Die Windvorhersage für die kommenden Tage ist nicht wirklich berauschend. Wir versuchen, auf unserem Weg nach Mindelo so viel Strecke unter Segel zu machen, wie es möglich ist, bevor der Wind stark nachlassen wird. Der Nachmittag verläuft ohne weitere Schäden am Material, wir entspannen uns. Und wir beginnen zu spinnen. Als ob Mindelo nicht noch knapp 200 Meilen von uns entfernt liegen würde, sprechen wir über Landausflüge, Sightseeing und die Mahlzeiten, die wir einkaufen wollen. Trotz der eher rolligen See gelingt es uns allen, eine kalte Dusche zu nehmen. Erfrischend!
Jens angelt ein schönes Stück Fleisch aus dem Kühlschrank. Das wird zu Gulasch geschnitten. Dazu verarbeitet er all das Gemüse, das sich noch verarbeiten lässt. Jetzt sind wir ohne frische Ware. Die Sachen waren nach einer Woche auf See teilweise in grenzwertigem Zustand. Wir mussten insgesamt jedoch nur sehr wenig wegwerfen. Im Abendprogramm zeige ich die Rohfassung eines kleinen Films, den ich derzeit über unsere Passage nach Sao Vicente am schneiden bin. Danach schauen wir noch einen Film aus der bordeignen Videothek.
Jakob und ich baumen noch die Genua aus, bevor er sich ins Bett legt. Der Wind lässt langsam nach, fünf Stunden früher, als die Vorhersage versprochen hat. Während ich mit dem Baum hantiere, fällt mein Blick auf das Vordeck. Kaum zu glauben, wir haben einen Fisch gefangen! Unser erster fliegender Fisch liegt dort und wartet darauf, mit dem Stinken anfangen zu können. Die fliegenden Fische verwesen sehr schnell, besonders wenn die Sonne scheint. Ab sofort müssen wir Sissi regelmäßig auf fliegende Fische kontrollieren. Als ob wir nicht schon genug zu kontrollieren hätten. Ich hole mir eine Tüte Chips.
Während ich in den Schlaf gerollt werde, bemerke ich jeden Muskel an meinen Armen, an meinem Oberkörper, selbst in den Fingern. Es schmerzt. Seit einer Woche bin ich damit beschäftigt, mich immer irgendwo festzuhalten. Oder ich drehe eine Winschkurbel. Oder ich halte mich irgendwo fest, während ich eine Winschkurbel drehe. Das strengt an. Jahrzehnte der Vernachlässigung meiner Muskeln als Mausschubser an meinem Schreibtisch machen sich bemerkbar. Jens und Jakob haben diese Probleme nicht. Jens ist viel in Kletterhallen unterwegs gewesen, Jakob ist einfach nur jung. In dieser Situation fühle ich mich richtig, richtig alt.
Der folgende Tag begrüßt uns mit Sonnenschein. Wir haben keine neuen Defekte an Bord. Einen solchen 23. Dezember hatte ich noch nie in meinem Leben. Im Schiff sind es angenehme 24°C, draußen bläst eine erfrischende Brise. Wir sehen immer wieder mal einen Schwarm fliegender Fische vorbei ziehen und am Horizont das Segel eines anderen Segelboots. Das Leben ist schön.
7. Etmal: 117 nm
Position um 12 Uhr: N17°50′ W23°55′
Noch 79 Seemeilen nach Sao Vicente (Mindelo). Noch 2081 Seemeilen bis nach Barbados. Die gesamte zurückgelegte Strecke sind nun 827 Meilen.
Aua, aua. Muskelkater und blaue Flecken. Das hat mir vorher keiner gesagt.
Fast auf den Kapverden 🙂
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