Fahrt auf keinen Fall nach Peniche!

Der Hafen ist schrecklich. Es gibt dort ganz schlimmen Schwell von den Fischerbooten. So wurde es uns gesagt. Wir hatten es sowieso nicht vor, denn wir wollten ja nach Lissabon.

Abschied nach drei Wochen
Also liefen wir gegen 15:30 Uhr in Porto aus und konnten gegen 17:30 Uhr die Genua ausrollen. Der Wind hat sich einigermaßen an die Vorhersage gehalten, nur die Windstärke war suboptimal. Es war fast schon zu wenig Wind, doch Sissi fuhr in der weiten Atlantikdünung immerhin mit vier Knoten.

Sonnenuntergang

Auf dem Weg durch die kurze Abenddämmerung erfreuten wir uns an einem der kitschigsten Sonnenuntergänge des gesamten Segeltörns. Weniger erfreulich war, dass unter den langen Atlantikwellen immer wieder in regelmäßigen Abständen so „Drecksäcke“ sind, die das Schiff komplett herum drehen und die Genua schlagen lassen, dass Sissi von vorne bis hinten durchgeschüttelt wird. Man kann diese Wellen irgendwie gar nicht kommen sehen, sie passieren einfach. Da hilft auch die Windsteuerung nichts, wahrscheinlich könnte der elektrische Autopilot früher dagegen steuern, weil er die Drehung des Schiffs schneller mitbekommen. Es liegt zum großen Teil aber auch daran, dass der Wind so schwach war.

Nächtlicher Segelgenuss
In der Nacht wurde es besser, der Wind frischte auf und wir zogen teilweise mit fünfeinhalb Knoten das sprudelnde Kielwasser hinter uns her. Über uns war der perfekte Sternenhimmel. Es war absolut wolkenlos bei Neumond, einen so schönen Sternenhimmel sieht man nur selten. Ich habe in meiner Wache mal für ein paar Minuten die gesamte Beleuchtung ausgeschaltet, denn das Hecklicht überstrahlt doch so manchen Stern. Gigantisch.

Der folgende Fahrtag zog sich so dahin. Wir haben die Segelei genossen, es war auch am Tag eine angenehme, ruhige Fahrt. Der Wind blies uns aus dem Norden in die Genua und wir sahen Meile um Meile der Entfernung zum Ziel verschwinden. Das Etmal lag leider nur bei 93 Meilen, wir waren in den ersten Stunden einfach zu langsam.

Im Laufe des Nachmittags nahm das Schlagen der Genua allerdings wieder zu. Teilweise hatten wir nur noch sieben bis acht Knoten Wind. Damit steht die Genua kaum noch.

Unser Weg nach Peniche

Hauptantrieb schwächelt
Der Wind kam aber nach ein oder zwei Stunden wieder, wenn auch in nur geringer Stärke. Irgendwann waren wir wieder so nahe an der Küste, dass wir eine aktuelle Wettervorhersage herunterladen konnten. Der Wind sollte in ein paar Stunden endgültig einschlafen. Wir wollten den Rest der Strecke nach Lissabon nicht mit dem Motor zurücklegen.

Sissi in Peniche

So hielten wir in der Nacht dann Kurs auf Peniche und konnten bis fast vor die Hafeneinfahrt segeln. Innerhalb der nächsten beiden Stunden war der Wind dann auch völlig weg. Um 0:30 Uhr liefen wir in den Hafen ein, suchten die Marina in der Dunkelheit und sahen zunächst keine Parklücke am Gästesteg. Einige lagen schon im Päckchen, das wollten wir um diese Uhrzeit aber niemandem zumuten. Nur, wenn gar nichts frei ist.

Wir fanden aber einen freien Platz, machten fest und legten uns erst einmal aufs Ohr.

Portugiesische Bürokratie
Nach dem Ausschlafen nahm ich mir den dicken Ordner, in dem sich die gesamten Unterlagen zum Schiff befinden, und ging zum Hafenmeisterbüro. Am Sonntag war dieses laut Aufschrift jedoch nur bis 10 Uhr geöffnet. Wer sich am Sonntag anmelden möchte, darf einen kleinen Spaziergang von eineinhalb Kilometern (einfacher Weg) machen.

Sonntagsspaziergang

Da ich schon einmal auf dem Weg war und die Anmeldeprozedur hinter mich bringen wollte, spazierte ich los. Hinterher habe ich mich ein wenig geärgert, nicht das Fahrrad genommen zu haben. Es lief beim Sicherheitsdienst erfreulich unbürokratisch und schnell, das hat mich erfreut. Unser Liegeplatz sei kein Problem, wir könnten da liegen bleiben. Die Marinagebühren könnte ich am folgenden Tag beim Hafenmeister bezahlen.

Ich bekam den Schlüssel für Toilette und Dusche. Leider gibt es in Peniche kein Hafen-WLAN (dazu später mehr) und die elektrische Tür am Eingang zur Marina ist defekt. Man muss fest dagegen drücken, dann bewegt sie sich ein kleines Stück und man kann um die Ecke greifen und den Knopf für den elektrischen Öffner drücken. Der Sicherheitsdienst-Mann am Eingang des Fischhafens beendete seine ausführlichen Hinweise danach mit den Worten „welcome to Peniche“.

An Bord der Sissi fand ich Jens noch schlafend und habe uns erst einmal einen schönen Morgenkaffee gemacht.

Im Laufe des Nachmittags haben wir uns von den umliegenden Restaurants Wifi-Codes besorgt und probierten diese an Bord aus. Irgendwie musste eine Verbindung zum Internet hergestellt werden. Wir waren so schrecklich offline.

Welcome to Peniche
Dann hämmerte es plötzlich an die Bordwand. Ein Mann mit einer Kassierer-Umhängetasche stand auf dem Steg und erklärte uns, dass wir an einem privaten Steg liegen. Hä?

Wir hätten am Steg des Yachtclubs und nicht am Steg der Marina festgemacht. Jetzt sollen wir zahlen. Da ich uns schon in der Marina angemeldet hatte, wollte ich nicht Gefahr laufen, doppelt zahlen zu müssen. Also bot ich an, dass wir den Platz verlassen und uns aus dem Yachtclub in die Marina verlegen.

Es entspann sich eine skurrile Diskussion und letztendlich haben wir uns nicht bewegt, zwei Nächte im Yachtclub bezahlt (ist der gleiche Preis) und warten nun, was da noch passieren wird. Den Hafenmeister haben wir nie in seinem Büro gesehen. Welcome to Peniche.

Wir liegen hier übrigens angenehm ruhig.

Adieu Porto, auf nach Lissabon!

Endlich ist es so weit. Die Windvorhersage ist stabil und wir werden Porto am morgigen Tag verlassen. Wir wollen gleich nach Lissabon durchfahren, weil nach dem Wind gleich wieder ein mehrtägiges Flautenloch kommt. Irgendwie kommt hier der Wind entweder aus der Gegenrichtung oder er glänzt durch Abwesenheit. Doch morgen wird es gut, wir haben gute Chancen auf Wind bis Lissabon.

Vorher machen wir noch einen Spaziergang durch Palmeira, den Ortsteil an der Marina. Wir wollen schauen, ob wir noch eine Katze finden können.

Straßenkatze in Palmeira

Ein paar scheue Straßenkatzen können wir sehen. Sie huschen nach einem Foto gleich wieder davon. Für die eine oder andere Katze sind wir zu langsam. Doch ein paar Katzen bekommen wir vor die Objektive.

Bordsteinkatze in Palmeira

Eine einzige Katze lässt sich streicheln. Sie sitzt vor einem Kircheneingang und genießt die Streicheleinheiten für ein paar Minuten. Dann wird es ihr zu viel und sie verschwindet in die Kirche. Deswegen können wir kein gescheites Foto von ihr machen, wir waren viel zu sehr mit dem Streicheln beschäftigt.

Mauerkatze in Palmeira

Argwöhnisch beobachtet werden wir dabei von dieser Katze auf der Mauer, der das alles nicht geheuer ist und die sich sofort bei unserer Ankunft in die sichere Höhe begeben hat.

Da es Glück bringt, wenn man am Tag vor der Abfahrt noch eine Katze streicheln kann, haben wir nun alles, was wir für die Überfahrt nach Lissabon brauchen.

Rasen oder reisen?

Gestern kam hier in Leixoes eine deutsche Segeljacht in den Hafen, darauf der Skipper und fünf Chartergäste. Sie sind heute wieder abgefahren und auf dem Weg nach Mallorca und zu den Kanaren. Zumindest das Boot wird auf die Kanaren fahren. Gestartet ist der Törn vor eineinhalb Wochen in Amsterdam. Es gab einen Zwischenhalt in A Coruna und dann war die Gruppe schon hier. Nach einer Nacht Aufenthalt in Porto geht es nun weiter nach Mallorca. Nur zum Einordnen: Wir sind schon seit gut zweieinhalb Wochen in Leixoes, da waren die anderen noch gar nicht in Amsterdam auf ihrem Schiff.

Brandung am Strand von Leixoes

Ich werde seit ein paar Tagen immer wieder gefragt, ob bei uns noch einmal was passiert, ob wir weiter fahren und wann. Bei uns passiert jede Menge, allerdings machen wir uns keinen Stress. Und weiter fahren wir, wenn der Wind einigermaßen passt. Es sah so aus, als könnte es heute so weit sein, heute sieht es aber nach einem einigermaßen stabilen Wetterfenster für morgen und übermorgen aus. So werden wir wohl morgen weiter fahren können.

Für mich ist diese Auszeit in Porto entspannend. In den letzten Monaten war es ein geflügeltes Wort an Bord, dass wir über die Biskaya rüber müssen und dann aus dem Zeitstress raus sind. Was haben wir nach der Biskaya gemacht? Wir sind natürlich weiter, weiter und weitergefahren. Als hätten wir die weite Bucht noch vor uns und die Stoppuhr im Nacken. Das ist aber nicht so. Wir wollen spätestens Ende Oktober auf der Kanaren sein. Es sind ca. 10 Segeltage bis zu den Kanaren. Also haben wir noch ca. 30 Hafentage. So haben wir den Luxus Zeit, die Muße, auf den richtigen Wind warten zu können.

Als wir hier vor drei Wochen angekommen sind, habe ich Witze über das Auswärtsspiel der Eintracht in Guimaraes gerissen, das am 2. Oktober hier ganz in der Nähe stattfinden wird. Heute habe ich tatsächlich mal nach den Eintrittskarten geschaut (sind noch welche verfügbar) und nach den Preisen (200 € für Gäste, ziemlich happig). Das motiviert uns nicht, noch eine weitere Woche hier dran zu hängen.

Sind wir zu langsam? Ich weiß es nicht. Die anderen sind schneller. Die Roede Orm ist schon am südlichen Ende der Algarve. Die Milena Bonatti hat Anlauf genommen, Portugal verlassen und ist auf hoher See in Richtung Kanaren unterwegs. Die Fairytale ist in Nazeré. Die Zora in Sintra. Dafür sind wir tief in die Stadt Porto eingedrungen, haben viel am Schiff gemacht und uns entspannt. Urlaub vom Segeln.

Brandung am Strand von Leixoes

Denke ich wieder an die Kojencharter-Crew und ihren ambitionierten Zeitplan, schüttelt es mich kalt durch und ich überlege, eventuell doch die Karten für das Auswärtsspiel zu kaufen. Auch die Ruhe, die Entspannung im Hafen und das Nichtstun müssen wir lernen. Wir wurden über die Jahrzehnte so sozialisiert, dass die Arbeit das Maß der Dinge und der Müßiggang der Anfang aller Laster ist. Das lässt sich auch nach knapp vier Monaten auf Sissi nur schwer abwerfen. Ich bekomme manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn wir uns einen Tag lang auf die faule Haut gelegt haben und ich nicht einmal einen Beitrag für das Blog geschrieben habe.

Es kann doch nicht verkehrt sein, die Katze da vorne an der Straßenecke zu streicheln. Es darf nicht falsch sein, den Diesel im Tank zu lassen und auf den passenden Wind zu warten. Das Klima ist hier um diese Jahreszeit jedenfalls sehr angenehm.

Brandung am Strand von Leixoes

Nach fast drei Wochen geht mir dieser Ort allerdings ein wenig auf den Keks. Es ist eine örtliche Veränderung angesagt. Die Windvorhersage für morgen ist ganz okay.