Die Zeit in Aruba wird länger und länger. Jeden Tag fällt es mir ein wenig schwerer, die gute Laune zu behalten. Wir sind zwar jetzt mit Brief und Telefonanruf des Gesundheitsdienstes aus der Isolation entlassen, doch wir sind einigermaßen eingeschränkt in unseren Bewegungsmöglichkeiten, denn wir haben das Auto nicht mehr exklusiv. Wir teilen es uns mit Edward, der jeden Tag außer Dienstag von 7:00 Uhr bis 15 Uhr arbeitet. Während seiner Arbeitszeit können wir unsere Angelegenheiten erledigen.
Heute ist Dienstag, also muss ich nicht um 6:30 Uhr am Parkplatz auf Edward warten. Er will uns den Wagen später vorbei bringen. Am späten Vormittag frage ich ihn, um wie viel Uhr er bei uns sein wird. Die Antwort ist ernüchternd. Der Wagen ist vergangene Nacht in Noord zusammengebrochen und muss nun erst einmal repariert werden. Edward muss Micheline um 15 Uhr zur Arbeit bringen. Bis dahin muss die Reparatur erledigt sein.
Meine erste Aktion nach Ende der Isolation war es, in der Apotheke Selbsttests zu besorgen. Auf diese Weise möchte ich vermeiden, noch einmal einen positiven PCR-Test zu haben. Das ärztliche Schreiben, welches mir jederzeit ohne weiteren Test einen Flug ermöglichen würde, wird leider von Bonaire nicht als Ersatz für einen negativen PCR-Test akzeptiert. Die Eintrittskarte für das gelobte Land ist für uns Segler weiterhin der negative Test. Da fällt es mir schwer, eine positive Grundeinstellung zu bewahren.
Der Bus ist auf die Minute pünktlich. Wir bezahlen 4,50 Florin pro Nase für eine Menge Busfahrt. Die lediglich fünfmal am Tag bediente Linie, die direkt an der Marina eine Haltestelle hat, ist nämlich auf einem Rundkurs unterwegs. Wir fahren erst einmal kilometerweit nach Süden und damit von unserem Ziel weg. Dann führt der Rundkurs einen riesigen Bogen durch das Wohngebiet Sabana Basora, um dann letztendlich auf dem Rückweg nach Oranjestad noch einmal bis auf zwei Kilometer an die Marina heranzukommen. Alleine hierfür braucht der Bus eine gute halbe Stunde. Stay positive. Irgendwann kommen wir an der zentralen Busstation an.
Zunächst sucht Eike einen Tätowierer, er will sich ein Souvenir in Aruba stechen lassen. Wir finden jedoch keinen, der ihn sofort anlacht und verschiebt das Projekt auf einen späteren Zeitpunkt. Anschließend steht der Programmpunkt „Fast Food“ auf der Tagesordnung. Ich hole mir ein paar Pastechi, Eike möchte unbedingt zu einer bekannten Fleischklopsbraterei spazieren. Während er in der Schlange an der Kasse steht und ich im Schatten eines Baumes warte, klingelt mein Telefon. Edward meldet das Auto als betriebsbereit. Der Tag entwickelt sich immer mehr positiv.
Kurze Zeit später sammelt er uns ein. Um heute noch einmal in den Supermarkt zu fahren, ist es etwas zu spät. Wir haben auch noch Reste von gestern zum Essen. Also bekommt Eike noch eine Fahrstunde. Da Edward und ich vereinbaren, das Auto am folgenden Tag wieder zu teilen, fülle ich gleich ein paar Liter mehr Benzin ein, als nötig gewesen wäre. Schließlich wollen wir es am kommenden Tag noch verbrennen. Wir verabschieden uns am Hafen. Er fragt, ob ich ihm am folgenden Morgen einen Kaffee mitbringen kann. Kann ich. Je näher unsere Abreise kommt, desto anhänglicher wird Edward. Er meint, ich solle bleiben und ein Geschäft in Aruba aufbauen.
Heute ist wieder Car Sharing Tag. Ich bin um 6:30 Uhr zur vereinbarten Zeit am Parkplatz. Im Gepäck eine Thermoskanne mit Kaffee und zwei Tassen. Nach und nach trinke ich eine Tasse nach der anderen. Edward kommt nicht, er schickt auch keine Nachricht. Meine Nachrichten kommen nicht an, so viel kann ich sehen. Stay positive. Um sieben Uhr ist die Kanne leer. Um 7:30 Uhr meldet sich Edward. Er hat verschlafen und ist direkt zur Arbeit gefahren. Wenn ich will, kann ich das Auto in Renaissance abholen. Ich eile zur Bushaltestelle und erwische noch den letzten Bus des Vormittags um kurz vor Acht. Wieder eine gute Stunde Fahrt nach Oranjestad. Nach dem Aussteigen unterhalte ich mich an der Bushaltestelle kurz mit Soraida, die auf neue Fahrgäste wartet. Anschließend hole ich das Auto ab und finde die Tanknadel irgendwo im Bereich unterhalb von „leer“. Hatte ich nicht gestern…?
Okay. Stay positive. Ich zahle ja keine Miete für den Wagen. Allerdings werde ich in Zukunft weniger voll tanken. Es fehlt ja doch am nächsten Morgen. Nach 10 Minuten sind wieder ein paar Liter Benzin im Tank und ich mache mich auf den Weg, Eike in der Marina einzusammeln. Mir fällt auf, dass Edward Kühlwasser nachgefüllt hat. Die Temperaturanzeige des Motors funktioniert ausnahmsweise. Wir müssen Wäsche waschen gehen. Dann zum Supermarkt. Dann müssen die verderblichen Lebensmittel an Bord gebracht und zuletzt die Wäsche geholt werden. Es wird knapp, die Wäscherei braucht drei Stunden. Zur Not muss ich das Auto ein paar Minuten später zurück geben. Edward wird es verstehen, er hat schließlich verschlafen.
Ich bin fast am Flughafen, als plötzlich die Öldruck-Kontrolllampe anfängt hell zu leuchten. Ich nehme den Fuß vom Gas und der Motor geht aus. Mit dem Restschwung schaffe ich es gerade noch auf die Wiese an der Seite der Straße. Ich öffne die Motorhaube und es stinkt nach verbranntem Öl. Das sieht gar nicht gut aus. Ich messe den Ölstand. Zwischen Min und Max ist ein Zentimeter Unterschied, der wahre Pegel ist jedoch irgendwo fünf oder sechs Zentimeter über Maximum. Das ist Gift für jeden Motor. Ich fürchte, das Auto hat seine besten Tage hinter sich. Stay positive.
Also hinterlasse ich das Auto, wie ich es vorgefunden habe. Schlüssel im Zündschloss. Und wie immer mit mehr Benzin im Tank, als vorher drin war. Der Wagen startet sowieso nicht mehr. Nur wenige Minuten muss ich warten, bis ich einen Minibus anhalten kann. Er bringt mich zurück in die Marina. Als ich Eike die Nachricht vom Ende seiner Fahrstunden überbringe, fällt dieser ob der Geschichte fast vor Lachen ins Wasser. Stay positive. Edward hat gestern Nacht mit dem Benzin noch eine größere Sause gemacht. Anschließend ist er auf die Idee gekommen, dass der Wagen jetzt dringend einen Ölwechsel braucht. Ein guter Mechaniker kann auch betrunken ein Auto reparieren. Nur sollte man vor dem Einfüllen des frischen Öls das alte Öl auch aus dem Motor entfernen. Sonst… Stay positive. Edward meint, dass er den Wagen starten und reparieren kann. Ich bin gespannt.
Auch meine Selbsttests sind weiterhin positiv. Eike hat zu Anfang ebenfalls einen Test gemacht, der negativ war. Also trage ich das Virus immer noch in mir, ich verbreite es jedoch nicht mehr. Also brauche ich gar nicht zu probieren, einen negativen PCR-Test für Bonaire zu bekommen. Also muss ich mir erst einmal keine Gedanken darüber machen, wir wir ohne Auto zum Testcenter kommen. Vielleicht kann Edward den Wagen ja reparieren, er hat ein großes Geschick darin. Stay positive.