Leben auf Aruba. Leben auf 12 Quadratmetern Segelboot, das im Moment nicht segeln kann.
Auch bei uns sieht jeder Tag so aus wie der vorhergehende Tag. Wir verbringen die meiste Zeit an Bord. Wir machen Listen, was bei Sissi gepflegt, gewartet und repariert werden muss. Wir schwitzen. Es ist warm hier.
Wenn wir ein paar Schritte gehen wollen, bleiben wir zumeist in der Hotelanlage, zu der die Marina gehört. Zum Glück können wir hier sehr viele Tiere bei der Arbeit beobachten.
Falls die Seuche im Hotel grassiert, haben wir sie sowieso. Das glaube ich aber nicht. Die Arubaner sind jedenfalls sehr diszipliniert. Als ich gestern Abend zum Hotel gegangen bin, um eine Dusche zu nehmen, kam ich gerade zur besten Feierabendzeit an. Am Ausgang steht ein Desinfektionsmittelspender und die Angestellten haben einer nach dem anderen ihre Hände desinfiziert.
Heute sitzt die Kassiererin alleine im Supermarkt, außer mir gibt es keine Kunden. Ich kann zwischen drei verschiedenen Sorten Toilettenpapier wählen. Nach dem Kassieren wischt die Kassiererin ihre Umgebung mit Desinfektionsmittel ab.
Den Möwen ist es gleich, sie streiten sich laut kreischend um die Fische. Spielkasinos, Schuhgeschäfte und die ganzen Modeläden in der Innenstadt haben geschlossen. Das hat nur indirekt etwas mit den Regeln der Regierung zu tun. Die Entscheidung, Aruba für alle ankommenden Touristen zu sperren, führt in der Folge zur Abwesenheit von Kundschaft. Damit lohnt es sich nicht mehr, die Läden geöffnet zu halten.
Ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen gerne unsere Probleme hätten. An einem schönen Ort in der Karibik festsitzen, dabei den ganzen Hotelstrand für sich alleine haben und zwischen mehreren Dutzend freien Liegestühlen auswählen können. Das Shuttleboot, das die Hotelgäste zur hoteleigenen Insel transportiert, ist nicht mehr gut frequentiert. Ich warte darauf, dass der Betrieb in den nächsten Tagen ganz eingestellt wird.
Bars und Restaurants müssen um 22 Uhr schließen, das ist eine der wenigen einschränkenden Regeln der Regierung.
Wir halten es nicht immer auf dem Boot aus. Manchmal müssen wir raus, jenseits von Besuchen im Supermarkt. Uns geht es da besser als unseren Freunden von der Roede Orm, die auf Lanzarote im Prinzip an Bord eingesperrt sind. In Spanien gibt es eine Ausgangssperre, die auch scharf kontrolliert wird. Wir übertreiben es aber auch nicht, verzichten auf Ausflüge mit dem Bus über die Insel.
Neben unserer Stamm-Metzgerei ist eine kleine Sportsbar. Die haben wir gestern Abend einmal besucht. Mit Abstand zu den anderen Gästen. Das fällt nicht schwer, denn es ist nicht viel los. Weder auf den Straßen noch in den Bars. Die Barfrau hat ständig den Tresen abgewischt. Das Notebook, auf dem auch Gäste ihre Musikwünsche eingeben können, wurde jedes Mal von ihr desinfiziert, wenn ein Gast seine Fettfinger an den Tasten hatte.
Wir lernten Richard kennen, einen Arubaner der Einbauküchen installiert und Küchengeräte wartet. Er hat schon die ganze Welt bereist, war in Holland, Deutschland und Australien. Richard fragte, aus welchem Land wir kommen. Dann ging er an das Musik-Notebook und wählte einen Titel aus. Es war irgendwie passend zur Gesamtsituation. Richard hat es extra ausgewählt, weil wir aus Deutschland kommen.
Wir hoffen, am Wochenende wieder unsere Freunde von der Chapo zu treffen. Die haben noch 300 Meilen vor sich. Die Honorarkonsulin hat zu mir gemeint, dass die Autoritäten schon wieder zicken und die Chapo nach Curacao oder Bonaire lenken möchten. Ich weiß nicht, wieviel ich davon an Jutta und Charly weitergeben soll.
Am besten wäre es vermutlich, wenn Charly die Chapo um Mitternacht hier in den Hafen fährt und den Zündschlüssel ins Wasser wirft.
Wir lesen jeden Tag im Internet die deutsche und die niederländische Presse. Wir sind informiert. Es geht uns gut und doch sind wir unsagbar einsam. Eine gute Kolume war meiner Meinung nach die von Sascha Lobo in Spiegel-Online über Vernunftpanik. Die solltest du unbedingt lesen.