Das Heimweh war groß, der Durst war es auch. Außerdem jährte sich der Hochzeitstag meiner Eltern überraschenderweise zum fünfzigsten Male. Ich durfte in diesem Jahr schließlich meinen 49. Geburtstag feiern. Wir haben hin und her überlegt. Sollen wir in diesen Flieger steigen? Sollen wir so viel Lärm und Dreck produzieren? Wir haben uns für den Lärm, für den Dreck und für den Besuch in Frankfurt entschieden. Eine Woche musste reichen.
Ankunft
Der Flieger war überpünktlich und landete sanft auf der Südbahn, also der Landebahn, auf der man in Frankfurt den wenigsten Lärm abbekommt. Landungen auf der Südbahn verlärmen eher Offenbach, das ist aber nicht schlimm.
Nachdem wir unser Gepäck abgeholt hatten, machten wir uns auf den langen Weg zur S-Bahn. Die fuhr aufgrund von Bauarbeiten im Fernbahnhof ab, das ist ein ordentlicher Fußmarsch. Alsdann begrüßte uns die automatische Ansage, die S-Bahn wurde mit 10 Minuten Verspätung angekündigt. Das genügte uns, um im örtlichen Rewe erst mal frisches Bier und frischen Äppler zu holen. Lecker. Wir fühlten uns sofort wieder zu Hause. Wenn die S-Bahn spät ist und der Äppler frisch, dann ist man in Frankfurt.
Eine knappe Stunde später nach der Benutzung einer weiteren S-Bahn, die ebenfalls ihrem Fahrplan hinterher fuhr, erreichten wir gegen 23 Uhr das Haus unserer Eltern. Ich wollte an der Tür klingeln, doch das Gartentor war verschlossen. Also griff ich zum Telefon und rief an. Meine Mutter fragte, ob bei uns alles in Ordnung sei. Ich entgegnete, dass ein Notfall eingetreten ist und dass sie uns unbedingt die Haustür aufmachen muss – wir würden sonst erfrieren. Für uns war es etwas kalt in Deutschland. Unseren Vater überraschten wir beim Länderspiel Deutschland gegen wen eigentlich? Das Ergebnis wurde nachrangig.
Zwei Stunden später gingen wir dann endlich ins Bett, die Freude war auf allen Seiten riesengroß.
Ballermann am Main
Was macht der Deutsche, wenn er in den Urlaub fährt? Er macht einen drauf. Das ist bei Jens und mir nicht anders. Wir sind ja weitestgehend unangekündigt in Frankfurt gelandet, also konnten wir noch Freunde überraschen und einfach mal an den verschiedensten Orten in der Stadt überraschend auftauchen.
Ich wollte einfach nur kurz bei den ehemaligen Arbeitskollegen reinschneien und gemeinsam zum Mittagessen gehen. Der Plan hat nur teilweise funktioniert. Das mit dem Besuch und dem Mittagessen klappte problemlos, dafür wurde es mit dem Kurzbesuch nichts. Nach vier Stunden hatte ich etwa die Hälfte durch, dann wurde es mir zu viel. Die andere Hälfte der KollegInnen, die ich nicht besuchen konnte, möchte ich aus dem Blog grüßen, ich habe einfach nicht mehr geschafft.
Ich habe euch gesagt, dass ich das Bild ins Blog bringen werde. Dass ich darauf so bescheuert aussehe, konnte ich zu dem Zeitpunkt nicht ahnen.
Anstrengender als der Kollegenbesuch war der Rhein-Main-Stammtisch des Whiskyforums. Das ging dann von der Alkoholmenge schon mehr in Richtung Ballermann. Da die Stadtbusse streikbedingt nicht fuhren, habe ich einen schönen Spaziergang vom Konstablerwachemarkt nach Sachsenhausen gewonnen und konnte ein schönes Bild von der nächtlichen Skyline aufnehmen.
Eine völlig überraschende Art, Frankfurt neu zu erleben, ist der Besuch als Kurzzeit-Tourist. In der einen Woche habe ich mitgenommen, was mitzunehmen war. Und eben auch das Whiskytasting. Von dieser Stelle aus geht mein Dank an Thomas, der mich eingeladen und den Mund darüber gehalten hat. Und an Gregor, der mir einen Glenturret nach dem anderen ins Glas gefüllt hat. Und an alle anderen, mit denen ich tolle Gespräche hatte. Wenn man sich lange nicht sieht, kommen schon einige Themen zusammen.
Waldstadion
Eine weitere Veranstaltung, die etwas anstrengender wurde, war der Besuch des Fußballspiels unserer Eintracht im Waldstadion. Praktischerweise war in jener Woche ein Heimspiel gegen einen unterklassigen Verein aus Niedersachsen. Es war nicht ganz einfach, an die Eintrittskarten zu kommen, denn das Waldstadion ist bei fast jedem Gegner gut gefüllt.
Möglicherweise lag es daran, dass wir den Schal an Bord gelassen haben. Möglicherweise haben wir uns zu wenig auf das Spiel konzentriert. Möglicherweise haben wir zu wenig gelärmt, zu wenig gesungen und sind zu wenig gehüpft. Möglicherweise lag es auch gar nicht an uns, dass wir gleich zwei Gegentore kassiert haben. Naja. Auch wenn das Ergebnis suboptimal war, hatten wir doch eine gute Stimmung.
Der Besuch hat sich auch hier gelohnt, nach dem Spiel konnten wir noch viel schwätzen. Das nächste Spiel wird besser – garantiert!
Familie
Und dann wäre da noch der Familienbesuch. Ich habe die Chronologie des Frankfurt-Aufenthalts ein wenig gedreht, denn das Beste soll ja bekanntermaßen zum Schluss kommen. Neben unseren Eltern Annemie und Manfred gibt es da noch den Hund Siena und die Katzen Luna und Maja.
Siena ist vom Typ Labrador und schon 12 Jahre alt. Sie braucht deswegen ihren Schlaf. Ansonsten kuschelt sie immer gerne mit einer der Katzen.
Maja ist scheu wie ein Reh. Man kann diese Katze weder fangen noch streicheln. Das ist schade, denn sie sieht mit ihren großen Augen so süß aus. Was auch immer sie in ihrem früheren Leben von Menschen erfahren hat, hat diese Katze dermaßen geprägt, dass sie immer so scheu bleiben wird.
Luna ist frech! Auf diesem Foto fordert sie von mir die sofortige Lieferung frischen Katzenfutters. Ganz besonders gut hat mir gefallen, dass sie einige Nächte bei mir im Bett verbracht hat. Endlich wieder mal mit einer Katze zusammen schlafen und ihr beim Schnurren zuhören.
Feiern
Gefeiert haben wir mit jeder Menge Verwandtschaft. Ich bin ja nicht so der Typ, der Familienfeiern gerne besucht. Diesmal war es anders, diesmal wollten wir schließlich an der Feier teilnehmen. Es war schön, dem stundenlangen Geschwätz zuzuhören und dabei Spaß zu haben.
Unsere Schwester Christine war ein klein wenig angefressen. Sie hat sich so viel Mühe gemacht, eine Sissitorte zu backen und uns ins Cockpit gesetzt. Auf ein Bild hat sie die Worte drucken lassen „Goldene Hochzeit – nicht ohne uns“. Natürlich konnte sie nicht wissen, wie wahr diese Worte sein würden.
Viel mehr will ich nicht über die Familienfeier schreiben, schließlich war es eine Familienfeier. Schon die Veröffentlichung des Fotos von unserer Mutter mit der Sissitorte wird mir ein wenig Ärger bescheren.
Kulinarische Höhepunkte
Rippsche mit Kraut. Da gibt es fast nichts mehr dazu zu sagen, außer, dass wir unseren Eltern den Apfelwein schon recht schnell weggetrunken haben. Die haben einfach nicht genug bestellt. Warum eigentlich, wir kommen doch zu Besuch. Also gab es Wein aus Trauben, der auch lecker geschmeckt hat.
Ich werde nicht anfangen, meine Mahlzeiten zu fotografieren. Aber für dieses leckere Mahl mache ich eine Ausnahme.
Auf dem Preungesheimer Markt hatte ich nur Zeit für ein einziges Glas Bier, dann musste ich zur Familienfeier. Ich bekam aber ein leckeres Fässchen zum Mitnehmen, das ich höchstselbst nach Lanzarote geschleppt habe.
Abschied
Nach nur einer Woche kam dann der Punkt, der immer auf einer Urlaubsreise kommt. Nach einer Woche hieß es Abschied nehmen.
Wir haben versucht, diesen Abschied so kurz und schmerzlos zu machen, wie es irgendwie geht. Es geht nicht kurz und es geht nicht schmerzlos.
Mit vielen Umarmungen, guten Wünschen und Tränen haben wir uns von unseren Eltern und ihrem Zoo getrennt, sind zur S-Bahn gelaufen und bekamen von der Deutschen Bahn noch einmal 10 Minuten Extrazeit geschenkt, 10 Minuten S-Bahn-Verspätung und 10 Minuten gemeinsames Warten mit unserem Vater und Siena. Es ist ja nur ein Abschied auf Zeit, wir werden wieder kommen und in unser Elternhaus einfallen. Das nächste Mal sagen wir aber vorher Bescheid.
Frankfurt verabschiedet uns mit trübem Novemberwetter. Die Wolkendecke über Europa war während unseres Flugs immer komplett geschlossen. Erst südlich von Spanien gab es erste Löcher und beim Landeanflug auf Lanzarote schien die Sonne.
Etwas schmunzeln mussten wir, als der Flugkapitän allen Passagieren einen schönen Urlaub gewünscht hat. Unser Urlaub war vorbei.
Zum Schluss jetzt noch einmal Luna bei ihrer drittliebsten Beschäftigung (nach Schlafen und Fressen). Luna googelt. Sie macht es gerne, mal schnell, mal langsam. Aber immer mit Schwung.