Zwei Brücken

In diesem Beitrag geht es nicht um Zweibrücken in Rheinland-Pfalz. Es geht um zwei Brücken in Schottland. Ich habe ja vor ein paar Tagen erfahren müssen, dass über den Kanal eine neue Brücke gebaut wurde. Wenige hundert Meter neben der Tomnahurich Bridge hat man in den vergangenen drei Jahren die Torvean Bridge errichtet. Die beiden Brücken sind nur etwa zwei Kilometer von der Seaport Marina entfernt, also bietet sich ein Spaziergang bei allerbestem Wetter an.

Dickes Fischerboot fährt in die Schleusentreppe

Als professioneller Kanal-Stalker und Boote-Stalker habe ich auch in der Marina das Funkgerät weiterhin auf Kanal 74 laufen, denn ich möchte informiert bleiben. Vielleicht kommt ja ein Boot vorbei, dem ich schon einmal begegnet bin. Oder es ist wie heute, ich möchte die Brücken besuchen und natürlich sollen diese auch öffnen. Da kommt mir der Fischer gerade recht, der bei meinem Morgenkaffee durch die Seeschleuse einfährt und in Richtung Schleusentreppe weiter dampft. Den will ich in einer der beiden Brücken aufnehmen. Also spaziere ich gemütlich los. Während der Fischer in den Schleusenkammern hängt, kann ich die zwei Kilometer problemlos zurücklegen.

Caley Cruisers in ihrem Heimathafen

Gleich oberhalb der Schleusen befindet sich die Caley Marina. Als wir vom Loch Ness gekommen sind, war die Basis der Caley Cruisers komplett leer. Jetzt sind sie alle zu Hause.

Bootsübergabe an neue Kunden

Ich kann beobachten, wie ein Mitarbeiter neue Kunden in die Bedienung ihres Charterboots einweist. Außerdem müssen die frisch gebackenen Kapitäne noch ein paar Videos zum Thema An- und Ablegen, Schleusen, Brücken und Schiffsverkehr im Allgemeinen anschauen.

Frisch gewaschen stehen die Boote für neue Kunden bereit.

Derzeit muss es sehr ruhig in den Kanalschleusen sein, denn die Heimatbasis ist voll. Heute ist Samstag, also werden sicherlich bald noch mehr von ihnen auf die Reise geschickt. Neben der Heimatbasis der Charterboote gibt es auch eine richtige Marina mit Dauerliegeplätzen und einem Boatyard. Ich könnte Sissi ja über den Winter hier lassen und reparieren lassen. Wenn ich in den nächsten Wochen keinen Wind bekomme, mache ich das vielleicht sogar.

Blick über die Marina

Ich spaziere weiter in Richtung der Brücken, zu viel Zeit darf ich mir nicht lassen. Der Fischer ist ein Profi und Profis schleusen normalerweise schnell. Profis können schließlich mit ihren Schiffen ordentlich umgehen. Also schreite ich aus. In meinem Rucksack habe ich neben einem Snack und der Wasserflasche auch das Handfunkgerät, schließlich möchte ich weiterhin wissen, was bei den Brücken los ist.

Tomnahurich Bridge mit Kontrollturm

Ich ziehe sozusagen den Hauptgewinn. Vom Loch Ness her kommend meldet sich ein Segelboot beim Kontrollturm an. Ich werde es nicht mehr zur Torvean Bridge schaffen, denn die ist schon für das Boot geöffnet. Aber ich kann die Öffnung der Tomnahurich Bridge fotografieren.

Tomnahurich Bridge wird aufgedreht

Der Skipper des Segelboots hält dieses wesentlich professioneller in der Mitte des Kanals, als ich das mit Sissi nach der Vollbremsung gemacht habe. Allerdings hat der Skipper wohl seine Kanal-Unterlagen gelesen oder ist ortskundig. Letzteres bestätigt sich, denn der Kontrollturm fragt ihn, ob er auch die Muirtown Schleusentreppe herunter möchte. Das wird verneint, er fährt nur bis zur Caley Marina.

Schotte fährt durch die alte Brücke

Geistige Notiz für die nächste Durchfahrt durch den Kanal, wann auch immer sie stattfinden wird: Die Unterlagen genau lesen, vielleicht ändert sich ja doch noch etwas! Selbst wenn man glaubt, dass man bei der vierten Durchfahrt alles genau kennt, kann eine Neuerung installiert sein. Wie eben die Torvean Bridge, im Hintergrund und geschlossen. Das dicke Fischerboot lässt jedenfalls auf sich warten.

Torvean Bridge

Die wenigen Meter zur Torvean Bridge sind schnell zurückgelegt. Das Funkgerät schweigt. Während ich die Muirtown Schleusen herunter geschleust wurde, habe ich den Schleusenwärter gefragt, seit wann es diese Brücke gibt. Sie ist wirklich brandneu und erst seit diesem Jahr „fully operationable“. Vorher hatte sie jede Menge Kinderkrankheiten. Der Schleusenwärter hat sie als „overengineered“ bezeichnet. Man hätte alle möglichen Sensoren und technische Spielereien eingebaut, die überhaupt nicht nötig wären. Die alte Brücke sei viel besser. Man müsse nur zwei Bolzen entriegeln und schon kann man sie drehen.

Kontrollturm in der Mitte zwischen den beiden Brücken

Bei der neuen Brücke würden Computer vor dem Drehen alle möglichen Checks machen und im Zweifel könne die Brücke dann nicht gedreht werden. Außerdem hätte man aus Kostengründen die eigentlich geplanten Lasersensoren durch irgendwelche billigeren Sensoren ersetzt. Dafür würde man jetzt die Rechnung bezahlen.

Torvean Bridge mit Kontrollturm

Mein Funkgerät schweigt. Der Fischer hat sicherlich oberhalb der Schleusentreppe festgemacht. Ich prüfe das mit Marinetraffic und ja – er liegt dort, wo wir ein paar Tage vorher mit Sissi waren. Pech. Also muss ich auf ein weiteres Segelboot hoffen. Oder auf den Cruiser, dessen Übernahme ich vor einer halben Stunde fotografiert habe. Oder ich belasse es bei diesen Fotos.

Kreisverkehr. Hier gibt es elektronische Anzeigen für die Brückenöffnung

Ein Grund für den Brückenneubau ist der Verkehrsfluss auf der Hauptstraße. Der Autoverkehr soll nicht ausgebremst werden. Deswegen wird auch immer nur eine der beiden Brücken geöffnet. Über die andere Brücke soll der Verkehr fließen. Dazu hatte der Schleusenwärter auch eine ganz dezidierte Meinung. Die Autofahrer seien zu blöd, sich nach den Anzeigen zu richten. Deswegen wären die Kreisverkehre immer schnell blockiert und es würde schnell ein langer Stau entstehen. Ich habe keine Lust mehr zu warten. Doch vor der Tomnahurich Bridge sehe ich einen Cruiser am Wartepontoon liegen. Ich frage ihn, ob er sich beim Kontrollturm angemeldet hat. Ja, das hätte das Charterunternehmen für ihn gemacht. Fein, denke ich mir. Dann werden die Brücken doch gleich wieder geöffnet. Und siehe da, ein zweites Charterboot kommt aus Inverness den Kanal entlang gefahren. Der Alarm klingelt und die erste Brücke öffnet sich.

Tomnahurich Bridge öffnet. Autofahrerperspektive.

Ich gehe davon aus, dass der Wegweiser am Kreisverkehr funktioniert. Tatsächlich hat der Schleusenwärter recht gehabt. Trotzdem reiht sich noch ein Auto nach dem anderen in der Schlange ein. Ich gehe weiter zur Torvean Bridge.

Cruiser haben es durch die erste Brücke geschafft.

Die beiden Motorboote haben es unfallfrei durch die erste Brücke hindurch geschafft. Jetzt müssen sie auf die Öffnung der zweiten Brücke warten. Eigentlich keine große Sache, denn sie sind mit Bugstrahlruder und Heckstrahlruder ausgestattet, können also auch seitwärts fahren. Das habe ich auf der Webseite des Charterunternehmens herausfinden können.

Cruiser möchte anlegen.

Ich habe mir auch den Lehrfilm zum Thema „Brücken“ angesehen, den das Charterunternehmen auf seiner Webseite anbietet. Dort wird gesagt, dass man bei geschlossener Brücke am Wartepontoon festmachen soll. Das erste Motorboot stürzt sich auf den Pontoon wie ein Raubvogel auf seine Beute. Derweil beginnt schon der Alarm der Brücke mit dem Läuten.

Geschafft!

Neben mir macht ein Radfahrer eine Vollbremsung und springt von seinem Rad. Ich höre die deutschen Worte „ich muss mich beeilen“ und dann steht er mit seinem Telefon vor der Ampel. Die wird beim Blinken gefilmt.

Brückenschrat

Immer wieder dringen deutsche Wortfetzen in meine Ohren. Es ist definitiv ein deutscher Brückenfan, der es gerade noch so zur Brückenöffnung hierher geschafft hat. Außer Atem kommentiert er die Geschehnisse für sein Video. Nach dem Schließen der Schranken passiert erst einmal nicht viel. Lediglich der Brückenfan springt vor den Schranken hin und her.

Zuerst wird die Brücke gekippt.
Die gekippte Brücke wird anschließend gedreht.

Mit einem Mal wird mir klar, warum der Schleusenwärter die Brücke als „overengineered“ bezeichnet hat. Die Fahrbahn wird zuerst einmal gekippt. Der Brückenfan hat diesen Vorgang in allergrößter Extase gefilmt. Hätte ich vielleicht auch gemacht, ich hatte es nicht erwartet.

Halb offene Brücke

Der anschließende Swing dieser Swing-Bridge ist genau so unspektakulär wie bei allen anderen Brücken. Das Ablegemanöver des ersten Kreuzers wiederum verspricht für die nächsten Schleusen allerbestes Schleusenkino. Schade, dass ich denen nicht in Fort Augustus zusehen kann.

Cruiser legt ab.

In einem krassen Bogen legt da Boot ab und nimmt Kurs auf die andere Kanalseite. Es kommt mir vor, als ob der frisch gebackene Skipper sein Gefährt quer durch die Brücke fahren möchte. Kurz vor der Betonmauer gelingt ihm die Kurskorrektur. Jetzt nimmt er erst Kurs auf die andere Seite des Kanals, doch in immer kleiner werdendem Zickzack stabilisiert sich letztendlich sein Kurs. Ein Leckerbissen.

Hart Backbord, will er etwa quer durch die Brücke fahren?

Ich sehe der Brücke noch beim Schließen zu. Dann mache ich mich wieder auf den Weg zurück zu Sissi. Ich habe Hunger. Außerdem will ich noch die Wettervorhersage der kommenden Tage studieren, vielleicht hat sich ja etwas ergeben. Bisher sieht es jedenfalls nicht so aus, als würde ich hier in Kürze abfahren können. Spätestens am Montag muss ich aus dem Kanal raus.

Kurskorrektur ist im letzten Moment gelungen!

Cash

Ich muss endlich Wäsche waschen. Ich habe kaum noch frische Sachen zum Anziehen. Die letzte Waschmaschinenladung habe ich in Cork gewaschen. Cork liegt in Irland und ist damit in der Eurozone. Ein paar Euromünzen hatte ich noch, also war das Waschen kein Problem. Auf der Isle of Man habe ich praktisch alles mit der Kreditkarte bezahlt. Dort habe ich kein Bargeld aus dem Automaten ziehen müssen. Ein paar Pfund Bargeld waren noch in den Bordbeständen, die habe ich mir für den schlimmsten Fall ins Portemonnaie gepackt.

Waschmaschinen und Trockner in der Seaport Marina

Auf Islay musste ich dann doch an den Geldautomaten, denn die Marina in Port Ellen kann man nicht mit der Karte bezahlen. Ansonsten habe ich auf Islay aber doch fast alles bargeldlos bezahlt. Es ist so einfach. Selbst die Busfahrer wollten kein Bargeld, man legt die Kreditkarte auf den Fahrkartendrucker und der Käse ist gegessen. Die Waschmaschine in Port Ellen läuft nur mit Münzen, doch ich hatte keine passenden Münzen. Außerdem war die Wäsche dort sehr teuer, deswegen habe ich das Thema in die Zukunft vertagt. Im Caledonian Canal gibt es an verschiedenen Stellen Waschmaschinen, doch auch die laufen nur mit Münzen. Münzen, die ich nicht hatte. Ich war hocherfreut, als ich in der Seaport Marina die Waschmaschinen gesehen habe, denn es gibt dort nur bargeldlose Bezahlung.

Kartenterminal für die Waschmaschinen

Während die Waschmaschine ihre Arbeit tut, suche ich an Bord die Pfundmünzen zusammen, die ich noch habe. Es kommen doch fast 10 Pfund zusammen. Die werde ich heute Abend in den Pub tragen, denn ich habe noch keinen Wirt gesehen, der Bargeld ablehnt.

Fast 10 Pfund Bargeld

Ich sortiere die saubere Wäsche in den Schrank, dann spielt mein Radio eine Live-Übertragung aus dem Frankfurter Waldstadion. Das ist nicht ausverkauft, denn der Verein aus Leipzig hat einfach nicht genug Fans mitgebracht. Das 4:0 stimmt mich euphorisch. Nach dem Abendessen gehe ich los und gerate in einen Darts-Wettbewerb.

Jährliche Clachnaharry Inn Darts Meisterschaft

Viele schöne Stunden habe ich mit den Pfeilen im Speak Easy in Sachsenhausen zugebracht. Dort zählt der elektronische Automat automatisch die Punkte herunter. Manchmal zählt er diese auch nicht. In Schottland habe ich schon viele Dartscheiben gesehen, doch in keinem Pub war ein elektronischer Automat. Die Punkte werden hier noch von Menschen gezählt. Die Stimmung ist ausgelassen und die ganze Veranstaltung ist für einen guten Zweck.

Punkte werden aufgeschrieben.

Wie hierzulande üblich muss ich mein Bier sofort bezahlen. Ich gebe dem Wirt ein paar Münzen und sage ihm, dass er den Rest behalten soll. Da sind wir doch schon beim ersten Problem mit der bargeldlosen Lebensweise. In den Wochen im United Kingdom habe ich kaum Trinkgeld gegeben. Es war einfach nicht möglich. Von der Kreditkarte wird nur das abgebucht, was die elektronische Kasse berechnet. Außerdem käme es mir komisch vor, ich weiß nicht, in welcher Tasche das Geld dann landen wird.

RNLI Spendenschiff

Jeder kennt bei uns die Spendenschiffchen der DGzRS. Die Gesellschaft heißt hier RNLI und ist ebenfalls auf Spenden aufgebaut. Auch hier finden sich diese Schiffchen überall. Ich stelle mir die Frage, ob die fast ausschließlich bargeldlose Lebensweise Auswirkungen auf das Spendenaufkommen hat. Man kann nicht eben mal das Wechselgeld in das Schiffchen stecken, wenn man mit der Karte bezahlt hat. Kartenzahlung ist hierzulande die Regel und nicht die Ausnahme. Selbst die 0,99 Pfund für die SIM-Karte habe ich bargeldlos bezahlt, ohne dass der Kassierer mit der Wimper gezuckt hätte. Kommt überhaupt noch Geld in diesen Schiffchen an? Spontan ein paar Pfund zu spenden ist eine Sache, doch wer setzt sich an den Computer und überweist seine Spende statt dessen? Meine übrigen Münzen wandern in das Schiffchen, das nächste Bier zahle ich mit Karte. Am folgenden Morgen stehe ich vor dem Coop und habe kein Pfund mehr für den Einkaufswagen.

Clachnaharry

Clachnaharry ist ein Ortsteil von Inverness. Nach diesem Ortsteil ist die Seeschleuse benannt, eine Eisenbahnbrücke ebenfalls und eine weitere Schleuse, die „Arbeiterschleuse“.

Herr Clachnaharry vor seinem Häuschen

Genau wie über den Kanälen in Holland gibt es über den Caledonian Canal Eisenbahnbrücken. Genauer gesagt gibt es deren zwei Stück. Die eine am Neptune’s Staircase ganz im Westen, die andere in Clachnaharry ganz im Osten des Kanals. Und genau wie in Holland haben in Schottland die Züge Vorfahrt vor den Booten. Also richten sich die Betriebszeiten der Brücken nach dem Eisenbahnfahrplan. Da Scotrail lange nicht so einen dichten Fahrplan hat wie die Holländer, ist das jedoch sehr entspannt.

Eisenbahn-Drehbrücke in geschlossenem Zustand

Ich sehe ein Segelboot in Richtung Nordsee fahren. Da ich niemals die Chance haben werde, ein Foto von Sissi bei der Durchfahrt durch die Eisenbahnbrücke oder in der Seeschleuse zu bekommen, beiße ich in den sauren Apfel und mache einen Spaziergang zu den beiden Schleusen mit der Brücke dazwischen. In Holland werden alle Brücken ferngesteuert. In Schottland werden sie nah gesteuert.

Brückenöffnung

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wer in Holland für die Eisenbahnbrücken zuständig ist. Entweder ist es ein Bediensteter der Eisenbahn oder einer von Rijkswaterstaat. Aufgrund des holländischen Pragmatismus tippe ich auf Letzteres. In Schottland ist es definitiv nicht die Kanalverwaltung, die für die Eisenbahnbrücken zuständig ist. Es ist auch nicht Scotrail, denn die sind nur Betreiber der Züge. Die Brücken werden von einem Angestellten des Gleisnetz-Betreibers bedient.

Der Öffner

Die Öffnung der Brücke erfordert einiges an Arbeit. Zunächst muss der Öffner allerlei Verriegelungen lösen, dann geht er an das Steuerpult und schließlich dreht sich die Brücke. Von Anfang bis Ende dauert der Vorgang gut und gerne 10 Minuten. Das Drehen der Brücke selbst ist innerhalb einiger Sekunden erledigt. Auch das Schließen und Verriegeln dauert so lange. Damit ist klar, dass die Brücke nur bei einer größeren Lücke im Fahrplan geöffnet werden kann.

Ein dänisches Segelboot fährt aus

Ist die Brücke einmal offen, bleibt sie auch eine ganze Weile offen stehen. Das kann ich während meines Spaziergangs hautnah erleben. Die Schleusenwärterin, die eben noch das dänische Segelboot durch die Schleuse nach unten gebracht hat, macht sich zu Fuß auf den Weg zur Seeschleuse.

Lokführerperspektive

Ich will ihr folgen, mache aber vorher noch ein Bild aus der Lokführerperspektive. Der rote Punkt auf der Brücke ist nicht für die Segler, sondern für die Lokführer aufgemalt. Er ist ein letztes Warnsignal, bevor der Zug in den Kanal fällt. Eigentlich sollte ein Lokführer dieses Bild niemals sehen, denn das Haltesignal ist ein ordentliches Stück von der Brücke entfernt aufgestellt.

Offene Brücke, in der Mitte der Gleise sind die Stangen, mit denen die Brücke verriegelt wird.

Während die Schleusenwärterin zur Seeschleuse spaziert, überquere ich noch schnell den Kanal und mache das Bild von der offenen Brücke. Dann folge auch ich dem Segelboot, das zwischen den beiden Schleusen parken muss, bis die Seeschleuse bedient wird. Die Schleusenwärterin findet noch Zeit, ein paar Worte mit einen Hundefreund zu wechseln. Das Wort Eile kennt man hier nicht.

Offene Eisenbahnbrücke und geschlossenes Schleusentor dahinter

Ich frage mich, warum das Schleusentor wieder geschlossen wurde. Von See her kommend wird gleich ein Motorboot in den Kanal fahren. Dazu muss die Schleuse geöffnet sein. Da das aber nicht mein Problem ist, folge ich jetzt erst einmal dem Dänen.

Warten auf die Schleusenöffnung

Der wartet immer noch darauf, dass sich die Schleuse für ihn öffnet. Das geschieht dann auch bald. Das ältere Ehepaar an Bord arbeitet routiniert mit den Leinen. Ich frage mich, wo sie hinfahren werden. Der Wind ist derzeit nicht dazu gemacht, nach Deutschland oder Dänemark zu segeln. Vor diesem Problem werde ich auch in wenigen Tagen stehen.

Dänemark ist in der Seeschleuse angekommen

Die Flut steht hoch, es ist nicht viel Höhenunterschied zu überwinden. Die Seeschleuse kann bei Niedrigwasser (+/- 2 Stunden) nicht geöffnet werden. Das stellt wird mich am Montag auch noch vor ein Problem stellen. Hochwasser ist in den frühen Morgenstunden und Niedrigwasser am Mittag. Am Vormittag ist reger Zugverkehr, so dass die Brückenöffnung nicht zu meiner gewünschten Abfahrtszeit möglich sein wird. Und bei auflaufendem Wasser am Nachmittag möchte ich nicht herausfahren, dann würde ich ja gegen die Strömung fahren müssen.

Dänemark ist frei. Jetzt liegen zwischen ihnen und der Heimat nur noch der Gegenwind und die Strömung

Die Dänen fahren aus der Schleuse, gleich darauf fährt ein Motorboot hinein. Denen sehe ich nicht mehr beim Schleusen zu, ich habe genug. Die Seeschleusen bieten selten Gelegenheit für großes Kino. Dafür muss man im Landesinneren zu den Schleusen, an denen die Caley Cruisers unterwegs sind.

Ein Motorboot fährt in die Seeschleuse, die Schleusenwärterin steht zum Empfang bereit.

Auf meinem Weg zurück zur Eisenbahnbrücke begegne ich dem Hundefreund, mit dem vor einer Viertelstunde schon die Schleusenwärterin einen Schwatz hatte.

Hundefreund

Auch wir haben ein kurzes Gespräch. Seine drei großen Hunde liegen derweil müde im Gras. Er erklärt mir, dass die Hunde sehr alt sind. Die beiden Rüden seien 14 Jahre alt und die Dame wäre schon 16. Das ist für die riesigen Tiere ein wahrhaft biblisches Alter. Er wohnt in dem Haus gleich neben der Schleuse und die Hunde schaffen nicht mehr als noch ein paar hundert Meter am Tag.

Ein weiteres Segelboot fährt zur Seeschleuse

Jetzt wird mir klar, warum das Schleusentor wieder geschlossen wurde. Ein weiteres Segelboot kommt in Richtung Seeschleuse gefahren. Es muss ein anderer Schleusenwärter das „Works Lock“ besetzt haben. Den Namen hat es von den Arbeitern, die dort beim Kanalbau gewohnt haben. Der Kanal wurde nämlich zuerst von Inverness bis zum Loch Ness gebaut und dieses Teilstück auch zuerst eröffnet. Jetzt muss nur noch das Motorboot durch die Brücke und dann kann der Öffner zum Schließer werden. Ich gehe zurück zu Sissi. Die Brücke war über eine Stunde geöffnet. Undenkbar in Holland, wo es auf den meisten Bahnstrecken mindestens einen Stundentakt gibt, also zwei Züge in der Stunde fahren. Für die Schleusen in Holland werde ich ein anderes Arbeitstempo benötigen.