Douglas Bay Horse Tramway

Ich habe mich in der Vergangenheit vielfach gefreut, wenn ich Neues gesehen habe. Neue Inseln, neue Häfen, neue Menschen… Jetzt freue ich mich über Bekanntes. Als wir vor drei Jahren auf der Isle of Man waren, war die Pferdestraßenbahn außer Betrieb. Die Uferpromenade wurde nämlich erneuert, deswegen hatten die Pferde frei.

Turm vor der Hafeneinfahrt

Nach dem Ausschlafen mache ich mich also auf den Weg. Im Internet habe ich schon herausgefunden, dass die 1-PS-Straßenbahn wieder pfährt. Sie ist erst seit ein paar Tagen wieder in Betrieb, doch das ist für mich gut genug. Endlich einmal bin ich mit Sissi nicht zu früh und nicht zu spät dran, sondern gerade richtig. Auf dem Weg zur Uferpromenade komme ich am Turm vorbei, der die Hafeneinfahrt bewacht. Den habe ich bei meiner eigenen Einfahrt gar nicht wahrgenommen. Ich war wirklich sehr müde und hatte ziemlichen Tunnelblick.

Möwe an der ehemaligen Endhaltestelle

Bei der Renovierung der Uferpromenade sind ein paar neue Parkanlagen entstanden. Unter anderem dort, wo ich vor drei Jahren noch Schienen gesehen habe. Eine Möwe schaut mich an, ihr ist das wohl ziemlich egal. Damit ist aber auch die letzte „Rechtfertigung“ für den Betrieb der Straßenbahn verloren gegangen, sie wurde nämlich als Lückenfüller zwischen der Dampfeisenbahn am einen Ende der Promenade und der elektrischen Eisenbahn am anderen Ende der Promenade beworben. Die Lücke ist jetzt nur noch mit Hilfe der Busse zu füllen. Die Straßenbahn ist mehr ein Karussell geworden. Ein schönes Karussell.

Ankunft in der Mitte der Promenade

Ich habe den halben Weg zur elektrischen Bahn schon hinter mir, als ich plötzlich die Pferdebahn ankommen sehe. Die aussteigenden Fahrgäste müssen sich erste einmal um das Zugpferd kümmern. Das Pferd ist daran gewöhnt und nimmt es mit viel Ruhe hin. Ich steige ein. Das Einzelticket kostet 2,50 Pfund für knapp 10 Minuten Fahrt. Ich nehme mir vor, gleich morgen eine Wochenkarte für die Insel zu kaufen. Die kostet 50 Pfund und es sind alle Verkehrsmittel überall mit drin.

Mit 1 PS an der Uferpromenade entlang

Klipp, klapp, klipp, klapp. In sanftem Trab zieht das Pferd den Wagen über die Schienen. Die sind noch leicht rostig, man hört den höheren Rollwiderstand. In ein paar Tagen werden sie schön blank gefahren sein, dann haben die Pferde es etwas leichter. An den Bedarfshaltestellen unterwegs besteht kein Haltebedarf. Das werde ich in den nächsten Tagen ändern. Ich werde unterwegs einsteigen.

Endhaltestelle. Das Zugpferd Andrew wird geherzt und gestreichelt.

Auch am anderen Ende muss das Zugpferd Andrew Streicheleinheiten über sich ergehen lassen. Vielleicht nehme ich mal einen Apfel oder eine Karotte mit, Pferde mögen das sicher auch. Nicht nur die Esel. Für die Änderung der Fahrtrichtung gibt es keine Wendeschleife, das Pferd wird einfach auf die andere Seite geführt.

Bahn ist Abfahrbereit

Und wenn alle Fahrgäste eingestiegen sind, kann man auch ein schönes Bild von Andrew bekommen. Ich muss noch herausfinden, wie viele Pferde eigentlich im Einsatz sind. Immerhin fährt die Bahn alle halbe Stunde.

Jetzt geht es los

Klipp, klapp, klipp, klapp. Andrew ist schnell wieder in seinem Rhythmus angelangt. Das Tempo ist betulich, der Wagen fährt etwa mit 10 km/h. Schneller als ein Fußgänger laufen kann, doch die Jogger am Strand ziehen der Bahn davon.

Vor einem Einkaufszentrum

Ich laufe der Bahn entgegen und kann sie vor einem Einkaufszentrum aufnehmen. Dabei fällt mir auf, dass ich schon die halbe Strecke hinter mich gebracht habe. Ich spaziere zu schnell, ich muss mir etwas Zeit lassen.

Die Schnellfähre aus Liverpool läuft ein.

Die Schnellfähre aus Liverpool kommt an. Zunächst sehe ich sie in großer Entfernung. Es handelt sich um eine Katamaranfähre, die Unmengen Wasser hinter sich auswirft. Eine Art Düsenantrieb mit Wasser. In der Hafeneinfahrt ist sie dann langsam und hat ein Kielwasser wie jedes normale Schiff. Ich mag diesen Dingern auf Sissi nicht so gerne begegnen, denn sie sind über 40 kn schnell.

Pferdebahn vor einem Hotel

Die Wartezeit auf die nächste Vorbeifahrt von Andrew ist vorbei. Außerdem befinde ich mich fast wieder an der Haltestelle, an der ich eingestiegen bin. Ich nehme noch schnell ein Foto von der Abfahrt auf, dann gehe ich zügig zu Sissi zurück. Mein Magen knurrt.

Abfahrt Richtung „Elektrische Eisenbahn“

Es ist wirklich schade, dass die Straßenbahn so brutal verkürzt wurde. Nur noch die Hälfte der Promenade kann man auf der Schiene bereisen, den Rest muss man zu Fuß gehen. Ich bin nicht gewillt, noch einmal 2,50 Pfund für die Busfahrkarte auszugeben. Am Hafenbecken sehe ich einen Mast, der sich bewegt. Ist es denn schon wieder so spät? Kein Wunder, dass mein Magen knurrt, mein kurzer Spaziergang hat fast vier Stunden gedauert. Ich sehe kurz zu, wie der Hafenmeister beim Festmachen hilft. Dann haue ich mir Eier und Speck in die Pfanne für einen Strammen Max. Die Einheimischen essen das zum Frühstück.

Hafenmeister hilft beim Festmachen

Einmal rund Atlantik!

Nachtrag zum zweiten Reisetag von Cork nach Douglas. Gestern war ich ein wenig unfit, doch nach 12 Stunden Schlaf bin ich jetzt wieder gut drauf. Zunächst einmal habe ich nachzutragen, dass ich mit Sissi die Atlantikrunde vollendet habe. Das geschah schon kurz vor Mittags, doch der vorherige Blog war auch so schon lange genug. Deswegen steht es heute gleich zu Anfang.

Kurslinie von 2019 und von 2022 kreuzen sich!

Was auch immer uns Menschen reitet, irgendwelche Runden zu vollenden, mich reitet es auch. Anstelle einer Umrundung unseres Globus ist meine Reise zu einer Runde über den Atlantik geworden. Das ist auch anstrengend genug, insbesondere die letzten beiden Tage waren anstrengend. Es macht einen riesigen Unterschied, ob zwei Personen auf einem Segelboot reisen oder nur eine. Mit Klaus von der SY Maris schreibe ich mir schon eine ganze Weile. Er hat eine große Erfahrung im Einhandsegeln und meinte einmal zu mir, dass wir, Jens und ich, zwei Einhandsegler auf einem Boot seien. Das stimmt insofern, als dass wir uns auf unseren längeren Strecken nur wenige Stunden am Tag sehen. Es schläft der eine oder es schläft der andere. Damit komme ich auch schon zum Hauptproblem beim Einhandsegeln, dem Schlaf.

Abendstimmung in der Irischen See

Ich koche das Abendessen wie gewöhnlich. Ich mache Makkaroni mit Käsesauce (Azorenkäse) und Röstzwiebeln. Die kleinen Makkaroni sind leicht mit dem Löffel zu essen, mit der anderen Hand kann ich im Seegang den Teller festhalten. Da ich kein zweites Crewmitglied habe, muss ich hinterher auch noch den Abwasch erledigen. Das ist soweit okay, ich habe sowieso nichts besseres vor. Jetzt beginnt meine Abendschicht. Die verbringe ich üblicherweise mit einem Buch oder einem Film, diesmal beginne ich sie mit einem Nickerchen. Ich stelle mir den Wecker auf eine Dreiviertelstunde, denn ich kann am Horizont keine Zeichen von Fischerbooten erkennen. Vor Frachtern, Fähren und Seglern habe ich wenig Angst, die sieht man prima auf dem AIS. Doch die Fischer haben ihre AIS-Sender zumeist abgeschaltet, weil sie den Kollegen die Fischgründe nicht verraten wollen. Also sind sie für mich auch ziemlich unsichtbar. Das Radar ist keine große Hilfe, denn der hohe Seegang sorgt für ziemlich viele Bildstörungen.

Kaum bin ich eingeschlafen, schon reißt mich der Wecker wieder aus dem Schlaf. Ich klettere ins Cockpit und bleibe dort ein paar Minuten. Ich schaue nach Anzeichen von Fischerbooten. Dann beginnt die Runde von vorne. Auf die Couch, Wecker stellen und schon bin ich eingeschlafen. Und schon reißt mich der Wecker wieder aus meinen Träumen. Das geht so Stunde um Stunde. Um drei Uhr morgens würde ich eigentlich Jens wecken, doch der ist ja bekanntermaßen nicht an Bord. Also muss ich auch die zweite Schicht übernehmen. Die geht so weiter, wie die erste Schicht geendet hat. Zwischendurch wärme ich mir noch ein paar Makkaroni auf.

Es ist ein großer Unterschied, ob man das Segelboot nur ein paar Stunden alleine bewegt oder ob man über Nacht fährt. Im ersten Fall kann man im Hafen in Ruhe schlafen. Es ist auch ein Unterschied, ob man mitten auf dem Atlantik fährt oder in Landnähe. Ich hätte weniger Sorgen, wenn ich ein paar hundert Meilen vom Land entfernt unterwegs wäre. Dort könnte ich mich auch länger als nur die paar Minuten hinlegen. Dort draußen ist einfach nichts los. Ich habe von Einhandseglern gehört, die sich einfach normal zum Schlafen hinlegen. Das ist in der irischen See aber nicht machbar.

Isle of Man in Sicht

Wenigstens beruhigt sich der Seegang. Und meine Berechnungen zur Fahrtzeit erweisen sich als tragfähig. Ich fahre mit auflaufender Tide auf Douglas zu. Da man nur zwei Stunden vor bzw. nach dem Hochwasser in den inneren Hafen einlaufen kann, wollte ich möglichst zum Hochwasser ankommen. Das klappt prima.

Douglas

Eine Stunde vor Ankunft erwecke ich den Benz im Keller zum Leben. Ich hätte zwar noch ein wenig weiter segeln können, ohne die Öffnung des Hafens zu verpassen, doch dann hätte ich zu viel Arbeit zur gleichen Zeit gehabt. Segel runter nehmen, Fender und Leinen klar machen und dazu den Funkverkehr mit dem Hafen führen. So mache ich gemütlich eins nach dem anderen. Ohne Stress. Ich bin zwar müde, aber ich bin nicht müde bis zum Umfallen. Vor der Hafeneinfahrt darf ich noch einmal kurz warten, ein Taucher ist am Wartepontoon bei der Arbeit. Nach wenigen Minuten bekomme ich die Freigabe und lande mit einem perfekten Anlegemanöver an der Wartestation. In einer Stunde öffnet der innere Hafen.

Sissi am Wartepontoon

Kurze Zeit später werde ich schon wieder von meiner Couch geholt. Der Hafenmeister ist gekommen und weist mir meinen Liegeplatz zu. Er wird mich später dort erwarten und beim Festmachen helfen. Ich will gerade wieder ein Nickerchen machen, als sich das Funkgerät meldet. Zoll und Einwanderungsbehörde sind auf dem Weg zu mir. Und da stehen sie auch schon auf dem Pontoon. Die Zöllner registrieren wohlwollend die gelbe Q-Flagge. Wir scherzen über den Brexit. Mehr oder minder wahrheitsgemäß beantworte ich die Fragen zu meinem Schmuggelgut. Die Damen von der Einwanderungsbehörde trauen sich nicht einmal auf den Schwimmsteg herunter. Ein Zöllner bringt ihnen meinen Pass zum Abstempeln. Dann bin ich drin und darf die gelbe Flagge herunternehmen.

Sissi im inneren Hafen

15 Minuten vor der Zeit ruft mich das Funkgerät schon wieder. Für mich wird die Brücke vor dem Hafenbecken außerplanmäßig geöffnet. Das ist toll. Normalerweise haben die ausfahrenden Boote Vorfahrt, dann können die einfahrenden Boote hinein. Jetzt wird die Brücke nur für mich geöffnet, ich kann über Funk die Anweisung an die Boote im inneren Hafen hören, dass sie nicht hinaus fahren dürfen. Gigantisch! Der Hafenmeister hilft mir beim Festmachen. Anschließend nehme ich eine schnelle Dusche, schreibe die Ankunftsmeldung im Blog und falle in mein Bett. Licht aus. Gute Nacht. Die Socken, die ich zwei Tage in den Gummistiefeln getragen habe, verbreiten ihren ganz eigenen Duft… und schon bin ich eingeschlafen.

Angekommen

Ich möchte erst einmal vermelden, dass ich heute um 12:20 Uhr Ortszeit am Wartepontoon im Außenhafen von Douglas (Isle of Man) festgemacht habe. Um 13:30 Uhr haben sie die Brücke in den inneren Hafen für mich außerplanmäßig geöffnet. Jetzt ist Sissi sicher festgemacht. Einen ausführlicheren Beitrag schreibe ich morgen. Ich gehe mich erst einmal ausschlafen.

2.. Etmal: 127 nm