibe schon griffbereit. Eine Minute später ist die alte Scheibe demontiert. Sie schreit geradezu danach, ersetzt zu werden.
Edward nimmt die neue Scheibe und will sie auf die Achse stecken. Er flucht. Ich sehe das Desaster und fluche mit. Die neue Scheibe hat zwei Zentimeter mehr Durchmesser. Wie bitte? Ich habe doch beim Einkauf darauf geachtet, dass ich die Scheiben zum richtigen Baujahr kaufe. Die Quittung für den Kauf ist auch schon irgendwo im Müll gelandet. Ich fahre zurück zum Teilehändler und reklamiere. Nach einem Gespräch mit dem Manager ist es möglich, die Scheiben zurück zu geben und mir wird eine Ersatzquittung ausgedruckt. Natürlich kann ich die passenden Scheiben nicht mitnehmen, denn sie sind nicht auf Lager. Sie werden bestellt und haben eine Woche Lieferzeit. Okay, damit kann ich leben.
Wie konnte es zu diesem Problem kommen? Ganz einfach, ich würde die Ursache „Aruba“ nennen. Auf die Frage nach dem Baujahr habe ich mit 2002 geantwortet, wie es auch in den Fahrzeugpapieren steht. Das Problem ist, dass die Fahrzeugpapiere in Aruba gemacht worden sind. Nach Eingabe der Fahrzeugnummer im Computer des Autoteile-Händlers erscheint als Baujahr plötzlich 1999. Warum das drei Jahre jünger wurde, kann mir niemand so recht erklären. Wahrscheinlich hat das Fahrzeug drei Jahre gebraucht, um aus Japan nach Aruba zu kommen und erstmals zugelassen zu werden. Für das Baujahr 1999 gibt es übrigens unterschiedliche Scheibengrößen – mit und ohne ABS.
Und wieder einmal habe ich trotz tigerbedingter Störungen einen Beitrag fertig geschrieben. Ich bin stolz. Jetzt darf ich die Tiger mal wieder waschen. Mit dem Waschlappen. Das Baden im Futter ist nicht gut für das Fell.
Und jetzt dürfen alle mitsingen. Katzeklo, katzeklo…