Es ist immer wieder dasselbe mit mir. Wenn ich viel zu tun habe, schreibe ich wenig. Ich habe einfach keine Zeit dafür, denn die Zeit rast ja bekanntermaßen. In meinem Fall rast die Zeit, in der meine Wochenkarte gültig ist. Vier Tage sind schon herum, also kann ich noch drei Tage damit fahren. Auf der Isle of Man gibt es einen Überfluss an historischen Eisenbahnen und Straßenbahnen. Den genieße ich als erklärter Pufferküsser gerade in vollen Zügen. Es ist Freitag.
Da wäre zunächst die Dampfbahn. Sie fährt von Douglas nach Norden und ist immer gut besetzt. Die Dampfbahn ist DER Touristenmagnet schlechthin. Alle historischen Bahnen fahren von März bis Oktober, die Pferdebahn fährt montags nicht. Da ich sowieso gerade meine Wochenkarte gekauft habe, bin ich gleich in die bereitstehende Dampfbahn eingestiegen. Sie bringt mich nach Port Erin. Dort gehe ich dann zur Bushaltestelle, denn ich will noch ein paar Fotos der Dampfzüge machen. Ich kenne die Strecke noch von meinem letzten Aufenthalt und möchte mit dem Bus Zeit gut machen auf den Dampfzug.
Gleich ins Auge springt mir der Aushang am Busfahrplan. Es gibt zu wenige Busfahrer, deswegen wird ein reduzierter Fahrplan gefahren. Leider gibt es wohl auch sonst zu wenig Personal, denn der reduzierte Fahrplan ist noch nicht im Schaukasten ausgehängt worden. Aber dafür kommt der Bus nicht, mit dem ich dem Zug davon fahren will. Pech. Am Abend spielt die Eintracht das Bundesliga-Eröffnungsspiel gegen die blöden Bayern.
Ich habe eine gute Internetverbindung und den Äppler habe ich auch kalt gestellt. Genauer gesagt den Cider. In Irland habe ich Bulmers Irish Cider schätzen gelernt. Er ist nicht so brutal mit Zucker versetzt, wie die Englischen Cider Marken, man schmeckt deutlich die leckeren Äpfel heraus. Den Magners Cider habe ich in Douglas erworben. Die Dose ist ein wenig kleiner, ansonsten sieht sie aber genauso aus. Doch es handelt sich um Beschiss. Der Geschmack ist deutlich anders, mehr den britischen Gewohnheiten angepasst. Eine zuckersüße Plörre. Das sollte verboten werden. Sie sollten wenigstens andere Etiketten verwenden. Und nach der ersten Halbzeit schalte ich das Radio aus. Die Eintracht spielt wesentlich besser, wenn ich nicht zuhören kann.
Am Samstag fahre ich nach Laxey. Dort war einst die größte Bleimine in Europa. Die Grubenbahn wurde von Enthusiasten restauriert und wird mit freiwilligen Helfern jeden Samstag angeheizt. Es handelt sich um die einzige Schienenbahn auf der Isle of Man, die ich bis dato noch nicht besucht habe. Jens und mein Aufenthalt vor drei Jahren hat keinen Samstag eingeschlossen, anders kann ich mir das nicht erklären.
Auf dem Weg zur Dampfbahn fällt mir auf, dass ich meine Fahrkarte nicht mehr habe. Eben im Bus habe ich sie noch benutzt. Wahrscheinlich ist sie mir dort aus der Tasche gefallen. Ich ärgere mich, es ist der zweite von sieben Gültigkeitstagen. Ich kehre zurück zur Bushaltestelle. Der Bus in die Gegenrichtung kommt, ich bitte den Fahrer, über Funk nachzufragen. Nach kurzer Zeit klärt sich das, die Fahrkarte wurde gefunden und abgegeben. Ist ja nicht Terceira hier. Der nächste Bus bringt mir die Fahrkarte zurück. Ich steige ein, der Busfahrer hält mein Ticket schon in der Hand. Dann zieht er die Hand zurück und fragt mich, ob ich Deutscher bin. Ob ich aus Frankfurt bin. Ob ich Eintracht Fan bin. Er sei Glasgow Rangers Fan. Upps, ich muss ein wenig besser auf meinen Dresscode achten. Jetzt wo ich Glasgow näher komme, sind die Eintracht-Klamotten vielleicht nicht mehr so angesagt.
Die Grube ist natürlich zugeschüttet, der Verein hat 500 Meter des oberirdischen Teils der Bahn restauriert. Die Fahrt hat trotzdem Spaß gemacht. Da ich sowieso in Laxey bin und dort die Gebirgs-Straßebahn losfährt, bekommt diese auch noch einen Besuch von mir. Die Straßenbahn wurde in nur sieben Monaten errichtet. Ein Bautrupp hat sich aus dem Tal nach oben gearbeitet und ein weiterer Bautrupp vom Gipfel nach unten.
In der Mitte der Strecke wird der TT-Kurs gekreuzt. Ich warte dort auf meine rollenden Fotomotive und kann immer wieder Möchtegern-Motorrad-Rennfahrer beobachten. Einige haben es drauf, andere nicht. Ich bekomme Lust, mal wieder Motorrad zu fahren. Das hat aber noch Zeit. Eine verkehrliche Bedeutung hatte diese Straßenbahn nie, sie wurde einzig und allein als Ausflugsstraßenbahn gebaut. Die Ausflügler sollten leichter auf den Gipfel kommen. Das kommen sie auch in weitestgehend original erhaltenen Fahrzeugen, die lediglich vor ein paar Jahrzehnten mit neuer elektrischer Ausrüstung (aus Deutschland) versehen worden sind.
Am Sonntag gibt es dann schon wieder eine Dampfbahn für mich, die Groudle Glen Eisenbahn. Auch sie ist eine reine Spielzeugeisenbahn, die lediglich zur Belustigung des Volks errichtet wurde. Die Grubenbahn hatte ja wenigstens eine echte Bedeutung. Von der Straßenbahnstation muss ich erst einmal in das Groudle Glen herunter klettern. Dabei komme ich an diesem Wasserrad vorbei, an das ich mich gar nicht mehr erinnern konnte. Ich muss noch einmal in den alten Fotos von vor drei Jahren stöbern.
Das Wasserrad sieht so frisch renoviert aus, möglicherweise wurde es vor drei Jahren gerade renoviert. Auch an der Dampfbahn arbeiten sie gerade kräftig und sind dabei, ein neues Empfangsgebäude zu errichten.
Aus dem Tal fährt mich die Eisenbahn an die Küste. Dort betreibt der Förderverein einen Tea Room. Der Tea Room mitsamt den zugehörigen Keksen interessiert mich nicht, ich spaziere die Strecke entlang zurück zum Ausgangspunkt. Damit habe ich alle wöchentlich verkehrenden Attraktionen sprichwörtlich erledigt. Für den Montag und die folgenden Tage ist damit die elektrische Straßenbahn bzw. elektrische Eisenbahn auf dem Programm. Sie ist für mich der Höhepunkt des Schienenverkehrs auf Man.
Am Montag stehe ich früh auf und spaziere zur zentralen Bushaltestelle. Dabei komme ich an der Taxizentrale vorbei und stelle fest, auch hier gibt es zu wenig Personal. Dafür habe ich den reduzierten Busfahrplan im Internet finden können und siehe da, der Bus fährt mich fahrplanmäßig zu meinem Ziel.
Ich fange mit den Fotos am hinteren Ende an. Das Wetter ist spitzenmäßig, nur leider weht kein laues Lüftchen. Das Meer kräuselt sich kaum. Ein paar Segelboote sind unterwegs, alle mit dem Motor. Das Wetter soll die nächsten Tage nicht besser werden. Also kann ich weiterhin dem Schienenverkehr frönen.
Ich arbeite mich von Fotopunkt zu Fotopunkt vor. Insbesondere das hintere Stück zwischen Laxey und Ramsey habe ich vor drei Jahren nicht genug gewürdigt. Irgendwann knurrt mein Magen. Ich erinnere mich daran, dass das Essen im Pub am Bahnhof von Laxey gar nicht so schlecht war.
Leider laufe ich wieder in die Mangel-Falle. Nicht nur Busfahrer- und Taxifahrermangel herrschen auf der Insel. Es herrscht insgesamt Personalmangel, auch in den Pubs. Die Pizzeria am Hafen in Douglas hat ein Schild draußen, dass sie um Entschuldigung bitten, weil sie wegen des Personalmangels nicht mehr den gewohnten Service bieten können. Stimmt, ich habe eine Dreiviertelstunde auf eine Pizza gewartet. Im The Mines machen sie die Küche erst gar nicht auf. Sie haben kein Personal. Das ist übrigens inzwischen in den meisten Pubs der Fall. Früher konnte man immer ein Bar Meal bekommen. Heute nicht mehr. Ist das die Folge des Brexit? Ich weiß es nicht. Ich fahre mit knurrendem Magen nach Dougal und finde in der Trattoria Sissi eine Carbonara.