Ich mache einen Ausflug mit dem Bus nach Macduff. Ich bin neugierig auf den Hafen. Es gibt nicht so viele geeignete Häfen im Süden des Moray Firth, in die man mit einem Segelboot einfahren kann. Die meisten Häfen sind kleine Häfen für die örtlichen Fischer. Weiter westlich liegt Lossiemouth, das ich ebenfalls nicht kenne. Bei östlichem Wind steht dort viel Schwell in der Hafeneinfahrt. Whitehills ist klein, bei Ostwind aber prima anzufahren. Wenn starke westliche Winde herrschen, schickt Hafenmeister Bernie die Jachten immer nach Macduff, weil die Einfahrt nach Whitehills dann unsicher ist.
Macduff ist wesentlich größer, hier ist mehr Platz. Auch hier ist die Einfahrt nach Westen geöffnet, sie ist jedoch tiefer und breiter. Bei Westwind sicher eine gute Alternative für eine Nacht.
Im äußeren Hafenbecken liegen einige Fischerboote. Es gibt aber keine Stege für Jachten. Macduff ist definitiv nur eine Notlösung. Es gibt auch keine Toiletten, keine Duschen, keinen Strom und kein Wasser für Jachten. Entweder macht man an der hohen Mauer fest oder an einem der Fischerboote. Ich habe genug gesehen, gehe zurück zur Bushaltestelle und verpasse meinen Bus.
Ich möchte keine Stunde in Macduff auf den nächsten Bus warten, also besinne ich mich auf meine Füße und starte zu einem Spaziergang zurück nach Banff. Dabei kann ich noch sehen, dass es in Macduff außerdem keine Supermärkte gibt, die fußläufig bequem vom Hafen aus erreichbar sind.
Einen Kilometer spaziere ich zur Brücke über den River Deveron, der die Banff und Macduff trennt. Das Wetter kann sich nicht entscheiden, ob es regnen möchte oder nicht. So ist schottisches Wetter. Kurz überlege ich, noch einen Umweg zur Macduff-Distillery zu machen, doch irgendwie bin ich zu faul. Ich habe keine Lust auf Whisky, in diesem Jahr sowieso schon zwei Führungen genossen und möchte vor dem nächsten Bus noch zu einem Handwerksbäcker laufen. Der ist mitten im Ort und soll das beste Brot in der Gegend haben.
Auf der anderen Seite des Flusses sehe ich Menschen Golf spielen. Eigentlich habe ich nicht mehr daran geglaubt, doch ich kann für meinen Freund Uli tatsächlich noch ein paar Aufnahmen eines original schottischen Golfplatzes machen.
Ich bin kein Freund des Spiels. Vor Jahren habe ich mich einmal mit dem Putter versucht, das hat mich fast in den Wahnsinn und in Gewaltphantasien getrieben. Außerdem sind die meisten Golfplätze auf der Welt in Ländern angelegt, in denen das Spiel einfach nichts zu suchen hat. Der Wasserverbrauch für die schönen, grünen Wiesen ist viel zu hoch. Das lässt sich für schottische Golfplätze nicht sagen, das Wasser fällt einfach aus den tief hängenden Wolken und hält die Wiesen grün. Das Brot in der Bäckerei muss gut sein, denn der Bäcker ist ausverkauft. Also kaufe ich doch wieder Brot im Supermarkt, schade.
Am späten Nachmittag zeigt sich das schottische Wetter wieder von seiner anderen Seite. Sonnenstrahlen streicheln die Fischerboote im Hafen. Sie werden am Abend wieder raus fahren und die örtliche Fischfabrik mit Nachschub versorgen. Laut Hafenmeister Bernie ist hier an der schottischen Nordostküste die modernste Fischfangflotte von Großbritannien stationiert. Auch der örtliche Ruderclub macht eine Ausfahrt.
Am Abend bin ich mit der Crew der Oblomow zum Abendessen im Fischrestaurant und zu einem Bier im Pub verabredet. Im Restaurant erreicht uns die Nachricht, dass die Queen heute verstorben ist. Meine beiden Tischgenossen kommen kaum mehr von ihren Handys weg.
Im Pub läuft Fußball auf den Fernsehern. Die wenigen Besucher (außer uns) sind am Tresen mit ihren Smartphones beschäftigt. Wir werden freundlich begrüßt, sprechen über das Wetter. Das Wetter ist ein ganz großes Thema bei den örtlichen Fischern. Die kennen unsere Nasen schon aus dem Hafen. Die Queen ist kein Thema, der Dieselpreis ist viel wichtiger. Auf die Frage an den Wirt, ob er den Fernseher mal kurz auf eine Nachrichtensendung umstellen kann, bekommen wir eine ablehnende Antwort. Er würde mit Fußball werben, deswegen würden die Kunden kommen und deswegen kann er den Fernseher nicht auf ein anderes Programm einstellen. Mir ist es eigentlich egal, eine alte Frau ist verstorben. Sie war nicht meine Königin. Ich sehe mir am Abend trotzdem noch die Doku in der ARD-Mediathek an.
Am folgenden Morgen mache die Planung für die nächste Etappe. Ich werde am Samstag um 10 Uhr starten, denn um 11 Uhr wird sich die Tide drehen und die Strömung wird mir helfen. Außerdem ist 10 Uhr eine wunderbare Startzeit. Ich besuche Bernie in seinem Büro und sage ihm, dass ich ihm gerne ein paar Bilder von der Queen geben würde. Zunächst versteht er den Witz nicht. Als ich ihm die 20-Pfund Noten für die Hafengebühren in die Hand drücke, hat er den Scherz verstanden. Die Schotten scheinen das jedenfalls gelassen zu nehmen. Ich höre das Programm von BBC 1. Die Geldscheine und Briefmarken sind ein Thema. BBC bringt ein angemessenes Programm mit ruhiger Musik und jeder Menge O-Tönen aus den vergangenen 70 Jahren ihrer Regentschaft.