Frohe Weihnachten

Es ist Heiligabend. Bei 32°C im Schatten fühlt sich das aber nicht so an. Das dritte Weihnachtsfest, an dem ich nicht zu Hause bin. Ich erinnere mich gut an das erste Weihnachten. Damals waren wir auf dem Weg von Teneriffa zu den Kapverden.

Unser Weihnachtsbaum 2019

Damals hatten wir noch nichts von dem neuen Virus gehört, das sich kurze Zeit später über die ganze Welt verbreiten sollte. Außer Jens und mir war Jakob mit an Bord, ein junger Österreicher. Sein Plan war damals, die Welt zu umrunden, ohne ein Flugzeug zu benutzen. Das ist ordentlich schief gegangen. Wir feierten Weihnachten auf hoher See und es war eine Bombenstimmung an Bord. Die Weihnachtslieder der Roten Rosen machen wahrscheinlich den meisten Menschen gute Laune.

Weihnachten 2020 in Santiago de Cuba

Das Weihnachtsfest 2020 feierten wir in Kuba gemeinsam mit dem Hafenmeister vom Dienst, dem Sicherheitsmann und der Putzfrau. Auch hier lassen wir wieder die Weihnachtsmusik von den Roten Rosen laufen, sie kommt auch in Kuba gut an. Wir ahnten noch nicht, dass zwei Tage später eine Drohne über ein Gefängnis fliegen wird und wir für eine ganze Weile unsere Telefone und Computer abgeben müssen. Dennoch habe ich die Zeit in Kuba als sehr angenehm in Erinnerung. Die einzelnen Menschen repräsentieren nicht das Regime.

Spontanbesuch bei den Kätzchen. Nur nicht so spontan.

Am Heiligen Morgen fahren wir zunächst ins Tierheim. Was sich jetzt vielleicht spontan anhört, ist in Wirklichkeit die Folge penibler Planung. Beim Verkauf meines Autos habe ich nämlich den Staubsauger im Auto liegen gelassen. Mit dem Käufer habe ich vereinbart, dass ich das gute Stück heute im Tierheim abholen kann. So ist es auch. Ich hätte mich geärgert, wenn das erst vor wenigen Monaten gekaufte Gerät verschwunden gewesen wäre.

Eike trägt einen kleinen Welpen

Nicht nur die Babykatzen haben es Eike angetan, er schnappt sich den kleinsten Welpen, der im Hof zu finden ist. Ich wende mich von meinem Neffen ab und unterhalte mich wieder mit den anderen Anwesenden. Plötzlich höre ich Schreie. Eike ist aufgesprungen und macht komische Geräusche. Es sind die Laute einer Person, die sich gerade unglaublich stark ekelt. Ich sehe mir die Bescherung an. Der kleine Welpe hat kurz zuvor ein Entwurmungsmittel bekommen. Jetzt entleerte er den Magen und die Würmer verteilten sich über Eikes Hose. Lecker. Dafür fühlt sich der Welpe jetzt viel besser.

Würmer

Natürlich gab es vor Weihnachten noch die große Inseltour für Eike. Wir haben sie Stück für Stück gemacht, denn wir dachten, dass wir ab dem 25. Dezember ohne Auto sind. Der Wagen ist nämlich einer anderen Person versprochen worden. Wir füllen die Vorräte des Boots noch ein wenig auf.

Eike in Casibari
Suchbild mit Eike

Es geschieht ein kleines Weihnachtswunder. Die Person, die sich den Wagen von Edward leihen wollte, ist nicht nach Varadero gekommen. Damit können wir den Wagen vorerst behalten. Auch Edward freut sich für uns, denn er konnte sich irgendwie nicht vorstellen, dass ein Leben ohne Auto möglich ist. Frohes Fest! Wir hören am Abend selbstverständlich wieder die traditionellen Weihnachtslieder der Roten Rosen. Eike klettert noch auf den Mast. Die Fahrt mit dem Dinghi muss leider ausfallen, weil das Schloss am Dinghimotor komplett verrostet ist. Eine neue Baustelle…

Frohe Weihnachten 2021 in Aruba

Ursprünglich wollte ich den Beitrag an dieser Stelle schließen. Doch ich möchte vorher noch das neue Auto vorstellen. Ein roter Nissan. Die Farbe ist geschickt gewählt, denn es ist schwer zu unterscheiden, wo die rote Farbe vom Lack und wo sie vom Rost kommt. Der Wagen hat vier unterschiedliche Reifen, die unterschiedlich breit sind. Deswegen hat er einen gesunden Rechtsdrall auf der Straße. Definitiv kein Wagen, in dem man die Hand vom Lenkrad nehmen darf. Aber die Klimaanlage funktioniert. Sie ist aber keine Option, denn sie schluckt so viel von der Motorleistung, dass man besser ohne sie fährt. TÜV hat der Wagen nicht. Die Beifahrertür lässt sich nur von außen öffnen. Aber er fährt.

Der neue Wagen

Boostern

Ich werde sentimental. Heute ist mein letzter Tag bei den Eseln. Ein letztes Mal sehe ich den Tieren bei ihrem Niedlichkeitswettbewerb um das meiste Futter zu. Ein letztes Mal verkaufe ich den Touristen Eselfutter und spreche die Bedienungsanleitung vor. Eine letzte Schicht gemeinsam mit Anneke. Sie hat mir einen leckeren Apfelkuchen zum Abschied gebacken. Am Dienstag werden wir uns noch einmal wiedersehen. Dann wird sie mir die Florin in Dollar wechseln, die ich beim Verkauf meines Autos erlöst haben werde.

Anneke erklärt den Besuchern alles. Ich habe viel von ihr gelernt.

Der Autoverkauf am Montag zieht sich ein wenig. Der Käufer meldet sich fast den ganzen Tag nicht. Erst nach Einbruch der Dunkelheit schafft er es, in den Hafen zu kommen. Der Papierkram ist schnell erledigt und ich will die Nummernschilder abmontieren. Der Käufer fleht mich an, ihn doch noch mit den Kennzeichen nach Hause fahren zu lassen. Er würde sie mir morgen früh übergeben. Es seien derzeit sehr viele Polizeikontrollen und er möchte keinen Ärger haben. Nach kurzer Diskussion verabreden wir uns für den nächsten Tag um 7:30 Uhr am Impfzentrum. Ich habe nämlich erfahren, dass ab sofort auch die über 50jährigen sich ihren Booster abholen können.

Eine halbe Stunde vor Öffnung. Die Schlange geht schon fast um die ganze Turnhalle herum.

Mein Wecker weckt mich pünktlich, ich komme zur verabredeten Zeit am Impfzentrum an. Die Warteschlange ist beeindruckend. Ich schreibe mir ein paar Nachrichten mit dem Autokäufer. Anschließend drehe ich mich um und muss feststellen, dass in diesen wenigen Minuten die Schlange fast doppelt so lang geworden ist. Ich bin froh, so früh aufgestanden zu sein.

Innerhalb von fünf Minuten explodiert die Warteschlange

Die beiden Straßenhunde kümmern sie gerade einmal gar nicht um den ganzen Rummel. Sie bleiben völlig entspannt im Schatten liegen. Derweil kommt alle paar Minuten ein Mitarbeiter des Impfzentrums vorbei und erklärt, dass das die Schlange für die Boosterimpfung ist. Wer die erste oder zweite Impfung bekommen möchte, muss in eine andere Schlange.

Bitte nicht wecken.

Ich schicke Soraida eine Nachricht, dass wir uns nach meinem Besuch im Impfzentrum treffen können. Ich muss ihr noch den Kaufvertrag und die Kennzeichen geben. Wenn sie das Auto nicht bis zum 23.12. abmeldet, muss sie für das erste Halbjahr 2022 noch Steuern zahlen. Sie meint, ich müsse mit einer Wartezeit von drei Stunden rechnen. Kann ich mir bei der Länge der Schlange auch gut vorstellen. Doch schon um 8:30 Uhr habe ich die erste Seite der Turnhalle hinter mich gebracht.

Warten auf der Sonnenseite

Die zweite Seite der Turnhalle ist glücklicherweise etwas kürzer, doch hier warte ich auf der Sonnenseite. Jetzt geht es nicht mehr so flott voran. Wahrscheinlich ist die Turnhalle jetzt voll. Die erfahrenen Schlangesteher haben ihre eigenen Sitzmöbel dabei. Während die Warteschlange vorrückt behalten sie beide ihren Platz im Auge und rücken mit ihren Stühlen ebenfalls im Tempo der Schlange vor.

Vollprofis beim Warten

Um 9:30 Uhr bin ich am Eingang. Mein Impfnachweis wird kontrolliert. Mir wird mit der Hand der Weg nach innen gewiesen. Wie ich es mir gedacht habe, sind fast alle Plätze belegt. Mein Impfnachweis wird ein zweites Mal kontrolliert und ich bekomme einen Stuhl zugewiesen.

Die Impfwagen sind dort, wo die gelben Westen sind. Es dauert noch, bis sie zu mir kommen werden.

Jetzt darf ich mich entspannen. Die Halle ist auf eine angenehme Temperatur heruntergekühlt. Reggae kommt aus den Lautsprechern. So kann man sich die Wartezeit schön machen. Nach einer guten Dreiviertelstunde ist dann der Mann mit dem Computer bei mir. Jetzt werden die Daten vom Impfausweis in den Computer eingegeben. Plötzlich nimmt er meinen Pass und meinen Impfausweis und verschwindet für fünf Minuten. Nach seiner Rückkehr erfahre ich, dass für mich das Warten heute vorbei ist. Da meine Zweitimpfung erst am 30.6. war, bin ich noch zu früh dran für den Booster. Er weist mir den Weg zum Ausgang. Auf meine Frage, warum mir das nicht schon viel früher mitgeteilt wurde, hat er keine Antwort.

Anneke lacht, als ich ihr die Geschichte erzähle. Sie wird mir allerdings keinen zweiten Kuchen backen. Da hat sie auch ganz recht, diesmal habe ich es nicht einmal nach Barcadera zum Ausklarieren geschafft.

Anschließend bekomme ich die Kennzeichen, bringe sie zu Soraida und teile Eike die traurige Nachricht mit. Er findet sie gar nicht so traurig, denn ihm gefällt Aruba. Es gefällt ihm so gut, dass er angefangen hat, Sissi zu putzen. Vor dem Herd ist so ein Gitter, durch das immer wieder Sachen aus der Küche fallen. Er hat die Auffangschale gründlich gereinigt und auch die Spuren der Lebensmittel entfernt, die regelmäßig in den Spalt rund um das Kochfeld fallen. Noch zwei Zusatzwochen in Aruba.

Eine der „natürlichen Dreckecken“. Der Fußboden vor dem Herd.

Wir hatten die Pest an Bord

Wieder einmal sind seit meinem letzten Beitrag einige Tage vergangen. Wenn so viel Zeit zwischen zwei Beiträgen vergeht, passiert hier entweder gar nichts oder es passiert so viel, dass mir die Zeit zum Schreiben fehlt. Am Mittwochabend ist mein Neffe Eike in Aruba eingetroffen. Am Nachmittag mache ich eine unangenehme Entdeckung. Beim Prüfen der Vorräte fällt mir auf, dass sich überall im Bereich des Lebensmittellagers Leben entwickelt hat. Kleine Käfer krabbeln auf sämtlichen Vorratsdosen.

Sämtliche Vorratsdosen müssen gespült werden.

Auf der Suche nach der Ursache finde ich eine verschlossene Tüte mit Mais für Popcorn. Darin krabbeln die meisten Käfer, also kann ich das Problem an der Quelle beseitigen. Es gibt in Aruba gefühlt mehrere hundert Unternehmen, die mit „Pest Control“ und dicken Insekten auf ihren Autos werben. An Bord bist du selbst der Kammerjäger.

Auspuff im Maschinenraum. In diesem Rohr werden die Auspuffgase mit dem Kühlwasser vermischt.

Im Zuge der Motorwartung ist mir aufgefallen, dass eine winzige Undichtigkeit am Wassersammler für einen ordentlichen Klumpen Rost gesorgt hat. Salzwasser ist unglaublich korrosiv. Um das Problem an den Hörnern zu packen, steht schon seit ein paar Tagen eine kleine Dose Rust Oleum an Bord, damit wird das Metall nach dem Entrosten gestrichen. Entrostet wird mit Oxalsäure, das funktioniert ziemlich gut. Doch vorher sind die Lebensmittel dran.

Super Tox von den Kapverden. Die Flasche hat erst zwei Einsätze hinter sich, in beiden Fällen war das Zeug sehr hilfreich.

Ich mache eine kleine Pause und beobachte Pamina, die scheinbar unkontrolliert durch das Hafenbecken treibt. Die Arbeiter im Hafen sind ziemlich aufgeregt. Ich erfahre von Paul, dass das Ruder nicht funktioniert. Später erzählt mir Sönke, dass während der langen Liegezeit im Hafen wohl das Aluminium am Ruderschaft korrodiert war. Durch intensives Hin- und Herbewegen konnte das Ruder wieder gängig gemacht und der neue Generator an Bord genommen werden. Die Familie ist glücklich, ist doch wieder ein Problempunkt auf der langen Liste erledigt.

Der neue Generator wurde auf die Pamina verladen.

Eike ist überglücklich, als er endlich ins Auto steigen kann. Er war fast 22 Stunden auf den Beinen, konnte im Flugzeug nicht schlafen und fällt deswegen schnell in seine frisch bezogene Koje.

Maila. Der kleine Samuel ist leider gestorben.

Für mich beginnt (mal wieder) eine Art Abschiedstournee. Der letzte Besuch im Tierheim. Die letzten Katzenklos reinigen. Das letzte Video von ausgesetzten Hunden herunterladen. Die letzten Kätzchen streicheln. Das letzte gemeinsame Frühstück im Tierheim. Ich habe Tränen in den Augen. Wie gerne würde ich mir eine Katze mitnehmen, doch es ist in diesen Zeiten schon ohne Haustiere schwer, von Land zu Land zu reisen.

Eike ist glücklich.

Eike hat seine helle Freude. Er spielt mit den Welpen, der streichelt die Kätzchen und weiß gar nicht, wo er überall seine Liebe verteilen soll. Auch zu den Eseln fahre ich ein letztes Mal. Es ist unwirklich. Gelingt es mir wirklich, Aruba endgültig zu verlassen? Nur der Autoverkauf geht nicht voran. Ich habe mich mit dem Käufer auf einen Preis und das Übergabedatum geeinigt, nur kommt er mit den Papieren nicht voran. Das nervt.

Eike und Shrimp

Im Donkey Sanctuary fühlt sich mein neues Crewmitglied ebenfalls wohl. Wir werden innerhalb weniger Minuten vier Kilo Karotten los. Egal, Hauptsache ist, dass es Spaß macht. Dass es nicht immer nur Spaß im Leben gibt, musste Eike auch schon erfahren. Unsere bordeigene Bäckerei hat einen Qualitätssprung gemacht, wie es nur mit einem gelernten Bäcker zu machen ist. Nur der Umgang mit dem Gasofen ist ihm noch fremd, das Brot hat deutliche Röstaromen entwickelt.

Richtig gutes Brot. Ebenfalls neu an Bord.

Ich war ja schon immer stolz auf unser selbstgebackenes Brot, das neue Brot setzt dem Ganzen die Krone auf. Bei der Pamina haben die Arbeiter inzwischen den Generator montiert. Sönke erzählt stolz, dass der neue Stromerzeuger drei Zylinder statt eines einzigen hat und 150 kg wiegt. Das sieht man dann auch überdeutlich, denn die Pamina hat im Hafen nun eine deutliche Schlagseite nach Steuerbord.

Die Kamera ist gerade. Das Boot ist schief.

Was schere ich mich um die Generatoren anderer Leute. Am Samstagabend sind wir mit Edward verabredet. Wir wollen die Lichtertour über die Insel machen. Gleich zu Anfang fährt er mit uns in ein Wohnviertel, dort haben die Anwohner alle gemeinsam eine riesige Weihnachts- und Neujahrsinstallation aufgebaut. Die kannte ich vorher noch gar nicht.

Jahresendkitsch

Weiter fahren wir zur Lourdes Grotte. Es herrscht großer Andrang, sogar ein Partybus hat einen Zwischenstopp eingelegt.

Lourdes Grotte
Edward und Eike an der Lourdes Grotte

Jetzt planen wir den Höhepunkt. Cas di Luz, das Haus des Lichts oder auch als das Weihnachtshaus bekannt. Von der Lourdes Grotte sind es nur ein paar hundert Meter. Dann stehen wir vor einem dunklen Haus. Ein Anwohner verrät uns, dass die Beleuchtung nur bis 22 Uhr brennt. Blöd, wir sind 10 Minuten zu spät.

In voller Pracht leuchtet es am Cas di Luz. Ich hoffe, wir finden in den nächsten Tagen die Zeit, um noch einmal wieder zu kommen.

Wir wollen die kleine Tour am bekanntesten Strand Arubas beenden, am Baby Beach. Vorher meint Eike, dass er wegen seiner Fahrstunden noch im Fred-Feuerstein-Auto für die Kamera posieren muss. Den Schnappschuss mache ich doch gerne.

Wilmaaaaaa!

Die Arbeit an Bord geht nie aus. Nie. Auch nicht für Eike. Während ich die Spannung im Rigg checke, darf Eike die Rostschutzfarbe streichen. Endlich habe ich wieder ein Crewmitglied für die Pinselarbeiten, die ich so wenig mag.

Frisch gestrichen.

Dass mein Neffe ein Künstler ist, habe ich am Brot gemerkt. Und es gab eine Überraschung im Maschinenraum, Eike hat sein Werk signiert. Wir werden uns noch ein wenig aneinander gewöhnen müssen. Es ist gut, dass das Bordleben langsam startet. Von den Krabbeltieren sieht man zum Glück nichts mehr, die Pest ist von Bord gegangen.

Willkommen an Bord