Sklavenmarkt

Heute machen wir einen Ausflug auf die große Insel. Hier sind die Berge nicht so hoch, das Grün der Pflanzen ist nicht so intensiv und wir merken, dass es hier nicht so viel regnet, wie auf der Nachbarinsel.

Kilometerlanger Strand ganz im Osten von Grande Terre

Zunächst führt uns der Weg schnurstracks nach Osten. Wir wollen zum östlichsten Punkt. Ich habe keine Ahnung, warum es in der Natur des Menschen liegt, solche Punkte zu besuchen, wir machen es aber den anderen nach, folgen am Ende einem kilometerlangen Strand und stehen dann auf dem Parkplatz an der Ostspitze.

Gipfelkreuz am östlichsten Punkt

Wir schauen nach Osten und ich bemerke Eike gegenüber, dass es von hier bis Afrika kein Land mehr gibt. Lediglich die vorgelagerte Insel „La Désirade“ ist schemenhaft erkennbar.

La Desirade, im Osten vorgelagerte Insel, die ebenfalls zu Guadeloupe gehört.

Wie überall auf den karibischen Inseln gibt es eine Wetterseite und die Seite mit den Badestränden. Hier jedenfalls wäre Baden lebensgefährlich, die Wellen brechen sich, wir genießen das Schauspiel.

Keine Einladung zum Baden

Alsbald wird es uns zu warm, wir genießen die Klimaanlage im Auto und fahren die Küstenstraße entlang nach Norden. Küstenstraße ist zu viel versprochen. Nur wenige Ausblicke auf das Wasser sind uns vergönnt. Diese Ecke von Guadeloupe zeichnet sich durch unzählige Zuckerrohrplantagen aus, touristisch ist nicht viel los. Aber die kleinen Hafenstädte haben ihren eigenen Charme. Wenn das Wetter etwas kühler wäre, könnte man sich auch in die Bretagne versetzt fühlen – mit mehr Palmen halt.

La porte de l’enfer. Das Tor zur Hölle. Sieht von hier aus harmlos aus.

Ohne Ziel und ohne Navigationssystem, dafür aber mit einer IGN-Papierkarte und offenen Augen stechen mir auf einem Schild die Worte „Porte de l’enfer“ in die Augen. Das Tor zur Hölle. Das müssen wir sehen. Ich erkläre es Eike und er ist sofort teuflisch begeistert. Am Parkplatz des Höllentors finden wir eine kleine Bar, die an einer Bucht steht. Die Bucht selbst ist unspektakulär und ruhig. Aber man könnte hier baden, einer der wenigen Orte an der Ostküste. Nach kurzem Aufenthalt fahren wir weiter, das Auto klettert auf einen Berg und wir sehen den Eingang zur Unterwelt noch einmal von oben. Spannend.

Aus der ruhigen Bucht kommend mutet der Atlantik durchaus wie die Hölle an.

Ebenfalls auf den Straßenschildern werden wir auf den Sklavenmarkt hingewiesen. Im Westen von Grande Terre befindet sich der kleine Ort Petit Canal. Dort ist der Hafen, in welchem damals die Sklaven eingeschifft worden sind. Heute liegen dort kleine Fischerboote.

Hafen von Petit Canal. Heute für Fischerboote.

In einem Zelt am Parkplatz sitzen zwei Fremdenführer und warten auf Kundschaft. Leider können sie die Führung nicht auf Englisch anbieten. Ich habe keine Lust, Französisch zu übersetzen, deswegen machen wir die Tour lieber auf eigene Faust, starten mit dem Denkmal für den unbekannten Sklaven und der ewigen Flamme.

Denkmal für den unbekannten Sklaven
Gedenktafel

Die Franzosen haben bei der Kolonisierung der Insel Guadeloupe die vorher Einheimischen auf die Nachbarinsel Dominica verschleppt. Für die Arbeit in den Plantagen wiederum dann Menschen aus Afrika in die Karibik, die die harte Arbeit im Durchschnitt nur sieben Jahre überlebten (Quelle: Wikipedia).

Hinter den Bäumen ist das ehemalige Sklavengefängnis.

Neben dem Sklavenmarkt am Hafen ist nur wenige hundert Meter entfernt das ehemalige Gefängnis. Ein überdimensionaler Baum hat die Ruine übernommen. Wenn ich mich nicht irre, handelt es sich um einen Bantambaum.

Eingang zum Gefängnis
Das Gitter ist in etwa 2,50 Metern Höhe.
Der Baum ist mächtiger als die Steine

Es sind leider keine Informationstafeln vorhanden, die uns sagen würden, wie viele Menschen in den kleinen Zellen untergebracht waren oder warum die Sklaven eingesperrt wurden. Unruhige Zeiten gab es in der Geschichte jedenfalls genug. Vielleicht hätten wir doch die geführte Tour machen sollen.

Blick in umgekehrter Richtung, in Richtung Freiheit.

Am 27. April 1848 wurde die Sklaverei in den französischen Kolonien für immer abgeschafft. Die ehemaligen Sklaven mochten nicht mehr auf den Plantagen arbeiten, so dass bis 1889 etwa 42000 Inder für diese Arbeit angeworben werden mussten. Wir steigen in unseren Wagen und fahren wieder zurück zu Sissi, die Tour hat sich länger als erwartet hingezogen. Im Wagen diskutieren wir noch über die Geschichte des Sklavenhandels in die Karibik.

Schon in den letzten Tagen ist mir eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen aufgefallen, die am frühen Abend immer wieder mit ihren Fahrrädern durch das Werftgelände fahren und die Schiffe genau inspizieren. Ich spreche sie an und erzähle ihnen von dem gestohlenen Fahrrad. Sie wissen erst einmal gar nichts. Ich lobe eine Belohnung für die Wiederbeschaffung aus. Einer der Jugendlichen meint, er würde den Dieb kennen. Ich erkläre, dass sie sich die Belohnung verdienen können, wenn das Rad wieder zu mir zurück kommt. Bei einem Neupreis von 1500€ kann ich es ja einmal versuchen. Eine halbe Stunde später verstaut Eike das Rad unter Deck, ich zähle die Geldscheine vor. Zwar bin ich mir sicher, direkt beim Dieb gekauft zu haben, doch der Preis war gut. Dafür verstirbt in der folgenden Nacht eine weitere Batterie. Nun besteht akuter Handlungsbedarf. Zum Glück sind die Batterien hier günstiger als in Aruba. Eine Batterie, die ich dort für ca. 850 US$ erwerben könnte, kostet hier „nur“ 430€.

Nun ist nur noch eine Batterie übrig geblieben.