Marinebedarf, rostfrei und salzwasserfest

So stimmungsvoll und ausgelassen wir den Weihnachtsabend verbracht haben, unsere kleine Feierlichkeit war nicht ohne eine ordentliche Enttäuschung. Eike fragt mich, ob er mit dem Dinghi im Hafen herumfahren darf. Weihnachtswünsche sollen in Erfüllung gehen. Außer uns ist kein anderes Boot im Hafen bewohnt. Selbst Hafenmeister Paul verbringt den Abend woanders.

Am 24.12. haben wir alles versucht, dieses Schloss wieder gängig zu machen. Die Klassiker „WD40“ und „On and off“ versagen auf ganzer Linie. Der Schlüssel lässt sich nicht in das Schloss stecken, geschweige denn drehen.

Ich hole den Schlüssel und eine Leine, an der der Motor später zum Dinghi heruntergelassen werden soll. Eike bläst das Dinghi auf. Wir verholen das Dinghi nach Achtern. Ich versuche, den Schlüssel in das Schloss zu stecken, doch eine Mischung aus Rost und Salz verbietet mir das. Das im Marinebedarf erworbene, salzwasserfeste Schloss ist nicht so rostfrei, wie ich mir das vorgestellt habe. Mir kommt der Gedanke, dass es vielleicht klug gewesen wäre, das Schloss nur dann anzubringen, wenn es auch benötigt wird. Vielleicht wäre es ebenso klug gewesen, das Schloss nach jedem Segeln wieder mit Süßwasser zu reinigen. Es ist jedoch der Heilige Abend, ich kann heute wirklich niemanden fragen. Der Trennschleifer, der sich an Bord befindet, ist unbenutzbar. Ich kaufe mir nie wieder akkubetriebene Geräte. Wenn man sie braucht, ist der Akku kaputt. Nach der kurzen Enttäuschung gönnen wir uns einen kleinen Schluck Rum und erfreuen uns weiter an der Musik.

Bumms. Eine wichtige Lektion für Eike.

Bislang waren Eike und ich fast jeden Tag mit dem Auto unterwegs. Fahrstunden. Inzwischen hat er sich auch mit der Kupplung angefreundet. Mit meinem Auto habe ich an der Tankstelle den Tank immer randvoll machen lassen. Bei diesem Wagen traue ich mich nicht, so viel Geld zu investieren. Er könnte jederzeit zusammenbrechen. Also tanke ich nur für 25 Florin, wie es die Einheimischen auch machen. Deswegen sind wir in letzter Zeit oft an der Tankstelle zu Gast. Ich halte als letzter in der kurzen Schlange und stelle den Motor aus. Die Nadel ist sehr nahe an „leer“. Während wir warten und uns unterhalten, kommt ein anderer Wagen im Rückwärtsgang auf uns zugefahren. Er stoppt nicht, sondern schlägt vorne links im Kotflügel ein. Es ist eine wichtige Lektion für Eike, denn er kann sehen, dass man wirklich seine Augen überall haben muss. Am Steuer des Fahrzeugs sitzt ein Arbeiter der Marina. Wir einigen uns schnell, dass wir nicht auf die Polizei warten müssen. Wir klären das im Hafen.

Blick über die Ruinen der Goldmühle und Spanish Lagoon

Während wir darauf warten, dass die Weihnachtsfeiertage endlich vorbei sind, nehmen wir uns noch etwas Zeit für die touristischen Ziele. Spanish Lagoon mit den Ruinen der Goldmühle ist eines davon. Ich nehme die Treppe nach oben und nutze den perfekten Sonnenstand für ein schönes Foto. Dann wundere ich mich nicht, dass ich Eike gerade gar nicht sehen kann. Ich kann ihn hören. Er nimmt nicht die Treppe, sondern den direkten Weg nach oben. Kann man so machen.

Auch am Sonntag hat die Werft geschlossen. Also machen wir den obligatorischen Ausflug zu den Eseln. Wir haben keine Karotten dabei. Allerdings ist eine große Tüte mit den leckeren gelben Bohnen da. Ich stibitze mir ein paar dieser Leckereien und gebe sie meinen Lieblingseseln. Natürlich ist es nicht genug.

Lady Taco, Gipsy und Diva, nachdem sie ihre Bohnen bekommen haben. Sie wollen alle immer mehr.

Ich frage mich, ob diese Bohnen auf die Esel die gleichen Auswirkungen haben wie Bier in uns Menschen. Es sieht fast so aus. Ich kenne absolut keine Leckerei für Esel, die diese mehr durchdrehen lässt. Auch Kamino bekommt seine Bohne. So schlau diese Tiere auch sind, man kann sie mit den Bohnen locken und auf den Arm nehmen. Die Bohnen sind nämlich für Queenie gedacht, der es wirklich nicht gut geht.

Ich bin ja wirklich begeistert über die Qualität der Brote, die Eike in unserer Bordküche zaubert. Eike ist begeistert über das Klima in Aruba, das den Teig zu einer perfekten Reife bringt. Wir sind beide nicht begeistert über das Klima in Aruba, denn die schönste Kruste auf dem Brot wird schon nach wenigen Stunden weich, egal wie gut es gebacken worden ist. Am Abend fertigt Eike immer einen Vorteig an, der dann über Nacht im Kühlschrank geht und am nächsten Tag vollendet wird. Nur nicht am Heiligen Abend. In der Folge fehlt uns am nächsten Tag ein Brot. Eike möchte sich Mittagessen machen und ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich etwas zu kochen. Zu Hause holt er sich immer das Essen irgendwo. Hier stellt er erstaunt fest, mit wie wenig Aufwand sich eine echt italienische Carbonara herstellen lässt.

Wer das Backen vergisst muss kochen lernen.

Am Montag endlich sind die Arbeiter der Werft wieder am Arbeiten. Ich spaziere zu Richie und frage ihn, ob ich einen Bolzenschneider ausleihen kann. Ein paar Minuten später mühen Eike und ich uns mit dem Bolzenschneider am Schloss. Ich muss gestehen, dass ich da wirklich gute Qualität gekauft habe. Am Schloss sind keinerlei Spuren zu sehen und der Bolzenschneider ist leicht beschädigt. Da ich sowieso einen Trennschleifer kaufen wollte, fahren wir in den Baumarkt. Anschließend dauert es nur noch fünf Minuten und der Dinghimotor ist einsatzbereit. Eike möchte natürlich sofort los, doch es ist 12 Uhr und damit viel zu heiß. Nach 20 Minuten im Dinghi hätte er den Hautton eines frisch gekochten Hummers.

Mit dem richtigen Werkzeug geht es ganz leicht.

Am Abend erhalte ich eine Nachricht von Anneke. Die Regeln haben sich geändert. Ab sofort kann man den Booster auch schon drei Monate nach der zweiten Impfung bekommen. Ich beiße in ein Stück Teakholz.

Frohe Weihnachten

Es ist Heiligabend. Bei 32°C im Schatten fühlt sich das aber nicht so an. Das dritte Weihnachtsfest, an dem ich nicht zu Hause bin. Ich erinnere mich gut an das erste Weihnachten. Damals waren wir auf dem Weg von Teneriffa zu den Kapverden.

Unser Weihnachtsbaum 2019

Damals hatten wir noch nichts von dem neuen Virus gehört, das sich kurze Zeit später über die ganze Welt verbreiten sollte. Außer Jens und mir war Jakob mit an Bord, ein junger Österreicher. Sein Plan war damals, die Welt zu umrunden, ohne ein Flugzeug zu benutzen. Das ist ordentlich schief gegangen. Wir feierten Weihnachten auf hoher See und es war eine Bombenstimmung an Bord. Die Weihnachtslieder der Roten Rosen machen wahrscheinlich den meisten Menschen gute Laune.

Weihnachten 2020 in Santiago de Cuba

Das Weihnachtsfest 2020 feierten wir in Kuba gemeinsam mit dem Hafenmeister vom Dienst, dem Sicherheitsmann und der Putzfrau. Auch hier lassen wir wieder die Weihnachtsmusik von den Roten Rosen laufen, sie kommt auch in Kuba gut an. Wir ahnten noch nicht, dass zwei Tage später eine Drohne über ein Gefängnis fliegen wird und wir für eine ganze Weile unsere Telefone und Computer abgeben müssen. Dennoch habe ich die Zeit in Kuba als sehr angenehm in Erinnerung. Die einzelnen Menschen repräsentieren nicht das Regime.

Spontanbesuch bei den Kätzchen. Nur nicht so spontan.

Am Heiligen Morgen fahren wir zunächst ins Tierheim. Was sich jetzt vielleicht spontan anhört, ist in Wirklichkeit die Folge penibler Planung. Beim Verkauf meines Autos habe ich nämlich den Staubsauger im Auto liegen gelassen. Mit dem Käufer habe ich vereinbart, dass ich das gute Stück heute im Tierheim abholen kann. So ist es auch. Ich hätte mich geärgert, wenn das erst vor wenigen Monaten gekaufte Gerät verschwunden gewesen wäre.

Eike trägt einen kleinen Welpen

Nicht nur die Babykatzen haben es Eike angetan, er schnappt sich den kleinsten Welpen, der im Hof zu finden ist. Ich wende mich von meinem Neffen ab und unterhalte mich wieder mit den anderen Anwesenden. Plötzlich höre ich Schreie. Eike ist aufgesprungen und macht komische Geräusche. Es sind die Laute einer Person, die sich gerade unglaublich stark ekelt. Ich sehe mir die Bescherung an. Der kleine Welpe hat kurz zuvor ein Entwurmungsmittel bekommen. Jetzt entleerte er den Magen und die Würmer verteilten sich über Eikes Hose. Lecker. Dafür fühlt sich der Welpe jetzt viel besser.

Würmer

Natürlich gab es vor Weihnachten noch die große Inseltour für Eike. Wir haben sie Stück für Stück gemacht, denn wir dachten, dass wir ab dem 25. Dezember ohne Auto sind. Der Wagen ist nämlich einer anderen Person versprochen worden. Wir füllen die Vorräte des Boots noch ein wenig auf.

Eike in Casibari
Suchbild mit Eike

Es geschieht ein kleines Weihnachtswunder. Die Person, die sich den Wagen von Edward leihen wollte, ist nicht nach Varadero gekommen. Damit können wir den Wagen vorerst behalten. Auch Edward freut sich für uns, denn er konnte sich irgendwie nicht vorstellen, dass ein Leben ohne Auto möglich ist. Frohes Fest! Wir hören am Abend selbstverständlich wieder die traditionellen Weihnachtslieder der Roten Rosen. Eike klettert noch auf den Mast. Die Fahrt mit dem Dinghi muss leider ausfallen, weil das Schloss am Dinghimotor komplett verrostet ist. Eine neue Baustelle…

Frohe Weihnachten 2021 in Aruba

Ursprünglich wollte ich den Beitrag an dieser Stelle schließen. Doch ich möchte vorher noch das neue Auto vorstellen. Ein roter Nissan. Die Farbe ist geschickt gewählt, denn es ist schwer zu unterscheiden, wo die rote Farbe vom Lack und wo sie vom Rost kommt. Der Wagen hat vier unterschiedliche Reifen, die unterschiedlich breit sind. Deswegen hat er einen gesunden Rechtsdrall auf der Straße. Definitiv kein Wagen, in dem man die Hand vom Lenkrad nehmen darf. Aber die Klimaanlage funktioniert. Sie ist aber keine Option, denn sie schluckt so viel von der Motorleistung, dass man besser ohne sie fährt. TÜV hat der Wagen nicht. Die Beifahrertür lässt sich nur von außen öffnen. Aber er fährt.

Der neue Wagen

Boostern

Ich werde sentimental. Heute ist mein letzter Tag bei den Eseln. Ein letztes Mal sehe ich den Tieren bei ihrem Niedlichkeitswettbewerb um das meiste Futter zu. Ein letztes Mal verkaufe ich den Touristen Eselfutter und spreche die Bedienungsanleitung vor. Eine letzte Schicht gemeinsam mit Anneke. Sie hat mir einen leckeren Apfelkuchen zum Abschied gebacken. Am Dienstag werden wir uns noch einmal wiedersehen. Dann wird sie mir die Florin in Dollar wechseln, die ich beim Verkauf meines Autos erlöst haben werde.

Anneke erklärt den Besuchern alles. Ich habe viel von ihr gelernt.

Der Autoverkauf am Montag zieht sich ein wenig. Der Käufer meldet sich fast den ganzen Tag nicht. Erst nach Einbruch der Dunkelheit schafft er es, in den Hafen zu kommen. Der Papierkram ist schnell erledigt und ich will die Nummernschilder abmontieren. Der Käufer fleht mich an, ihn doch noch mit den Kennzeichen nach Hause fahren zu lassen. Er würde sie mir morgen früh übergeben. Es seien derzeit sehr viele Polizeikontrollen und er möchte keinen Ärger haben. Nach kurzer Diskussion verabreden wir uns für den nächsten Tag um 7:30 Uhr am Impfzentrum. Ich habe nämlich erfahren, dass ab sofort auch die über 50jährigen sich ihren Booster abholen können.

Eine halbe Stunde vor Öffnung. Die Schlange geht schon fast um die ganze Turnhalle herum.

Mein Wecker weckt mich pünktlich, ich komme zur verabredeten Zeit am Impfzentrum an. Die Warteschlange ist beeindruckend. Ich schreibe mir ein paar Nachrichten mit dem Autokäufer. Anschließend drehe ich mich um und muss feststellen, dass in diesen wenigen Minuten die Schlange fast doppelt so lang geworden ist. Ich bin froh, so früh aufgestanden zu sein.

Innerhalb von fünf Minuten explodiert die Warteschlange

Die beiden Straßenhunde kümmern sie gerade einmal gar nicht um den ganzen Rummel. Sie bleiben völlig entspannt im Schatten liegen. Derweil kommt alle paar Minuten ein Mitarbeiter des Impfzentrums vorbei und erklärt, dass das die Schlange für die Boosterimpfung ist. Wer die erste oder zweite Impfung bekommen möchte, muss in eine andere Schlange.

Bitte nicht wecken.

Ich schicke Soraida eine Nachricht, dass wir uns nach meinem Besuch im Impfzentrum treffen können. Ich muss ihr noch den Kaufvertrag und die Kennzeichen geben. Wenn sie das Auto nicht bis zum 23.12. abmeldet, muss sie für das erste Halbjahr 2022 noch Steuern zahlen. Sie meint, ich müsse mit einer Wartezeit von drei Stunden rechnen. Kann ich mir bei der Länge der Schlange auch gut vorstellen. Doch schon um 8:30 Uhr habe ich die erste Seite der Turnhalle hinter mich gebracht.

Warten auf der Sonnenseite

Die zweite Seite der Turnhalle ist glücklicherweise etwas kürzer, doch hier warte ich auf der Sonnenseite. Jetzt geht es nicht mehr so flott voran. Wahrscheinlich ist die Turnhalle jetzt voll. Die erfahrenen Schlangesteher haben ihre eigenen Sitzmöbel dabei. Während die Warteschlange vorrückt behalten sie beide ihren Platz im Auge und rücken mit ihren Stühlen ebenfalls im Tempo der Schlange vor.

Vollprofis beim Warten

Um 9:30 Uhr bin ich am Eingang. Mein Impfnachweis wird kontrolliert. Mir wird mit der Hand der Weg nach innen gewiesen. Wie ich es mir gedacht habe, sind fast alle Plätze belegt. Mein Impfnachweis wird ein zweites Mal kontrolliert und ich bekomme einen Stuhl zugewiesen.

Die Impfwagen sind dort, wo die gelben Westen sind. Es dauert noch, bis sie zu mir kommen werden.

Jetzt darf ich mich entspannen. Die Halle ist auf eine angenehme Temperatur heruntergekühlt. Reggae kommt aus den Lautsprechern. So kann man sich die Wartezeit schön machen. Nach einer guten Dreiviertelstunde ist dann der Mann mit dem Computer bei mir. Jetzt werden die Daten vom Impfausweis in den Computer eingegeben. Plötzlich nimmt er meinen Pass und meinen Impfausweis und verschwindet für fünf Minuten. Nach seiner Rückkehr erfahre ich, dass für mich das Warten heute vorbei ist. Da meine Zweitimpfung erst am 30.6. war, bin ich noch zu früh dran für den Booster. Er weist mir den Weg zum Ausgang. Auf meine Frage, warum mir das nicht schon viel früher mitgeteilt wurde, hat er keine Antwort.

Anneke lacht, als ich ihr die Geschichte erzähle. Sie wird mir allerdings keinen zweiten Kuchen backen. Da hat sie auch ganz recht, diesmal habe ich es nicht einmal nach Barcadera zum Ausklarieren geschafft.

Anschließend bekomme ich die Kennzeichen, bringe sie zu Soraida und teile Eike die traurige Nachricht mit. Er findet sie gar nicht so traurig, denn ihm gefällt Aruba. Es gefällt ihm so gut, dass er angefangen hat, Sissi zu putzen. Vor dem Herd ist so ein Gitter, durch das immer wieder Sachen aus der Küche fallen. Er hat die Auffangschale gründlich gereinigt und auch die Spuren der Lebensmittel entfernt, die regelmäßig in den Spalt rund um das Kochfeld fallen. Noch zwei Zusatzwochen in Aruba.

Eine der „natürlichen Dreckecken“. Der Fußboden vor dem Herd.