Miles and more

Viele ziehen eine 100-Tage-Bilanz. Das hatte ich auch vor, aber mir sind die 100 Tage irgendwie entwischt. Deswegen öffnen wir unser Logbuch und ziehen jetzt eine 118-Tage-Bilanz:

Logbuch

Wir sind jetzt seit 118 Tagen unterwegs und haben in dieser Zeit 2340 Meilen Kielwasser hinterlassen – das sind etwa 4329 km (für die Landratten). Richtig unterwegs waren wir in diesen 118 Tagen an 41 Tagen, also sind wir an 77 Tagen keinen Meter gesegelt. Das passt irgendwie zu den Erzählungen anderer Langfahrtsegler, die von maximal 30% Segeltagen sprechen oder schreiben.

Den Motor haben wir in dieser Zeit 210 Stunden laufen lassen und dabei 343 Liter Diesel verbrannt. Das sind pro gefahrenem Tag ca. fünf Motorstunden. Wir haben oft Segeltage von 24 Stunden Länge. Die Motorzeit ist inklusive der Kanalfahrt durch den Caledonian Canal und inklusive der Zeit, in der der Motor unproduktiv vor bzw. in Schleusen vor sich hin brummt. Wir stellen ihn zwar so oft wie möglich ab, manchmal musste er in den Schleusen jedoch brummen.

Die Tendenz ist bei den Motorstunden klar fallend, wir warten inzwischen lieber auf passenden Wind.

Mit dem Watermaker haben wir seit dem 1. August 1395 Liter Wasser hergestellt. Damit liegt unser gemittelter Wasserverbrauch bei ca. 20 Litern am Tag oder bei 10 Litern pro Person. Ich glaube, wir sind da gar nicht so schlecht mit. Wir sparen kein Wasser und trinken einen großen Teil der Eigenproduktion.

Die besten Duschen haben wir in Oban, Port Ellen, Belfast und Sines gefunden. Die miesesten Duschen waren in Wicklow (keine), Dublin (kalte) und Douglas (fühlt man sich wie im Knast).

Wir hatten drei größere Defekte. Zuerst war der Watermaker inkontinent, der Hersteller hat uns auf Garantie ein Ersatzgerät geliefert. Danach machte uns der Watermaker keine Probleme mehr, sondern nur noch Wasser. Wir mussten den Wärmetauscher der Motorkühlung auswechseln, glücklicherweise hatten wir ein Ersatzteil an Bord. Und dann ist uns noch eine Reffkausche aus dem Großsegel ausgerissen. Der Segelmacher konnte das schnell beheben.

Außergewöhnliche Vorkommnisse haben zwei im Logbuch notiert: Einmal empfingen wir den Pan-Pan-Ruf eines belgischen Seglers kurz vor Guernsey, der eine Motorstunde von uns entfernt ohne Ruder, Maschine und ohne Segel herum trieb. Wir haben unseren Kurs geändert, zum Glück wurde der Belgier jedoch von einem Fischer an den Haken genommen. Und dann haben wir zwischen Peniche und Oeiras noch das Mann-über-Bord-Signal eines 3 Meilen entfernten AIS-SART-MOB-Alarmsenders empfangen. Nach einem kurzen Funkgespräch mit dem Besitzer konnten wir den Alarm zu den Akten legen, die haben das Gerät zum Glück nur im Cockpit getestet.

Ins Wasser gefallen

Wir sind immer noch in Sines. Heute Nacht hatten wir hier ein Naturereignis besonderer Art. Als ich heute früh aufgestanden bin, war der Teppich im Salon ziemlich nass. Auch im Cockpit stand das Wasser in Pfützen.

Zum Glück hatte ich vor dem Schlafen noch die Dachluke über unserer Koje geschlossen. Sonst hätten wir das Wasser auch im Bett. Dann wäre der Regen jedoch in der Nacht nicht unbemerkt geblieben.

Wann hätten wir eigentlich den letzten Regen? Ein paar Minuten in Roscoff. Ein paar Tropfen in Porto. Der letzte starke Regen war auf Islay, da gab es einen oder zwei Regentage. Und im Caledonian Canal. Seit dem brauchten wir keine Regensachen mehr. Wikipedia schreibt, dass in Portugal von Oktober bis März der meiste Regen fällt.

Wir haben den Regen verschlafen, nicht einmal damit gerechnet. Unsere Schuhe standen über Nacht auf dem Steg und sind jetzt triefend nass. Sie wollen getrocknet werden. Zum Glück ist noch eine alte Zeitung da.

Schuhe trocknen

Außerdem trocknen wir gerade das Schiff. Die Abfahrt heute ist ins Wasser gefallen. Positiv daran ist, dass wir Sissi nicht von der Salzkruste des gestrigen Am-Wind-Kurses befreien müssen. Das hat die Natur gründlich für uns erledigt.

Das ist alles nicht so schlimm. Sines hat mehr als einen Spaziergang zum Supermarkt verdient. Guten Wind bekommen wir wieder und zur Not ist unser Dieseltank noch fast ganz voll. Seit dem Tanken in Vigo hatten wir kaum Motorstunden. Wenn es nicht mehr regnet, gehen wir Vasco da Gama suchen.

Sissi in der Presse

Kaum zu glauben. Wir segeln hier munter die Portugiesische Küste nach Süden und bekommen plötzlich wir einen Scan aus der Frankfurter Neuen Presse zugeschickt. Da ist doch am 9. Oktober plötzlich ein Bericht über unsere Reise erschienen.

Die Autorin Sylvia Menzdorf hatte vor einem Vierteljahr mit uns Kontakt. Sie hat irgendwie von unserem Plan erfahren und ich bekam eine lange Liste mit Fragen zugesendet. Die habe ich ausführlich beantwortet. Anschließend hieß es, wir würden eine PDF-Datei mit dem Artikel bekommen, falls er erscheint. Die Autorin meinte, sie würde eine Serie daraus machen. Warum nicht, haben wir damals gedacht.

Anschließend hat sich Frau Menzdorf für ein paar Monate nicht gemeldet. Sie hat auch nicht auf Mails von mir reagiert, denn ich wollte wissen, ob und wann der Artikel erscheinen wird.

Unsere Eltern haben den Artikel in der Zeitung gefunden und ihn für uns eingescannt. Ich habe ihn auf die Webseite geladen: Teil 1 und Teil 2

Wenn wir vor dem Erscheinen des Artikels noch einmal angesprochen worden wären, hätten wir zwei grobe Fehler im Text korrigieren können. Sissi ist nicht 17, sondern 41 Jahre alt. Und unsere Mutter heißt Annemie. Schade.