Straßenbahn fahren auf Aruba

Darauf habe ich mich sehr gefreut. Wir sind auf Aruba und dort gibt es eine Straßenbahn. Ich hatte schon lange keine Schienen mehr unter dem Arsch, das letzte Mal war das auf Teneriffa, auf der anderen Seite des Atlantik und im vergangenen Jahr. Das bringt mir durchaus Entzugserscheinungen. Deswegen bin ich froh, dass wir bei der karibischsten aller Straßenbahnen angekommen sind.

Ein paar technische Daten zur Straßenbahn gibt es auf Wikipedia. Die schreibe ich jetzt nicht ab, bei Interesse klickst Du einfach auf den Link.

Blaue Straßenbahn kommt vom Kreuzfahrerterminal

Wir haben tatsächlich das Glück, an einem Tag drei verschiedene Fahrzeuge zu sehen. Das ist ein ganz guter Wert, denn es gibt insgesamt nur vier Wagen, die die knapp zwei Kilometer lange Strecke befahren.

Rote Bahn an einer der vielen Einkaufsmalls

Eigentlich ist die Bahn in Oranjestad keine Straßenbahn, sondern mehr ein Karussell. Sie hat keinerlei Bedeutung für den ÖPNV, sondern dient nur dazu, die Kreuzfahrttouristen vom Kreuzfahrerterminal in die Einkaufsstraße zu bringen und vice versa.

Orange Tram auf Personalfahrt

Die Fahrt im Karussell kostet nichts. Man kann einfach einsteigen und mitfahren. Das finde ich klasse. Der Spaß wird vermutlich von den Geschäftsleuten in der Innenstadt finanziert, denen die Kreuzfahrer vor die Tür gefahren werden.

Jens fotografiert die blaue Tram

Die schöne Form der Fahrzeuge hat sogar Jens motiviert, mal wieder sein Kameraobjektiv auf ein Schienenfahrzeug zu halten. Ich quäle ihn jeden Abend mit einer Folge Eisenbahnromantik aus der ARD Mediathek. So langsam zeigt das Früchte.

Rote Tram unter Palmen

Das rote Fahrzeug ist jedenfalls viel schöner anzusehen als das blaue. So wie fast immer. Die leuchtenden Farben gehen auch, wenn die Sonne sich hinter Wolken versteckt. Schade, dass der orange Wagen nicht regelmäßig fährt.

„Notfoto“ des orangen Wagens. Er kam viel schneller zurück, als ich es erwartet habe.

An der Ausweiche haben wir uns länger aufgehalten und fotografiert. Es ist nicht nur das Bild von Jens beim Fotografieren entstanden, sondern auch ein Bild des roten Fahrzeugs.

Rote Tram in der Ausweiche

An der Endhaltestelle haben die Züge immer ein paar Minuten Pause. Die Straßenbahnfahrerin ist dort in ein Cafe gegangen. Wie immer muss man dem Personal nachlaufen, dann findet man auch gutes und günstiges Essen. Wir konnten leckere Schinken-Käse-Sandwiches jagen, die einem nicht alle Dollars aus dem Portemonnaie gezogen haben.

Endstation

Nach diesem Foto von der blauen Tram an der Endhaltestelle wolle ich noch ein Bild des roten Zugs machen. Der Fahrer hat mir aber das Handy aus der Hand gerissen, Jens und mich an seinen Arbeitsplatz geschickt und uns erst einmal fotografiert.

Das sind wir.

Anschließend hat er sich zu seiner wohlverdienten Pause in den Schatten begeben. Das wäre ein Job nach meinem Geschmack. Eine Viertelstunde arbeiten, dann eine Viertelstunde Pause. Die machen sich nicht kaputt.

Wohlverdiente Pause an der Endhaltestelle

Wenn wir von der Marina zum Kreuzfahrerterminal laufen, können wir die Straßenbahn nehmen und in die Nähe einer Metzgerei fahren. Dann bekommt die Straßenbahn einen verkehrlichen Zweck. Zurück laufen wir dann aber von der Metzgerei in die Marina, weil der Weg kürzer ist und das Fleisch nicht verderben soll.

Wir fahren zum Metzger

Weil es so viel Spaß gemacht hat, haben wir ein kleines Video gedreht und geschnitten. Also ich habe gefilmt und Jens hat es zusammen geschnitten. Das beste war der Fahrer, der erst nicht über das Handy drüberfahren wollte. Da wir noch ein paar Tage in Aruba sind, werden wir noch die eine oder andere Fahrt unternehmen.

Genauer gesagt, ich werde die eine oder andere Fahrt noch mitmachen. Ob Jens dabei ist, weiß ich nicht. Ich muss ihm noch ein paar Folgen Eisenbahnromantik um die Ohren hauen.

Corona am Freitag, den 13.3.2020

Corona (nicht ansteckend)

Als wir im letzten Jahr losgefahren sind, war Corona für mich nur ein schlechtes Bier. Ich habe es bis vor ein paar Tagen nie getrunken, aufgrund der Problematik mit dem Coronavirus haben wir uns jedoch zwei Flaschen davon gekauft und später ausgetrunken. Das Bier schmeckt wirklich nicht. Wir können aber sagen, dass wir Corona hatten und nun unser Boot coronafrei ist.

Die Welt dreht sich weiter und vor unserer Atlantiküberfahrt war Corona ein Problem in China. China ist weit weg. Mit China haben wir nichts am Hut, waren nie dort und deswegen hatten wir kein Problem damit.

Corona-Brüter und -Verteiler

In der Karibik lasen wir, dass Corona seinen Weg auf Kreuzfahrtschiffe gefunden hat. Ein Schiff wurde in Japan unter Quarantäne gestellt. Anderen Schiffen wurde auf karibischen Inseln die Einfahrt verwehrt. Das kann uns natürlich nicht passieren, wir sind coronafrei und nicht in China, Italien oder sonstwo gewesen. Wir sind fein raus, dachten wir.

Auf entsprechenden Seiten im Internet, insbesondere Noonsite, haben wir uns immer wieder informiert und dann in Sicherheit gefühlt. Zwar müssen Segler immer öfter zur Gesundheitsprüfung, aber das war es dann auch. Zuletzt haben wir heute Nachmittag ein Bild von Bekannten geschickt bekommen, die in Kolumbien bei der Einreise einen Corona-Schnelltest machen mussten. Ist ja kein Problem, wir sind Segler. Wir haben das nicht.

Nach dem Abendessen erreicht mich dann eine Nachricht von der Gentoo, die wir zuletzt in Portugal gesehen haben. Die sind schon in Panama.

Good day Sailors, Regretfully, the Health Ministry has sent a circular yesterday, stopping all activities of pleasure boats, yachts, megayachts. No one is allow to land or move in dinky or tender boats until further notice. Currently no check in or check out of the country. Shelter bay marina is not accepting any boats to enter, neither dinky boats. No personnel from yachts are allow to come ashore. Difficult to transit without 4 handliners view they must remain on board after transit. La Playita marina, Flamengo marina and Balboa yacht club are not working. Please hold and do not head down to Panama until the scenario has change. San blas Island is not accepting tourism, border with Costa Rica also not accepting tourist. Will keep you posted in due course when scenario changes.

Wir sitzen hier auf Aruba und sehen zu, wie überall um uns herum die Schlagbäume herunter geklappt werden. Das macht keinen Spaß. Dabei sind wir Segler nicht wirklich die Risikogruppe.

Es hilft nichts, es ist wie es ist. Wir halten uns an die lokale Biermarke, die den passenden Namen hat. Wir können nur abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Sollten wir hier allerdings länger festhängen, fahren wir zurück nach Bonaire. Dort ist der bessere Supermarkt. Wenn sie uns in Bonaire wieder herein lassen.

Chill

Im wilden Westen

Nachdem mich der Kreuzfahrer am Morgen so rüde geweckt hat, sind Jens und ich früh auf den Beinen und früh unterwegs. Bis zum Abend haben wir die Motorroller noch, wir bezahlen nicht für die Dinger, damit sie auf der Kaimauer geparkt sind.

Jens möchte eine ausgedehnte Wanderung im Naturpark machen. Ich habe ziemlich genau das Gegenteil vor, nämlich mich gar nicht vom Zweirad weg zu bewegen. So habe ich es in vielen Motorradurlauben meines Lebens gehalten, so halte ich es auch heute. Wir machen einen Treffpunkt aus und wollen uns am Nachmittag beim tollen Supermarkt treffen, bis dahin rollern wir unserer eigenen Wege.

Ich fahre in den wilden Westen. Das weiß ich aber vorher noch gar nicht. Das merke ich später. Zunächst geht es die Küstenstraße an der Westküste entlang. Hier tummeln sich hunderte Kreuzfahrer, die meist in Rudeln unterwegs sind. Sie schleppen Tauchflaschen über die Straße, radeln in Großgruppen mit Helmen oder fahren selbst in Golf-Karts auf der Insel herum. Auf jeden Fall brauchen sie viel Platz, der mir fehlt. Ich komme nicht dazu, von der wirklich schönen Aussicht an der Westküste Fotos zu machen. Das ist andererseits auch nicht so schlimm, denn Fotos von beeindruckenden Küstenlinien habe ich im Dutzend.

Gotomeer

Die Küstenstraße geht bis zum Ölterminal, dann biege ich rechts ab und lande direkt am Gotomeer. Im Gegensatz zu den holländischen Meeren ist dieses hier salzig und enthält Flamingos. Sogar ziemlich viele Flamingos sollen es sein, zunächst sehe ich nicht einen einzigen. Während sich das Rollerchen bergauf quält, erinnere ich mich daran, dass hier auf Bonaire die höchsten Berge der Niederlande stehen.

Flamingos im Gotomeer

Und dann sehe ich sie doch. Das Gotomeer ist ganz flach, Flamingos können dort mit ihren langen Beinen drin stehen. Auch an den tieferen Stellen.

Weiter führt mich die Straße bergauf und bergab, dabei stehen links und rechts der Fahrbahn imposante Kakteen. Ich bekomme bei jedem Auto im Gegenverkehr Schiss, dass ich mit dem rechten Ellenbogen an einem Kaktus hängenbleiben könnte, denn die Straße ist eng. Sie führt mich nach Rincon. Das alles sieht sehr ansprechend aus.

Rincon

Hinter Rincon führt der Weg dann weiter an die Westküste. Auf meiner Touristenkarte sind hier Offroad-Trails markiert, die man mit motorisierten Fahrzeugen befahren darf. Bevorzugt sind das wohl Quads, die man praktischerweise dort auch mieten kann. Ich habe aber schon ein Mietfahrzeug, meinen 50er Roller.

Offroad

Definitiv könnte man auf Bonaire einen Western drehen. Als Transportmittel würden die Esel dienen, Kakteen gibt es mehr als in Mexiko. In Rincon ist sogar eine Destille, die Schnaps aus Kakteen herstellt. Nennt man das Zeug nicht Tequila? Leider konnte ich es nicht probieren – einerseits musste ich noch fahren, andererseits standen zwei große Busse vor der Destille und innen war geschlossene (Kreuzfahrer-)Gesellschaft.

Kakteen

Wenn man ohne Schutzkleidung in kurzen Hosen und Sandalen mit dem Motorroller über unbefestigte Wege fährt, fährt man vorsichtig. Richtig offroad ist es nicht, auch mit meiner fetten BMW wäre ich da locker durchgekommen. Es macht aber Spaß und man kann sogar mit einem 50er Roller driften. Und ich habe die Kaution für den Roller nicht verspielt.

Kakteen mit Meerblick

Zuletzt lande ich wieder auf der Hauptstraße zwischen Rincon und Kralendijk. Später treffe ich mich mit Jens, wir geben die Roller vollgetankt wieder beim Vermieter ab. Ich erkläre der Vermieterin bei der Rückgabe, dass die Roller im selben Zustand sind wie am Tag zuvor. Und ich lobe meinen Roller und dass es sich auf den Offroad-Trails super fährt. Daraufhin sagt sie mir, dass das laut Mietvertrag nicht erlaubt ist. Sie nimmt es aber mit Humor, denn der Mietvertrag ist auf Holländisch und sie wäre seit Wochen mit der deutschen Übersetzung beschäftigt.

Wir bekommen dann noch einen Lift zu Sissi. Das ist spitzenmäßiger Service. Deswegen mache ich jetzt Werbung – unbezahlt. Damit ist es eine Empfehlung.

Empfehlung

Wenn du hier auf Bonaire mal einen Roller mieten möchtest, die Bude an der Pier will von 9 bis 17 Uhr 35$ haben und hat am Sonntag geschlossen. Wir haben für 24 Stunden 30$ bezahlt, dazu gab es noch fünf Extrastunden, weil wir am Sonntag um 12 dort waren. Und den Gratistransport zurück zu Sissi. Der Laden ist zwar einen knappen Kilometer vom Zentrum weg, liegt aber direkt neben dem besten Supermarkt.

An unserem letzten Abend auf Bonaire sehen wir noch einmal eine wunderbar kitschige Abendstimmung. Morgen fahren wir weiter.

Kitsch über Kralendijk