Aufbruchsstimmung

Ich finde Aufbruchsstimmung toll. Wenn ich sie selbst habe oder wenn ich sie bei anderen sehen kann. Im Augenblick sehe ich sie bei anderen, bei meinen Stegnachbarn von der Pamina. Die machen sich nämlich fertig, die Marina und in Kürze auch Aruba zu verlassen. Sie sind hier nun seit Anfang August und wollten den ursprünglichen Planungen nach innerhalb von vier Wochen neue Batterien ins Boot einbauen lassen, das Antifouling streichen lassen, eine Klimaanlage einbauen lassen und noch so einiges mehr erledigen. Ich wollte schon eine Kiste Bier wetten, dass sie im September immer noch hier sind. Jetzt schreiben wir Oktober und sie sind immer noch hier. Aber nicht mehr lange. Ich helfe ihnen gerne bei ihren Einkäufen, doch es ist Donnerstag. Zuerst kommen die Katzen dran.

Die Hausbesitzer beobachten mich bei meiner Arbeit

Zuerst sammle ich alles ein, was auf dem Boden herumliegt. Das kommt dann auf die Tische und Kratzbäume bzw. in die Küche zum Reinigen. Also Katzenspielzeug auf den Tisch bzw. Kratzbaum, Futter- und Wassernäpfe werden gespült. Die Katzenklos, im großen Käfig sind es immerhin fünf Stück, reinigen wir mit einer Mischung aus Scheuermilch und Bleiche.

Reinigung eines Katzenklos

Später werden die Katzenklos mit dem Wasserschlauch gereinigt. Die Vorgehensweise ist jeden Tag gleich, die Bewohner mit ihren spitzen Ohren kennen das genau. Sie kennen es viel besser als wir Dosenöffner, denn sie erleben es jeden Tag.

Gereinigte Katzenklos, fertig zum ausspülen mit dem Schlauch

Einige freuen sich. Ich kehre den Käfig zunächst trocken mit dem Besen, dabei machen sich zwei Kätzchen einen Spaß daraus, immer wieder den Besen zu fangen. Es ist schwer, spielende Kätzchen zu ignorieren. Ich kehre trotzdem zu Ende und die Katzen haben dennoch ihre Freude. Eigentlich stellen wir den Katzen Futter in die Küche, damit sie uns beim Putzen nicht im Weg sind. Ein paar bleiben immer übrig.

Der Käfig wird mit dem Schlauch gereinigt

Die meisten von uns wissen, dass Katzen wasserfest sind, dass sie sogar schwimmen können und dass sie wasserscheu sind. Und – wie gesagt – die Reinigung des Käfigs findet jeden Tag statt. Doch Katzen sind außerdem neugierig wie ein Esel. Am liebsten sind sie ganz nah dabei. Meine Katze Sissi etwa mochte den Platz auf der Computertastatur immer dann am liebsten, wenn ich den Computer benutzt habe. Im Animal Shelter haben wir ein paar Exemplare, die bei der Reinigung immer dabei sein müssen. Bei einigen siegt die Neugier über die Abneigung gegen das Wasser. Bei anderen ist es umgekehrt, wenn sie auf dem klatschnassen Boden dann die Flucht ergreifen, rutschen sie lustig durch die Gegen. Erinnert mich immer an das alte Album von Bon Jovi – Slippery When Wet.

Let it rock. Nein, ich spritze nicht direkt auf die Katzen. Die bekommen nur ein paar Tropfen ab.

Zuletzt wird das Wasser in den Abfluss geschoben, der Boden trocknet bei den hiesigen Temperaturen innerhalb weniger Minuten gründlich ab. Anschließend legen wir das Katzenspielzeug wieder auf dem Boden. Die Katzen werden es dann über Nacht wieder gründlich im Käfig verteilen. Die frisch gereinigten und gefüllten Fress- und Trinknäpfe ergänzen das Angebot. Auch die meisten Bewohner kehren nun freiwillig wieder in ihr Domizil zurück, nur ein paar wollen von den Käfigwänden gepflückt werden.

Nach den Fressen müssen sie sich erst einmal ausruhen

Die meisten müssen sich jetzt erst einmal ausruhen und entspannen sich. Ein paar sind noch hungrig und machen sich über das Trockenfutter her. Sie verschmähen das Dosenfutter. Katzen sind schon ganz schöne Feinschmecker. Wenn es möglich ist, geben wir ihnen immer verschiedene Sorten Trockenfutter, denn es hat schließlich nicht jeder denselben Geschmack.

Miau

Nach den Katzen kommen die Menschen. Ich fahre Sönke von der Pamina zu Price Smart, dem hiesigen Großmarkt. Schon im vergangenen Jahr habe ich mir hier eine Mitgliedskarte besorgt. Wenn es die benötigten Dinge hier zu kaufen gibt, haben sie zumeist den besten Preis auf der Insel. Der Einkaufsvorgang ist dann lustig zu beobachten, denn Sönke möchte keine Fehler machen. Immer wieder schickt er Fotos der einzelnen Produkte (etwa Reinigungsmittel) zu Rebecca und möchte wissen, ob das das richtige Produkt ist. Bei den Putzmitteln ist er noch sehr unsicher, bei den Süßigkeiten wird er immer sicherer. Nur die Lieblings-Fruchtgummis sind leider nicht da. Ärgerlich. Mein Auto ist voll bis unter das Dach. Ich selbst habe nur zwei Pakete Karotten gekauft, die am Wochenende unter die Esel gebracht werden sollen.

Auch Rebecca und Charly bekommen eine Tour im Auto spendiert. Wir fahren in die Tierklinik, Charly braucht ein Gesundheitszeugnis. Außerdem braucht er eine Wurmkur. Ich bin mir sicher, er freut sich sehr darüber.

Konkrete Erwartungshaltung. Gib‘ mir jetzt sofort diese Karotte!

Am Samstag nehme ich die Pamina Crew noch einmal mit ins Donkey Sanctuary. Die wahrscheinlich letzte Gelegenheit für einen Besuch, denn die Abreise ist für Dienstag angedacht. Während schlussendlich Lea die meisten Karotten an die Esel verteilt, diskutieren Sönke, Rebecca und ich über die Windvorhersage. In den kommenden Tagen erwarten wir eine sehr schwach windige Phase, etwa für eine Woche. Das würde für die Pamina reichen, mit Hilfe der Maschine nach Grenada zu kommen. Auch dort ist man sicher vor tropischen Wirbelstürmen. Wir haben schließlich immer noch Hurrikansaison. Außerdem steht dem Segler in Grenada die gesamte Karibik offen, von dort aus passt der Wind für fast alle Ziele fast immer.

Die Alternative wäre, Richtung Kolumbien oder Panama weiter zu ziehen, schließlich möchte die Pamina noch in diesem Jahr in den Pazifik fahren. Die schwach windige Phase würde helfen, denn auf dem Weg nach Santa Marta in Kolumbien ist die Wassertiefe recht gering und dadurch die See immer sehr rau. Weniger Wind bedeutet weniger Wellen. Auch das wäre in der kommenden Woche gut möglich.

Entspannter Sonntagnachmittag bei den Eseln

Am Montag kümmert sich Sönke um die Einreisebestimmungen der verschiedenen Länder. Dabei kommt es zu Ernüchterung. Die Aufbruchsstimmung hat einen mächtigen Dämpfer bekommen. Aus Gründen wie „Dauer der Quarantäne für den Hund“ oder „Boot ist in diesem Land nicht versichert“ fällt gerade ein Ziel nach dem anderen von der Liste. Damit ist klar, die Pamina bleibt noch ein paar Tage in Aruba. Da die Crew keinen Bock mehr auf den Hafen hat, wird sie demnächst vor Anker gehen und das Problem mit der Versicherung in Angriff nehmen. Ich hätte es ihnen vorher sagen können, Aruba ist klebrig. Es ist sehr, sehr schwer, diese Insel zu verlassen. Ich weiß wovon ich spreche, denn ich habe es oft genug versucht.

Der neue Wandschmuck, betrieben über das neue 120V Stromnetz

Wenn man über ein Jahr in einem Land mit einem 120V Stromnetz lebt, beginnen manche Probleme. Sissi hat eine 230V Verkabelung und Steckdosen nach deutschem Standard. Als ich mir im vergangenen Jahr die Eiswürfelmaschine gekauft habe, kam ein dicker 120V Inverter an Bord, der für die Eiswürfelmaschine auch genug Leistung bereitstellen kann. Später kaufte ich noch einen Standventilator. Später kaufte ich einen Mixer für die Küche. Irgendwann brauchte ich einen neuen Staubsauger. Eine Kaffeemühle und den Vakumierer für das Essen konnte ich aus Deutschland einfliegen lassen. Letzte Woche war ich es leid, immer das Verlängerungskabel vom Inverter in die Küche zu ziehen. Ich kaufte ein paar Meter Kabel und Steckdosen. So lange die Deckenverkleidung offen ist, ist die Installation ganz leicht. Jetzt hat Sissi neben der 230V Installation noch eine 120V Installation. Die dämliche Schiffsglocke mutierte zu einem großen Ventilator an der Wand. Herrlich. Gerade rechtzeitig zur windstillen Woche.

Schrauben für Wand- und Deckenverkleidung

Ein denkwürdiger Moment. Ich räume die komplette Backbord-Hundekoje aus. Dann kann ich reinkriechen und die Verkleidungsteile an der Decke wieder anschrauben. Jetzt sind die neuen Stromkabel nicht mehr zu sehen. Mein System mit nummerierten Teilen und den passenden Schrauben in der Kiste bewährt sich. Alle Teile finden schnell wieder an ihren Platz zurück. Erstmals seit mehreren Monaten ist die Zahl der demontierten Verkleidungsteile im Boot am Abend geringer als am Morgen. Yess!

Es ist allerdings so unglaublich heiß, dass ich die Inspektion des Motors vor mir herschiebe. Ich hätte dafür gerne wieder den Passat vor der Tür. Bei 35°C im Salon möchte ich den Motor gerade nicht laufen lassen. Da kommt mir Sönke gerade recht, der ein IT Problem und eine Klimaanlage an Bord hat.

Das Leben ist schön

In der vergangenen Nacht lag ich noch um 3 Uhr morgens in meinem eigenen Schweiß gebadet. Auch danach war ich noch ein paar Mal wach. Immer wieder höre ich Moskitos, die um meine Ohrmuscheln Kunstflüge üben. Obwohl ich mich regelmäßig mit Mückenschutzmittel einsprühe, ist kein Entkommen möglich. Windstille ist ideal für Moskitos.

Um 6 Uhr stehe ich auf, es hat keinen Zweck mehr. Wenn bei knapp 30°C und einer Luftfeuchtigkeit von etwa 70% der Wind einschläft, fällt mir das Einschlafen schwer. Auch dass ich zum Schlafen ins Cockpit umgezogen bin, hat die Situation nur wenig verbessert. Ich kann nicht liegenbleiben, denn es ist Donnerstag. Kätzchen-Tag im Tierheim. Und ich muss mich weiterhin um die privaten Pflegekatzen kümmern. Das letzte Frühstück, heute kommen Gail und Paul aus Boston zurück. Nach dem Morgenkaffee schleppe ich mich in die schwimmende Wohnung.

Schwimmende Wohnung, kein Segelboot mehr.

Ein Segelboot ist das nicht mehr. Die Masten sind beide abgesägt worden. Auch der Motor funktioniert nicht mehr. Das Boot ist eine schwimmende Hülle aus Stahl und darauf wohnen drei süße Katzen und Sydney. Bevor man Sydney sehen kann, kann man zumeist das dumpfe Grollen hören, das er immer dann von sich gibt, wenn ihm eine Person zu nahe kommt. Zu nahe kommt man ihm normalerweise schon, wenn man das Boot betritt. Vom Gewicht her bringt er mehr auf die Waage, als die anderen drei Katzen zusammen.

Sydney ist wie immer launisch

Das komplette Gegenteil sind Bali und Elsa. Ich nenne sie immer Elsa, weil das ihr Name aus dem Tierheim war. Der neue Name ist aus einer Fernsehserie, die ich nie gesehen habe. Ich kann ihn mir nicht merken. Elsa ist schon einige Wochen an Bord, Bali noch nicht einmal zwei Wochen. Sie hat unter dem Hafenbüro in einer Abwasserröhre gewohnt, wurde von Gail in die Tierklinik zum Sterilisieren gebracht und anstatt sie wieder zurück an ihren alten Wohnort zu bringen, hat Gail sie auch noch in ihr schwimmendes Haus aufgenommen. Die beiden Mädels schnurren sofort, wenn man sie auf den Arm nimmt und streichelt. Das Genießen haben sie beide schon gelernt. Bali war anfangs sehr reserviert und ängstlich, inzwischen ist sie frech wie ihre Spielkameradin.

Elsa (links) und Bali haben sich lieb

Mikey hat gute und schlechte Tage. Mal vermisst er seine Dosenöffner mehr, mal vermisst er sie weniger. An manchen Tagen muss ich ihn regelrecht zu seinem Spaziergang tragen, an anderen Tagen sprintet er mir davon, bevor ich die Leine an seinem Geschirr festmachen kann.

Mikey entspannt sich

Nach der ersten Raubtierfütterung kommt die nächste. Ich setze mich ins Auto und fahre zum Tierheim. Richtig gut geht es mir nicht, ich fühle mich, als würde ich gleich einschlafen. Doch die Pflicht ruft. Ich bin erleichtert als ich feststelle, dass ich heute nicht alleine für die Katzen zuständig bin. Meine Partnerin war in der letzten Woche krank, jetzt ist sie wieder gesund. Wir brauchen für den ersten Käfig nur eine halbe Stunde. Dann entscheide ich, dass ich nach Hause fahren und noch etwas schlafen muss.

Ganz in der Nähe der Marina – Mangroven

In der Nähe der Marina ist die Küste von Mangroven gesäumt. Es besteht für mich kein Zweifel daran, dass dort die vielen Moskitos ausgebrütet werden. Auch ausgebrütet sind ein paar Hühnereier im Donkey Sanctuary. Eine Henne scheucht und beschützt ihre Küken. Die können nur ein paar Tage alt sein. Ich bin gespannt, wie viele davon durchkommen. Eine gute Henne kann die meisten durchbringen, schlechte Hennen verlieren viele Küken.

Chicken Nuggets

Als ich letzten Sonntag bei den Eseln eintreffe, begrüßt mich Gustav mit den Worten, dass es Stromausfall gibt. Ein Stromausfall ist ja gar nicht so selten in Aruba, zunächst denke ich nicht weiter darüber nach. Dann fange ich doch an zu denken. Mein Telefon zeigt mir nämlich, dass es auf dem Parkplatz WiFi gibt. Dann muss es dort doch Strom geben. Eigentlich brauchen wir den Strom nicht, außer für das Kreditkarten-Lesegerät. Die Gefriertruhe ist schon vor ein paar Wochen zusammengebrochen.

Es ist viel los im Donkey Sanctuary

Der Kreditkartenleser ist natürlich das wichtigste Gerät, denn damit kommen die fetten Spenden und die kleinen Einnahmen aus dem Verkauf der Futterpellets auf das Konto. Einen Tag nur mit Barzahlung arbeiten wäre wahrscheinlich ein großer Verlust. Auf dem Parkplatz ist WiFi und der Sicherungskasten im Futtercontainer ist absolut in Ordnung. Hier ist keine Sicherung herausgeflogen. Annekes Mann Dirk erscheint, er ist so etwas wie der Elektro-Hausmeister im Donkey Sanctuary. Wir prüfen noch die Vorsicherung am Zählerkasten, vielleicht ist nur eine der drei Phasen durchgebrannt. Nein, die Sicherungen sind alle in Ordnung. Dirk und ich gehen das Kabel entlang, dass wider Erwarten nicht vom Parkplatz zum Besucherzentrum führt, sondern einen Umweg über die Ställe macht. Ich wäre da nie drauf gekommen, doch die Sicherung im dortigen Sicherungskasten spricht eine deutliche Sprache. Schon können wir wieder Kreditkarten belasten. Das Kabel vom Parkplatz über die Ställe zum Besucherzentrum zu verlegen ist in etwa so kreativ wie der Stromkreis zu meinem Autopiloten gewesen ist.

Anneke und das Federvieh

Ich liege in meinem Bett und dämmere ein wenig vor mich hin. An Schlafen ist nicht zu denken, doch ich kann etwas entspannen. Mit zwei Ventilatoren schaffe ich mir einen Luftzug und etwas Erleichterung.

Mein Anker rumpelt. Das ist ein Geräusch, das durch das ganze Boot geht. Es ist nicht zu überhören und kommt einer Türglocke sicher am nächsten. Ich schiebe mich aus dem Bett und an den Ventilatoren vorbei. Vor meinem Boot stehen der Skipper des Katamarans und seine Tochter. Als ihnen klar wird, dass ich geschlafen habe, kündigen sie einen weiteren Besuch für einen späteren Zeitpunkt an.

Ein paar Stunden später rumpelt mein Anker wieder. Ich sitze gerade am Computer und schreibe für mein Blog. Da steht er wieder vor meinem Boot, unter dem Arm ein 12er-Pack Bier. Ich bekomme meinen USB-Stick zurück, auf den ich verschiedene Seekarten gespielt habe. Navigationszeug, das unter Langfahrern herumgereicht wird. Das meiste habe ich in Portugal von einem Amerikaner bekommen.

Katamaran

Das Bier drückt er mir mit den Worten in die Hand, dass er dafür sein Portemonnaie geöffnet hätte. Sieh an, ein neuer Leser. Ich habe die Worte vor ein paar Wochen in Zusammenhang mit seiner Person verwendet. Er gibt vor, mit mir über mein Blog sprechen zu wollen. Ein Dialog möchte sich jedoch nicht entwickeln. Wenn ich meinen Standpunkt zu dem einen oder anderen Vorwurf äußern will, fährt er mir über den Mund und setzt seine Tirade fort. Dann ist das halt so. Dann reden wir nicht miteinander. Er verlangt, dass ich den Blog nachträglich zensiere. Letztendlich halte ich meinen Mund. Einen Freund fürs Leben habe ich mir sowieso nicht gemacht, ob ich meinen Standpunkt äußere oder nicht.

Doch das Leben ist viel zu schön, um sich aufzuregen. Ich freue mich darüber, dass ich heute eine Einladung zum Abendessen habe. Hoffentlich bin ich nicht zu müde. Jetzt gehe ich erst einmal zu Gail und Paul rüber, ich habe gerade gesehen, dass sie wieder nach Hause gekommen sind. Der Wind hat auch wieder ein wenig aufgefrischt.

Ellie

Einige Male war ich bei den Katzen, seit dem ich den letzten Beitrag geschrieben habe. Auch bei den Eseln konnte ich mich an den Sonntagnachmittagen entspannen. Das Leben geht hier seinen geruhsamen Gang und normalerweise passiert nicht viel. Die großen Ereignisse in der Welt finden nicht in Aruba statt. Kleine Anekdoten kann ich natürlich erzählen und etwa die Geschichte von Ellie hat das Zeug zu einem ganz großen Drama.

Ellie, eine von vielen streunenden Hündinnen in Aruba

Vor knapp zwei Wochen ist die Segeljacht Pamina hier in Varadero angekommen. Am Heck weht die deutsche Flagge und an Bord sind Lea, Rebecca, Sönke und Charly. Eine ganz normale Familie, die sich auf der Barfußroute eine Auszeit gönnt. Während ich meinen Morgenkaffee trinke ruft mich Paul zu sich. Ein deutsches Boot würde hineinkommen und ich könnte doch bei Sprachproblemen aushelfen. Natürlich mache ich das gerne, außerdem ist mir jede Abwechslung im normalen Alltag willkommen. Beeindruckend ist nicht nur die Größe des Boots, beeindruckend ist auch die Größe von Charly, dem Bordhund. Er ist nun 12 Jahre alt.

Die Pamina

Auf der Pamina ist in Aruba ganz großes Programm geplant. Das Boot soll aus dem Wasser geholt und von unten gestrichen werden. Außerdem hat Sönke neue Batterien bestellt, die hier eingebaut werden sollen. Eine Klimaanlage für die Pamina steht auch noch auf der Todo-Liste. Also werden wir hier eine gewisse Zeit gemeinsam verbringen. Sönke ist zwar der Meinung, dass alles Ende August fertig sein wird, er glaubt aber auch noch an erfolgreiches Projektmanagement in Aruba. Die erste Ernüchterung war, dass von den 24 bestellten Batteriezellen nur 12 geliefert worden sind. Ich bin gespannt, wie lange die Nachlieferung brauchen wird, die erste Ladung war sechs Wochen unterwegs.

Callas, Caruso und Pavarotti. Drei Kätzchen, die sich durch eine außergewöhnliche Stimmgewalt auszeichnen, sind in der vergangenen Woche im Tierheim eingezogen. Wir sind gespannt, ob das weiße Katerchen taub ist. Noch konnten wir es nicht herausfinden.

Um mir den Abschied von diesen süßen Spitzohren leichter zu machen, versuche ich, mir das Schicksal der anderen nicht mehr so zu Herzen zu führen. Auch die Namen lerne ich normalerweise nicht mehr. Die Opernsänger allerdings sind auf meinem Mist gewachsen, ich hatte die Aufgabe der Namensfindung.

Und da wäre dann Ellie. Lea (7) hat sie im Fischrestaurant kennengelernt, die beiden haben viel miteinander gespielt. Ellie ist eine mehrere Monate alte Streunerin, die neben einigen anderen Hunden im Hafenbereich lebt. Das ist nicht außergewöhnlich, die Angestellten der Marina, die Fischer, die Segler und die Leute vom Restaurant stellen Wasser und gelegentlich Nahrung bereit. Man kann den Hund ja nicht verkommen lassen. Ellie zeichnet gegenüber anderen Straßenhunden aus, dass sie ein Halsband trägt. Und Rebecca findet Ellie auch süß, sie hat ihr ihren Namen gegeben. Sie hat sie von Dutzenden Zecken befreit und mit Flohmittel behandelt. Ich ziehe die Familie nun immer damit auf, dass sie nun ein zweites Hundekörbchen unter Deck brauchen. Auch Charly ist begeistert von Ellie, denn sie war in den letzten Tagen heiß und er hatte seinen zweiten Frühling. Hoffentlich ist da nichts angebrannt…

Verkabeln eines von zwei der neuen Sicherungskästen

Mein Ellenbogen behindert mich immer noch an der Arbeit. In den letzten Tagen hat sich glücklicherweise eine stetige Verbesserung abgezeichnet, so dass ich hoffen kann, in ein bis zwei Wochen wieder ordentlich zupacken zu können. Derweil robbe ich mich arbeitsmäßig langsam an mein Ziel heran. Der alte Sicherungskasten ist mit Sicherungsautomaten ausgestattet, die wahrscheinlich so alt sind wie Sissi. Diese sind inzwischen so herunter, dass sie unter anderem bei unterschiedlichen Stromstärken auslösen.

Der alte Sicherungskasten

Einige der Automaten sind gar nicht mehr zu gebrauchen. Das Zeug fliegt komplett raus. Ich ersetze es durch zwei Sicherungskästen mit Schmelzsicherungen und einfachen Schaltern. Auch diese wollen verkabelt werden, Sicherungen, Schalter, Kabel und die Grundplatte müssen besorgt werden.

Den Sicherungskasten und die Stromkabel bekomme ich bei Budget Marine. Sauteuer, dafür aber für den Gebrauch auf Booten ausgelegt. Insofern sicherlich eine gute Investition. Bei den Schaltern werde ich aber nicht fündig, meinen Bedarf kann Budget Marine hier nicht befriedigen. Auch bei den Schmelzsicherungen herrscht hier gerade Knappheit. So fahre ich anschließend zu Boat & Fishing Aruba. Die haben 10 der von mir benötigten Schalter, von denen ich 24 brauche. Die anderen 14 bestelle ich, sie sollen in der ersten Augustwoche eintreffen. Dafür gibt es hier aber die Montagehalterungen nicht, sie sind auch nicht bestellbar. Hä? Diese Halterungen habe ich aber bei Budget Marine gesehen. Allerdings hat Budget nur eine einzige im Laden vorrätig, also bestelle ich die restlichen. Auch die sollen in der ersten Augustwoche kommen.

Derweil kann ich die beiden Sicherungskästen schon verkabeln. Sicherungen und Kabelschuhe gibt es im Baumarkt. Der Baumarkt hat aber kein Holz, das ich als Trägerplatte benutzen kann. Die verfügbaren Bretter sind alle in 2,4 m Länge und 1,2 m Breite und passen damit nicht in mein Auto. Außerdem wollen sie mir nicht das kleine 36 cm auf 40 cm Brettchen verkaufen, ich müsste das ganze Brett nehmen. Das geht besser.

Ich frage Soraida. Sie gibt mir den Tipp, es bei einer Schreinerei zu versuchen. Eine Viertelstunde und zwei Heinecken später habe ich ein auf Maß zugesägtes Stück Holz. Ein schönes Erfolgserlebnis.

Voll verkabelter Sicherungskasten

Derweil sehe ich Ellie immer wieder auf der Pamina an Bord. Nachdem sie an einem der ersten Tage ins Wasser gefallen ist und von Rebecca gerettet wurde, kann sie inzwischen selbständig an und von Bord gehen. Das freut Charly sicherlich sehr, wenn die Familie einen Ausflug macht und er alleine das Boot bewachen muss. Nur Sönke ist bislang standhaft und verkündet seine Meinung, dass er keinen zweiten Hund an Bord braucht. Er verscheucht Ellie regelmäßig. Einem echten Straßenhund macht das gar nichts aus. Außerdem haben alle anderen Ellie lieb.

Sind sie nicht niedlich? Die muss man doch adoptieren.

Meine Beziehung zu den Katzen und Kätzchen im Tierheim lasse ich jedenfalls gar nicht mehr so tief werden. Nur Elvis wird von mir regelmäßig gestreichelt und gekrault. Das kann ich machen, weil er in seinem Leben das Tierheim wohl nicht mehr verlassen wird. Er war vor ein oder zwei Jahren an eine Familie vermittelt worden und wurde total unglücklich. Er hat nicht mehr gefressen und sich in Ecken verkrochen. Als er zurück ins Tierheim kam, blühte er wieder auf und war glücklich.

Shrimp chillt

Also halte ich mich für die festen Beziehungen an Shrimp, Sunchi, Swa und Socks im Donkey Sanctuary sowie an Mikey im Hafen. Wobei der bildhübsche Kerl derzeit Ausgangssperre hat. Er hat sich an einer der Hinterpfoten verletzt, muss eine Halskrause tragen und darf nicht mehr in der Marina spazieren gehen. Ich freue mich darauf, wenn er wieder zu mir zum Frühstücken kommt.

Auch zu den Eseln eine Beziehung aufzubauen ist vollkommen risikolos. Esel passen nicht auf Segelboote. Außerdem geht es diesen Eseln ausgezeichnet, man könnte ihnen keine bessere Umgebung bieten.

Relax

Ich bin gespannt, wie die Geschichte mit Ellie weitergeht und ob sie ein Straßenköter auf Aruba bleibt. Rebecca versucht gerade, über Facebook jemanden zu finden, der den zugegebenermaßen niedlichen Hund bei sich aufnimmt. Lea versucht, den Hund so oft wie möglich zu knuddeln und zu umarmen. Charly versucht, was die Natur ihm vorgibt. Sönke versucht, die Kontrolle nicht zu verlieren. Ich versuche, meinen blöden Ellenbogen wieder fit zu bekommen. Ellie jedenfalls hat morgen gemeinsam mit Charly einen Termin beim Tierarzt. Entflohen, entwurmen, impfen (?). Das wird noch spannend.

Ellie entspannt vor der Pamina